TÜRKEI – Teil 8 (Kas – Kalkan – Letoon – Bel – Kabak – Fethiye)

03.04. Die Nacht am Spielplatz von Kas war windig und einmal musste ich die Heringe vom Zelt mitten in der Nacht nachspannen. Es ist noch finster als ich mein Zelt abbaue und in Kas ein offenes Lokal finde, wo es Hühnersuppe (Tavuk corbasi) gibt.

Mustafa Kemal (Atatürk) darf nicht fehlen – am Hauptplatz von Kas

Via Yeniköy gelange ich nach ca. 1.000 Höhenmeter gegen Mittag in die Ortschaft Gökceören. Ein verschlafenes Dörfchen aber ein geschäftstüchtiges Ehepaar bietet hier Mittagessen an. Selbst übernachten könnte man bei ihnen. Es gibt Reis, Bohnen und Salat, dazu wie immer Brot und schmeckt richtig gut. Dann geht es den Berg wieder hinunter nach Kalkan, das direkt am Meer liegt.

Blick auf die Stadt Kalkan – am Horizont die Insel Megisti, die bereits zu Griechenland gehört. Von hier gehen auch Schiffe auf die griechische Insel Rhodos.

Oberhalb von Kalkan esse ich eine Pide, eine türkische Pizza, und überlege mir dann wo ich übernachten könnte. Der Wetterbericht für heute Abend und morgen ist nicht gut, stürmisch und evtl auch Regen. Da brauche ich ein festes Dach über dem Kopf. Es herrscht hier überall Goldgräberstimmung und es wird viel gebaut. Dementsprechend gibt es hier auch viele Rohbauten und in genau so einem verbringe ich die kommende Nacht.

In diesem Rohbau hatte ich ein festes Dach über dem Kopf – mit den leeren Zementsackerln hatte ich allerdings nicht gerechnet… 🙂 der Wind brachte sie mir…

04.04. Der Wetterbericht hat recht behalten und es wurde ordentlich stürmisch. In der Früh packe ich dann meine Sachen zusammen und wärme mich mit cay, Käsebörek und Simits auf. Das Wetter ist nach wie vor stürmisch und nicht einladend zu gehen. Um 9h starte ich trotzdem und manchmal versetzt mich der Seitenwind um einen halben Meter in den Seitengraben. Gegen Mittag erreiche ich die Ortschaft Cavdir wo ich in einer Lokantasi Reis, Fleisch mit Bohnen, Joghurt, Tomaten und Brot esse. Als Nachspeise gibt es meinen geliebten Sütlac, den Milchreis, den diese Frau besonders gut machte. Gestärkt erreiche ich dann so um 14h Xanthos, eine ehemalige Stadt in Lykien. Hier gibt es ein lykisches Theater zu besichtigen in dem es vor ca. 2.000 Jahren auch Gladiatorenkämpfe gegeben hat.

Lykisches Theater in Xanthos, einer der großen lykischen Städte vor mehr als 2.000 Jahren
Harpy Monument – es ist das beste erhaltene Beispiel eines lykischen Säulengrabes; aus dem 5. Jhdt. v. Chr.

Nach einer weiteren Stunde erreiche ich auch noch Letoon wo es ebenfalls ein lykisches Theater und mehrere Tempel zu besichtigen gibt.

Recht entspannte Stimmung mit locals im lykischen Theater von Letoon
Einer der vielen lykischen Tempel in Letoon

Kurz nach Letoon komme ich zu einer Moschee wo ich Rast mache. Der vordere Innenraum scheint mir gut für eine Übernachtung geeignet. Kinder zeigen mir das Haus vom Imam, der mir ohne zu zögern erlaubt darin zu schlafen. Ich koche mir Nudeln und die Kinder bringen mir auch noch Früchte und Tomaten vorbei. Kaum bin ich fertig, beginnt es draußen dann auch schon wieder zu regnen. Glück gehabt, denke ich mir nur. Ich telefoniere wieder einmal mit Frau Muttern, der es immer besser geht und diese Woche wieder von der Reha nach Hause kommen wird.

Jeder Tag ist hier wie ein Geschenk für mich, denke ich mir nur. Und es macht mich einfach nur glücklich mit so wenig auszukommen… Gegen 20h kommen heute noch viele Gläubige vorbei um zu beten. Ich verfolge ihre Bewegungen aus meinen Augenwinkeln und schlafe zufrieden ein.

Schlafplatz in der Moschee von Letoon

05.04. Da gerade Ramadan ist kommt dieses mal der Imam schon um 5h morgens in die Moschee. Pünktlich um 05:15 ertönt dann via Lautsprecher der Gebetsruf, der sogar die Hühner verstummen lässt. Auch einige Gläubige kommen auf ein Gebet vorbei. Als sie fertig sind und wieder gehen, stehe ich auf und esse meine letzten Müslireste. Dazu trinke ich einen halben Liter warmes Wasser. Ein Quantum, das ich fast jeden Tag in der Früh trinke. Gegen 9h vormittags komme ich bei einem türkischen Kreisler vorbei, kaufe 4 Simits und Käse für den Tag. Zwei Tomaten habe ich ja noch von gestern von den Kindern, das sollte heute für das Mittagessen reichen.

Eines der vielen Gewächshäuser – die Tomaten gedeihen hier prächtig! Und sie schmecken auch so…

Der lykische Wanderweg führt in diesem Abschnitt am Patarastrand vorbei und ich höre mir einige Zeit das Rauschen des Meeres an.

Patara Beach

Dann geht es einige Hundert Höhenmeter hinauf und bei einem Platzerl mit schöner Aussicht auf das Meer esse ich dann all mein Mitgebrachtes.

18 Raupen in einem Convoy – am Weg nach Bel

Gegen 15h, kurz vor Bel, beginnt es heute dann doch einmal recht hartnäckig zu regnen und ich kehre in der Raziye Pansiyon ein. 300 TL für ein Zimmer mit Abendessen und Frühstück sind ein guter Preis und die selbstgemachten Gözleme (dünnes Fladenbrot mit verschiedenen Füllungen) von der Hausherrin namens Raziye schmecken hervorragend.

Hausherr Ramazan mit seiner Ehefrau Raziye – ein herrliches Ehepaar mit großem Herz
Raziye Pansiyon in Bel – hervorragend!

Ich sitze derzeit mit einigen anderen türkischen Wanderern um den warmen Ofen, wo wir unsere Knochen wieder etwas aufwärmen. Am Abend wird ordentlich aufgekocht und gemeinsam mit einigen Russen schlage ich mir noch den Bauch voll.

06.04. Der Regen hat wieder aufgehört und so starte ich nach einem ausgiebigen Frühstück früh kurz nach 7h.

Ortschaft Bel

Es geht heute wieder viel bergauf und bergab und so mache ich in der Ortschaft Yediburunlar eine Kaffeepause. Am Vormittag hat es hier bereits um die 15 Grad wenn die Sonne scheint, ideal zum Flanieren.

Kaffeepause in Yediburunlar – heute scheint wieder die Sonne
Frühling in der Türkei – Teil 1
Frühling in der Türkei – Teil 2

Dann gehe ich meist auf der Straße entlang bis nach Alinca wo ich eine kurze Mittagspause mache. Für heute Nachmittag ist wieder Schlechtwetter angesagt und so habe ich es ein wenig eilig in die Ortschaft Kabak zu kommen. Kabak liegt in einem richtigen Kessel direkt am Meer und während ich in diese Ortschaft absteige, beginnt es schon leicht zu regnen. Bis ich dann in Kabak ankomme bin ich dann doch schon ganz schön nass und ich bin froh auf einem Campingplatz in einem großen, bereits aufgebauten Zelt mit einer Matratze Unterschlupf zu finden. Kaum habe ich mich ein wenig eingerichtet und die trockenen Sachen angezogen, beginnt es draußen auch schon stark zu regnen und ein ordentliches Gewitter kommt hinzu. So decke ich mich mit drei Decken zu und höre mir das Naturschauspiel an. Irgendwie schön beruhigend wenn der Regen so auf das Dach prasselt, wenn man im Trockenen ist. Nach ca. 2 Stunden lässt auch das Gewitter wieder nach und ich esse eine warme Suppe und trinke Tee. Ich schlafe früh ein und fühle mich sehr wohl in so einem großen Zelt mit dicker Matratze und warmen Decken.

07.04. Um ca. 6h lässt der Regen heute nach und so koche ich mir warmes Wasser und esse das restliche Brot von gestern und ein paar Kekse zum Frühstück. So um halb acht gehe ich dann auf einer Schotterstrasse Richtung Fethiye.

Fethiye liegt heute nur mehr ca. 30 km entfernt und ich beschließe es heute noch zu erreichen. Es hat in der Nacht in höheren Lagen auf knapp 2.000m geschneit und im Tal sind bereits die Zitronen reif.

Schnee in den Bergen und Zitronen im Tal – möglich am lykischen Wanderweg zwischen Antalya und Fethiye
Tja, wer ist denn da schon unterwegs?

Die Küste ist in diesem Abschnitt sehr steil und beeindruckend. Auch viele Paragleiter sind unterwegs, die von den Bergen über das Meer bis an die Küste gleiten. Es beginnt hier gerade die Saison und so finde ich in der Ortschaft Belcegiz nach längerer Suche doch noch etwas zu essen. Über einen schmalen Bergweg komme ich dann so um 16h in Fethiye an.

Fethiye in Sicht

Ich finde im HZD Apartments Hostel um 250 TL die Nacht eine gute Unterkunft in einem 6 Bett Zimmer, ohne Frühstück. Ich dusche, gebe meine Wäsche zum waschen und kaufe mir am Markt, der jeden Freitag hier in Fethiye abgehalten wird, gute Gözleme und Katmer.

Freitagsmarkt in Fethiye
Gözleme mit Käse und Spinat (links) und Katmer (rechts) – am Freitagsmarkt in Fethiye

Ich bin gerade mit meinem Freund Panagiotis aus Athen in Verbindung, da ich ihn auf meiner Wanderung nach Hause in Athen besuchen werde. Heute erfahre ich von ihm, daß im orthodoxen Griechenland Ostern um eine Woche später als bei uns gefeiert wird. So werde ich den nächsten Tage von Fethiye ein Schiff nach Rhodos nehmen und von dort weiter mit einem anderen Schiff nach Athen. Und das ganze noch möglichst vor dem orthodoxen Osterfest, das eine Woche später stattfindet als in der katholischen Kirche. Orthodoxe Ostern mit Panagiotis in Athen verbringen, das ist der Plan. Derzeit sitze ich gerade mit Mustafa und Hussain im Hostel und trinke Tee.

Mit Mustafa (links) und Hussain (rechts) im HZD Apartments Hostel

08.04. Frühmorgens mache ich mich auf gleich auf den Weg zum Hafen und erfahre von mehreren Seiten, dass die morgige Fähre nach Rhodos abgesagt wurde.

Im Hafen von Fethiye

Das nächste Schiff geht am kommenden Mittwoch oder Donnerstag. So habe ich hier schön Zeit wieder einmal durchzuschnaufen und zu rasten nach dem lykischen Wanderweg. Ich klettere dann zur Burg hinauf, von wo man einen schönen Blick auf die Bucht von Fethiye und die schneebedeckten Berge hat.

Blick von der Burg auf die Hafenstadt Fethiye
In den Straßen von Fethiye

Dann besuche ich noch einige Felsengräber, allen voran das Grab von Amyntas, auch als Fethiyegrab bekannt. Es ist dies ein antikes griechisches Felsengrab, das ca. 350 v. Chr. von den Lykiern erbaut wurde. Die Lykier waren eine eng verbundene Konföderation unabhängiger Stadtstaaten, einschließlich Telmessos (dem heutigen Fethiye).

Felsengrab von Amyntas – in Fethiye
Blick von der Grabkammer des Grabes von Amyntas auf Fethiye
Weitere lykische Felsengräber in Fethiye

Zumittag esse ich in einer Lokantasi Köfte, bevor ich wieder in die Unterkunft zurückkomme. Ich bekomme wieder die trockene und vor allem saubere Wäsche was richtig gut tut. Dann verrät mir Hussain einen guten Schneider in der Altstadt, der mein langärmeliges Shirt und eine der beiden Gamaschen wieder zusammenflickt.

Mein langärmeliges Leiberl aus Merinowolle braucht eine Rundumerneuerung – in der Altstadt von Fethiye

Während ich noch einmal Katmer esse, dieses Mal die süße Variante aus der Gegend von Gaziantep, telefoniere ich mit Muttern.

Katmer – die süße Variante

Sie ist jetzt wieder zuhause in Linz und ist schon wieder voller Tatendrang, sodass ich sie wieder etwas bremsen muß. Gut Ding braucht Weile… Da heute Samstag ist, verbringe ich den Abend in der Altstadt in der Deep Blue Bar, wo es gute Livemusik gibt.

09.04. Heute ist zuhause Ostersonntag und ich werde versuchen, hier im muslimischen Fethiye einen Gottesdienst zu besuchen. Eine Kirche gibt es ja…

Tatsächlich gibt es um 11h einen Gottesdienst in der einzigen Kirche in Fethiye, und das in drei verschiedenen Sprachen (Türkisch, Englisch und Russisch).

Gottesdienst am Ostersonntag in Fethiye – in drei verschiedenen Sprachen

Danach gehe ich in die Gar Lokantasi am Busbahnhof wo ich einen Lammspieß esse und selbstgemachtes Ayran trinke. Mein Osterschmaus quasi.

Lammfleisch mit Ayran – mein Essen am Ostersonntag

Am Abend schaue ich mir noch in der Altstadt ein Fußballspiel aus der englischen PL an – Liverpool vs Arsenal, das 2:2 endet.

10.04. Nach einem Frühstück in der Aksam Simit Sarayi Bäckerei gehe ich in den Hafen und erfahre, dass das nächste Schiff nach Rhodos am kommenden Donnerstag fahren wird. Ich kaufe mir ein Ticket und da es heute regnet, lege ich ein Regenprogramm ein. ‚John Wick – Teil 4‘ heißt der einzige Film, den sie hier im Kino um 65 TL (umgerechnet ca. 3 €) zeigen. Ich habe irgendwann einmal aufgehört wieviele Tote es gab und mir wurde wieder einmal richtig bewußt wie wenig mir Kino, TV, Medien, etc. abgeht… Danach gehe ich wieder einmal zum Friseur, der mir die Haare stutzt und meinen Bart abrasiert. In der gegenüberliegenden Gar Lokantasi esse ich eine EzoGelin Suppe und kehre dann in die Unterkunft zurück. Hier sind wir zu viert. Mustafa, der Hostelbetreiber, der mit einer Uzbekin verheiratet ist und perfekt Russisch spricht. Hussain aus Maras, einer vom letzten Erdbeben stark betroffenen Stadt und Alexander aus Moskau, ein Russe, der vor der heimischen (russischen) Politik geflüchtet ist. Sehr angenehme Atmosphäre.

11.04. Ich frühstücke wieder in derselben Bäckerei und vertreibe mir gerade die Zeit mit dem Warten auf das Schiff mit einem Spaziergang durch die Bucht von Fethiye. Hier werden gerade alle Schiffe auf Vordermann gebracht bevor die Saison wieder losgeht.

Der Unterboden muß dicht sein – in der Bucht von Fethiye

Zumittag esse ich hier in der Lokantasi türkische Mussaka mit Reis und Gurkenjoghurt bevor ich wieder in die Stadt zurückkehre.

Bucht von Fethiye
Vor ca. 100 Jahren war Fethiye gerade einmal ein beschauliches Fischerdorf
Türken beim Zweierschnapsen ala Türkisch – in der Altstadt von Fethiye

Im Quartier sichere ich wieder einmal meine Fotos auf zwei verschiedene USB Sticks und bereite mich schön langsam auf die Fahrt mit dem Schiff vor.

12.04. Den letzten Tag in Fethiye verbringe ich ruhig am Strand, telefoniere mit zuhause und schaue nochmal im Büro des Schiffes Unternehmens vorbei. ‚Alles klar für morgen‘ und so packe ich dann in der Unterkunft meine Sachen um morgen früh gestellt zu sein.

Gesamtkilometerca. 6.560

Fazit: Der lykische Wanderweg ist landschaftlich wunderschön und touristisch bereits gut erschlossen. Man findet letztlich alle 10 oder 15 km etwas zu essen bzw. eine Wasserstelle. So bleibt der Rucksack leicht, hurra. ‚Wer leicht geht, geht sich leicht‘ lautet immer wieder die Devise. Selbst während des Fastenmonats Ramadan waren in dieser Ecke der Türkei die Restaurants und Lebensmittelläden offen. Die Einheimischen halten sich allerdings schon größtenteils an die Tradition des Fastens untertags. Im Vergleich zum anatolischen Hochland im letzten Jahr ist mir ehrlich gesagt diese doch schon sehr touristische Gegend um den Tick zu touristisch mit all den Begleiterscheinungen – viel höhere Preise, weniger Gastfreundschaft und auch die Freundlichkeit sind der Preis des Tourismus. Ich verbringe nun einige Tage in der sehr interessanten Stadt Fethiye und genieße noch einmal all die guten Gerichte der türkischen Küche. Dem Land Türkei wünsche ich viel Glück vor allem in Hinblick auf Naturkatastrophen wie Erdbeben, etc. Auch politisch werden die nächsten Wochen interessant, steht doch am Sonntag, 14. Mai die nächste Präsidentenwahl am Programm. Auf diesem Weg möchte ich mich bei all den wunderbaren und hilfsbereiten Menschen in der Türkei bedanken, die mir in vielen Situationen zur Hilfe standen.

Güle güle ve teşekkürler Türkiye (Auf Wiedersehen und danke Türkei).

TÜRKEI – Teil 7 (Antalya – Kemer – Adrasin – Demre – Kas)

20. – 23.03. Nun bin ich also wieder zurück in der Türkei. Nach fast vier Monaten im Nahen Osten habe ich mich auch irgendwie schon wieder gefreut auf dieses Land. Freundliche Leute, gutes Essen, schöne Landschaften und letztlich auch Kultur aus der Zeit der Griechen, Römer, dem byzantinischen (oströmischen) Zeitalter und letztlich auch der Zeit der Osmanen zeichnet die Türkei heute aus.

Schlaftrunken erreichte ich das Vague Hostel frühmorgens am Montag, 20.03. Der einzige Direktflug mit der türkischen Pegasus Fluglinie von Amman nach Antalya ging ja mitten in der Nacht und ich kam nicht zum Schlafen. Im Vague Hostel hatte man gerade noch ein Bettchen für umgerechnet 14€ die Nacht in einem 5 Bett Zimmer für mich frei. Ich erledige dann einige kleine Dinge wie meine alte Vodafone SIM Karte neu aufladen und Geld abheben bevor ich mich um die Mittagszeit ein wenig ausruhe. Am Abend habe ich mich heute mit Toni Inauen aus der Schweiz in der Lobby des noblen Ramada Plaza Hotels verabredet. Toni ist auch gerade am Weg nach Jerusalem und macht hier ein paar Tage Pause bevor er wieder in Anatolien weiter geht.

Ein guter Rotwein darf nicht fehlen – mit dem Jerusalempilger Toni Inauen im Ramada Plaza Hotel in Antalya – vielen Dank und alles Gute dir auf dem Weg!

Es ist schön mit Gleichgesinnten Erfahrungen auszutauschen und ich wünsche ihm alles Gute auf seinem Weg in das Heilige Land.

Die restlichen Tage schaue ich mir Antalya etwas genauer an. Es gibt hier den sogenannten Düden-Wasserfall, der sich etwa 6 km östlich des Stadtzentrums befindet.

Der Schnee lächelt vom Taurusgebirge runter auf die Küste vor Antalya
Unterer Düden-Wasserfall außerhalb von Antalya
Auch hier in Antalya hat der Frühling bereits begonnen…

Gestern war ich dann in der Altstadt, in der es noch viele gut erhaltene Häuser aus der osmanischen Zeit gibt.

Häuser im osmanischen Baustil – in der Altstadt von Antalya

Wunderschön gelegen auch die Marina mit Jachten und Fischerbooten. Zudem einige schöne Moscheen und am Abend gehe ich das zweite Mal in das gute Fischrestaurant Citar Balik, wo es um einige Euro verschiedene Fischbrote und Salatbuffet gibt.

Hadrian’s Tor – Eingang zur Altstadt von Antalya
Blick auf die Marina von Antalya
Blick von Antalya auf die Berge des ca. 1.500 km langen Taurusgebirges, das das anatolische Hochland vom Mittelmeer trennt

Heute (23.03.) stehe ich früh auf und sitze gerade in meinem Frühstückscafe. Bei einem Menemen, eine Art türkische Eierspeise mit Tomaten, etc.. plane ich gerade die Heimreise und vor allem die nächsten Wochen am lykischen Weg nach Fethiye. Es erwartet mich Schönes…

24.03. Nachdem es gestern noch ein wenig geregnet hat, ist heute morgen der Himmel wieder blau. Ideal um den Lykischen Weg von Antalya nach Fethiye über ca. 500 km zu starten.

1. Seldschukischer Sultan Giyaseddin Keyhüsrev (1164 – 1211) – er ist der erste türkische Eroberer von Antalya
Start in Antalya – der lykische Weg zieht sich über mehr als 500 Kilometer entlang der Küste nach Fethiye

Zuerst geht es von Antalya entlang des Ufers und nach ca. 2 Stunden Gehzeit genehmige ich mir in einem Café einen Tee und Karottenkuchen. Ich gehe heute hauptsächlich der Küste entlang und um die Mittagszeit erreiche ich den Industriehafen von Antalya. Hier wird fleißig gearbeitet und ich esse gemeinsam mit den Arbeitern Sardellen, gemischten Salat und Brot. Alles frisch und bestens! Dann durchquere ich einen Straßentunnel bevor ich kurz außerhalb von Beldibi am Strand mein Zelt aufstelle und seit langer Zeit wieder einmal eine Nacht am Meer verbringe.

25.03. Frühmorgens gehe ich heute los Richtung Kemer. Ich möchte ja heute auf den Tahtali (2.365m) rauf. In Kemer angekommen stärke ich mich noch mit einem Tee und fahre dann mit dem lokalen Bus Nr. 8 Richtung Talstation des Olympus, wie der Tahtali hier auch genannt wird. Im Bus lerne ich Suat und Cengizhan aus Istanbul kennen. Gemeinsam fahren wir mit der Gondel rauf auf über 2.000m. Hier empfängt uns Schnee und wunderschöne Aussicht auf das noch mit Schnee bedeckte Taurusgebirge und das Meer.

Mit Suat und Cengizhan vor der Bergstation des Tahtali (2.365m)

Nach einigen Stunden fahren wir wieder mit der Gondel runter ins Tal. Während die beiden wieder zurück nach Antalya fahren, steige ich in Kemer aus. Im selben Lokal wie am Vormittag esse ich einen Lahmacun und kaufe mir gegen Abend noch eine neue Batterie für meine Uhr. Ich konnte beinahe keine Ziffern mehr erkennen… 🙂 Ich fülle meine Wasserflaschen und kurz außerhalb von Kemer übernachte ich außerhalb eines Club Meds im Zelt.

26.03. Heute geht es das erste Mal schön entlang der Küste, viel auf und ab, und an alten römischen Städten vorbei.

Römischer Sarkophag am Weg nach Tekirova
Am Weg zur Tekirova Bucht
Hier thront er – der Tahtali (2.365m)
Am Weg zur Tekirova Bucht
Der Frühling hat hier bereits voll eingesetzt

In der malerisch gelegenen Tekirova Bucht campiere ich gemeinsam mit einem russischen Pärchen, das hier ebenfalls ihr Zelt aufgestellt hat. Überhaupt sind hier in dieser Ecke der Türkei sehr viele Deutsche, Russen und neuerdings auch Ukrainer. Suat meinte gestern, dass er sich hier als Türke fast wie im Ausland fühle…:-) Ich koche mir am Abend noch eine Suppe und verbringe einen schönen geruhsamen Abend am Strand.

27.03. Gestern Abend waren sie mir schon aufgefallen und auch heute morgen begrüßen sie mich als erstes – Gelsen! Nach einem Müsli setze ich mich wieder in Bewegung. Wieder entlang der Küste auf wunderschönen Wegen erreiche ich gegen die Mittagszeit die Ortschaft Cirali.

Immer wieder bieten sich solche Buchten zum Schwimmen und Verweilen an

Es ist einer dieser touristischen Orte, die mir nicht so recht gefallen. Ausserdem für türkische Verhältnisse sehr teuer. So gehe ich weiter und schaue mir vorerst einmal die ehemals lykische Stadt Olympos an, die im 3. Jahrhundert v. Chr. von den Lykern erbaut wurde.

Lykische Stadt Olympos aus dem 3. Jahrhundert v. Chr.

Ich wähle dann eine Route im Landesinneren und gegen Abend erreiche ich die Ortschaft Adrasin. Es ist einer dieser Orte, die mich ein wenig an Anatolien erinnern. Kein Tourismus und ein paar Teestuben.

Atatürk Monument – in Adrasin

In einer dieser Teestuben trinke ich cay und esse meine mitgebrachten Tortillas und Erdnussbutter. Harald, du hast mich da auf eine kulinarische Idee gebracht wenn du das liest… 🙂 Dann lerne ich einen Einheimischen kennen und er bietet mir an bei Freunden zu übernachten. Dankend nehme ich an. Ich liege derzeit in einem kleinen Häuschen auf meiner Isomatte wo ich diese Zeilen schreibe.

28.03. Es war eine sehr ruhige Nacht und um ca. 6h morgens wecken mich dann die Hühner auf. Ich packe meine Sachen und kaufe mir in einer Bäckerei einen Strutzen Weißbrot, den ich im selben Café wie gestern mit etwas Erdnussbutter verspeise. Dann führt mich der Weg Richtung Küste wo mir starker Wind entgegen bläst.

Stürmische Zeiten – am Weg nach Finike

Letztlich finde ich im guten und billigem Hotel Anadolu kurz vor Finike Schutz vor dem herannahenden Sturm, der über mich hinweg fegt. Ich zahle 300 TL (15€) die Nacht inkl. Frühstück. Eine Dusche tut nach fünf Tagen Wandern auch wieder einmal gut. Vor einigen Tagen hat in der Türkei ja der Ramadan, der Fasten Monat, eingesetzt. In dieser Ecke der Türkei ist davon eher weniger davon zu merken und es ist kein Problem untertags an Essen und Trinken zu kommen. Neben Supermärkten sind auch Restaurants offen. Im Osten der Türkei ist das sicher eine andere Sache.

29.03. Um 7h sitze ich pünktlich beim Frühstückstisch und lasse mir Tomaten, Gurken, Käse, Brot, Eier, etc schmecken. Tee und warmes Wasser darf natürlich dabei auch nicht fehlen. Dann verabschiede ich mich von dieser guten Unterkunft. Ich merke schnell, dass sich der Wind wieder beruhigt hat, auch das Meer ist wieder freundlicher. So gehe ich heute entlang der Küste.

Einheimische – am Weg nach Demre

Um die Mittagszeit kaufe ich mir Brot und ein Junge bringt mir Tomaten und Paprika, die hier in großen Plantagen wachsen. Alles organisch, versichert er mir. Dann erreiche ich das Städtchen Demre, das ehemalige Myra. Hier wurde der heilige Nikolaus geboren, dessen Sterbetag am 6. Dezember auch wir ja immer noch feiern. Ich quartiere mich im Grand Hotel Kekova ein und werde hier einmal zwei Nächte verbringen. Es gibt hier einiges zu sehen und eine kleine Pause kann ja auch nicht schaden. Am Abend esse ich eine EzoGelin Suppe, meine Lieblingssuppe in der Türkei. Als Nachtisch verspeise ich noch Baklava mit Eis, hmmm. Dann mache ich noch einen kleinen Spaziergang durch die Stadt, die mir recht gut gefällt.

30.03. Heute ist ein Rasttag. Zeit also für solche Dinge, die ich während des Gehens immer wieder aufschiebe. Nach dem Frühstück gehe ich zuerst zu den Felsengräber von Myra wo sich auch ein römisches Theater befindet.

Felsengräber in Myra, dem heutigen Demre
Bei den Felsengräbern in Myra, dem heutigen Demre
Römisches Theater in Myra, dem heutigen Demre

Myra, das heutige Demre, war im 4. und 5. Jhdt. v. Chr. eine bedeutende lykische Stadt bis hinein ins 14. Jhdt. Jahrhundertelang kamen hier Pilger nach Jerusalem vorbei um sich den Segen zu holen. Hier lebte auch Nikolaus von Myra. Er war Bischof der orthodoxen Kirche und wird auch heute noch speziell in Griechenland und Russland verehrt. Sein Sterbedatum und Gedenktag am 6. Dezember ist uns allen bekannt. Er wird im gesamten Christentum begangen und ist mit zahlreichen Bräuchen verbunden.

Nikolaus von Myra, ‚unser‘ Weihnachtsmann – dahinter die St. Nikolaus Kirche

Der heilige Nikolaus ist zugleich Schutzheiliger der Kinder, Seefahrer, Reisenden und Armen. Am Rückweg in die Stadt kehre ich bei einem Barbier ein und lasse mich für 50 TL wieder einmal rasieren. Sehr zur Freude des Besitzers wie mir vorkommt. Zumittag esse ich im selben Lokal wie gestern Manti, eine Art Ravioli ala Türkisch. Alles wird hier mit Brot und Salat serviert. In dieser Lokantasi schmeckt einfach alles gut.

Manti – türkische Ravioli

Im Anschluss daran besuche ich noch die St. Nikolaus Kirche, die über dem Grab des Heiligen Nikolaus errichtet wurde.

Im Inneren der St. Nikolaus Kirche – in Demre
Heiliger Nikolaus – in der St. Nikolaus Kirche in Demre

Dann lasse ich meine Gamaschen bei einem Schneider flicken und meine Vodafone SIM Karte neu aufladen. Nach einigen Telefonaten mit zuhause, esse ich in ‚meiner‘ Lokantasi Fleischsuppe (Et corbasi) und kehre dann wieder in die Unterkunft zurück.

31.03. Nach einem ausgiebigen Frühstück starte ich so um 8h morgens von Demre und gehe den lykischen Weg entlang der Küste. Immer wieder schöne Buchten und derzeit kaum jemand unterwegs.

Verlassene Buchten am lykischen Weg – hier am Weg nach Kas

In einem kleinen Dorf kaufe ich mir eine Cola und esse die mitgebrachten Tomaten und Paprika, gemeinsam mit Brot und Käse bis mein Bäuchlein voll ist. Ich telefoniere heute auch wieder einmal mit Sian alias MotherCourage, in Chelsea gibt es wieder Neuigkeiten mit dem Mieter. Da es heute fast windstill ist, gehe ich weiter entlang der Küste bis ich die Burg Simena erreiche. Nach einer kurzen Pause und einem Schwätzchen mit dem Ticketverkäufer, erklimme ich die Burg. Hier bietet sich ein herrlicher Ausblick auf die nahegelegene Küstenlandschaft.

Ticketverkäufer Dumrus und seine Frau – bei der Burg Simena
Turkish Coffee schmeckt natürlich auch immer gut – speziell hier bei Dumrus
Aussicht von der Burg Simena

Durmus, so heißt der Ticketverkäufer hier, empfiehlt mir mein Zelt beim nahegelegenen Fußballplatz aufzustellen. Auf diesem Fußballfeld hat wohl schon lange niemand mehr gespielt, denke ich mir dann nur. Aber ich verbringe hier eine wunderbare Nacht mit den Lauten von verschiedenen Eulen und Nachtvögeln.

01.04. Am Morgen esse ich wieder einmal Müsli und zwei Orangen, die ich gestern geschenkt bekommen habe. Dann gehe ich durch eine Marina in die nächste Ortschaft namens Kaleüçağız.

Bucht kurz vor der Ortschaft Kaleüçağız

Hier gibt es einen Lebensmittelladen und ich kaufe wieder Brot, Müsli und Käse ein. Gegen Mittag erreiche ich an der Küste eine kleine Bootsanlegestelle wo ich wieder meine Jause esse und mein Zelt trocknen lasse. In der Zwischenzeit hat es zugezogen und bei kühleren Temperaturen erreiche ich die Ortschaft Bogazcik. Da ich mir nicht sicher bin ob es heute zu regnen anfängt oder nicht gehe ich zur Moschee, dessen Vorbereich überdacht ist. Nach dem OK des Imam schlage ich hier für heute mein Quartier auf. Ich koche mir eine Suppe, esse mein Brot dazu und werde jetzt gleich schlafen gehen.

Mein Schlafplatz in Bogazcik – der überdachte Vorbereich der örtlichen Moschee

Der Imam verrichtet so um 19:30 noch einmal seinen Gebetsruf, meint aber auch gleich in gutem Englisch, dass eh niemand zum Beten kommen wird. Es ist ja derzeit Ramadan und die Essenszeit beginnt auch so um 19:30. Essen ist also doch wichtiger als Beten… 🙂 Nur so nebenbei – Nach dem Essen kamen dann doch noch ein paar Gläubige zum Beten und waren auch an dem nächtlichen ‚Gast‘ interessiert… 🙂

02.04. Ich mache mir morgens noch ein Müsli und gehe dann mal los. Heute allerdings nicht alleine. Der schwarze Hund, der schon die Nacht über bei mir verbracht hat, läuft mit mir mit. Er ist wohl auch froh einen kleinen Ausflug machen zu können.

Vor allem seine vornehme Pfötchenstellung beeindruckte mich…:-)

Es geht zuerst heute wieder an die Küste wo mir ein Campingbus mit deutschem Kennzeichen auffällt. Ich begrüße den Besitzer auf deutsch und auf meine Frage ob es hier wo einen Shop oder so gibt lädt er mich auf eine warme Tasse Kaffee ein. Es ist Andreas aus Frankfurt, der hier mit seinem Hund Tofu einige Wochen in der Türkei verbringt.

Andreas aus Frankfurt mit seinem Hund Tofu – vielen Dank für die Einladung!

Es tut gut wieder einmal Deutsch reden zu können und wir unterhalten uns viel auch über das Gehen und das Reisen mit einem Campingbus. Sein Mercedes Sprinter ist schon auch eine Augenweide und sehr gefinkelt innen ausgebaut. Nach ca. 1 Stunde verabschieden wir uns wieder und tauschen die Nummern aus. Wer weiß, vielleicht sieht man sich ja mal wieder… Nach weiteren zwei Stunden komme ich zum Nuris Beach und esse hier einen Nuris Burger. Mit einem Gemisch aus Cola und Wasser bringe ich mich wieder auf Vordermann. Auch der Hund ist hier bekannt und gönnt sich eine Pause.

Er hat sich auch eine Pause verdient – am Nuri’s Beach

Er bekommt noch etwas von meinem Burger ab bevor ich wieder alleine weitergehe und er hier bleibt. Es ist hier derzeit in der Türkei entlang der Küste bereits Frühling. Die Tageshöchsttemperaturen betragen max. 20 Grad und auch die Nächte sind nicht mehr kalt (so um die 10 Grad). So genieße ich hier jeden Tag wie einen Tag im Paradies.

Frühling am lykischen Wanderweg – kurz vor Kas

Gegen Abend erreiche ich dann die Ortschaft Kas. Sehr touristisch hier alles. Hier kaufe ich mir zur Abwechslung wieder einmal ein Efes Bier. Es ist wohl schon Monate her, daß ich das letzte Mal ein Bier getrunken habe. Am Campingplatz in Kas verlangen sie 300 TL, das zahle ich in der Türkei normalerweise für ein gutes Hotelzimmer. So lehne ich dankend ab und stelle mein Zelt auf einen Spielplatz wo ich die Nacht verbringen werde.

Gesamtkilometerca. 6.425

Fazit: Es ist immer wieder schön in der Türkei zu sein. Speziell der Frühling ist hier so schön und ich kann mich hier während dem Wandern auch gut von den Wüstenwanderungen in Israel und Jordanien erholen. Der lykische Wanderweg ist sehr gut markiert und um diese Zeit kaum begangen. Zum Teil führt er auch in touristische Ortschaften, in dem bereits alles auf Englisch angeschrieben ist, etc… Die Preise dementsprechend und nicht so wie im anatolischen Hochland. Es ist für mich hier wirklich ein Genusswandern nach den eher anstrengenden Wanderungen im Nahen Osten und in der Wüste.

JORDANIEN – Teil 3 (Petra – Dana – Kerak – Madaba – Amman)

05.03. Abschied von Petra… Nach 5 Tagen in Wadi Musa und der Felsenstadt Petra war heute der Tag gekommen um mich von diesem faszinierenden Ort zu verabschieden. Noch einmal mache ich dabei Rast bei der Schatzkammer bevor ich weiter Richtung Klein Petra gehe.

Abschied nehmen von Petra – hier vor der Schatzkammer

Dabei komme ich auch bei dem Löwentempel vorbei und lege auch noch einmal eine Rast beim Kloster ein.

Löwentempel in Petra
Detail vom Löwentempel in Petra

Es waren wunderschöne 5 Tage an diesem außergewöhnlich Ort – der vergessenen oder rosa Stadt – wie Petra auch oft genannt wird. Dann gehe ich den gut ausgebauten Weg nach Klein Petra. Hier mache ich auf einem kleinen Parkbankerl Mittagspause.

Mittagspause in Klein Petra

Auch in Klein Petra gibt es Grabmäler, kleiner halt als in Petra, dafür auch weniger Leute.

Wandmalereien in einem der Grabmäler von Klein Petra

Ich fühle mich heute gut und ausgerastet und so gehe ich noch ca. 10 km weiter wo ich in einem Beduinenzelt übernachte. Suleman Musabeh, wurde mir gesagt, sei ein guter Mann und ich kann es nur bestätigen. Wir trinken gemeinsam chai, bevor ich mir eine Suppe koche und etwas Brot esse. Wir schlafen bald in Ruhe, in zwei Decken eingehüllt, ein.

Beduinenzelt von Suleman

06.03. Zum Frühstück gibt es Tee gemischt mit warmer Ziegenmilch. Haleb wird dieses Getränk hier auch genannt. Ich reiche meine Schachtel Datteln wieder in der Runde herum und esse etwas von meinem Müsli. Suleman bringt dann seine Kinder mit seinem Toyota in die Schule und ich mache mich auf den Weg nach Wadi Malaga. Nach einigen Stunden bergauf bei geröllartigem Gestein erreiche ich einen Sattel namens Ras Naqb Shdeid, der atemberaubende Ausblicke in beide Richtungen bietet.

Die Wüste lebt – Teil 3

Dann geht es ca. 800 Höhenmeter auch wieder hinunter, ebenfalls auf diesem Untergrund, was ordentlich in die Füße geht.

Am Weg hinunter zum Wadi Malaga

Schließlich komme ich um ca. 18:30 ziemlich erschöpft im Wadi Malaga an wo mich ein Beduine zu sich winkt. Nach einem chai bekomme ich auch hier eine Einladung übernacht zu bleiben und ich nehme dankend an. Dann kommen ca. 10 Männer vorbei und wir essen alle mit den Fingern aus einem großen Tablet mit einem Gericht aus Nudeln, Sauce, etc… Gegen 10h abends gehen sie dann wieder nach Hause und während die Hunde draußen auf ihre Herde aufpassen, gehen im Zelt die Lichter aus.

07.03. Ich gehe heute früh los, da auf mich heute auf ca. 22km nach Dana mehr als 1.000 Höhenmeter warten. Nach ca. 1 Stunde winkt mich der erste Beduine zu sich um mich zu setzen. Sogleich bringt ein anderer Beduine Brot, Eier, Käse und Orangensaft zum Frühstück. Es ist eine Tourgruppe und es war noch Essen übrig geblieben. So esse ich am Boden sitzend mein Frühstück und zum Abschied bekomme ich auch noch Wasser und einen Apfel. Nach ca. 1 Stunde komme ich bei einer Ecolodge vorbei wo ich Kaffee trinke und mich auf den bevorstehenden Anstieg vorbereite. Kaum zwei Stunden später erreiche dann ich einen schattigen Platz wo gerade eine britische Familie mit ihrem guide Mittagspause machen. Der guide bietet mir einen Sandwich an und so mache ich hier bei ihnen Mittagspause. Unglaublich auch hier die Gastfreundlichkeit.

Britische Familie mit ihrem guide – wir hatten viel Spaß!

Zum Abschied spielt er mir auch noch ein Ständchen auf seiner mitgebrachten Flöte und alle wünschen mir eine gute Weiterreise. Um ca. 16h erreiche ich dann die Ortschaft Dana, die auf über 1.200 Höhenmetern liegt. Das erste ist hier ein kleiner Lebensmittelladen, wo ich mir eine Cola und salzige Chips kaufe. Amir, der Betreiber des Ladens, bietet mir an bei ihm zu übernachten. 15 JD die Nacht und er gibt mir auch noch Brot, Käse, Falafel, etc dazu. Ich telefoniere hier auch wieder einmal mit Muttern und habe auch wieder die Gelegenheit meine Powerbank und mein Handy aufzuladen. Kurz nach Sonnenuntergang macht mir Amir noch heisses Wasser und mit einem Glas genieße ich wieder einmal eine Dusche, eine sogenannte ‚bucket shower‘. So liege ich jetzt wieder fein geschniegelt in einem Bett und werde morgen weiter gehen in Richtung Karak, einer Burg aus der Kreuzritterzeit.

Sonnenuntergang in Dana – Touristen aus aller Welt bestaunen dieses Tal, durch das ich heute hierher hochkam…

08.03. Heute ist es den ersten Tag seit ich in Jordanien bin, komplett bewölkt und neblig, es hat auch ordentlich abgekühlt. Um 07:30 höre ich Amir seinen Shop aufmachen und wenig später verabschiede ich mich von ihm. Zuerst führt der Weg heute noch einige hundert Höhenmeter hoch, bevor ich um die Mittagszeit in eine Ortschaft namens Busayra komme. Hier bestelle ich mir Kaffee, den ich gemeinsam mit Mohammed, dem Betreiber, auf einem Heizstrahler trinke.

Mohammed, der Betreiber des Lebensmittelladen in Busayra, lädt mich zu Kaffee und Tee ein – Shukran (Danke)!

Es ist empfindlich kalt geworden wieder, da tut jede Wärmequelle gut. Dann gehe ich viele Höhenmeter hinunter in einen sehr schönen Canyon und auf der anderen Seite wieder hoch in die Ortschaft Al-Matan.

Canyon am Weg nach Al-Matan

Seit ich Petra Richtung Norden verlassen habe, ist die Landschaft wieder etwas grüner und der Beginn des Frühlings ist auch hier bemerkbar. Nach mehr als 6 Wochen in der israelischen und jordanischen Wüste wieder einmal eine willkommene Abwechslung.

Blühender Baum am Weg nach Al – Matan – auch in Jordanien macht sich das Frühjahr bemerkbar

Im Dorf Al-Matan gibt es ein Visitorcenter, doch niemand ist hier und auch alle Türen sind verschlossen. Als ich bereits weitergehen will, biegt ein weiterer Wanderer um die Ecke. Er meint, es müsste jemand kommen, da er sich telefonisch angemeldet hat um hier zu übernachten. Es ist dies Corné, ein junger Holländer aus Rotterdam, der am Weg nach Süden unterwegs ist. Kurz darauf kommt auch schon Hussein mit zwei jüngeren Männern mit seinem Auto vorbei. Sie geben uns im Aufenthaltsraum eine Matratze und bereiten uns auch zwei Kannen Tee zu. Schließlich kochen wir uns beide in der Küche eine Suppe.

Mit Corné, dem jungen Holländer, im Visitorcenter Al-Matan

Danach erklärt uns Hussein, dass er einer der Gründer des Jordan Trails ist. Es gibt den Jordan Trail seit ca. 2017 und jährlich gehen ihn ca. 50 Personen. Wahrlich noch nicht überlaufen, so soll es auch bleiben. Wir bedanken uns mit 5 JD und verbringen einen erholsamen gemeinsamen Abend im Visitorcenter.

09.03. Corné hat heute eine längere Strecke vor sich und verabschiedet sich um ca. 07:30 Richtung Dana. Gemächlich packe ich dann auch meine Sachen zusammen und kaufe mir in einer Bäckerei Brot und Baklava für den Tag. Auf einer alten Couch neben einer Straße esse ich dann mein mitgebrachtes Brot. Und wieder werde ich von jüngeren Jordaniern beschimpft und mit Steinen beworfen als ich mich der Ortschaft Al-Ayes nähere. Ohne ersichtlichen Grund… Ein Phänomen, das mich bereits bei meiner Ankunft in Jordanien beschäftigt hat. In der Ortschaft Al-Ayes trinke ich dann einen Tee, esse etwas von meinen Baklava dazu und quartiere mich schließlich am Nachmittag für 15 JD ohne Frühstück im Hotel Faris ein. Nachdem ich meine Socken und mein Leiberl gewaschen habe, liege ich derzeit zufrieden im Bett und schreibe diese Zeilen. Zum Hotel Faris gehört auch noch das Restaurant Caballero, das ca. 500m entfernt liegt. Ich esse dort gutes Mensaf und der Chef persönlich bringt mich dann mit seinem luxuriösen Wagen wieder zurück ins Hotel.

10.03. Ich wollte heute eigentlich ohne Frühstück losgehen. Als ich allerdings in die Hotellobby komme, deutet die Ehefrau des Chefs auf ein Tablet reichlich gefüllt mit Köstlichkeiten. Sie hat es sich nicht nehmen lassen trotzdem für mich ein Frühstück zuzubereiten – – > vielen Dank! Es geht heute meist auf guten Wegen bergab mit Blick auf den südlichen Teil des Toten Meeres.

Blick auf den südlichen Teil des Toten Meeres
Die Wüste lebt – Teil 4

Um die Mittagszeit treffe ich ein Pärchen aus Neuseeland, von dem mir Corné schon erzählt hat.

Justin und Franci aus Christchurch am Weg nach Aqaba

Sie sind bereits seit 18 Tagen auf dem Jordan Trail unterwegs und im Norden in Umm Qais gestartet. Bis jetzt habe ich nur Leute getroffen, die den Jordan Trail von Norden nach Süden gehen. Am Nachmittag gelange ich dann ins Tal im Wadi al-Hasa auf ca. 250 Höhenmeter und mache dort Mittag. Ich fühle mich bereits geschwächt, eine leichte Erkältung macht mir etwas zu schaffen. Dann raffe ich mich doch noch auf die restlichen 600 Höhenmeter zum Zeltplatz Tur Taboun direkt unter Felsklippen zu gehen. Am Weg werde ich noch einmal von Einheimischen zum Tee eingeladen und so gegen 17h erreiche ich dann den malerischen Zeltplatz.

Zeltplatz in Tur Taboun

Da heute Freitag ist, sind die Einheimischen wieder unterwegs. So wird der geruhsame Abend ein Abend mit Auto, 5-köpfiger Familie und lauter Musik – naja!

11.03. Übernacht hat sich zu meiner Erkältung auch noch eine Augeninfektion dazugesellt und mir mein Auge zugeschweisst – na bravo! 🙂

Ich packe mein Zelt ein und erreiche kurz nach 9h den Ort Mujeida. Da hier kein Geschäft zu finden ist, frage ich bei einem Haus um Wasser und werde dann auch noch zu einem Frühstück eingeladen.

Einladung zum Tee und Frühstück – dann ging es wieder ein paar Kilometer

Mit einem Kübel Wasser wasche ich mir mein Auge aus und es lässt sich zumindest wieder halb öffnen.

Eine plötzlich auftretende Augeninfektion machte mir zu schaffen – es wurde noch um einiges schlimmer…

Etwas gestärkt, aber doch in ‚Schräglage‘ nähere ich mich auf einfachem Terrain und bergab der Kreuzritterburg in Kerak.

Kreuzritterburg Kerak in Sicht (rechts oben)
Kreuzritterburg Kerak

Bis hierher sollte ich kommen, dann bleibt Zeit zum Rasten und Erholen. Ich finde im Karak Dream Hotel in der Nähe der Burg ein gutes Zimmer mit Frühstück um 20 JD die Nacht und beschließe gleich zwei Nächte zu bleiben. Nach dem Abendessen bringt mich der Kellner noch in eine Apotheke wo ich mir Augentropfen und Tabletten gegen eine Erkältung kaufe. Dann schlafe ich die Nacht beinahe komplett durch.

12.03. Die Erkältung hat sich über Nacht gebessert. Allerdings habe ich wohl durch das ständige Augenreiben auch das zweite Auge angesteckt. So waren heute um 5h früh beim ersten Klogang beide Augen zu und ich konnte kaum mehr sehen… Zombie in Reinkultur! Wieder nach längerer Wäsche ließen sich bald wieder beide Augen zumindest halb öffnen. Aber mir ist auch klar, dass ich so nicht weiter gehen kann und vor allem auch nicht will. Ich esse dann so um 7h Frühstück mit Eierspeise, Falafel und Hummus und schaue mir am Vormittag ausgiebig die Kreuzritterburg an. Soweit das halt mit meinen Augen geht… 🙂

Einer der vielen unterirdischen Gänge in der Kreuzritterburg Kerak

Gegen Mittag komme ich wieder in das Stadtzentrum zurück, lasse meinen Bart abrasieren und raste mich dann im Zimmer aus. Die Augen lassen mir allerdings keine Ruhe. Auf meinem Handy sehe ich, dass es in Kerak ein italienisches Spital gibt – nichts wie hin! Ein Mitarbeiter zeigt mir die Augenstation, eine Menge voller Leute davor und kein Arzt in Sicht. Ich beschließe daher zuerst Mittagessen zu gehen und später wieder zu kommen. Als mich der Mitarbeiter wieder abziehen sieht, zeigt er mir noch einen privaten Augenarzt mit eigener Ordination. Er befindet sich nur unweit vom Spital. Schnell schaut er mir mit seinem Mikroskop tief in die Augen – ‚virale Augeninfektion‘ lautet seine Diagnose. Er gibt mir antibiotische Augentropfen und verlangt inkl. Behandlung 20 JD. Ich bin ja sparsam aber bei der Gesundheit hört es sich auf. Zusätzlich verschreibt er mir auch noch eine antibiotische Augensalbe, die ich mir in der Apotheke besorge. Ich hatte schon das Gefühl, dass ich da etwas stärkeres brauche um das wieder los zu werden. In einigen Tagen sei es wieder besser, meint er, und wünscht mir alles Gute! In shallah… Dann gehe ich zufrieden aber doch auch wieder beruhigter in das gute Adel Halabi Restaurant Mittagessen, wo ich auch bereits gefrühstückt habe.

Das gute Adel Halabi Restaurant mit dem darüber liegenden Kerak Dream Hotel – in Kerak

Derzeit raste ich etwas im Zimmer und werde erst morgen entscheiden ob ich wieder weitergehe oder doch noch einen Tag bleiben werde.

13.03. Nachdem ich immer noch durch die Erkältung etwas geschwächt bin und auch die Augen noch ihre Ruhe brauchen, entscheide ich mich noch einen Tag hier zu bleiben. Ich nütze diesen Rasttag auch um den Flug von Amman nach Antalya zu buchen, hole meine gereinigte Wäsche ab, etc… Zudem telefoniere ich auch wieder einmal mit Frau Mutter, der es auch wieder besser geht. Dann ruft mich Harald an, der gerade in der Türkei beim Wandern zwischen Bodrum und Marmaris ist. Wir vereinbaren uns eventuell in der Türkei zu treffen und einen Teil des lykischen Weges gemeinsam zu gehen. Auch die Augeninfektion hat sich überraschend schnell wieder gebessert. Am Abend mache ich nach dem Essen noch einen gemütlichen Rundgang durch die Stadt bevor ich früh einschlafe.

14.03. Heute ist es Zeit wieder aufzubrechen. Noch einmal genieße ich das gute Frühstück im Adel Halabi Restaurant und marschiere dann los.

Die beiden lieben Betreiber des guten Adel Halabi Restaurants – in Kerak

Der Wetterbericht ist allerdings für heute nicht gut und Regen war nach langer Zeit wieder einmal angesagt.

Blick auf die Stadt Kerak vom Norden – es ist hier bereits weit grüner als im Süden des Landes

Nach ca. 2 Stunden setzt der Regen dann wirklich auch ein und ich mache eine Teepause. Allerdings läßt der Regen nicht nach, auch Wind kommt noch dazu. So ziehe ich meine Regensachen an und trotze so dem Wetter.

Sexy outfit im Regen – in den Straßen von Jordanien

Gegen Mittag erreiche ich die Ortschaft Rabbat. Hier esse ich einen Falafel Sandwich und trinke einen warmen Tee. Richtiges Sauwetter draußen heute.. 🙂 Ohne viel zu schauen halte ich meine Nase wieder ins Nasse raus und marschiere los. Nach ca. 1 Stunde winkt mir ein Friseur zu und lädt mich zu einem Tee ein. Dankend nehme ich an und erst beim Wäschewechseln sehe ich, dass ich die letzte Stunde wieder zurück nach Kerak ging – haha!!! Ist mir echt auch noch nie passiert, aber alles muß das erste mal sein… Wir trinken Tee und schön langsam werden meine Sachen auch wieder trocken. Ein liebenswerter Jordanier bringt mich dann wieder mit seinem Auto zurück nach Rabbat, wo ich ja schon war. So musste ich die Strecke zumindest nicht zweimal gehen… Zum Glück hat der Regen wieder nachgelassen und ich gehe weiter in die Ortschaft Al-Qasr.

Dieser Mann genießt noch immer hohe Beliebtheit in Jordanien – Saddam Hussein

Am Ortsende hält ein Auto und ein Beduine bietet mir an bei ihm Tee zu trinken und zu rasten. Genau das Richtige wieder im richtigen Moment, denke ich mir und nehme an. Wir trinken gemeinsam chai und ich werde hier auch die Nacht verbringen.

15.03. Nach einer ruhigen Nacht wärme ich mir mit meinem Kocher noch Wasser und esse etwas von den restlichen Falafel, die gestern Abend der Beduine noch zum Essen vorbei brachte. Es hat heute wieder etwas aufgehört zu regnen und kurz vor dem Wadi Mujib mache ich in einem kleinen Kaffee Mittagspause. Hier erklären mir junge Burschen, dass dieses Wadi bei Regen oft gefährlich werden kann. Gewarnt gehe ich die tiefe Schlucht hinein, merke aber schnell, dass der Wasserstand nicht bedrohlich ist.

Wadi Mujib – am King’s Highway

Nachdem ich das Tal dann auf der anderen Seite wieder hoch gehe, lerne ich in Dhiban beim Teetrinken einen Einheimischen kennen. Tarek, so heißt er, spricht etwas Englisch und bietet mir an in seinem Haus zu übernachten. Da heute eh alles nass ist, etc nehme ich natürlich gerne an und wir verbringen gemeinsam mit einem anderen Beduinen namens Nasi einen schönen Abend. Speziell Nasi liest mir jeden Wunsch von den Augen ab, unglaublich wie gastfreundlich sie hier sind. Am Abend gibt es dann noch Mensaf zum Essen und zufrieden schlafe ich dann in einem richtigen Bett mit Matratze ein.

Mensaf essen mit Tarek (Mitte) und einem jungen Jordanier, das Foto machte Nasi – in Dhiban

16.03. Während die anderen noch schlafen, packe ich wieder meine Sachen, esse Bananen und Mandarinen und trinke dann im Ortszentrum noch einen Tee. Hier ist der Stammesrat von Dhiban vertreten und wir haben guten Spaß gemeinsam.

Ein Jordanier übt sich mit meinen Wanderstöcken beim Wandern – im Ortszentrum von Dhiban

Entlang des King Highways geht es heute wieder nach Madaba, der Stadt der vielen Mosaike. Ich war schon vor mehr als 3 Monaten hier als ich von Jordanien nach Jerusalem ging. So steuere ich gleich wieder das Pilgrims Haus an, wo ich mich um 13 JDs die Nacht inkl Frühstück einquartiere. Nach einer Dusche nehme ich in der naheliegenden Georgskirche noch an einem Gottesdienst teil und gehe danach früh schlafen.

17.03. Gemeinsam mit Heidi, einer holländischen Skipperin, frühstücke ich heute und mache mich dann so um 9h auf zur letzten Etappe zurück in die Hauptstadt Jordaniens, nach Amman. Wenn das Ziel so kurz vor den Augen liegt, merke ich wie schnell dann die Füße werden.. 🙂 Guten Schrittes erreiche ich zuerst die ersten Vororte von Amman.

Amman in Sicht

Um ca. 17:30 stehe ich dann wieder vor dem Battuta Hostel in Amman, wo ich um 10 JD die Nacht ein Bett in einem 8-Bettzimmer für 2 Nächte reserviert habe.

Das Battuta Hostel in Amman ist wieder erreicht – hier begann vor mehr als 3 Monaten meine Wanderung im Nahen Osten

Nach einer Dusche, wasche ich auch noch meine Wäsche, besser gesagt die Waschmaschine macht das… Derzeit liege ich im Bett und werde bald schlafen. Schön langsam wird mir bewusst, dass ich hier im Nahen Osten eine wunderschöne Zeit verbracht habe, die aber bald auch zu Ende gehen wird. In der Nacht von Sonntag auf Montag geht mein Flieger von hier nach Antalya in die Türkei. Es heißt also wieder einmal Abschied nehmen…

18.03. Heute ist es noch schön und ich habe mich schon sehr auf die Fatteh von Hamdi gefreut. Hamdi ist der Syrer aus Idlib, der hier schon seit 11 Jahren lebt, und im Battuta Hostel die Frühstücke zubereitet. Beim Frühstück unterhalten wir uns auch über die letzten Ereignisse der letzten 3 Monate (Erdbeben, etc…). Sein größter Wunsch ist seine Familie wieder einmal zu sehen und in seiner Heimat sterben zu dürfen…

Mit Hamdi beim Frühstück – im Battuta Hostel in Amman

Dann bringe ich einige Sachen, die ich auf meiner Wanderung zurück in die Heimat nicht mehr zu brauchen glaube – wie Liner, Haube, Handschuhe, etc – in einem Plastiksackerl in das Hisham Hotel. Wer leicht reist, reist sich auch leicht… Hier hinterlegt mir Mr. Mohammad das Packerl für Johannes, der nächste Woche hier mit seiner Gruppe nächtigen wird und mir das Packerl mit nach Hause nimmt – Merci!

Mr. Mohammad vom Hisham Hotel – er übernimmt mit Freude mein Packerl und hinterlegt es für Johannes – vielen Dank!

Heute steht Erholung auf dem Programm. Ich hole mir die trockene Wäsche vom Garten, gebe die Gaskartusche in der Rezeption ab (sie machen am Flughafen nur Probleme) und verbringe den restlichen Nachmittag und Abend hauptsächlich in der Unterkunft hauptsächlich mit Lesen und Musikhören.

19.03. Heute hat, wie vorhergesagt, das Schlechtwetter hier eingesetzt. Ideal für mich weiter zu rasten. Ich telefoniere mit Adi und Frau Mama, die gerade in Oberndorf auf Reha ist. Sie dreht gerade auf dem Hometrainer ihre Runden – es geht bergauf, vor allem auch mental wie man hört!

Es regnet draußen weiter. Ich unterhalte mich in der Unterkunft mit einem italienischem Motorradfahrer, der gerade von einem Abstecher in Syrien, Libanon und dem Irak zurückkommt. Derzeit wartet Enzo, wie er heißt, gerade hier auf das russische Visum. Syrien sei nur mit einem Reisebüro zu bereisen, das Visum besorgt das Reisebüro. Damaskus, Aleppo und Homs seien ’sichere‘ Städte und könnten ‚problemlos‘ bereist werden. Für den Irak gibt es seit ca. 4 Monaten für EU Bürger das Visum an der Grenze zwischen Jordanien und Irak on arrival. Manchmal wissen das die Grenzbeamten allerdings noch nicht oder wollen es nicht wissen, und es gibt immer wieder Probleme. Er wurde dann auf der Straße, die von der Grenze in das ca. 500 km entfernte Bagdad führt, von der Armee eskortiert. Zuerst zu seinem Frust, dann später allerdings zu seinem Glück, wie er meint. Diese Straße gilt als eine der gefährlichsten Straßen weltweit und letztlich verdankt er aufgrund einiger Vorkommnisse diesem Eskortschutz sein Leben, wie er meint.

Mit Enzo von Palermo im Battuta Hostel – viel Glück weiterhin auf Deiner Reise!

Ich höre mir all diese Geschichten gerne an und bewundere auch den Mut dieser Burschen. Ich bevorzuge allerdings für meine Wanderung eher ’sicherere‘ Länder. Was ist allerdings auch schon sicher, denke ich mir dann… Vielleicht hängt das auch mit dem Alter zusammen. Man wird ruhiger oder vielleicht könnte man auch sagen – vernünftiger. Keine Ahnung…

Ich warte jetzt also noch die letzten Stunden bis ich zum Flughafen Königin Alia fahre und morgen früh dann nach Antalya in die Türkei fliege. Die restlichen Stunden verbringe ich noch mit Enzo gemeinsam im Hostel. Wir trinken dann noch in einem Café gemeinsam einen Tee und wünschen uns weiterhin alles Gute.

Auf Wiedersehen Naher Osten – es war wunderschön bei dir!!! Ich wünsche der gesamten Region hier viel Frieden und dass in manchen Ländern Ruhe einkehren möge!

Gesamtkilometerca. 6.200

Fazit: Der Jordan Trail ist ein Abenteuer für sich!!! Im Gegensatz zum Shvil (Israel National Trail) ist er überhaupt nicht markiert und führt zum Teil durch völlig unwegsames Gelände. So ist manchmal nicht einmal die Spur eines Pfades ausfindig zu machen. Dementsprechend wichtig ist es hier eine GPS Datei zu haben nach der man sich richten kann. Auch ist es wichtig bei jeder Gelegenheit das Handy und/oder die Powerbank nachzuladen weil die ständige Navigation mit dem Handy weit mehr Strom verbraucht als sonst. Ich bin allerdings mit meiner 20.000 mAh Powerbank gut ausgekommen. Mit dieser Powerbank kann ich mein Handy ca. 6 bis 7 mal voll aufladen bevor sie wieder leer und nachzuladen ist. Eine große Hilfe am Jordan Trail sind die Beduinen und beinahe jeden Tag konnte ich ein permanentes Beduinencamp am Weg sehen. Sie helfen in der Not immer! Die Beduinen sind für mich die wahren ‚Trail Angels‘ in Jordanien ohne dass sie sich als solche bezeichnen. Sie helfen Dir mit dem Wasser, Aufladen der Geräte und auch mit der Übernachtung. So bekommt man auch etwas mit wie sie hier leben, etc… Ich hatte auch das Gefühl, dass sie sich über meinen Besuch auch gefreut haben. Manchmal konnte ich mich erkenntlich zeigen, aber meistens wollten sie kein Geld nehmen sondern einfach nur ihre Hilfe als Gastfreundschaft anbieten. War die Wüste Negev in Israel schon eine Wucht so muss ich sagen, dass die jordanische Wüste noch einmal beeindruckender und abenteuerlicher ist. Technisch gesehen (Klettereien, usw) ist der Shvil schwieriger zu gehen, dafür ist der Jordan Trail mit dem geröllartigen Gestein um einiges rutschiger. Es waren genau vier Wochen, die ich von Aqaba nach Amman größtenteils in der jordanischen Wüste unterwegs war. 5 Tage davon habe ich in Petra Rast eingelegt.

Dreieinhalb Monate war ich nun also hier im Nahen Osten, in den Ländern Jordanien, Palästina und Israel. Zu Fuß habe ich auch viele Gegenden kennenlernen dürfen, die den meisten Besuchern verborgen bleiben. Ich könnte mich nicht entscheiden welches dieser Länder mir am besten gefiel. Jordanien war definitiv das abenteuerlichste. Shukran (Danke) an alle Beduinen und Jordanier, die mir immer wieder zur Hilfe standen und mich so immer wieder weitergehen ließen.

JORDANIEN – Teil 2 (Aqaba – Wadi Rum – Petra)

15.02. Am Weg zur Grenze nach Jordanien komme ich noch einmal beim Decathlon vorbei und ich kaufe mir noch mehr von den Reparaturtapes für die Matte, nachdem sie sich ja bewährt haben. Dann gehe ich die restlichen 5 km an die Grenze und verabschiede mich von Israel, einem wunderschönen Land umgeben von arabischen Ländern. Allerdings nicht, bevor ich eine Ausreisegebühr von 119 Schekel bezahle, wofür? 🙂 Mit dem Jordan Pass (80 USD inkl. 1 Monatsvisum und 3 Tagesticket für Petra), den ich mir bereits einige Tage davor online gekauft habe, bekomme ich ein 30 Tages Visum für Jordanien in meinen Pass.

Visum für Jordanien für 1 Monat

Dann mache ich mich zu Fuß die restlichen Kilometer nach Aqaba auf. Ein Militärfahrzeug stoppt mich allerdings und erklärt mir, dass es auch hier nicht erlaubt ist, diese Grenze zu Fuß zu gehen. Sie bringen mich mit ihrem Fahrzeug wieder zurück zur Grenze wo schon hungrig die Taxifahrer Beute riechen.

Im Militärfahrzeug zurück zur Grenze – auch der Grenzübergang bei Eilat zwischen Israel und Jordanien darf zu Fuß nicht überschritten werden

Für 11 jordanische Dinar (Wechselkurs: 1 Jordanischer Dinar (JD) = ca. 1,35 €) bringt mich einer von den Taxifahrern wohl behalten in die ca. 150.000 Einwohner zählende jordanische Stadt Aqaba. Aqaba ist der einzige jordanische Hafen Jordaniens am Roten Meer und auch hier gibt es eine Freihandelszone. Harald hat mir hier das Moon Beach Hotel empfohlen wo ich mich um 15 JD die Nacht einquartiere. Wadir, ein ägyptischer Friseur, der hier schon seit mehr als 20 Jahren gleich neben dem Moon Beach Hotel sein Geschäft hat, macht mich wieder ein paar Jahre jünger indem er mir den Bart abrasiert. Er verrät mir auch einen Schuster, der mir meinen Rucksack und die Träger wieder zusammen näht. Unglaubliche Künstler wie schnell sie sind bei verschiedensten Reparaturen. Dann schaue ich gemeinsam mit Mohammed, dem Besitzer des Hauses, in der Rezeption noch das Fußballspiel Arsenal vs ManCity, das ManCity 3:1 gewinnt. Nicht zu meinem Gefallen. Dann falle ich im wahrsten Sinne des Wortes ins Bett.

16.02. Nach einem Test über Nacht stellt sich heraus, dass die Isomatte noch ein Loch haben muss, weil Luft ausgeht. So wiederhole ich heute früh die Aktion mit der Seifenlauge und siehe da, tatsächlich noch ein Loch, das ich mit den gekauften Pflastern flicke. Wie sich später herausstellt, war es jetzt vorerst einmal das letzte Loch und die Luft hält jetzt wieder. Zusätzlich flicke ich noch einmal mein Zelt neu mit den gekauften tapes, da meine erste Reparatur nur behelfsmässig gewesen war. Dann erledige ich noch einige andere Sachen… Ein Besuch beim Schneider für die Innentasche der Hose, in der Apotheke und schließlich kaufe ich mir noch vorsorglich Datteln und Walnüsse für die bevorstehenden Tage. Den späteren Nachmittag verbringe ich dann an der Strandpromenade und telefoniere mit Muttern. Edith ist gerade bei ihr und Frau Mutter bereitet sich gerade auf die bevorstehende Reha vor.

Am Strand von Aqaba

Am Abend schaue ich noch einmal kurz Fußball mit dem fußballbegeisterten Mohammed und gehe früh schlafen.

17.02. Heute morgen wache ich früh auf und schreibe diese Zeilen. Auch sichere ich meine Fotos wieder einmal auf zwei USB Sticks und packe einen Teil meines Rucksacks. Morgen früh gehe ich dann ja wieder weiter Richtung Wadi Rum und Felsenstadt Petra, die ich in ca. 10 Tagen erreichen werde. In shallah, jetzt wieder… 🙂 Am Nachmittag telefoniere ich wie so oft in letzter Zeit mit zuhause und Herbert – – > Herbert, vielen Dank wenn Du diese Zeilen liest 🙏🙏🙏 Kurz vor Sonnenuntergang setze ich mich noch mit anderen Touristen auf ein Glasboot und schaue mir so die Stadt mit den dahinter liegenden Aqaba Bergen auch noch vom Wasser an.

18.02. Aqaba ist der südlichste Ort meiner Wanderung, ab heute geht es wieder Richtung Norden und Amman. Es gibt hier den sogenannten Jordan Trail, der sich von Aqaba am Roten Meer bis nach Umm Quais im Norden von Jordanien über ca. 650 km erstreckt. Und genau auf diesem Weg werde ich die nächsten Wochen bis in die Hauptstadt Amman gehen. Die ersten Kilometer sind einfach und nach ca. 3 Stunden erreiche ich den South Beach von Amman, von wo es jetzt über 1.000 Höhenmeter in die Berge geht. An die Grenze zu Saudi Arabien sind es auch nur mehr 10 km wie mir ein Verkehrsschild verrät, aber das ist ein anderes Kapitel.

Auf nach Saudi Arabien? Nein, es geht jetzt wieder Richtung Norden und Amman

Am South Beach trinke ich noch gemütlich einen Kaffee und tanke meine Wasserflaschen auf, ab hier wird Wasser rar. Nach ca. 3 Stunden erreiche ich ein Industriegebiet wo ich Sardinen aus der Dose mit Brot esse. Dann versuche ich eine Abkürzung zu gehen, werde aber vom Militär zurückgeschickt. So verliere ich ca. 1 Stunde Gehzeit. Auf unwegsamen und sehr rutschigem Gelände geht es nun weiter. Die Wege sind überhaupt nicht markiert und ohne GPS Datei würde ich es nicht wagen in diese Berge zu gehen.

Final Camp rechts im Hintergrund auf ca. 1.000 Meter Seehöhe – Sam, der Australier aus Brisbane ‚wartete‘ schon auf mich

Durch das viele auf das Display schauen am Handy verbraucht das Handy auch mehr Strom wie ich schnell merke. Erst bei Anbruch der Dunkelheit und ca. 5% verbleibendem Akku erreiche ich das Final Camp. Es ist ein großes Zelt, das guten Schutz gegen den Wind bietet. Sam, ein Australier aus Brisbane, hat sich wohl schon auf eine Nacht alleine hier heroben eingestellt als ich dann doch noch um die Ecke bog. Nach 33 km und 1.250 Höhenmetern falle ich ziemlich erschöpft auf meine Isomatte. Sam bereitet mir Tee zu und wir kochen gemeinsam unser mitgebrachtes Essen. Er ist am Weg nach Aqaba und kommt gerade zu Fuß von der Felsenstadt Petra. So gibt er mir auch noch wichtige Tipps mit auf den Weg. Wo gibt es Wasser und dauerhafte Beduinenzelte, etc.. sind die wichtigsten Informationen, die ich brauche.

19.02. Sam und ich frühstücken noch gemeinsam bevor er sich als erster auf den Weg runter nach Aqaba macht.

Sam, der Australier aus Brisbane

Als ich so gegen 9h starte, merke ich schnell, dass mir die lange Tour von gestern noch in den Füssen liegt. Gegen Mittag erreiche ich dann die Ortschaft Titin, wo ich von Einheimischen Wasser bekomme. Als Draufgabe gibt es gegrilltes Hendl mit Reis, hurra. Ha Adil, der älteste der 3 Brüder, überredet mich bei ihnen übernacht zu bleiben. Es war allerdings auch nicht schwierig mich zu überreden…

Ha Adil, der älteste der 3 Brüder, versorgte mich mit Tee und Essen – vielen Dank!

So verbringen wir einen gemeinsamen und gemütlichen Nachmittag bei Lagerfeuer und Teetrinken. Dann kommt auch sein Vater mit Freunden vorbei, es wird Shisha geraucht bevor ich früh einschlafe.

Mit Ha Adil’s Vater und seinem jüngeren Bruder Farsi beim Nachmittagsplausch


20.02. Noch im Finsteren koche ich mir warmes Wasser, esse Müsli mit Walnüssen und Datteln und starte den Tag deutlich früher als gestern. Während des heutigen Tages erreiche ich schön langsam das Wadi Rum. Wunderschöne Berge inmitten der Wüste und dort und da sehe ich auch Kamele und Beduinen.

Kamele am Weg nach Titin
Wasserzisternen am Weg nach Titin – ich traute dem stehenden Wasser darin allerdings nicht

Als mein Wasser dann allerdings doch knapp wird, halte ich einen vorbei fahrenden Jeepfahrer auf, der mir zwei Wasserflaschen gibt.

Drei Liter Wasser von einem vorbeifahrenden Toyota Landcruiser – vielen Dank!
Pause am Weg ins Wadi Rum

Jetzt erhole ich mich gerade in einem Camp im Wadi Rum. Es ist ein verlassenes Camp und so beginne ich zu kochen und bleibe hier übernacht. Wunderschön der klare Sternenhimmel.

21.02. Ich habe heute seit längerer Zeit wieder einmal richtig gut geschlafen und bin um 5h morgens schon hellwach. Kurz vor 7h gehe ich dann bei Tagesanbruch weiter Richtung Osten.

Kurz vor Sonnenaufgang und klirrender Kälte im Wadi Rum
Wandern im Wadi Rum – traumhaft schön!!!
Im Wadi Rum am Weg zum Stonearch (steinerner Bogen)

Hier liegt in einer Entfernung von ca. 7 km ein steinerner Bogen, den ich nach ca. 2 Stunden erreiche. Viele Toyota Landcruiser mit darauf sitzenden Touristen versammeln sich vor dieser Sehenswürdigkeit.

Stonearch im Wadi Rum

Nach ca. 1 Stunde Pause gehe ich dann durch das Wadi Rum hauptsächlich den Jeepspuren folgend in das Rum Dorf. Hier gibt es das erste Mal seit Aqaba wieder ein Signal und schon erreichen mich auch wieder Nachrichten von zuhause. Dementsprechend sind die Pläne jetzt auch wieder zu ändern. Schon der griechische Philosoph Heraklit meinte bereits, dass nichts beständiger als der Wandel sei… In diesem Sinne!

Dorf Rum im gleichnamigem Wadi – Rum, wie wir ihn kennen, gibt es allerdings nicht!

Da es mit all den anderen folgenden Telefonaten zu spät wird weiterzugehen, suche ich mir ein privates Quartier um 10 JD und bekomme dafür auch noch Reis und ein Stück Huhn.

22.02. Heute habe ich für 6h morgens meinen Wecker gestellt und das erste ist, dass ich mir bei der Mutter des Unterkunftgebers einen Liter Wasser hole. Dann gibt es Frühstück mit Müsli und warmen Wasser, das mir immer Kraft für den bevorstehenden Tag gibt. Auf asphaltierter Straße erreiche ich nach ein paar Stunden das Visitorcenter von Wadi Rum wo ich mir einen Kaffee genehmige. Dann gehe ich auf guter Straße weiter nach Ash Shakiriyah, wo ich mich in einem kleinen Lebensmittelladen mit Futter für die kommenden Tage eindecke. Am Boden neben dem Kassier mache ich Mittagspause und bekomme auch noch Tee gereicht.

Mittagessen im einzigen Einkaufsladen in Ash Shakiriyah – ich liebe diese Perspektiven vom Boden aus!

Als ich dann weiter gehe werde ich von einem Beduinen im Ort zu einem Tee eingeladen.

Mädchen in Jordanien

Ich nütze die gute Internetverbindung zu einem längeren Telefonat mit zuhause. Dann bedanke ich mich für die Einladung zum Tee und gehe auf Pisten für 4×4 Fahrzeuge weiter bis zu einem steinernen Bogen wo ich in der Nähe in einem Beduinenzelt übernachte.

Beduinen mit ihren Kamelen in der Nähe des steinernen Bogens
Steinerner Bogen
Auch Spaß muß sein… im Beduinenzelt in der Nähe des steinernen Bogens

23.02. Die Nacht war ruhig und wunderschön, ganz ich alleine mit der Wüste und den riesigen Felsen. Am Weg nach Neu Humayma begegnen mir auch Beduinen, die mit ihren Kamelen auf dem Weg zum steinernen Bogen sind.

Beduine auf seinem Kamel – am Weg nach Neu Humayma
Am Weg nach Neu Humayma
Junger Beduine mit seinem Kamel

Dann gehe ich in die nächste Ortschaft namens Neu Humayma, wo ich in einem Lebensmittelladen Mittagspause mache und währenddessen meine Powerbank nachladen lasse. Ich kaufe mir hier auch noch Datteln und Walnüsse für die kommenden Tage.

Einladung zum Tee am Weg nach Alt Humayma – die Beduinen sind überaus gastfreundlich!

Nach einigen Stunden komme ich dann im Visitorcenter von Alt Humayma an und ich wecke den zuständigen Mann von seinem Nachmittagsmützchen auf. Es ist Ibrahim, er ist 33 Jahre alt und bietet mir sofort an bei ihm zu übernachten, etc… Wir verbringen einen schönen gemeinsamen Abend mit den Nachbarsjungen und seinem Neffen.

Mit Ibrahim im Visitorcenter von Alt Humayma

Ibrahim erzählt mir auch wie er seine Frau kennen gelernt hat. Er hat sie wohl in jungen Jahren gesehen und beobachtet aber nie direkt gesprochen mit ihr. Sie hat ihm gefallen und so ging er zu ihrem Vater und hielt um die Hand seiner Tochter an. Der Vater bekam die Zustimmung von seiner Tochter und so wurden sie zu Mann und Frau. Die Liebe kam erst später, wie er sagt, aber sie ist größer als alles andere auf der Welt! So einfach geht das… 🙂 Ibrahim kocht uns dann auch noch Abendessen und gegen 9h abends gehen wir dann alle schlafen.


24.02. Wieder im Finsteren stehe ich auf und verlasse das Visitorcenter von Humayma so um 7:30 während all die anderen noch schlafen. Ich möchte sie nicht aufwecken. Im Beduinendorf Abbasiah werde ich wieder von Beduinen zum Tee eingeladen und wir essen alle von meinen Datteln.

Einladung zum Tee im Beduinendorf Abbasiah – Hammad (rechts) heisst alle Wanderer am Jordan Trail in seinem Beduinenzelt willkommen! Vielen Dank!!!
Hammad’s Onkel – im Beduinendorf Abbasiah

Dann füllen sie mir alle Wasserflaschen an. Ca. 5 Liter nehme ich mir mit, da es heute Abend beim campieren im Wadi Aheimer kein Wasser geben wird.

Eine der Karten von Sam, dem Australier – sie beinhaltet u.a. Informationen wo es Wasserstellen, permanente Beduinenzelte, etc gibt

Auch Harald war vor ca. 2 Wochen hier wie mir Hammad versichert und ein Foto zeigt. Dann tauche ich durch wunderschöne Canyonlandschaft hinunter in das ausgetrocknete Flußtal, traumhaft schön hier.

Canyons am Weg von Abbasiah nach Wadi Aheimer
Gesteinsschichten in den Canyons am Weg nach Wadi Aheimer
Mittagspause am Weg nach Wadi Aheimer – Raus aus den Schuhen und Socken heißt die Devise!

Gegen Abend erreiche ich dann das Wadi Aheimer und finde auf einer relativ weichen Sandbank einen geeigneten Platz zum Zelten.

Zeltplatz im Wadi Aheimer
Manchmal wird es auch finster wenn ich mir noch ein Süppchen mit meinem Gaskocher mache…

Ich liege derzeit im Zelt und höre Geräusche von einem Tier, keine Ahnung was das ist…


25.02. Es war eine wunderschöne und absolut stille Nacht in der Wüste mit einem derart klaren Sternenhimmel, wie wir ihn zuhause nicht kennen. Auch der Besuch eines mir unbekannten Tieres blieb aus.

Am Weg nach Wadi al-Saif

Heute ist mein Mobiltelefon und die Navigation gefragt, da zwischen den Canyons oft das GPS Signal reflektiert wird und es daher schwer auszumachen ist ob man am richtigen Weg unterwegs ist oder eben nicht. Im Vergleich zum Shvil in Israel ist der Jordan Trail überhaupt nicht markiert, was ihn natürlich noch etwas abenteuerlicher macht.

Als mein Wasser zur Neige ging bekam ich von dieser Beduinin einen Liter von ihrem Kanister – vielen Dank!!!

Schließlich gelange ich gegen Abend im Wadi al-Saif zu einem Beduinenzelt und ich frage ob ich übernachten kann. Schnell ist eine Unterlage gefunden und eine weitere Nacht im Paradies ist mir sicher. Fatma, die Mutter von 13 Kindern, bereitet mir Tee zu und von Enma, ihrer 15-jährigen Tochter, bekomme ich frischgemolkene Ziegenmilch. Rian, dem 4-jährigen Sohn von Fatma, schmecken meine mitgebrachten Datteln so sehr, dass ich ihm die gesamte Schachtel schenke. Dann bereitet Fatma beduinisches Brot über dem offenen Feuer zu, das mit Ziegenbutter und Ziegenmilch himmlisch schmeckt.

Fatma mit ihrem 4-jährigen Sohn Rian beim Zubereiten von beduinischem Brot

Im Laufe des Abends gesellen sich noch mehrere Familienmitglieder um das Feuer und wir verbringen einen schönen gemeinsamen Abend. Während die Eseln sich bemerkbar machen, die Wachhunde ihren Job machen und die Ziegen vor dem Zelt hin und her marschieren, schlafe ich mit einem zufriedenen Schmunzeln ein.
26.02. Während die anderen noch schlafen beginne ich meine Sachen zusammen zu packen. Als erste kommt Enma, die Feuer macht und wir trinken dann noch gemeinsam alle Tee gemischt mit warmer Ziegenmilch. Das Leben dieser Beduinen ist nicht einfach und doch sind sie so zufrieden und fröhlich wie mir scheint. Dann verabschiede ich mich von dieser herzlichen Familie in Richtung Gaa Mreibed, das ca. 15 km entfernt liegt. Durch verschiedene ausgetrocknete Flußtäler und unwegsamen Gelände mache ich nach ca. 9 km Mittagspause. Ich sitze derzeit im Schatten eines Akazienbaumes und schreibe diese Zeilen. Durch mehrere Wadis gelange ich dann heute schon früher zum ersten Beduinenzelt. Da es jetzt nur mehr ein Tagesmarsch bis Petra ist, frage ich die Frau ob ich bei Ihnen übernacht bleiben kann. Alia, so heißt die junge Frau, bejaht und bereitet Tee zu. Sie hat drei Kinder, Tochter Taheni, und die beiden kleinen Söhne Dschihad und Mohammed. Sie gibt mir dann auch noch Brot und Ziegenmilch und ich zeige mich dafür auch erkenntlich.

Beduinisches Brot und Tee – Hauptnahrungsmittel der Beduinen

Auch ihr Vater kommt vorbei, ein Bruder von Fatma vom Wadi al – Saif, alle verwandt also.

Aila mit ihrem Vater – in ihrem Beduinenzelt in Gaa Mreibed

Ich werde hier die Nacht verbringen und morgen gestärkt nach Petra gehen. Gegen 17h kommt dann Ahwad, Fatma’s Sohn und der Ehemann von Alia, nach Hause und ich schaue ihm zu wie er den jungen Geisslein behilflich ist vom Muttertier zu trinken.

Frischgeborene Geisslein in Gaa Mreibed

Die Beduinen hier in Jordanien leben hauptsächlich von Schafs- und Ziegenwirtschaft. Am Abend gesellen sich noch zwei Freunde von Ahwad zum Feuer hinzu.

Ahwad (links) mit seinen beiden Freunden

Wie essen Reis mit Huhn und trinken chai. Dann wird der Toyota Hilux von Ahwad repariert, der Startprobleme hat. Gegen 23h gehen die beiden dann nach Hause und wir schlafen, eingehüllt in einer dicken Decke, zufrieden ein.

27.02. Während Ahwad und ich gerade munter werden, höre ich Alia bereits Feuer machen und Tee kochen. Auch hier ist der Haushalt und die Kinder absolute Frauensache. Dann trinken wir noch gemeinsam Tee und sie geben mir noch selbstgemachtes Brot und Hummus im Tetrapack mit auf den Weg. Gegen Mittag erreiche ich ein Beduinencamp und eine Gruppe von Frauen, Mädchen und einem Mann sitzt unter einem Akazienbaum im Schatten. Sie bieten mir chai an und ich esse mein mitgebrachtes Brot von Ahwad und Alia. Der Mann beginnt mit mir zu sprechen und ich erzähle ihm soweit es halt geht von meiner Geschichte. Er heißt Salman und wird jetzt nach Hause gehen.

Mittagessen mit dem lustigen und gesprächigen Salman unter einem Akazienbaum – im Wadi Sabra

Wenn ich möchte könnte ich mitkommen, meint schließlich Salman und ich willige ein. Gemeinsam mit zwei Frauen, einem jungen Mann, zwei Eseln und drei Geisslein gehen wir das Sabratal bis ans Ende hinauf auf über 1.000 Höhenmeter.

Gemeinsam mit Beduinen geht es Richtung Petra…
Das Ende des Sabratals naht – am Weg hinauf nach Petra

Dieses Geröll geht ordentlich in die Beine und schließlich erreichen wir alle gemeinsam und ziemlich geschafft ein Hochplateau, das das Ende des Sabratals ist. Hier verabschieden Salman und ich uns von den anderen. Salman bringt mich mit zu einer Feierlichkeit zu Ehren eines kürzlich verstorbenen Mannes. Ich sitze und beobachte all die verschiedenen Männer und Gespräche, hoch interessant!

Mit Salman (rechts) bei einer beduinischen Feierlichkeit – es gab Tee, Wasser und später auch noch Mensaf, das jordanische Nationalgericht

Es wird Tee und Wasser aufgetischt und als es dunkel wird, wird Mansaf, die Nationalspeise von Jordanien, aufgetragen. Es besteht meistens aus Lammfleisch und Reis, heute gibt es statt dem Lamm ein junges Kitzerl… Dann lerne ich Mohammed kennen und ich erzähle ihm von meinem Vorhaben morgen die letzten Kilometer in die Felsenstadt Petra zu gehen. Da er und sein Bruder morgen auch nach Petra geht, schlagen sie Salman vor, dass ich, anstatt bei Salman zu schlafen, mit Mohammed mitgehe und bei einem Freund von Mohammed in einer Höhle nächtige. Ich verabschiede mich von Salman und eine halbe Stunde später erreichen wir die Höhle von Suelam, einem 20-jährigen Beduinen, der hier vor allem in den Wintermonaten lebt.

Mohammad (rechts) und Suelam’s Bruder in der Höhle von Suelam
Nächtliches Feuer in der Höhle von Suelam – bis zur Felsenstadt Petra sind es jetzt nur mehr wenige Kilometer…

Im Sommer schläft er lieber mit seiner Mutter im Beduinenzelt wie er mir erzählt. Wir verbringen einen schönen Abend in dieser Höhle weit fern vom Tourismus von Petra und Wadi Musa.

28.02. Suelam und ich schlafen bis der Tag anbricht und seine Mutter bringt uns Tee zum Frühstück vorbei.

Guten Morgen Suelam – es war eine wunderschöne Nacht bei dir!
Schlafplatz in Suelam’s Höhle

Gemeinsam mit Mohammad, seinem Bruder und Suelam, gehen wir früh los Richtung Petra.

Mit Suelam, Mohammad und seinem Bruder am Weg in die Felsenstadt Petra

Bei windigem Wetter erreichen wir einen hochgelegenen Platz, den Opferplatz, mit wunderschöner Aussicht auf die Felsenstadt Petra.

Durch diesen steinernen Weg geht es hinunter nach Petra
Angekommen in der Felsenstadt Petra – im Hintergrund die königlichen Gräber

Auszug aus Wikipedia:

Petra (altgriechisch Πέτρα [ˈpɛtʁa] „Felsen, Felsmassiv“, arabisch البتراء al-Batrā’,nabatäisch wahrscheinlich Reqmu „die Rote“), eine Ruinenstätte im heutigen Jordanien, war in der Antike die Hauptstadt des Reiches der Nabatäer. Wegen ihrer monumentalen Grabtempel, deren Fassaden direkt aus dem anstehenden Fels gemeißelt wurden, gilt sie als einzigartiges Kulturdenkmal. Am 6. Dezember 1985 wurde Petra in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen.

Dann verabschiede ich mich von den dreien, die ihrer Arbeit nachgehen müssen, und ich genieße hier die Ruhe in den frühen Morgenstunden.

Beduine vor einzelnen Grabstätten – in Petra

Da es hier wieder einmal ein Signal gibt, telefoniere ich mit einigen Leuten und genieße das langsame Ankommen in dieser biblischen Gegend. Ausser zwei Datteln und einigen Nüssen habe ich heute noch nichts zum Frühstück gegessen und so genehmige ich mir in einem nabatäischem Restaurant ein ‚All you can eat‘ Menü mit Falafel, Fleischbällchen, gegrilltem Huhn, etc mit Hummus, vielen anderen Saucen und Salaten und esse davon bis mein Bäuchlein voll ist…:-)

Vor dem Schatzhaus (Treasury) in Petra

Dann mache ich mich auf den Weg nach Wadi Musa, einer kleinen Stadt in der Nähe von Petra. Hier hat mir Harald das Wadi Musa Cabin Hostel empfohlen. Es ist ein Hostel mit kleinen Kabinen nach japanischem Vorbild. Sheref, der Betreiber des Hostels, gibt mir eine Kabine um 10 JD pro Nacht und für weitere 4 JD lasse ich wieder einmal meine Wäsche machen. Nach einer Dusche nach mehr als einer Woche Wanderung liege ich zufrieden in meiner ‚Kapsel‘, die geräumiger ist als ich es mir gedacht habe.

Kapsel nach japanischem Vorbild im Wadi Musa Cabin Hostel

01.03. Vor 6h morgens finde ich mich bereits in der Rezeption ein. Ich genieße es wieder einmal ein Frühstücksbuffet zu haben und bleibe bis ca. 8h sitzen. Dann merke ich, dass ich meine jordanische Umniah SIM Karte wieder nachladen lassen muss um Internet zu haben. Ab 10h sind die Geschäfte in der Downtown von Wadi Musa dafür offen und so beschließe ich heute einen richtigen Ruhetag einzulegen. Meine SIM Karte wird neu geladen und auch wechselt mir ein Schuster meine Rucksackschnalle, die in Brüche gegangen ist.

Ein Schuster wechselt meine gebrochene Rucksackschnalle aus – in Wadi Musa

Derzeit sitze ich gerade am Hauptplatz von Wadi Musa und werde heute nicht mehr all zuviel anstellen. Ab morgen werde ich der Felsenstadt Petra wieder einen weiteren Besuch abstatten.

02.03. Da es im Cabin Hostel bereits ab 6h morgens schon Frühstück gibt, beginnt der Tag für mich wieder wie gewohnt früh. Ich bekomme dann mit meinem Jordan Pass im Visitorcenter ein 3-Tagesticket für Petra und somit kann heute die Besichtigung losgehen.

Ein kurzer Überblick:

Petra wurde vor mehr als 2.000 Jahren inmitten der Sharaberge von den Nabatäern, einem nordarabischen Beduinenstamm, erbaut. Warum gerade hier? 1. Schutz vor Feinden von den umliegenden Bergen 2. Wasser war von den umliegenden Bergen das ganze Jahr verfügbar und 3. Handelsroute führte durch diese Gegend. Ihre Blütezeit hatte die Stadt als Hauptstadt der Nabatäer in den Jahrhunderten vor und nach Christi Geburt. Sie war eine wichtige Station auf der Handelsroute, die das alte Mesopotamien mit Ägypten verband. Reich wurde die Stadt mit dem Handel von Weihrauch, Myrrhe und Gewürzen. Dann wurde die Stadt von den Römern annektiert und gedieh weiter, bis 363 n. Chr. ein großes Erdbeben die Stadt zerstörte. Dieses Erdbeben und die Tatsache, dass die Handelsrouten verlegt wurden, waren wohl die Gründe warum die Stadt aufgegeben wurde. Spätestens in der Mitte des 7. Jhdts n. Chr. war Petra endgültig verlassen und versank in Vergessenheit. 1812 kam der Schweizer Forscher Johannes Burckhardt in die Gegend von Petra, um die verlorene Stadt zu finden und zu erforschen. Er kleidete sich wie ein Araber und überredete seinen Beduinenführer ihm die Stadt zu zeigen. Danach wurde Petra auch im Westen als faszinierende Stadt bekannt und begann Besucher in ihren Bann zu ziehen. Petra ist auch als ‚rosa‘ Stadt bekannt, da die Fassaden aus dem rosaroten Sandstein herausgearbeitet wurden. Die Nabatäer begruben ihre Toten in Felsengräbern, die sie in die Bergwände meißelten. Aus der römischen Besatzungszeit stammen Tempel, ein Theater und Reste einer säulengeschmückten Prachtstrasse.

Karte von Petra und Umgebung

Durch den Siq, dem Hohlweg in einem hohen Canyon, gelange ich zuerst wieder zum Schatzhaus.

Siq, der schluchtartige Hohlweg, führt die Besucher hinab in die Felsenstadt Petra. An beiden Wänden der Schlucht verlaufen Wasserkanäle – die Nabatäer waren Meister der Hydrokultur
Der Siq endet genau beim Schatzhaus in Petra – es wurde vermutlich im 1. Jhdt v. Chr. erbaut und es dauerte 60 Jahre bis es fertig war
Schatzhaus in Petra – der Legende nach befand sich ganz oben in der Urne der Schatz eines Pharaos, daher auch der Name
Detailansicht des Schatzhauses
In etwa so wird das Schatzhaus 1839 dem schottischen Maler David Roberts erschienen sein – Lithographie von David Roberts 1839

Hier warten bereits einheimische Beduinen auf einen Job. Sei es ein Kamelritt, eine Führung oder ein ‚Taxi‘ mit einem ihrer Esel.

Beduinen warten auf einen Job – vor dem Schatzhaus

Im Anschluss daran treffe ich noch einmal den Bruder von Mohammed, der hier im Reinigungsdienst arbeitet. Wir trinken gemeinsam Tee und tauschen Kontakte aus.

Mohammad’s Bruder (rechts) mit seinen Arbeitskollegen – der Tee schmeckte gut, vielen Dank!!!

Danach gehe ich weiter zum römischen Theater und den Königsgräbern, alles sehr interessant und beeindruckend.

Römisches Theater in Petra – es ist weltweit das einzige Theater, das vollständig aus Felsen gehauen wurde und bot einigen Tausend Besuchern Platz
Souvenirs in Petra

Entlang der Säulenstrasse komme ich dann so gegen die Mittagszeit zum Großen Tempel, wo mich Frau Muttern zweimal telefonisch erreicht.

Grosser Tempel von Petra – er diente als königlicher Empfangssaal und ist ein weiteres Relikt aus der römischen Besatzungszeit
Säulenstrasse in Petra – Sie war wahrscheinlich eine der Haupteinkaufsstrasse des antiken Petra

Es gibt gute Neuigkeiten, da sie am 16.3. auf Reha fahren kann. Ihre Erleichterung ist ihr anzukennen und ich freue mich mit ihr mit. Freu mich auch schon wieder auf gemeinsame Hummelhofrunden mit ihr wenn ich wieder zurück bin. Dann esse ich in der Nähe des Mädchenschlosses im Schatten mein mitgebrachtes Essen und trinke bei einem Beduinen arabischen Kaffee. Er erzählt mir, dass im Jahre 1985 im Zuge der Aufnahme von Petra in die Liste des UNESCO-Welterbes, für die ansässigen Beduinen Wohnungen in Wadi Musa gebaut wurden und sie umgesiedelt wurden. Nicht alle folgten dem Rat und so leben auch heute noch ca. 30 beduinische Familien im Gelände des heutigen Petras.

Das Leben sei nicht leicht als Beduine, meint dieser Kaffeeverkäufer – trotzdem wird gelacht!

Am Nachmittag besuche ich noch die byzantinische Kirche mit schönen Bodenmosaiken und die vier nebeneinander liegenden Königsgräber, die ich euch weiter unten bildlich vorstellen werde. Der Name beruht auf der Annahme, dass es sich bei diesen besonders großen und prächtigen Felsfassaden um die Gräber von Königen handeln müsse.

Bodenmosaike in der byzantinischen Kirche aus dem 5. Jhdt n. Chr.
Teepause bei einer Beduinin – am Weg zu den Königsgräbern
Die vier Königsgräber in Petra – v.l.n.r.: 1. Palastgrab, 2. Korinthisches Grab, 3. Seidengrab und 4. das Urnengrab
1. Palastgrab, eines der vier Königsgräber in Petra – dieses Monument wurde wahrscheinlich für Bankette oder Beerdigungszeremonien verwendet
2. Korinthisches Grab in Petra – der obere Teil ähnelt dem Schatzhaus, ist aber bereits stark durch Erosion beschädigt
3. Seidengrab – dieses Grab beeindruckt wegen der verschiedenfarbigen Gesteinsschichten aus der die Fassade gemeißelt wurde. Die treppenartigen Zinnen am oberen Ende der Gräber symbolisieren, dass die Seele der Verstorbenen in den Himmel aufsteigen kann
4. Urnengrab – das vierte königliche Grab. Der Name leitet sich von dem Gefäß ab, das den Giebel krönt. Es wurde vermutlich im Jahre 70 v. Chr. erbaut und ab 446 n. Chr. als byzantinische Kirche benutzt.
Im Urnengrab von Petra

Irgendwie habe ich heute wieder Lust am Gehen und so beschließe ich spontan zum Kloster aufzusteigen und mir dort den Sonnenuntergang anzuschauen.

Am Weg zum Kloster
Kloster in Petra – es ist eines der größten Bauwerke in Petra. Es wurde im frühen 2. Jhdt n. Chr. erbaut und als Speisesaal für religiöse Veranstaltungen verwendet. Später wurde es auch als christliche Kirche verwendet, daher auch der Name Kloster.

Als es bereits finster wird, komme ich wieder zurück in die Säulenstrasse und zum Schatzhaus. Wunderschön dieses Gebiet und diese Gebäude auch bei Nacht zu erleben. Dann gehe ich durch den mit Kerzenlichtern ausgeschmückten Siq wieder zurück in meine Unterkunft wo ich gerade diese Zeilen schreibe und mich jetzt auf das Schlafen freue.

03.03. Es ist offiziell mein zweiter Tag heute in Petra und ich gehe noch einmal zurück zum Opferplatz über den ich ja Petra vor einigen Tagen zu Fuß erreicht habe.

Beduinin am hochgelegener Opferplatz – er wurde für wichtige religiöse Zeremonien verwendet
Locals in Petra

Ein kleiner Pfad führt dann hinunter zum Grab des römischen Soldaten und zu weiteren unbekannten Gräbern.

Grab des römischen Soldaten
Statue des römischen Soldaten – im Grab des römischen Soldaten
Unbenanntes Grabmal im Wadi al Farasa

Die Mittagszeit verbringe ich wieder in der Nähe des Großen Tempels und beim selben Kaffeeverkäufer wie gestern. Den späteren Nachmittag verbringe ich wieder in der Nähe der königlichen Gräber und finde letztlich auch das Unayshu Grab in der Nähe der Königsgräber.

Grabmal des Unayshu in der Nähe der vier Königsgräber – Es gehörte Unayshu, dem Minister der Frau von König Maliku II, Königin Shaqilat II. und wurde in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr. erbaut.
Eingang zum Unayshu Grab

Am Rückweg mache ich noch einmal Halt beim Schatzhaus, beim Obeliskengrab und mache noch einen kurzen Abstecher ins Petra Museum.

Obeliskengrab am Rückweg vom Siq nach Wadi Musa
Monolithische Blockgräber am Rückweg vom Siq nach Wadi Musa – es gibt insgesamt sechs davon in Petra

Ich bin allerdings schon etwas zu müde für das Museum und beschließe morgen noch einmal hierher zu kommen weil der erste Eindruck ein guter ist.

04.03. Nachdem ich die letzten Tage bereits Petra ausführlich besichtigt habe, gehe ich es heute ruhiger an. Im Mövenpick Hotel hebe ich nochmals Geld für die nächste Zeit ab und finde mich pünktlich dann um 08:30 beim Museum ein. Um diese Zeit ist niemand hier und ich kann mir in Ruhe alles anschauen. Es beinhaltet vor allem viel Geschichtliches über die Nabatäer und auch Fundgegenstände von Petra.

Petra Museum
Steinerne Büste von Dhu-shara, dem Hauptgott der Nabatäer. Er wurde mit Zeus gleichgesetzt, dem Hauptgott der Griechen.

Gegen die Mittagszeit gehe ich dann auf einen Aussichtspunkt von wo man das Schatzhaus von oben besichtigen kann. Wunderschön hier oben! Ich lasse gerade im Schatten einer Höhle die ärgste Mittagshitze vorbeiziehen bevor ich mich wieder bewege.

Aussicht von oben auf das Schatzhaus – es lässt sich gut hier Mittagspause machen

Inzwischen ist es später Nachmittag geworden und ich besuche noch das Sextius Florentinus Grabmal aus dem 2. Jhdt n. Chr. Sextius Florentinus war damals Gouverneur der römischen Provinz Arabien und ließ sich sein Grabmal von seinem Sohn erbauen.

Sextius Florentinus Grabmal aus dem 2. Jhdt n. Chr.
In diesen Nischen wurden die Toten aufbewahrt – im Inneren des Sextius Florentinus Grabmal aus dem 2. Jhdt n. Chr.

Ich werde jetzt gemütlich wieder in mein Quartier zurück gehen. Morgen setze ich ja meine Wanderung wieder fort Richtung Dana, Karak und schließlich Amman.

Gesamtkilometerca. 5.900

Fazit: Der Jordan Trail ist ein Abenteuer für sich!!! Im Gegensatz zum Shvil (Israel National Trail) ist er überhaupt nicht markiert und führt zum Teil durch völlig unwegsames Gelände. So ist manchmal nicht einmal die Spur eines Pfades ausfindig zu machen. Dementsprechend wichtig ist es hier eine GPS Datei zu haben nach der man sich richten kann. Auch ist es wichtig bei jeder Gelegenheit das Handy und/oder die Powerbank nachzuladen weil die ständige Navigation mit dem Handy weit mehr Strom verbraucht als sonst. Ich bin allerdings mit meiner 20.000 mAh Powerbank gut ausgekommen. Mit dieser Powerbank kann ich mein Handy ca. 6 bis 7 mal voll aufladen bevor sie wieder leer und nachzuladen ist. Eine große Hilfe am Jordan Trail sind die Beduinen und beinahe jeden Tag konnte ich ein permanentes Beduinencamp am Weg sehen. Sie helfen in der Not immer! Die Beduinen sind für mich die wahren ‚Trail Angels‘ in Jordanien ohne dass sie sich als solche bezeichnen. Sie helfen Dir mit dem Wasser, Aufladen der Geräte und auch mit der Übernachtung. So bekommt man auch etwas mit wie sie hier leben, etc… Ich hatte auch das Gefühl, dass sie sich auch über meinen Besuch gefreut haben. Manchmal konnte ich mich erkenntlich zeigen, aber meistens wollten sie kein Geld nehmen sondern einfach nur ihre Hilfe als Gastfreundschaft anbieten. War die Wüste Negev in Israel schon eine Wucht so muss ich sagen, dass die jordanische Wüste noch einmal beeindruckender und abenteuerlicher ist. Technisch gesehen (Klettereien, usw) ist bislang eher der Shvil schwieriger zu gehen, dafür ist der Jordan Trail mit dem geröllartigen Gestein um einiges rutschiger. Für mich ist die kleine Stadt Wadi Musa wieder eine Gelegenheit etwas zu verschnaufen, mein Handy neu aufzuladen und die Ausrüstung (zB Rucksackschnalle) aufbessern zu lassen. Und vor allem auch eine Gelegenheit mir ausgiebig die ca. 2.000 Jahre alte Felsenstadt Petra anzuschauen. Ein Highlight für sich!

Vielen Dank all den lieben Beduinen für ihre Hilfe und Gastfreundschaft ohne der es noch viel schwieriger wäre, diese Wanderung durch die jordanische Wüste zu machen!!!

ISRAEL – Teil 5 – Shvil (Israel National Trail): Mitzpe Ramon – Sapir – Neot Smadar – Timna – Eilat)

31.01. Gestärkt, sowohl mental als auch körperlich, verabschiede ich mich von Alen und gehe die 3 Tagesetappe vom Mitzpe Ramon durch den Ramon Krater nach Sapir an.

Selfie im Ramon Krater, kurz nach Mitzpe Ramon
Spuren von Ammoniten, eine ausgestorbene Teilgruppe der Kopffüßer

Es ist heute relativ windig, aber es bleibt trocken und so erreiche ich schon um ca. 15h das Gevanim Night Camp.

Willkommene Wassertankstelle

Es sind auch zwei größere Gruppen hier und ich stelle mein Zelt in der Nähe der Gruppen auf. Auch Alen kommt mit seinem Jeep vorbei, es gibt ein überraschendes Wiedersehen. Der Fahrer empfiehlt mir die Lebensmittel in seinen abgesperrten Anhänger zu geben weil hier Wölfe reihenweise die Vorräte klauen. Artig Folge ich diesem Rat und schlafe früh ein…

01.02. Als ich um ca. 6h morgens meine Vorräte aus dem Anhänger holen möchte wird mir erklärt, dass sie nicht mehr da sind. Spurlos verschwunden in einem abgesperrten Anhänger. Naja, ich enthalte mich der Stimme… Wir einigen uns schließlich darauf, dass sie mir von ihren Vorräten für die nächsten zwei Tage geben, sodass ich ungestört meine Wanderung bis Sapir fortsetzen kann. Über wunderschöne Kraterlandschaften und Canyons geht es heute in Richtung Mitte des Kraters.

Landschaft im Ramon Krater
Durch den Sandsturm wurde der Himmel grauer und grauer…

Es ist absolut windig heute, was das Gehen auch schwierig macht. Gegen 15h erreiche ich dann den Nahal Holit Campground, wo ich versuche einen halbwegs windstillen Platz für mein Zelt zu finden.

Der Stein bot nur wenig Schutz vor dem Sturm, der sich am späten Abend Gott sei Dank wieder legte

Der Himmel ist in der Zwischenzeit grau geworden vom vielen Sand, der durch den Sturm aufgewirbelt wird. Nur mit großer Mühe gelingt es mir hinter einem großen Stein mein Zelt aufzustellen. Ich esse im Zelt und liege bereits um 16h im Zelt, wo ich am besten geschützt bin vor dem stürmischen Wetter.

02.02. Über Nacht hat sich der Wind wieder halbwegs gelegt und es sollte ein ruhiger Tag werden. Beim Zeltabbau merke ich allerdings auch, dass mein Zeltboden einen ca. 10cm großen Riss abbekommen hat. Wohl auch deshalb weil ich aufgrund des starken Windes die Zeltunterlage nicht mehr platzieren konnte. Zuerst gehe ich noch in den Niederungen des Kraters bevor ich die Kraterwand hochklettere.

Am Weg nach Sapir

Von hier geht es dann einfach in den 500 Einwohner zählenden Ort Sapir. Ich kaufe mir bei einem Falafelstand einen Falafel Sandwich wo mir Daniel, ein junger Israeli, anbietet in seinem Haus zu übernachten. Bei ihm zuhause flicken wir mein Zelt mit einem schwarzen Tape. Sie müssen heute beide weg und ich begleite sie noch bis zum Lebensmittelladen wo ich wieder meine Vorräte aufstocke. Nach einer Dusche liege ich gerade im Bett und genieße den Abend soweit es geht.

03.02. Nach einer sehr unruhigen Nacht mit sehr wenig Schlaf packe ich meine Sachen zusammen und verlasse das Haus um ca. 06:30. Der Wind hat sich wieder gelegt und es gibt wieder herrliches Wanderwetter bei Tageshöchsttemperaturen von ca. 15 Grad. Ich habe heute früh wieder 6 Liter Wasser mitgenommen, was zusätzliches Gewicht bedeutet. Auch mein Rucksack bekommt das zu spüren und am Vormittag reißt auf der rechten Seite ein Riemen. Nach einer kurzen Bastlerei fixiere ich das Ganze wieder und setze meine Wanderung fort. Heute ist wieder Freitag und die Israelis lieben es mit ihren Geländewagen in der Wüste herum zu fahren. Nicht gerade zu meiner Freude kommen auch buggies dazu, viel Lärm und viel Sand…

Sie nennen es ‚Wüstenspaß’…

Als ich dann endlich wieder Signal habe, führe ich einige Telefonate mit zuhause. Fingers crossed 🤞🤞🤞 Am Nachmittag beschließe ich dann ca. 2 km vor dem Barak Night Camp wild zu zelten. Ich koche mir eine Suppe, esse Thunfisch aus der Dose mit Brot und genieße die Stille in der Wüste.

Aussicht von meinem Zelt – ca. 2 km vor dem Barak Night Camp

04.02. Nach einer wunderschönen Nacht hellerleuchtet vom Mond stehe ich heute etwas später auf und gehe um ca. 8h los. Bei etwas windigen Verhältnissen führt mich der Weg in einen engen Canyon, den ich nach ca. 2 Stunden erreiche.

Klettereien im Canyon am Weg zum Paran Night Camp

Es kommt mir plötzlich eine Solo Hikerin entgegen, es ist Josie aus Wien. Sie ist ebenfalls alleine am Shvil unterwegs, nur in der Gegenrichtung. Sie gibt mir liebenswerter Weise ein Pflaster für die Thermarest Isomatte, da sie nicht alle benötigt. So bin ich zumindest für das nächste Loch optimal gerüstet…:-) Dann geht es in einer Kletterpartie zum Teil auf Leitern hinauf den Canyon und anschließend über ebenes Gelände weiter Richtung Süden.

Über Leitern geht es den Canyon hoch

Zumittag führe ich während der Mittagspause wieder Telefonate mit zuhause und erreiche so um 15:30 das Paran Night Camp. Hier stehen vier Geländewagen und ich gehe auf das Camp zu. Hier haben bereits Einheimische ihr Lager aufgeschlagen und bieten mir Kaffee an.

Einheimische im Paran Night Camp – Sie versorgen mich mit Wasser, Brot und 2 Dosen Bier!!! – Dankeschön!!!

Ich nehme dankend an und schließlich versorgen sie mich weiter auch noch mit Wasser, Brot und zwei Dosen Bier. Was will das Herz mehr… 🙂 Ich gehe dann noch etwas weiter und schließlich finde ich vor Einbruch der Dunkelheit einen geeigneten Platz für mein Zelt. Bei Sonnenuntergang leistet mein Kocher wieder seinen Dienst und ich lasse mir eine warme Gemüsesuppe schmecken. Dann gibt es noch Brot mit Humus und Kabanossi Wurst und Käse. Die zwei Bierchen schmecken natürlich auch… 🙂 Bei Vollmond liege ich derzeit im Zelt und genieße die Ruhe der Wüste.

Sonnenaufgang in der Wüste Negev – hier ca. 2 km vor dem Barak Night Camp

05.02. In der Nacht wurde es heute einmal etwas kälter und es hatte ca. 5 Grad Celsius im Zelt. In der Früh koche ich mir dann warmes Wasser und lasse mir zusätzlich noch ein Müsli schmecken.

Mein Kocher leistet immer noch gute Dienste…

Dann starte ich so um halb acht in den Tag, ca. 28 km habe ich mir heute vorgenommen. Es geht heute einfach auf Schotterstraßen dahin und erreiche gegen Mittag den Wüstenasham Schittim, wo es meinen Informationen nach Mahlzeiten geben soll, etc… Auch dieses Areal ist umzäunt und erst als ich laut rufe, lässt mich jemand rein. Dieses Areal wurde vor einigen Monaten geschlossen und es wird von den Eigentümern gerade überlegt was sie weiter damit machen sollen. Essen gibt es natürlich auch keines, so vertilge ich meine letzten Essensreste.

Militärgebiet am Weg zum Kibbuz Neot Smadar

Gestärkt erreiche ich dann einige Stunden später den Kibbuz Neot Smadar, wo ich gerade geduscht habe und um 19h ein Abendessen bekomme. Ich werde hier wahrscheinlich zwei Nächte bleiben um etwas Kräfte zu sammeln und weitere Lebensmittel zu besorgen, etc…

06.02. Gestern gingen Dal (eine weitere einheimische Wandern) und ich gemeinsam mit Ben zum Dining Room wo es Bohnensuppe und anschließend Brot, Salat, Käse und Tahin Sauce gab und ich schlug mir den Magen voll.

Dining room im Kibbuz Neot Smadar – hier wird gemeinsam gefrühstückt und gegessen

Ein Kibbuz ist in Israel eine Art Kollektivsiedlung mit gemeinsamen Eigentum und basisdemokratischen Strukturen. Das tägliche Leben wird kollektiv organisiert und die Grundidee eines Kibbuz lässt sich auch mit dem Sozialismus in Verbindung bringen. Vor allem in den 1960er und 70er Jahren waren Kibbuze sehr begehrungswert bei Jugendlichen. In der Zwischenzeit verlieren sie immer mehr an Bedeutung und nur mehr ca. 120.000 Menschen (ca. 1,8% der Bevölkerung in Israel) leben derzeit in einem Kibbuz. Kibbuz kommt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie „Versammlung“. Hier leben die Menschen gleich: Keiner ist reicher als der andere, keiner hat mehr zu sagen. Bei uns muss niemand neidisch sein, weil der Nachbar ein größeres Auto fährt. Und niemand kann mit seiner tollen Wohnung angeben. Prinzipiell gefällt mir ja diese Idee…

Wie Ben uns gestern sagte, sollen wir uns kurz vor 6h morgens wieder bin diesem Dining Room einfinden was ich auch mache. Es wird hier vor allem auf Stille Wert gelegt und nach ca. 20 Minuten gemeinsamen Stillsitzen löst sich das ganze wieder auf und es werden Arbeitsgruppen erstellt. Nachdem es bei mir heute der erste Tag ist, habe ich bis zum Frühstück um 08:30 ‚frei‘, danach werde ich einer Arbeitsgruppe zugeteilt. Wir werden sehen was es wird. Zwischen 10 und 15h gibt es etwas zu tun, dafür habe ich hier freie Kost und Logie. Vor allem kann ich hier auch meine Vorräte wieder auffüllen, da es hier sonst nirgendwo einen Lebensmittelladen gibt.

Gemeinschaftshaus im Kibbuz Neot Smadar
Tanzender Derwisch – in der Galerie im Kibbuz Neot Smadar

Nachdem ich mich in der Früh ein wenig im Kibbuz umgesehen habe und unter anderem ein Gemeinschaftshaus mit einer eigenen Bibliothek und Galerie entdecke und auch meine Socken und das Leiber wasche, essen wir alle pünktlich um 08:30 unser Frühstück.

Frühstück im Kibbuz Neot Smadar

Es wird hier Wert gelegt darauf, dass es während dem Frühstück ruhig ist und nur das Allernotwendigste geredet wird. Dann setzen sich die Leute im Kreis zusammen und die Neuankömmlinge stellen sich vor, also auch ich. Während der Vorstellungsrunde lerne ich Monika kennen, die bereits 33 Jahre hier lebt. Sie meint, ich solle einen Rasttag einlegen und mich erholen anstatt hier mitzuhelfen. Auch wird sie mir bis zum Abendessen Essen zusammenpacken für die nächsten Tage, weil es ja hier in der Nähe kein Lebensmittelgeschäft gibt. Echt nett diese Leute hier.

Typische Behausungen im Kibbuz Neot Smadar

Es ist auch heute eher wieder schlechtes Wetter und vor allem windig. So bin ich froh einen Rasttag hier einzulegen anstatt viel Sand zu schlucken. Da ich ja dann Zeit habe, gehe ich wieder in die Gemeinschaftsbibliothek zurück und telefoniere mit zuhause… Mich erreichen auch heute die Nachrichten vom schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien und meine Gedanken sind mit ihnen!

Telefonate mit zuhause in der Gemeinschaftsbibliothek im Kibbuz Neot Smadar

07.02. Wieder kurz vor 6h früh finden wir uns alle zum gemeinsamen Schweigen im Dining room ein bevor Arbeitsgruppen gebildet werden. Vor dem Frühstück helfe ich in der Küche aus, schruppe den Boden, decke mit anderen gemeinsam die Tische und trage letztlich das Frühstück auf. Nach dem Frühstück bin ich zum Abwaschen abgeordnet und helfe dort aus bevor wir uns alle wieder um 09:15 draußen im Freien treffen und zusammensitzen. Wir sind ca. 50 bis 60 Leute. Für den heutigen restlichen Tag habe ich mich zur Gartenarbeit gemeldet und helfe Jofal ein Marillenfeld umzustechen und Erde aufzutragen.

Richtsfeld bei der Arbeit…

Um ca. 12h machen Jofal und ich gemeinsam mit Kelvin aus Kenia Mittagspause und arbeiten dann bis kurz vor 15h weiter. Um 15h gibt es Mittagsessen und derzeit sitze ich in der Gemeinschaftsbibliothek, wo ich gerade mit Muttern telefoniert habe, es geht bergauf!

Nachtlager im Kibbuz Neot Smadar, auch andere Wanderer waren angekommen

08.02. Heute schlafe ich wieder einmal etwas länger, da ich ja nicht mehr länger hier bleibe und weitergehen werde. Mario, der Schweizer aus Luzern, verabschiedet sich von mir und wird noch heute nach Eilat fahren um sich wärmere Ausrüstung zu besorgen. Er ist am Weg nach Norden wo es noch kälter wird. Es hat wirklich deutlich abgekühlt. Gemeinsam mit einem jungen israelischen Pärchen trinke ich Kaffee und Daniel gibt mir auch noch drei Heringe für alle Fälle.

Daniel mit seiner Freundin im Übernachtungsbereich im Kibbuz Neot Smadar

Während sie weiter Richtung Norden gehen mache ich noch einmal in dem Cafeshop in der Nähe von Neot Smadar halt, trinke frischen Cappuccino und führe ein längeres Telefonat. Es gibt den Shvil zum Teil auch für Radfahrer und heute gehe ich ca. 10km auf diesem Weg, der durch schöne Dünenlandschaft führt.

Auch für Radfahrer ist der Shvil schon zum Teil erschlossen und wird auch bereits benutzt

Ich treffe hier noch einmal Shiva vom Kibbuz, die hier mit einem Freund im Sand sitzt. Ich setze mich zu ihnen, esse Brot mit Ziegenkäse und wir führen ein interessantes Gespräch über die Bewältigung der Vorkommnisse und des Holocausts während des 2. Weltkriegs. Sie haben Angehörige dabei verloren und werden in ihrem Leben niemals Deutschland oder Österreich besuchen. Zu stark sind noch die Erinnerungen… Erst gegen Abend erreiche ich dann Shaharut. Es ist bitterkalt und ich suche ein warmes Plätzchen. Es gibt hier ein völlig überteuertes Hotel namens Six Senses und man verrät mir, dass eine Nacht sage und schreibe 850 USD koste. Dankend und fast lächelnd winke ich ab. Die Sicherheitsbeamten vom Parkplatz lassen mich bei ihnen im warmen Innenbereich mein mitgebrachtes Sandwich essen und ich zelte dann am hintersten Ende des Parkplatzes wo mich keiner sieht.

09.02. Frühmorgens gehe ich noch einmal zu meinen Freunden der Sicherheit und ich frühstücke dort mein Müsli und bekomme noch einmal warmes Wasser. Dann tanke ich meine Wasserflaschen auf, ich komme derzeit mit ca. 3 Litern pro Tag aus.

Sanddünen am Weg zum Wadi Mangan Campground
Wüstenlandschaft am Weg zum Wadi Mangan Campground

Untertags telefoniere ich wieder, Muttern wird am Samstag wieder nach Hause kommen. Gegen Abend erreiche ich dann den Wadi Mangan Campground wo ich in der Nähe eines Akazienbaumes mein Zelt aufstelle.

Wadi Mangan Campground

Mel, ein Holländer, kommt zu mir. Er zeltet hier schon seit gestern, gibt mir noch etwas Wasser und auch ein weiteres Pflaster für meine Thermarest Isomatte. Seit ich allerdings eine Schaumstoffmatte unter der Thermarest Isomatte unterlege, habe ich auch kein zusätzliches Loch mehr in der aufblasbaren Thermarest Isomatte bekommen. Aber sicher ist sicher. Dann koche ich mir noch eine Suppe und schlafe zufrieden mit all meinem Gewand, das ich habe, und den zwei Schlafsäcken ein.

10.02. Um ca. 6h koche ich mir wieder warmes Wasser und esse mein Müsli. In der letzten Zeit ist das mein übliches Frühstück geworden. Dann gehe ich die nächsten drei Kilometer zum Visitorcenter des Timna Parkes. Während ich einen guten Kaffee trinke telefoniere ich wieder mit Muttern, Schritt für Schritt wird es besser ✌️👍 Gemeinsam mit einer größeren Gruppe gehe und klettere ich dann einige hundert Höhenmeter den Timna Berg hoch. Es ist hier ein Hochplateau mit wunderschöner Aussicht auf die Sandsteinfelsen und – Berge.

Über Klettereien geht es den Timna Berg hoch
Gesteinsformation in der Nähe des Timna Berges

Nach einem längeren Abstieg komme ich bei den Solomons Pillars vorbei. Es ist dies eine stillgelegte Kupfermine inmitten von roten Sandsteinfelsen, die nach dem König Salomon benannt ist.

Solomons Pillars – eine stillgelegte Kupfermine inmitten von roten Sandsteinfelsen

Kurz nach Mittag erreiche ich das Restaurant im Timna Park, wo ich eine Pizza esse und mich mit einem deutschen Pärchen aus der Nähe von Dresden unterhalte. Dann gehe ich durch das Timnatal und schlage gegen 16h im Raham Etek Campground mein Zelt auf.

Gemeinsam mit einem jungen israelischen Studenten auf seinem Motorrad im Timnatal – er reicht mir ein Sandwich und Nüsse, vielen Dank!

Es gesellt sich später auch noch eine Finnin mit ihrem Zelt hinzu, die mir empfiehlt nächsten Tag früh zu starten. Viele Höhenmeter und Kraxlereien warten auf mich…

11.02. Da ich eh nicht besonders gut schlafe, suche ich schon vor 5h morgens meine Stirnlampe um in der Dunkelheit zu frühstücken und mein Zelt abzubauen. Kurz nach 6h morgens gehe ich dann los. Es wird derzeit um ca. 6h morgens hell und zw. 17:30 und 18:00 finster. Auch hier werden die Tage schon wieder etwas länger.

Am Weg zum Yehoram Night Camp

Tatsächlich ist der heutige Tag gefüllt mit vielen Höhenmetern und Klettereien, sodass ich letztlich froh bin, so früh losgegangen zu sein.

In den Eilat Bergen – kurz vor dem Ziel am Roten Meer geht es noch einmal viel rauf und runter…

Um ca. 16:30 erreiche ich das Yehoram Night Camp, koche mir eine Suppe, esse Thunfisch aus der Dose bevor ich mich in mein Zelt verkrieche. Es sollte eine kalte und windige Nacht werden.

12.02. Frisch motiviert und steif gefroren krieche ich aus meinem Schlafsack. Heute werde ich Eilat und das Rote Meer erreichen. Heute geht es hauptsächlich bergab zum Meer.

In den Eilat Bergen am Weg runter zum Roten Meer – meine 4-wöchige Wüstenwanderung durch die Negev neigt sich dem Ende zu
Das Rote Meer mit der Stadt Eilat, links im Hintergrund, ist bereits in Sicht – für mich das Ende der Wanderung durch die Wüste Negev

Kurz vor Eilat treffe ich Harald Büchner, einen Oberösterreicher aus der Nähe von Wels. Er lebt schon länger in Wien im 2. Bezirk in der Nähe des Karmelitermarkts.

Gemeinsam mit Harald kurz vor Eilat – er gibt mir wertvolle Tipps für den Jordan Trail

Er kommt gerade vom Jordan Trail aus Jordanien rüber, genau da will ich hin. Er gibt mir neben der GPS Datei für den Jordan Trail auch noch wichtige Informationen wo es Wasser und Proviant zu kaufen gibt. Weitere anspruchsvolle 500 km Richtung Norden nach Amman warten auf mich. Letztlich vermacht er mir auch noch zwei weitere Pflaster für meine Thermarest Isomatte, sodass ich mich sicher auf den Jordan Trail machen kann. Ich könne auch nur einen Teil eines Pflasters verwenden, rät er mir, falls ich in Nöten kommen sollte und zu wenig Pflaster hätte. Auch Silikon würde gehen, also jede elastische Masse. Superkleber allerdings nicht, der zerbröselt irgendwann einmal. Er ist auch schon viele Tausende Kilometer gegangen und wir tauschen Erfahrungen aus. Harald, ich freue mich schon sehr auf ein Wiedersehen mit Dir! Dann verabschieden wir uns und ca. 1 Stunde später komme ich im Shelter Hostel an. Hier zeigt mir Anastasia, ein Flüchtling aus der Ukraine, mein Bett im Schlafraum, etc… Ich dusche, wasche Wäsche, trinke Tee mit einem Deutschen und einem Franzosen namens Pascal, bevor ich hungrig werde und in einem kleinen nahegelegenen Restaurant einen Shawarmateller esse. Ich liege derzeit im Bett und genieße frisch geduscht auf einer Matratze liegen zu können. Ich schwebe fast im siebten Himmel während ich auf die letzten vier Wochen zurückblicke… 🙂

13.02. Das Shelter Hostel in Eilat ist definitiv der richtige Ort um sich vom Shvil zu erholen. Schöner Gartenbereich, in dem man frühstücken und mit anderen Gästen plaudern kann. Und mit John, einem sehr redegewandten Holländer, den richtigen Betreiber dafür. Am Weg zum Decathlon entdecke ich das Abraham Hostel, das ich mir ein wenig anschaue. Dann gehe ich weiter zum Decathlon und den verschiedenen Sportgeschäften. Vor allem ein neues Paar Schuhe wäre ideal, der Shvil hat dem Profil meiner Schuhe ordentlich zugesetzt. Auch die Preise sind hier für israelische Verhältnisse gar nicht so teuer, da Eilat eine Duty Free Zone ist und die MwSt von 17% wegfällt. Selbst nach längerer Suche kann ich einen Asics Trailrunning Schuh nicht in Größe 48 finden. So kehre ich etwas enttäuscht wieder in das Shelter zurück. Allerdings doch mit einem neuen langärmeligen Leiberl aus Merinowolle, das alte löste sich schon auf.

14.02. Gestern habe ich im Abraham Hostel ein Swimmingpool entdeckt. So nehme ich heute meine Isomatte mit um dem Loch auf die Spur zu gehen. Allerdings konnte ich selbst nach mehrmaligem Eintauchen keine Luftbläschen entdecken, die darauf hinweisen würden und setze mich wiederum ohne Erfolgerlebnis in die Sonne um zu rasten. Plötzlich meldet sich Harald bei mir, den ich ja kurz vor Eilat beim Wandern kennengelernt habe. Er müsse aus privaten Gründen zurück nach Wien und ob ich nicht eine empfehlenswerte Unterkunft für ihn für die heutige Nacht wisse. Da das Shelter heute voll ist, empfehle ich ihm das Abraham Hostel wo ich ja gerade bin. Während er sich noch heute per Autostop hierher macht, gehe ich in den 5.11 Unidress shop, den mir Daniel am Shvil empfohlen hat. Es gibt hier Hosen, die für die US Army hergestellt werden, und ich finde hier eine passende 5.11 Hose für mich. All den Schneidern zu Leide oder vielleicht doch zur Freude? 🙂 Harald meldet sich dann wieder und ist bereits im Abraham Hostel wo wir uns anschließend treffen. Er fliegt morgen mit der Wizz Air direkt nach Wien zurück und gibt mir von seinem Proviant ab, den er noch kürzlich kaufte und jetzt nicht mehr gebrauchen kann. Als Dankeschön gehen wir dann gemeinsam Schawarma und Falafelessen und anschließend zum Decathlon. Ich erzähle ihm meine Geschichte mit den Schuhen und er zeigt mir den Quechua Evovit, den er selbst auch schon seit mehreren Jahren trägt. Es gibt ihn auch in Größe 48. Er fühlt sich gut an und ich schlage spontan zu, no risk no fun. Er scheint mir mit seiner etwas stabileren Bauweise gut geeignet für die kommenden Kilometer in der Wüste Jordaniens.

Mein neuer Schuh für die jordanische Wüste…

Auch zeigt er mir gutes Flickzeug für die Isomatte, mein Sorgenkind in der Zwischenzeit. In seinem Zimmer machen wir uns dann mit Seifenlauge auf die Suche nach einem Loch in der Matte. Tatsächlich finden wir eines und nachdem die Matte wieder trocken ist, ist es auch schnell wieder geklebt. Und sauber ist die Matte auch wieder einmal…

Harald beim Abduschen meiner gelben Isomatte, die Seifenlauge musste ja auch wieder runter, nachdem wir das Loch gefunden haben

Bei einem weiteren Falafelpita gibt er mir generell noch viele Tipps bzgl. Ausrüstung und Wandern, die mir sehr nützlich erscheinen. Schließlich ist es für mich ein Glücksfall, dass er den heutigen Tag mit mir verbringt und mir beim Aufbessern meiner Ausrüstung behilflich ist. Abgesehen davon natürlich, dass wir uns auch gut verstehen und ‚dieselbe Wellenlänge‘ haben.

Mit Harald beim Falafelessen in Eilat – Vielen Dank auch Dir für Deine Hilfe!

Gegen 9h Abends verabschieden wir uns dann und und ich kehre glücklich mit meinen neuen Schuhen wieder zurück in meine Unterkunft. Während Harald nach Hause fliegt, werde ich morgen nach beinahe zwei Monaten in Israel wieder nach Jordanien zurückkehren.

Gesamtkilometerca. 5.660

Fazit: Der Shvil (Israel National Trail) von Jerusalem, mit einem Abstecher durch das Westjordanland, durch die Wüste Negev zog sich ziemlich genau über 600 km in den äußersten Süden von Israel an das Rote Meer nach Eilat. Das Westjordanland, also Teil von Palästina, ist völlig problemlos zu gehen. Man muss nur gleich zu Beginn jeder Konversation sicherstellen, kein Israeli zu sein sondern eben wie in meinem Fall aus Nemsa (Arabisch für Österreich) oder Nemsaui (Österreicher). Dann erfährst du die übliche muslimische Gastfreundschaft. Der Shvil durch die Wüste Negev war sowohl körperlich als auch aus mehreren Gründen mental die schwierigste Strecke meiner Wanderung bisher. Aber auch landschaftlich die schönste… Eilat am Roten Meer war ein guter Ort um mich wieder etwas zu erholen und vor allem auch um meine Ausrüstung wieder aufzubessern. Der Shvil hat nicht nur mir zugesetzt… Frisch gestärkt und mit einem neuen Paar Schuhe sehe ich nun der jordanischen Wüste hoffnungsvoll entgegen. Hier warten die nächsten Höhepunkte meiner Wanderung auf mich, das Wadi Rum und die Felsenstadt Petra. Vielen Dank allen Israeli und Palästinensern für Eure Gastfreundschaft!!!

ISRAEL – Teil 4 – Shvil (Israel National Trail): En Bokek – Midreshet Ben Gurion – Mitzpe Ramon)

21.01. Frühmorgens bekomme ich von Valentine einen guten schwarzen Kaffee gebraut und wir frühstücken gemeinsam während die Sonne über dem Toten Meer aufgeht. Dann packe ich meine Sachen und verabschiede mich von Valentine, die noch einen Tag hierbleibt. Entlang der Küste des Toten Meeres werde ich von einem israelischen Pärchen quasi zu einem zweiten Frühstück eingeladen und wir besprechen noch einmal alle Sachen, die es in der Wüste Negev zu beachten gibt. Bei der letzten Gelegenheit kurz vor der Tankstelle DELEK Neve Zohar stocke ich meinen Wasservorrat auf. In Summe trage ich Wasser für zwei Tage weil es heute Abend nirgendwo Wasser geben wird.

Kurz vor der Tankstelle DELEK Neve Zohar stocke ich Wasser auf…

Es sind 7,5 Liter und beim Gehen merke ich schon den Unterschied…🙂

7,5 Liter Wasser, so viel hatte ich bisher noch nie dabei…

In einem Canyon esse ich dann wieder von dem gegrillten Fleisch von gestern, trinke viel und um ca. 15h komme ich im Mishor Amiaz Night Camp an.

Canyon am Weg zum Mishor Amiaz Night Camp

Es ist menschenleer und ausser eine ebene Fläche für das Zelt gibt es hier nichts. Ich koche mir am Abend eine Suppe und genieße die absolute Stille hier in der Wüste.

Camping in der Wüste Negev…

22.01. Gegen 8h morgens starte ich heute, ca. 20 km mit einigen Höhenmetern stehen heute an. Irgendwann muss es ja wieder von den ca. 400 Meter unter dem Meeresspiegel am Toten Meer hochgehen. Nachdem ich ca. 400 Höhenmeter in der Mittagssonne hochklettere, setze ich mich oben in den Schatten, esse die letzten Reste der gebratenen faschierten Laibchen und mache ein kleines Mittagsschlaferl… So gegen 3h nachmittags erreiche ich wieder eine Straße. Einav, der Trail Angel aus Arad gab mir den Tipp zum Abstecher zur Tankstelle DELEK Gal HaArava wo ich wieder Wasser und Proviant aufstocken könne. Es gibt nicht viele Möglichkeiten wie diese hier in der Wüste. Ich beschließe von hier zur Tankstelle zu stoppen, Wasser und Proviant zu ‚tanken‘ und wieder zurück zu stoppen und vom gleichen Punkt wieder weiter zu gehen. Nach ca. 10 Minuten nimmt mich ein junger Palästinenser in seinem Bus mit zur Tankstelle und ich fülle hier wieder meine Wasserflaschen auf. Es gefällt mir hier sehr gut und der Tankstellenbetreiber zeigt mir ein ruhiges Plätzchen für mein Zelt.

Ruhiges Plätzchen mein Zelt in der Nähe der Tankstelle – und vor allem gute Infrastruktur bevor es weiter geht..

Da die Tankstelle auch 24h lang offen hat, kann ich hier auch meine Powerbank und mein Handy aufladen. In der Wüste in ein funktionierendes Handy zur Navigation das Um und auf. Zurück stoppen kann ich auch morgen früh wieder. Es gibt wieder warme Suppe mit Brot und ich liege gerade in meinem Zelt in der Nähe der Tankstelle.

23.01. Ich schlafe heute etwas länger und bemerke erst dann, dass meine Isomatte Luft verliert… Ich trinke noch gemütlich einen Kaffee und kaufe mir auch noch Wasser, da das Wasser vom Hahn in der Tankstelle nicht die beste Qualität hat. Mir ist leicht schlecht von gestern… Mein Tagesziel ist das Armee Camp, das ca. 20 km entfernt von der Tankstelle liegt. Aus verschiedenen Gründen sollte ich es heute nicht erreichen… Ich gehe durch schöne Canyonlandschaft und komme schließlich bei einem kleinen saisonalen Pool vorbei. Das sind ausgehöhlte Steinformationen in denen sich Regenwasser sammelt. Ideal für mich meine Isomatte zu reparieren, da ich hier die gesamte Isomatte unter Wasser tauchen kann und so das Loch lokalisieren kann.

Pfützen eignen sich nicht nur zum Füße abkühlen…

Nach getaner Tat setze ich meine Wanderung fort und vergehe mich dann gleich einmal ca. 2 km weil hier die alte Streckenführung des Shvil in die neue mündet und mich daher die Shvil Markierungen fälschlicherweise in Sicherheit wägten. Zusätzliche 4 km also…

Es geht Richtung Armeecamp

Dann wird die Landschaft immer rockiger und schließlich gehe ich ganz in der Nähe des Negev Kernforschungszentrums in eine große Senke und merke, dass mir das Tageslicht ausgeht um das Armeecamp noch heute zu erreichen. Es wird hier bereits um ca. 17h finster und im Dunkeln kannst Du hier einfach nicht gehen. So überprüfe ich den Wasservorrat und mit ca. 1 Liter beschließe ich um ca. 16:30 mein Nachtlager zu errichten.

Unerwartetes Nachtlager – ein Schakal sollte am Abend auch noch auf Besuch vorbeischauen. Er roch mein Essen im Zelt.

Ich wärme mir eine Suppe und liege früh im Zelt. In der Nacht kommt ein Schakal vorbei, der meine Lebensmittel im Zelt gerochen hat. Er ‚klopft‘ beim Zelt an und macht typische Geräusche. Als ich mich bemerkbar mache im Zelt zieht er von dannen und der Rest der Nacht verläuft ruhig.

24.01. Mein Wecker auf meiner Uhr holt mich um 5h morgens aus dem Schlafsack. Ich habe heute einen langen Tag vor mir will ich wieder an Wasser kommen. In der Nacht merke ich die ersten Stunden, dass die Matte hielt, allerdings um ca. 1h morgens war wieder einmal Endstation. Es waren diesmal Dornen, die der Matte zugesetzt haben. So muss ich mein letztes Reparaturpflaster verwenden als ich bei einer weiteren Pfütze vorbei komme. Diesmal sollte es allerdings halten. Zum Frühstück trinke ich den letzten Viertelliter Wasser und klettere dann ca. 400 Höhenmeter auf die Oberkante des Kraters.

Frühmorgens geht es sich am besten…
Der Aufstieg ohne Wasser verlief problemlos…
Manchmal helfen auch Leitern – wie hier am Weg zum Armeecamp
Die Wüste lebt…

Alles verläuft gut und kurz bevor ich zum Armeecamp komme, wo es Wasser gibt, treffe ich eine Gruppe jugendlicher Einheimische. Sie bieten mir an von Ihrem Citroen Jumper am nahegelegenen Parkplatz Wasserflaschen rauszunehmen soviel ich brauche und so brauche ich nicht zum Armeecamp gehen. Dann trinke ich einen ordentlichen Schluck und gegen 10h verlasse ich den Parkplatz beim Armeecamp. Kurz darauf treffe ich zwei Franzosen, Tom und Gerard, die ebenfalls den Shvil gehen, allerdings Richtung Norden. Sie geben mir einige gute Tipps und auch ein Flickzeug für Exped Isomatten. Zur Not würde ich das verwenden für meine Thermarest Isomatte. Über steile Wände und Leitern erreiche ich letztlich so um 16h eine Straße, die zum Eisenphosphatsteinbruch Oron führt. Gegen 17h erreiche ich dann den Campingplatz beim Oron Steinbruch. Nachdem ich hier mein Zelt aufgestellt habe, frage ich das Sicherheitspersonal ob es hier Essen zu kaufen gibt. Die Kantine sei bereits geschlossen, meint ein Araber, aber er holt aus seinem Häuschen zwei Lunchpakete raus und sagt, ich solle es mir schmecken lassen. ‚Shukran‘ sage ich nur, was auf Arabisch soviel wie ‚Danke‘ heißt.

Dieser arabische Wächter brachte mir zwei Essensrationen – vielen Dank!!!

Es sind vor allem Araber hier im Überwachungsbereich des Steinbruchs beschäftigt. Es fahren viele LKWs ständig in den Steinbruch und bringen das Phosphat in den nächsten Hafen nach Ashdot. So war es sicher nicht die ruhigste Nacht, die ich bisher hatte.

25.01. Wiederum stehe ich heute im Finsteren auf, da ich früh starten muss. Sowohl die zwei Franzosen als auch Arthur, der Trail Angel in Midreshet Ben Gurion, haben mich darauf hingewiesen, dass diese Etappe heute die schwierigste vom ganzen Shvil sei. Der Wachtmeister macht mir einen Kaffee, eine gute Stärkung für den Tag. Nach einem Plausch mit jungen Familienvätern, die eine Tagestour mit ihren bikes machen, starte ich um ca. 7h zum Mt. Karbolet. Arthur meinte, diese Etappe sei der ‚Hahnenkamm‘ und wirklich geht man ca. 8 km entlang einer scharfen Kante, dazu auf und ab, was ordentlich auf die Gelenke und Hornhaut geht.

Karbolet, der ‚Hahnenkamm‘ – die schwierigste Passage am Shvil. Es geht 8 km am scharfen Kamm entlang.

Ich sehe am Weg viele Steinböcke, die sich hier mit dem Gelände wahrlich spielen.

Steinböcke am Shvil

Wunderschöne Gesteinsformationen wechseln sich immer wieder ab mit schönen Ausblicken auf die Wüste und nach zwei Pausen erreiche ich so um 13h das erste Wasserloch, wo ich Mittagspause mache.

Wasserpool beim Abstieg vom Karbolet

Zusätzlich repariere ich noch einmal die Isomatte und hoffe so wieder auf eine angenehme Nacht. Dann mache ich mich nach einer längeren Mittagspause so um 15h zum Abstieg in das Nachtlager Mador auf.

Gesteinsformationen beim Abstieg vom Karbolet zum Mador Nachtlager

Der Abstieg hat es allerdings in sich, für mich die schwierigste Stelle bisher. Ich packe meine Stecken auf den Rucksack und klettere mit allen Vieren über große Steinblöcke hinunter ins Tal. Manchmal gelingt es mir nur nach längerer Zeit Halt zu finden und die Balance mit dem Rucksack zu halten. Schließlich gelange ich um ca. 16:30 gut ins Mador Night Camp und schlage hier mein Zelt auf. Als sich der Tag zur Neige senkt, esse ich Brot und Thunfisch aus der Dose und schließe früh die Augen.

Mador Night Camp

26.01. Früh starten – das ist das Rezept hier in der Wüste. Es hat zwar untertags auch nie mehr als 25 Grad, trotzdem ist es in der Früh leichter und angenehmer zu gehen als während der Mittagszeit. Und so gehe ich auch heute wieder früh los mit dem Ziel Midreshet Ben Gurion. Hier werde ich heute vom bereits erwähnten Trail Angel Arthur erwartet. Im Vergleich zu gestern ist der heutige Tag ein sogenannter ‚Spaziergang‘ und so um 12h erreiche ich nach einer kleinen Kraxlerei den 541m hochgelegenen Hod Akev.

Am Berg Hod Akev (541m)

Ein junger Israeli schenkt mir seine Schaumstoffmatte als ich ihm meine Geschichte mit meiner Isomatte erzähle. Ich nehme sie dankend an, da ich so zumindest nie auf dem Boden schlafen muss. Dieser kann in der Nacht hier in der Wüste ordentlich kalt werden. Vom Berg Hod Akev genieße ich einen schönen Blick auf die Wüste und auch den ca. 1.500 Einwohner zählenden Ort Midreshet Ben Gurion, wo ich heute Abend schlafen werde. Ich esse hier wieder Thunfisch und letztlich gesellt sich eine Schulgruppe zu mir. Wie gehen dann gemeinsam hinunter zum Pool Ein Akev, wo mir ein Junge ein Sandwich mit Hühnerfleisch anbietet, eine willkommene Abwechslung zu meinem Menü.

So um 15:30 gehen wir dann gemeinsam nach Midreshet Ben Gurion. Die Schulgruppe macht halt um in der Wüste zu beten.

Schulgruppe beim Beten in der Wüste

Ich gehe alleine weiter und erreiche bei Einbruch der Dunkelheit Midreshet Ben Gurion. Arthur ist noch im nahegelegenen Kibbutz Sre Boker, wo er drei Pferde hat. Ich stärke mich für das erste einmal mit einem Stück Pizza und gemeinsam fahren wir dann in sein Haus, wo bereits seine Frau Anat und ihre jüngste Tochter auf uns wartet. Mit Arthur verstehe ich mich auf Anhieb sehr gut und er gibt mir gute Tipps für den weiteren Weg.

Mit Arthur, dem Trail Angel in Midreshet Ben Gurion – er gibt mir gute Tipps für den weiteren Verlauf des Shvil

Er kennt den Shvil quasi in und auswendig, ist er doch Tourguide und hat lange im Rettungsdienst gearbeitet. Er erzählt mir auch so einige Geschichten vom Karbolet und das auf Deutsch. Er ist gebürtiger Holländer und kam durch sein Studium hierher nach Israel, wo er auch seine Frau Anat kennen lernte. Dann verabschiedet er sich, da er nächsten Tag einen Fortbildungstag in Jerusalem hat. Ich dusche und schlafe auf der Couch im Wohnzimmer.

27.01. Ich brauche einen Rasttag – und so wasche ich mit Hilfe von Anat meine Sachen, trockne mein Zelt und wasche meine Isomatte. Dann empfiehlt mir Anat eine Tour entlang des Krater in die Ortsmitte wo sich auch das Grab vom ersten Premierminister Israels David Ben Gurion befindet.

Grabmal von David Ben Gurion (1886-1973), dem ersten Premierminister Israels

Er sei ein Mann von großen Visionen gewesen wie mir eine Einheimische versichert. Eine davon war, dass er Leben in die Wüste bringen wollte und so lebte er auch die letzten Jahre im Kibbutz Sre Boker wo er in der Landwirtschaft arbeitete. Dann kaufe ich Lebensmittel für die nächsten beiden Tage nach Mitzpe Ramon ein und komme gegen 14h wieder zurück in das Haus von Anat und Arthur. Ich führe einige Telefonate mit zuhause und am Abend gibt es einen Shabbat Dinner. Alle vier Kinder von Anat und Arthur samt Anhang haben sich angesagt und auch der Nachbarssohn ist mit dabei. Arthur holt guten Merlot und wir verbringen gemeinsam einen wunderschönen und harmonischen Abend. Das Essen schmeckt ausgezeichnet. Es gibt Süßkartoffelsuppe, Lasagne, Rote Bete, Kartoffeln, etc und als Nachspeise hervorragenden Schokoladenkuchen.

Shabbat Dinner im Hause von Anat (links) und Arthur, alle vier Kinder sind nach Hause gekommen

Letztlich kommt auch der Nachbar vorbei und er zeigt mir mein Zelt im Freien wo ich die kommende Nacht verbringe. Vielen Dank Anat und Arthur für Eure Gastfreundschaft!!!

28.01. Wieder um 5h krieche ich aus meinem Schlafsack, trinke warmes Wasser und gehe noch einmal zum Grabmal von Ben Gurion.

Sonnenaufgang über der Wüste Negev – im Hintergrund der Berg Hod Akev (541m)

Während die Sonne über der Wüste aufgeht gehe ich wieder zum natürlichen Wasserpool Ein Akev, das ich um diese Uhrzeit viel ruhiger erlebe als vor zwei Tagen mit der Schulgruppe.

Natürliches Wasserpool Ein Akev

Dann gehe ich weiter hoch zum oberen Pool Ein Ashiv, wo ich allerdings kein Wasser ausfindig mache.

Oberes ‚Wasserpool‘ Ein Ashiv
Die Wüste lebt – Teil 2

Ich mache hier im Schatten eines Baumes Mittagspause und erreiche so um 16h das Nachtlager Nahash Tzame. Hier reicht mir ein Einheimischer einen Stollen Kuchen aus dem Auto und wünscht mir alles Gute auf meinem Weg nach Eilat und ans Rote Meer. Immer wieder diese Gastfreundschaft, auch hier in Israel gibt es sie. An einem beinahe windstillen, allerdings leicht abschüssigen Plätzchen koche im mir eine Suppe und esse die Hälfte des selbstgemachten Karottenkuchens auf. Müde schlafe ich heute schon so um 18h ein.

Nachtlager Nahash Tzame

29.01. Mit der Stirnlampe koche ich mir warmes Wasser und esse den restlichen Kuchen, ein wahrer Genuss so ein Frühstück in freier Natur! Die ersten 7 bis 8 km schlängelt sich hier der Weg zuerst hinunter und dann wieder auf ca. 650 Höhenmeter durch enge Schluchten hinauf bevor ich eine Ebene erreiche.

Am Weg nach Mitzpe Ramon

Von hier geht der Weg weiter entlang eines Weges ca. weitere 20km nach Mitzpe Ramon. Am Weg laufen mir am Vormittag auch Dromedare (Kamele mit einem Höcker) über den Weg, die hier die Blätter von den Sträuchern fressen.

Kamele, in diesem Fall Dromedare mit einem Höcker, kündigen sich an
Dromedare in der Wüste Negev – hier am Weg nach Mitzpe Ramon
Dromedar in der Wüste Negev, gleich und gleich gesellt sich gerne – hier am Weg nach Mitzpe Ramon
Posing for the camera… 🙂

Sehr zutraulich kommen sie mir auch sehr nahe und lassen sich durch meine Anwesenheit nicht aus der Ruhe bringen.

Krater kurz vor Mitzpe Ramon

Heute bin ich bei einem weiteren Trail Angel angesagt. Dieses Mal ist es Alen, ebenfalls ein Tourguide, bei dem ich die nächsten zwei Nächte verbringen werde. Nach einer Dusche fahren wir gemeinsam mit seinem Auto in das Ortszentrum und essen dort gemeinsam Fish und Chips und trinken ein kleines Bier. Alkoholkontrollen sind in Israel sehr streng. Auch Alen lädt mich dazu ein – vielen Dank!!! Wir unterhalten uns auch über die derzeitige Situation zwischen den Israelis und den Palästinenser. Alen unterstützt die derzeitige Regierung und die Pläne dem Obersten Gerichtshof Kompetenzen zu nehmen. Seiner Meinung nach seien hauptsächlich die obersten Richter und Banker Schuld am schlechten Ruf der Israelis.

30.01. Heute morgen erledigen Alen und ich das Notwendigste im Eilververfahren. Zuerst fahren wir in sein Lager wo er ca. 50 bikes gelagert hat. Dann trinken wir bei seinen Freunden einen Kaffee, während einer einen Fahrradsattel repariert. Anschließend bringt Alen mich mit seinem Defender in einen Laden wo ich Klebezeug für meine Isomatte und vier Zelthaken kaufe. Dann bringt er mich auch noch zu einer Schneiderin und in 5 Minuten ist auch meine Hose repariert. So kann ich jetzt wieder etwas beruhigter die Wanderung morgen fortsetzen.

Alen und ich bei der Schneiderin in Mitzpe Ramon – die Hose musste wieder einmal geflickt werden

Dann gehen wir in eine Bäckerei und essen gute Süßigkeiten bevor er weg muss. Eine Tourgruppe wartet auf ihn. Ich bleibe und beim Kaffeetrinken lerne ich zwei Mädchen aus Litauen kennen, die hier eine Woche Urlaub machen. Evtl treffen wir uns heute Abend noch einmal.

Gesamtkilometerca. 5.400

Fazit: Der Shvil (Israel National Trail) hat es speziell hier im Süden in der Wüste Negev in sich. Traumhaft schöne Aussichten wechseln sich ab mit schönen Gesteinsformationen und Wasserpools. Das Wichtigste in der Wüste ist das Wasser, ohne dem gibt es kein Leben. Die Trail Angels sind eine große Hilfe dabei, den Weg gut zu meistern und auch zu genießen. Das Beeindruckendste in der Wüste ist jedoch die absolute Stille und der Sternenhimmel, der hier zum Greifen nahe scheint. Toda raba (Vielen Dank) allen Trail Angels und sonstigen Leuten, die mir hier in der Wüste halfen.

PALÄSTINA/ISRAEL – Teil 3 (Jerusalem – Bethlehem – Hebron – Arad – Masada – Totes Meer)

14.01. Nachdem ich gestern Abend nach dem unerwarteten Shabbat Dinner ziemlich spät ins Bett gekommen bin schlafe ich heute früh bis nach 8h und gehe dann so um 9h weg vom Abraham Hostel Richtung Bethlehem. Ich verabschiede mich noch einmal vom Jaffator und Berg Zion und erreiche gegen Mittag Bethlehem.

Am Weg nach Bethlehem – im Hintergrund der Berg Zion außerhalb der Altstadt von Jerusalem

Bethlehem liegt ja im Westjordanland (West Bank) und so gilt es einen Checkpoint zu passieren bevor ich in die Geburtsstadt von Jesus komme.

Graffities an der Mauer, die Palästina (das Westjordanland) von Israel abgrenzt – in Bethlehem

Im Bunksurfing Hostel gibt mir Salah ein Bett in einem Schlafsaal für 50 Schekel, das allerdings ohne Frühstück. Dann erkundige ich noch einmal die Stadt mit ihrem alten Markt und der Geburtskirche Jesus.

Geburtskirche von Jesus
In der Grotte der Geburtskirche von Jesus, hier soll Jesus geboren sein – in Bethlehem
Katharinenkirche in Bethlehem

Gegen Abend telefoniere ich mit Muttern und esse dann noch Falafel mit Humus bevor ich wieder in die Unterkunft zurückkomme.

Junger Palästinenser beim Falafelmachen – in Bethlehem

15.01. Um halb 6 in der Früh trinke ich noch Tee in der Unterkunft und esse die restlichen Falafel von gestern bevor ich mich auf den Weg nach Hebron mache. Auf dem Weg nach Hebron stehe ich manchmal auch bei einem Zaun an und muss einen Umweg gehen. Zweimal gehe ich auch durch ein Zone A Gebiet, in dem es Israelis nicht erlaubt ist, sich dort aufzuhalten.

Straßenschild ‚Area A‘ – Zutritt für Israelis strengstens verboten; auf dem Weg von Bethlehem nach Hebron im Westjordanland/Palästina

Gegen 16h erreiche ich dann die Stadt Hebron und beide Hostels, die ich in der Altstadt anvisiert habe, sind geschlossen – Corona macht es möglich.

Palästinensisches Autokennzeichen

Einheimische zeigen mir auf der Karte das Hotel Hebron, in dem ich mich für 130 Schekel die Nacht einquartiere, inklusive Frühstück. Am Abend esse ich wieder einmal Falafel, lasse mir den Bart rasieren und trinke in der Rezeption noch einen gemütlichen Tee bevor ich mich ins Zimmer begebe.

16.01. Pünktlich um 7h gibt es Frühstück wurde mir gesagt und ich mache reichlich Gebrauch davon. Dann gehe ich wieder durch die Altstadt und den Markt wo die ersten Ständchen aufmachen und die Frühaufsteher ihren ersten Kaffee genießen.

Morgens in Hebron…

Im Grab des Patriarchen schaue ich mir sowohl die Ibrahim Moschee als auch die Synagoge an. Das Grab des Patriarchen ist nach der hebräischen Bibel das Familiengrab der Erzeltern der Israeliten. Hier sollen Abraham und Sara, Isaak und Rebekka, Jakob und Lea bestattet sein.

Grab des Patriarchen – in Hebron
In der Ibrahim Moschee im Grab des Patriarchen – in Hebron
Grabmal von Abraham – in der Synagoge des Grabes des Patriarchen

Hebron ist auch geteilt und neben dem größeren arabischen Teil gibt es auch einen kleinen jüdischen Stadtteil, der streng abgeriegelt ist. Selbst das Grab des Patriarchen ist zweigeteilt und in der Synagoge beobachte ich Juden beim Beten und wie sie die Thora, die heilige Schrift, öffnen und daraus beten.

Beim Beten aus der Thora – in der Synagoge des Grabes des Patriarchen

Ich durchstreife heute noch einmal Palästina bzw das Westjordanland bis in den äußersten Süden und zurück nach Israel und Lev Yatir, wo mich ein Trail Angel beherbergen wird. Als ich den jüdischen Stadtteil beim Checkpoint in Hebron verlasse, meint der Soldat ich gehe in ein gefährliches Land, nach Palästina. Unbegründet wie ich finde…

Dieser Israelische Soldat warnte mich vor Palästina…

Kaum in Palästina angekommen werde ich zum Kaffee eingeladen. Wenig später beobachte ich zwei junge Männer wie sie mit den Eseln das Feld pflügen.

Einladung zum Kaffee – außerhalb von Hebron
Kinder außerhalb von Hebron
Pflügen in Palästina…

Auch hier mache ich halt, trinke frischen Orangensaft und versuche mich selbst dann auch noch beim Pflügen – gar nicht so einfach.. 😉

Gegen 16 treffe ich dann im Haus von Odeliya ein. Sie ist ein Trail Angel entlang des Shvil, des Israelischen Fernwanderweges. Trail Angels sind Leute, die Wanderern für eine Nacht ein Bett, eine Dusche und ein Nachtmahl zur Verfügung stellen. Und das alles gratis und sie machen es vor allem gerne. Mit Odeliya verstehe ich mich auf Anhieb gut. Sie stammt aus einer national orthodoxen Familie und hat mit ihrem Mann Aron sechs Kinder. Dementsprechend ist viel los an diesem Abend und speziell mit der 4 1/2 jährigen Ruth habe ich viel Spaß.

Abendessen bei Odeliya – full house!
Ruth, links unten, war mein Liebling – ausgelassene Stimmung im Hause von Odeliya

17.01. So gegen 7h frühstücken wir dann noch alle gemeinsam und ich begleite Odeliya noch gemeinsam mit Ruth zum Kindergarten bevor ich mich von dieser herzlichen Familie verabschiede. Heute bin ich wieder mit einem Trail Angel verabredet, dieses Mal ist es Einav von Arad. Auch hier werde ich herzlich empfangen, ich dusche und bekomme zum Essen Couscous mit Gemüsesuppe. Dann kaufen wir in einem Supermarkt noch für den kommenden Shabbat ein und ich kaufe auch Proviant für die nächsten Tage. Brot, Käse, Thunfischdosen, Nüsse, Datteln, etc… Am Abend unterhalte ich mich noch lange mit der Frau von Einav, die mir viel über ihre sechs Kinder, ihre Krankheit, etc… erzählt. Einav gibt mir noch wertvolle Tipps für den Shvil, Wasserversorgung, Gefahren, etc…

Einav mit seiner Frau – Trail Angels in Arad am Rande der Wüste Judäa – vielen Dank!!!

18.01. Ich schlafe heute etwas länger, da ich gestern mit der Frau von Einav ausgemacht habe, mit ihr gemeinsam noch Fleisch einzukaufen. Und ich musste auch noch Geld auf meine lokale Partner SIM Karte laden, da das eine Monat bald um ist und es Richtung Eilat in der nächsten Zeit keine Möglichkeit mehr geben wird. Gegen Mittag sind wir dann wieder zurück in ihrem Haus und ich mache mich auf den Weg zum Birkat Tzfira Campingplatz, der ca. 15km von Arad entfernt liegt.

Orange/Blau/Weiß – die Wegmarkierung des Shvil (israelischer Weitwanderweg)
Am Weg durch die judäische Wüste zum Toten Meer

Durch ein ausgetrocknetes Flußtal gelange ich schließlich zum Campingplatz. Es gibt hier allerdings keine Infrastruktur und auch kein Wasser. Junge israelische Soldaten füllen mir wieder meine Wasserflaschen nach. Die Nächte hier in der Wüste sind wunderschön und der Sternenhimmel scheint zum Greifen nahe.

Birkat Tzfira Campingplatz – ich teile mir den Platz mit israelischen Soldaten
Mit zwei Soldaten am Birkat Tzfira Campingplatz – der junge Mann in der Mitte gab mir noch wertvolle Tipps mit auf den Weg, er ging den Shvil selber schon einmal – Danke!
Straßenschild am Weg zum Toten Meer

19.01. Es war heute meine erste Nacht im Zelt wieder einmal nach längerer Zeit und irgendwie habe ich nur wenig geschlafen. In der Früh laden mich die Soldaten noch zum Frühstück ein und geben mir Obst mit auf den Weg. In Israel dauert der Heerdienst drei Jahre für die Jungen, für die Mädchen immerhin auch zwei Jahre. Dann marschieren sie in ein ausgetrocknetes Flußtal wo sie Kletterübungen machen werden. Ich gehe weiter auf dem Shvil (Israelischer Weitwanderweg) und erreiche nach ca. einer Stunde einen wunderschönen Aussichtspunkt auf das Tote Meer, das tief unter mir liegt.

Blick von der judäischen Wüste auf das Tote Meer

Hier erreiche ich Herbert und Muttern und hoffe, das alles gut geht. Herbert, vielen Dank auch Dir hier an dieser Stelle! Dann gehe ich hinunter zum West Campground Masada, wo ich etwas warten muss bis ich mein Zelt aufstellen kann. Ich esse zumittag und verbringe die Mittagszeit mit weiteren Telefonaten. Gegen 14h lassen sie mich dann doch rein zum Campingplatz und nachdem ich mein Zelt aufgestellt habe, gehe ich noch zur verfallenen Wüstenfestung von Masada hinauf. Vor ca. 2.000 Jahren ließ sich hier der jüdische Klientelkönig Roms Herodes eine Palastfestung auf einem Gipfelplateau am Rand der judäischen Wüste, hoch über dem Toten Meer, erbauen. Es war während des jüdischen Krieges gegen die Römer ca. 70 n. Chr. der letzte Zufluchtsort. In aussichtsloser Lage sollen die jüdischen Rebellen hier Selbstmord begangen haben bevor die Römer auch diese Festung eingenommen haben und den jüdischen Krieg für sich entschieden haben.

Masada – eine Palastfestung aus römischer Zeit hoch über dem Toten Meer

Ich sitze derzeit gerade beim Wächter des Campingplatzes in seinem Häuschen und schreibe diese Zeilen. Es ist hier vor allem warm und es gibt WLAN. Ein Schwätzchen mit dem arabisch sprechenden Süleiman, so heißt der Wächter, darf natürlich auch nicht fehlen.

20.01. Noch im Finsteren gehe ich noch einmal auf den Zufluchtsfelsen vieler Juden vor 2.000 Jahren und genieße hier den Sonnenaufgang über dem Toten Meer.

Sonnenaufgang mit Blick auf das Tote Meer auf der Palastfestung Masada

So gegen 10h bin ich dann wieder startklar und über einen Bergrücken mit immer schöner Aussicht auf das Tote Meer komme ich so gegen 15h am Campingplatz in En Bokek direkt am Toten Meer an.

Blick von einem Bergrücken auf die Palastfestung Masada

Hier wird bereits fleißig gegrillt und als ich einige Palästinenser um einen Supermarkt frage, bringen sie mir umgehend Brot, gegrilltes Fleisch und Essiggurkerl für 3x Essen vorbei – – > Vielen, vielen Dank Sirs!!! Eure Hilfe kommt gerade zur rechten Zeit… Es gibt allerdings auch noch ganz in der Nähe einen kleinen Supermarkt, wie sie mir erklären, der rund um die Uhr offen hat. Nach drei Spiessen, Brot und Gurkerln kaufe ich dann im Supermarkt noch Müsli, einige Packerl Suppen, Walnüsse, Cola, etc… Die nächsten Tage werde ich keine Einkaufsmöglichkeiten haben. Den Abend verbringe ich am salzreichen Toten Meer und genieße den Wechsel der Farben beim Sonnenuntergang.

Sonnenuntergang am Toten Meer – Salz wie hier am Strand im Vordergrund gibt es jede Menge

Neben mir zeltet auch noch Valentine aus Weißrussland, die schon 20 Jahre hier in Israel in der Nähe von Haifa wohnt und wir unterhalten uns ein wenig während hier bei den Palästinenser Partystimmung herrscht.

Gesamtkilometerca. 5.195

Fazit: Nach drei Wochen Pause vom Wandern war ich wieder voller Tatendrang auf neue Abenteuer und machte mich so auf meinen Weg zurück nach Hause. Sowohl in Palästina als auch bei den Israelis erfuhr ich immer wieder große Gastfreundschaft – vielen Dank allen dafür! Die nächste Zeit werde ich jetzt in der Wüste Negev verbringen bevor ich wieder zurück nach Jordanien gehe. Hier wartet noch ein weiterer Höhepunkt auf mich – die Felsenstadt Petra!

PALÄSTINA/ISRAEL – Teil 2 (Nazareth – Haifa – Tel Aviv – Jerusalem)

06.01. Nach zwei Wochen in Jerusalem habe ich nun doch das Gefühl bekommen mir auch noch andere Städte und Gegenden in Israel anzuschauen. So nehme ich Abschied von dieser wunderbaren Stadt und auch von Georg, meinem Namensvetter. Ich erreiche nach ca. 20 Minuten zu Fuß die Busstation und der Bus 955 bringt mich in ca. 1 Stunde und 45 Minuten direkt von der Busstation nach Nazareth. Ich habe hier für drei Nächte ein Bett in einem Schlafsaal gebucht, und zwar im Fauzi Azar Hostel. Es ist dies ein ca. 300 Jahre altes Haus und ich bin von Beginn an schwer begeistert von dieser Unterkunft. Mit den extrem hohen Räumen, dicken Mauern und schönen Innenhöfen habe ich hier das Gefühl in einem mittelalterlichen Schloß zu wohnen.

Aufenthaltsraum im Fauzi Azar Hostel – in Nazareth

Michlin, die Empfangs Heflin, erklärt mir auch, dass in dieser ca. 60.000 Einwohner zählenden Stadt ausschließlich Christen und Muslime wohnen, keine Juden. So wird auch der Sabbath hier nicht so streng genommen. Es haben alle Geschäfte am Freitag und Samstag offen, nur Busse und öffentliche Verkehrsmittel verkehren auch hier am Sabbath nicht.

Den Nachmittag verbringe ich in der Verkündigungsbasilika und in der daneben liegenden Josefskirche. Die Verkündigungsbasilika steht über jener Höhle der Stadt Nazareth, in der der römisch-katholischen Überlieferung zufolge der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria erschien.

Verkündigungsbasilika in Nazareth
Bildnis in der Josefskirche – in Nazareth

Im Anschluss daran esse ich eine Schawarmapita und trinke einen halben Liter Wasser – – > kostet 48 Schekel (Umrechnungskurs: 1 Euro = ca. 3,6 Schekel). Ups…!!! Bzgl Verpflegung muss ich mir da was neues einfallen lassen…:-) Es beginnt dann leicht zu regnen und so gehe ich wieder in die Unterkunft zurück wo ich gerade das schöne Ambiente der Unterkunft genieße.

In den Straßen von Nazareth…

07.01. Nach einem sehr guten arabischen Frühstück erklimme ich heute vormittag den Hügel von Nazareth wo die Don Bosco Kirche steht.

Don Bosco Kirche in Nazareth

Ich genieße die Aussicht von hier oben. Es liegt noch ein leichter Nebel über der Stadt und die Sonne kommt schön langsam durch. Die Lehrerin der Schule neben der Kirche lässt mich liebenswerter Weise durch den Hintereingang in die Kirche rein.

Altstadt von Nazareth

Zumittag besuche ich dann noch die griechisch-orthodoxe Kirche, wo heute Weihnachten gefeiert wird. Danach beginnt es zu regnen und ich mache es mir mit einer Decke und warmen Kaffee und Kuchen im Fauzi Azar Hostel gemütlich. Ich telefoniere mit einigen Leuten zuhause und plane ein wenig die nächsten Tage voraus.

Gemütlicher Nachmittag im Fauzi Azar Hostel

08.01. Heute ist das Wetter wieder um einiges besser und ich fahre mit dem 9h Bus 431 von Nazareth nach Tiberias an den See Genezareth. Von dort dann gleich mit einem weiteren Bus weiter nach Kapernaum, einem ehemaligen kleinen Fischerdorf am See. Und jetzt wird es wieder biblisch… Hier soll Jesus Kranke geheilt haben, Brot und Fische vervielfacht haben und die ersten Anhänger gefunden haben. Kapernaum gilt auch als Heimatort von Petrus, dem ersten Jünger Jesu.

Weisse Synagoge in Kapernaum – auch hier soll Jesus gepredigt haben

Nachdem ich mir alle heiligen Stätten angeschaut habe nimmt mich Miriam, eine amerikanische Jüdin, in ihrem Auto von Kapernaum in die Ortschaft Magdala mit. Wir sind uns in unseren Ansichten bzgl Religionen sehr nahe. Es kommt nicht auf die jeweilige Religion an sondern auf das Herz und dem Menschen selber, meint sie mit großer Überzeugung… Mit einem öffentlichen Bus komme ich dann wieder zurück in die Stadt Tiberias am See Genezareth. Heute ist Sonntag und die meisten Kirchen haben geschlossen. Auch ist jetzt Nebensaison, das merkt man auch. So schaue ich mir die Stadt ein wenig an und nach einem kurzen Spaziergang an der Strandpromenade fahre ich wieder mit dem Bus zurück nach Nazareth.

See Genezareth – in Tiberias

09.01. Heute ist es der Bus 331, der mich nach ca. 1 Stunde Fahrt von Nazareth in die Israelische Hafenstadt Haifa bringt. Michelin hat mir hier das Haifa Hostel empfohlen. Ich lasse meinen Rucksack in der Unterkunft und schaue mir am Vormittag die Bahai Gärten und den Schrein des Bab an.

Schrein des Bab, Gründer der Bahai Religion – in den Bahai Gärten in Haifa

Es ist dies das Pilgerziel der Anhänger der Bahai Religion, die die Erde als nur ein Land und alle Menschen als seine Bürger betrachtet. Vom oberen Teil der Bahai Gärten am Berg Karmel hat man eine wunderschöne Aussicht auf den Hafen und die gesamte Stadt.

Blick vom Berg Karmel auf die Stadt Haifa mit den Bahai Gärten und rechts dem Hafen

Ich bleibe ziemlich lange hier oben sitzen bevor ich am späten Nachmittag über Stiegen auf der anderen Seite der Gärten wieder hinunter in die Stadt gehe.

In den Straßen von Haifa – es leben hier auch verhältnismäßig viele russisch sprechende Menschen unterschiedlicher Regionen und Herkunft

10.01. Nach einem kleinen Frühstück im Hostel kaufe ich mir heute um 12 Schekel eine Tageskarte für die Öffis in Haifa. Die Karte beinhaltet auch die Seilbahn und die Carmelit, Haifas unterirdisches Standseilbahnsystem. Nach ausreichend vielen Palatschinken in der Unterkunft fahre ich heute mit einem Bus wieder hinauf zum Berg Karmel und zum IBM Forschungs- und Entwicklungslabor.

50 Jahre IBM in Israel – im R&D Lab in Haifa

Ich habe mit einigen Leuten hier vor vielen Jahren einmal zusammen gearbeitet und ich versuche es auf das grade Wohl ob ich hinein darf. Und es funktioniert tatsächlich, vielen Dank den Angestellten des Labors! Letztlich bekomme ich auch noch Kaffee und Kekse, die Aussicht auf die Stadt von hier oben ist absolute Weltklasse. Im Anschluss daran schaue ich mir das Archäologische Museum an und fahre dann mit der Doppelmayr Seilbahn wieder hinunter in die Stadt. Mit einem Bus und der Standseilbahn fahre ich noch einmal zum Karmel Berg und genieße noch einmal den Blick über die Stadt. Ausserdem besuche ich auch noch das Tikotin Museum der japanischen Kunst mit schönen Zeichnungen und Farbholzschnitten aus dem 19. Jhdt. und dem Ende der Edo Zeit.

Selling the famous Yam Soup at the Station – Farbholzschnitt von Utagawa Hiroshige (1797-1858), im Tikotin Museum der japanischen Kunst

Im Stadtteil Wadi Nisnas esse ich dann eine Falafelpita um 10 Schekel (es geht ja auch billiger) bevor ich mir dann den Hafen und die Stadt auch am Abend vom Berg Karmel anschaue.

Nächtlicher Blick auf den Hafen von Haifa – vom Berg Karmel

Am Rückweg treffe ich Antoine aus Frankreich und seinen deutschen Freund und wir vereinbaren uns morgen in Tel Aviv zu treffen und ein Bierchen zu trinken.

11.01. Nach einer guten Stunde Zugfahrt entlang der Küste am Mittelmeer erreiche ich die Millionenstadt Tel Aviv, die wirtschaftliche Hauptstadt des Landes. Beim Frühstück im Abraham Hostel treffe ich wieder Yana und wir schauen uns gemeinsam den alten Hafen von Yaffa und das Ilana Goor Museum an.

Glockenturm in Jaffa
Im alten Hafen von Jaffa

Auch Antoine und Florian aus München sind mit von der Partie. Zurück im Hostel lerne ich auch noch Rami kennen, einen lokalen Nomaden, der mir und uns viel über sein Land erzählt.

12.01. Frühmorgens gehe ich entlang dem Rothschild Boulevard, der Hauptstraße von Tel Aviv. Ein Boulevard gesäumt mit vielen Bäumen und weißen Gebäuden der Bauhaus Architektur.

Bauhaus Architektur (links) – im Rothschild Boulevard von Tel Aviv

Danach hole ich Yana vom Frühstück ab und wir durchstreifen das Viertel Neve Tsedek, ein schöner Stadtteil im Zentrum mit niedrigen Gebäuden. Danach tauchen wir in das geschäftige Treiben des Carmel Marktes ein.

Leckereien am Carmel Markt

Zurück am Strand beobachten wir Wellenreiter, die das windige Wetter ausnützen und ihren Spaß haben. Danach besuchen wir noch das Eretz Israel Museum bevor wir gegen 20h wieder in die Unterkunft zurück kommen.

Tausende Gläubige erweisen dem Rabbi Avraham Erlanger die Ehre bei seinem Begräbnis, Jerusalem, 11. Oktober 2021 -World Press Photo Award Fotoausstellung im Eretz Israel Museum
Rechtsextreme Aktivisten schlagen eine ältere palästinensische Frau während der Flaggenparade am Jerusalemtag (im muslimischen Viertel in Jerusalem am 29.05.2022) – World Press Photo Award Fotoausstellung im Eretz Israel Museum

Hier treffe ich wieder Marco, den Costa Ricaner, der hier mit seinen Kollegen das Wochenende bleibt und wir verbringen gemeinsam den Abend.

13.01. Marco begleitet mich heute noch bis zur Zugstation wo wir uns verabschieden. Nach ca. einer halben Stunde erreiche ich von Tel Aviv wieder Jerusalem und angetan von dieser Stadt bleibe ich noch eine Nacht in Jerusalem – heute beginnt ja wieder Shabbat!

Ich lasse den Rucksack im Abraham Hostel und erkundige den Shuk, den Mahane Yehuda Markt in Jerusalem. Speziell an einem Freitag ist hier sehr viel los und die Leute genießen noch die Leckerbissen bevor um ca. 15h die Rollläden fallen.

Im Mahane Yehuda Markt in Jerusalem – der Shabbat naht

Da ich erst um 14h einchecken kann besuche ich auch noch das Stadtviertel Mea Shearim, das hauptsächlich von ultraorthodoxen Juden bewohnt wird. Es ist eines der ältesten Stadtviertel Jerusalems außerhalb der Altstadt.

Ultraorthodoxer Jude in den Straßen von Mea Shearim – einem Stadtteil von Jerusalem
Ultraorthodoxe Juden in den Straßen von Mea Shearim – einem Stadtteil von Jerusalem
Zwei ultraorthodoxe Juden in ihren traditionellen Gewändern in den Straßen von Mea Shearim – einem Stadtteil von Jerusalem

Sobald Du die Straßen dieses Stadtteils betritts findest Du Dich in einer anderen Welt wieder. Überall die Männer mit ihren schwarzen Gewändern, Hüten und Locken von der Schläfe… Ich lerne hier einen Friseur kennen, der gut Englisch spricht und mir Kuchen und Wein anbietet. Ich setze mich und wir haben ein nettes Gespräch miteinander. Allerdings kommt kurz darauf ein junger orthodoxer Jude aus New York in das Geschäft und meint auf Englisch, dass er einen Haarschnitt wolle.

Haarschnitt in Mea Shearim – es sollte noch Probleme geben…

Es war von Anfang an eine eher ständig herausfordernde Kommunikation und Angelegenheit und als der Friseur versehentlich ein paar von den langen Locken des jungen Mannes erwischt ist es vorbei mit lustig. Der junge Mann springt unverrichteter Dinge plötzlich auf und beendet so den Haarschnitt. Ohne zu bezahlen droht er dem Friseur auch noch, dass er veranlassen werde, dass er seinen Friseurbetrieb schließen müsse. Also hier zeigt sich schon einmal wie wichtig den ultraorthodoxen Juden ihre Schläfenlocken sind. Nach ca. 15 Minuten beruhigt sich das ganze doch wieder und der Junge zieht, ohne zu bezahlen, von dannen.

Um ca. 14h gehe ich dann ins Hostel zurück, beziehe mein Bett in einem 8-Bettzimmer und gehe noch einmal durch dieses interessante Stadtviertel in Richtung Altstadt. An der Klagemauer beten heute besonders viele Juden und ich bin immer wieder von ihrer Ausübung ihrer Religion fasziniert.

Ultraorthodoxe Juden mit ihren zylinderförmigen Hüten beim Shabbatgebet vor der Klagemauer

Dann gehe ich nochmals auf den Ölberg und genieße den schönen Abend und die Aussicht auf die Altstadt von Jerusalem. Beim Zurückgehen bleibe ich noch einmal kurz vor dem österreichischen Hospiz stehen und beobachte wie die ultraorthodoxen Juden vom Beten an der Klagemauer zurückkommen. Während ich so schaue erkennt mich ein Zivildiener aus Wr. Neustadt wieder, der im österreichischen Hospiz als Kellner arbeitet. Er kann sich noch an meine Geschichte mit der Wanderung erinnern und als ich ihn frage was er hier macht, meint er, er versucht mit einem ultraorthodoxen Juden ins Gespräch zu kommen um zu einem Shabbat Dinner zu einer ultraorthodoxen Familie eingeladen zu werden. Da ich schon am Ölberg etwas gegessen habe hatte ich für heute das schon abgehakt und so verabschieden wir uns wieder. Am Rückweg komme ich noch einmal beim Mea Shearim mit den ultraorthodoxen Juden vorbei und irgendwie geht mir diese Idee einfach jemanden zu fragen ob man bei einem Shabbat Dinner dabei sein kann nicht mehr aus dem Kopf. Ich gehe in das Stadtteil hinein und ein älterer Mann wünscht mir – Shabbat Shalom! Ich versuche mit ihm Englisch zu reden, doch er spricht nur Hebräisch und verabschiedet sich wieder in dem er weitergeht. Keine Minute später steht er mit einem zweiten Mann vor mir auf der Straße und er deutet mir, dass sein Freund Englisch spreche. Ebenfalls eine honorige Person mit schwarzem Tuch und Zylinderhut und er fragt mich woher ich komme, etc und fragt mich ob ich schon Pläne für diesen Abend hätte. Den Rest könnt ihr euch jetzt schon denken… Ich habe unglaubliches Glück und David, so heißt der Mann ca. in meinem Alter, lädt mich ein mit ihm nach Hause zu gehen und dort mit einem Teil seiner Familie den Shabbat Dinner zu verbringen. Dies ist ein derartiges Erlebnis, das ich hier separat beschreiben möchte.

Shabbat Dinner in Jerusalem: Beim Betreten des Hauses ist bereits die Familie versammelt und die Kerzen auf der Menora, einem 9-armigen Kerzenständer, sind bereits angezündet. Das macht immer die Frau wie mir David versichert. Zuerst begrüßen mich doch eher überraschte Gesichter doch als David ihnen auf Jiddisch von mir und meiner Wanderung erzählt lockert sich die Stimmung schnell und wir haben einen wunderschönen gemeinsamen Abend. David hat 14 Kinder und über 60 Enkelkinder und nur ein kleiner Teil ist heute bei ihm zu Gast. Wir sind aber doch so an die 15 Leute und auch Jakob, sein 9-ältester Sohn ist mit dabei. Ich nehme neben David Platz und die Festlichkeiten beginnen mit einem Gebet, das David führt und Jakob hilft ihm dabei. Die Frauen und Kinder verlassen beim Beten den Raum. Ich als Mann darf dem Gebet weiter beiwohnen… Es ist auch der Tag seine Kinder zu segnen und so verneigen sich drei Söhne vor ihm. Er berührt ihre zylinderförmigen Hüte und gibt ihnen den Segen. Während des Gebets verteilt David dann Süßigkeiten und Schlecker an die Kinder und an den Gesprächen merkt man welche Autorität David in der Familie innehat. Dann wird mit einem Becher Traubensaft der dinner begonnen. Normalerweise sollte es Wein sein, es geht aber auch mit Traubensaft. Es muß ein Getränk sein, das von der Traube hergestellt wird. Es folgt selbstgebackenes Brot, das David vor sich unter eine Decke nimmt, und ebenfalls ein Gebet ausspricht. Dann nimmt er die Decke vom Brot, zerschneidet es und verteilt es unter der Familie. Das Brot ist hausgebacken und noch warm, wunderbar. Die Frauen und kleinen Mädchen bringen dann verschiedene Aufstriche und Salate und verrichten auch das Abräumen. Die Aufgaben sind blitzklar verteilt: Das Gebet übernehmen die Männer, sprich David und sein Sohn Jakob, den Rest mit Essen auftragen, abräumen ist klare Frauensache. Selbst der 5-jahrige Aron, der neben mir Platz nimmt, beteiligt sich nicht an den Essensangelegenheiten, die Aufgaben werden wohl von klein auf festgelegt. Dann bekommen wir drei verschiedene Fischsorten, eine selbstgemachte Hühnersuppe, Rindfleisch und zum Dessert noch eine Orangensüssigkeit. David erklärt mir, dass in diesem Stadtteil die Hauptsprache Jiddisch sei, dann wird auch noch Hebräisch in der Schule unterrichtet. Englisch kommt erst danach und so spricht ausser David niemand wirklich Englisch. Als sie untereinander Jiddisch sprechen erkenne ich immer wieder deutsche Wörter und so versuche ich es mit Jakob auf Deutsch und die Kommunikation funktioniert einigermaßen. Das Jiddisch ist dem Deutschen ziemlich ähnlich, auch wieder was gelernt… David erklärt mir auch noch, dass die Zylinderhüte ursprünglich aus Polen kommen und aus dem Fell vom Zobel gemacht werden. Hier werden sie weiter getragen. Und es steht in der Thora, der heiligen Schrift der Juden, geschrieben, dass sie an den Schläfen Locken haben müssen. Sobald die Frauen geheiratet haben, müssen sie ihre Haare mit einem Kopftuch bedecken. Nur wenn sie mit ihrem Mann alleine ist, darf sie es abnehmen. Und es gibt jede Menge Sachen, die nicht erlaubt sind während des Shabbats. Zum Beispiel Feuermachen oder Kerzen ausblasen, sie werden übernacht ausbrennen. Auch gilt Handy- und TV Verbot weil der elektronische Funke als Feuermachen interpretiert wird, somit natürlich auch klares Fotografierverbot. Dasselbe gilt für Lichtanmachen oder Autofahren, beim Starten des Motors entsteht ja auch ein Funke. Vom Zeitpunkt des Sonnenuntergangs am Freitag bis zum Shabbat Dinner ist es Ihnen nicht erlaubt etwas zu essen oder zu trinken. Der Shabbat dauert von Freitag ca. 16h bis Samstag ca. 18h. Es soll während dieser Zeit auch nicht gearbeitet werden sondern diese Zeit dient ausschließlich der Erholung und dem Gedanken, etc… Beim abschließenden Gebet schließt er mich auch mit ein, segnet mich und meine Familie und wünscht mir eine gute und sichere Heimkehr. Als wir uns verabschieden meint David, dass ich jederzeit gerne wieder zu einem Shabbat Dinner bei ihm und seiner Familie eingeladen bin. Als ich ihn frage wie wir die Kontakte am besten austauschen, war natürlich an ein Handy nicht zu denken. So meinte ich, ich könnte mir doch seine Nummer oder Email Adresse auf einen Zettel aufschreiben, auch das ist nicht erlaubt… So sagte er mir seine Email Adresse und meinte, ich müsse sie mir einfach merken. Gesagt, getan.. Nach ca. 10 Mal laut sagen hatte ich die Email Adresse intus und als wir uns verabschiedet hatten, habe ich sie mir dann draußen vor der Haustür ins Handy eingetragen. Als ich dann den Weg nach Hause mit dem Handy suche, erinnert mich ein Junge, dass Handyverbot herrscht. In diesem Stadtteil werden die Regeln streng gehalten. Summa summarum ist es schon auffällig wie sehr die Männer in diesen Familien das Sagen haben, zumindest war es in dieser so. Die Frauen verrichten die Arbeit, die Männer konzentrieren sich auf die Thora. Wobei David schon auch noch einen Betrieb mit Angestellten hat, es gibt also auch Ausnahmen. Für mich war das sicher das beeindruckendste Erlebnis hier in Israel und man konnte wohl auch meine Freude in meinem Gesicht darüber erkennen.

Das Zuhause von David – im ersten Stock seines Hauses gab es den Shabbat Dinner – vielen Dank!!!

Gesamtkilometerca. 5.060

Fazit: Israel hat definitiv noch mehr zu bieten als Jerusalem. Speziell die Hafenstadt Haifa gefiel mir besonders gut, sehr grün und interessante Stadtviertel. Wer einen Freitag in Jerusalem verbringt empfehle ich wärmstens irgendwie eine Einladung zu einem privaten Shabbat Dinner zu bekommen. Besser kann man die jüdische Religion und Kultur nicht erleben.

Mir persönlich haben die drei Wochen Pause vom Wandern sehr gut getan und so kann ich jetzt gestärkt wieder meine Rückkehr angehen.

PALÄSTINA/ISRAEL – Teil 1 (Jericho – Jerusalem)

19.12. Willkommen in Palästina! Das sagt sich so leicht, ist es aber gar nicht… 1988 in Algier von der PLO (Palästinensischen Befreiungsorganisation) als Staat Palästina ausgerufen, wurde von den Gründern Palästinas das Westjordanland (West Bank), der Gazastreifen und Ostjerusalem als Hauptstadt des Staatsgebietes beansprucht. Heute erkennen 138 Länder den Staat Palästina an, jedoch ist seine Staatlichkeit völkerrechtlich umstritten. Österreich, Deutschland und die Schweiz erkennen Palästina nicht als Staat an, pflegen jedoch diplomatische Beziehungen zu den Vertretern der Palästinensischen Autonomiegebiete.

3 Monatsvisum für Israel – es gilt auch für Palästina bzw. die Palästinensischen Autonomiegebiete

Nach der Ankunft mit dem Bus in Jericho gehe ich in das Stadtzentrum. Ich frage mich zur katholischen Kirche (Good Shepherd Church) durch wo es angeblich möglich sein soll zu übernachten. Während ich mich mit einigen Lehrern vor der Kirche unterhalte, kommt auch schon Pfarrer Mario vorbei und zeigt mir gleich mein Quartier. Es ist ein Schlafsaal mit ca. 10 Betten und ist für mich ganz alleine.

Kaffee mit Palästinensern – in der Stadt Jericho

Jericho liegt ca. 250 Meter unter dem Meeresspiegel und ist damit die tiefstgelegenste Stadt der Welt.

20.12. Nachdem ich gestern irgendetwas falsches gegessen oder getrunken habe fühle ich mich heute nicht besonders fit. So verbringe ich einen ruhigen Tag hier und stärke mich für die letzten Kilometer nach Jerusalem.

21.12. Heute geht es mir wieder weit besser und ich fühle mich wieder völlig gesund. Auf durch die judäische Wüste nach Jerusalem!

Am Stadtrand von Jericho darf natürlich auch ein Jerusalemweg Pickerl nicht fehlen!
Am Weg zum St. Georg Kloster – wenn da der Schritt nicht schneller wird… 🙂

Nach ca. 5 km Fußmarsch erreiche ich das Kloster St. Georg, das von griechisch-orthodoxen Mönchen bewohnt wird.

Kloster St. Georg – es wird von griechisch-orthodoxen Mönchen bewohnt

Heute hat es allerdings geschlossen, ich kann mir aber zumindest meine Wasserflaschen auffüllen für die nächsten Kilometer. Dann geht es weiter bergauf durch ein ausgetrocknetes Flußtal, dem Wadi Qelt, und ich erreiche so um 14h einen Aussichtspunkt.

Canyonlandschaft im Wadi Qelt, einem ausgetrockneten Flußtal
Im Wadi Qelt, einem ausgetrockneten Flußtal

Von hier habe ich einen schönen Blick über die Wüste Juda und auf Jericho. Am Weg zu einem Beduinencamp löse ich mein Versprechen mit einem Friseur in Melk ein.

Er hat mir am Anfang meiner Wanderung in Melk meine Haare geschnitten ohne Geld zu verlangen. Er meinte nur, wenn ich in Palästina angekommen bin, sollte ich den Gegenwert eines Haarschnitts bei ihm jemandem in Palästina geben. Eine ältere Frau, die mir entgegen kam und gerade in ihre ärmliche Behausung ging, schien mir gut zu passen und sie freute sich über das überraschende vorweihnachtliche Geschenk.

Arme Behausungen im Westjordanland

Gegen 16h erreiche ich ein Beduinencamp und gemeinsam mit einer Gruppe aus Frankreich verbringe ich hier eine sehr schöne Nacht.

22.12. Die Uhren gehen in Palästina wieder eine Stunde vor, das bemerke ich erst heute früh beim Frühstück…:-) Dann geht es durch die judäische Wüste in verschiedenen Wadis und unwegsamen Gelände Richtung Jerusalem.

Schafherde mit Hirten – in der judäischen Wüste

Ich treffe einen Jungen auf seinem Esel, der zu mir reitet als er mich sieht. Auf seinem Esel hat er einen Kanister Wasser dabei und er füllt mir wieder meine Wasserflasche nach. Gegen 17h treffe ich dann in einem Vorort von Jerusalem ein und der Verkehr wird wieder mehr. Im Lazarus Guesthouse finde ich eine geeignete Unterkunft und stärke mich am Abend mit Falafel.

23.12. Heute ist es soweit und ich kann es kaum glauben. Nach beinahe 8 Monaten und ca. 5.000 km Wanderung werde ich heute Jerusalem erreichen. Zuerst gehe ich allerdings noch die letzten Kilometer entlang einer ca. 10 Meter hohen Mauer, die das Westjordanland von Jerusalem trennt.

10 Meter hohe Mauer, die das Westjordanland von Jerusalem trennt

Es gibt hier einen Checkpoint, an dem das Gepäck gescannt wird, und wenig später bin ich im östlichen Teil von Jerusalem. Ich gehe auf den Ölberg hinauf und sehe das erste Mal hinab in die Altstadt von Jerusalem – ein Traum wird wahr!

Angekommen – im Hintergrund die Altstadt von Jerusalem
Altstadt von Jerusalem – Blick vom Ölberg

Ich lasse mir Zeit bei der Ankunft und komme beim Grab der Heiligen Maria vorbei. Sie soll hier begraben und auferstanden sein.

Im Grab der Heiligen Maria

Dann tauche ich in die Altstadt ein, komme auch bei der Klagemauer vorbei und erreiche um ca. 14h das Abraham Hostel, meine Unterkunft in Jerusalem.

Gläubige beim Beten – an der Klagemauer in der Altstadt von Jerusalem

Ich werde hier einmal für einige Zeit bleiben und meine Wanderung revue passieren lassen.

Sie haben Ihren Job gut gemacht…

Am späten Nachmittag bekomme ich eine Nachricht von Alexis, einem jesuitischen Priester aus Spanien, der ebenfalls hierher gepilgert ist und schon länger in der Stadt ist. Wir vereinbaren gemeinsam von Jerusalem nach Bethlehem zur Mitternachtsmesse zu gehen. Am Abend durchstreife ich die Altstadt und komme beim österreichischen Hospiz vorbei. Es gibt hier auch das Café Triest, in dem österreichische Zivildiener arbeiten, und das an ein Wiener Kaffeehaus erinnert. Zur Feier des Tages esse ich hier ein Schnitzel und trinke eine Flasche Stiegl Bier. Na dann Prost!

Ein Wienerschnitzel und ein Stiegl Bier – im österreichischen Hospiz in der Altstadt von Jerusalem vergisst man beinahe nicht daheim zu sein:-)

24.12. Heute vormittag erledige ich meine Weihnachtspost, rufe zuhause an und treffe schließlich Birgit, eine deutsche Pilgerin aus München, die ebenfalls mit uns nach Bethlehem geht. Um ca. 15h holen wir dann Alexis und Paulus, einen weiteren Priester aus Westtimor, ab und gehen alle gemeinsam nach Bethlehem. Nachdem dann unsere ‚Navigationsqueen Birgit‘ doch noch ihre Unterkunft in Bethlehem findet…: -) lassen wir uns gute Falafel schmecken und wohnen der Mitternachtsmesse bei.

Weihnachtliche Stimmung in Bethlehem
Mitternachtsmesse in der Geburtskirche Jesu in Bethlehem
Drei Pilger in Bethlehem – mit Jesuitenpriester Alexis aus Spanien und Birgit aus München

Die Messe war wunderschön, großteils in Latein und um ca. 01:30 am Morgen kommen wir wieder aus der Geburtskirche von Jesus heraus. Auch Emmanuel, der französische Pilger aus Paris, mit dem ich in der Türkei eine Weile gemeinsam gegangen bin, ist hier und es gibt ein freudiges Wiedersehen.

Ausgelassene Stimmung nach der Mitternachtsmesse – v.l.n.r: Alexis, Birgit, Paulus (der Priester aus Westtimor) und meine Wenigkeit

Letztlich komme ich mit einem Bus gemeinsam mit Alexis, Paulus und anderen Priestern wieder gut zurück nach Jerusalem. Frohe Weihnachten!!!

25.12. Nach einer kurzen Nacht gehe ich heute wieder in die Altstadt und besuche den Tempelberg, einen der umstrittensten heiligen Orte der Welt. Seit dem 7. Jhdt nach Chr. steht hier der Felsendom, eines der islamischen Hauptheiligtümer und mit seiner goldenen Kuppel das Wahrzeichen der Stadt.

Felsendom am Tempelberg – Wahrzeichen der Stadt Jerusalem

Davor stand hier der herodianische Tempel, ein Nachfolgebau des nachexilischen jüdischen Tempels (2. Tempel, erbaut ca. 515 v. Chr.), der wiederum auf den Fundamenten des salomonischen Tempels (1. Tempel, erbaut ca. 1000 v. Chr.) errichtet wurde. Der herodianische Tempel, den König Herodes im Jahre 20 v. Chr. erbauen ließ, wurde im jüdischen Krieg im Jahre 70 n. Chr. von den Römern zerstört. Vom Tempel selber ist heute nur mehr die westliche Stützmauer, die sogenannte Klagemauer, vorhanden. Die Klagemauer gilt heute als wichtigste heilige Stätte des Judentums.

Neben dem Felsendom befindet sich die Al-Aksa Moschee, die drittwichtigste Moschee im Islam.

Al-Aksa Moschee am Tempelberg – drittwichtigste Moschee im Islam
Ausgangstor am Tempelberg – Eintritt hier nur für Muslime
Grabeskirche von Jesus – in der Altstadt von Jerusalem – hier löste ich weitere Versprechen ein
Damaskustor – Eingang zum muslimischen Viertel der Altstadt von Jerusalem

In der Altstadt von Jerusalem gibt es übrigens ein muslimisches, ein jüdisches, ein christliches und ein armenisches Viertel und es macht Spaß sich in den engen Gassen zu verlieren.

Dann besuche ich noch einmal das österreichische Hospiz, trinke guten Meinl Kaffee und telefoniere mit Muttern.

Weihnachtsbaum im österreichischen Hospiz
Blick auf die Altstadt von Jerusalem – von der Dachterrasse des österreichischen Hospiz

Am Abend lerne ich Marco aus Costa Rica kennen. Er schläft im gleichen Zimmer wie ich und er fragt mich, ob ich ihm helfe einige Gepäckstücke von seiner Freundin von einem anderen Hotel in unsere Unterkunft zu bringen.

Nach getaner Tat lassen wir uns im Hostel eine gute Suppe schmecken und gehen früh schlafen.

26.12. Heute regnet es und ich verbringe den Vormittag damit meine Wäsche zu waschen und zu trocknen. Marco und ich holen uns dann noch einmal eine Suppe, die wir gemeinsam mit seiner Freundin essen. Den Nachmittag verbringe ich heute großteils im Bett, sichere Fotos auf meine zwei USB Sticks ab und schreibe diesen Bericht. Es ist gerade ein Gewitter draußen, bei dem Wetter versäumt man nichts.

Ruhetag in Jerusalem

27.12. Gemeinsam mit Marco durchstreife ich heute den Shuk (Mahane Yehuda Markt), der nur ca. 5 Gehminuten von unserer Unterkunft entfernt liegt. Mehr als 250 Verkäufer des Marktes verkaufen hier frisches Obst und Gemüse, Fisch, Fleisch, Käse und Gewürze, etc…

Mit Marco am Shuk, dem Mahane Yehuda Markt in Jerusalem
Schokoladen Rugelach – eine israelische Spezialität am Shuk

Am Rückweg entdecken wir einen Campingladen, wo ich eine passende Gaskartusche, eine warme Haube und zwei Paar neue Merinosocken kaufe. Auch hier in Jerusalem sind die Temperaturen gefallen und vor allem nachts wird es hier auch schon empfindlich kalt.

Am Nachmittag ruft mich Alexis an ob ich die nächsten Tage zum Jesus Trail im Norden des Landes mitkommen möchte. Ich lehne allerdings dankend ab. Es ist einfach zu früh für mich und ich brauche noch mehr Zeit für diese Stadt. Wir vereinbaren allerdings noch ein gemeinsames Treffen für morgen Abend.

28.12. Das Frühstück hier im Abraham Hostel ist wirklich ein Highlight. Es gibt hier levantinische Speisen, Müslis, verschiedene Aufstriche, etc. Es trifft sich hier quasi die ganze Welt und es ergeben sich immer wieder interessante und lustige Gespräche. Heute beginne ich mir die Altstadt etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Blick auf die Klagemauer und dem dahinter liegenden Tempelberg

Vom Jaffa Tor, eines der 8 Tore in der Stadtmauer der Jerusalemer Altstadt, erkunde ich das armenische Viertel und im Anschluss daran den Berg Zion, der außerhalb der Altstadtmauer liegt.

Kinder am Davidgrab am Berg Zion
Saal des Letzten Abendmahls – am Berg Zion
Grab von Oskar Schindler – auf dem katholischen Friedhof am Berg Zion

Im Anschluss daran gelange ich dann in das jüdische Viertel, wo ich die orthodoxe Hurva Synagoge besuche und von oben die Aussicht über die Stadt genieße.

Hurva Synagoge im jüdischen Viertel der Altstadt von Jerusalem
Jüdisches Viertel in der Altstadt von Jerusalem – Blick von der Hurva Synagoge

Am Abend war ich dann noch mit Alexis, dem Pilger aus Spanien, verabredet. Er ist im Päpstlichen Bibelinstitut untergebracht, wo wir um 19h im Haus einer Messe beiwohnen. Gemeinsam mit Paulus und anderen Priestern essen wir nach der Messe Gerstensuppe, Hühnchen mit Kartoffeln und Salat und ein gutes Dessert. Eine bunte Runde aus Priestern aus Nigeria, der Slowakei und den USA. Im Anschluss an das Abendessen unterhalten Alexis und ich uns noch alleine in einem anderen Raum. Wir tauschen unsere Pilgererfahrungen aus und er erzählt mir auch wie sein Leben zuhause aussieht bzw. welche Opfer es auch bedeutet Jesuit zu sein. Persönliches Eigentum ist zB tabu.

29.12. Marco begleitet mich heute früh in die Altstadt und wir entschließen uns spontan die Altstadt auf der umgebenden Mauer zu umrunden. Wir starten die Tour beim Jaffa Tor und genießen immer wieder die verschiedenen Ausblicke auf die Stadt und ihre Umgebung.

Altstadtmauerntour mit Marco – und hier mit zwei britischen Soldaten
Blick auf das Abschalom Grab (links) und das Grab von Zacharias (rechts) im Kidrontal im alten jüdischen Friedhofs am Fuße des Ölberg – beide Grabmäler stammen aus dem 1. Jhdt v. Chr.
Einmal um die Welt – Altstadtmauerntour in Jerusalem

Gegen 14h kommen wir dann wieder beim Jaffa Tor an und stärken uns im muslimischen Viertel mit einem Sandwich und Wasser. Dann schlägt Marco vor zur Klagemauer zu gehen. Dies ist wirklich ein heiliger Ort! Ich schreibe meine Wünsche auf ein kleines Stück Papier und stecke es in die Klagemauer. Ein vorbeikommender Jude, der auch etwas Deutsch spricht, heißt uns willkommen im ‚Zentrum des Universums’…

Jüdisch-orthodoxer Junge beim Gebet vor der Klagemauer

30.12. Heute besuche ich das Holocaust Museum am Fuße des Herzlberges. Es ist derart interessant und gut gemacht, aber gleichzeitig auch derart bedrückend, dass ich bis zur Sperrstunde um 14h nur die Hälfte gesehen habe.

Waiting in line for soup, Przyglowa Ghetto, 1942. Von Jerzy Fuks, einem Insassen in diesem Ghetto. Er starb 1942 im Vernichtungslager Treblinka in Polen. Im Holocaust Museum am Herzlberg
Holocaust Museum am Herzlberg

Um 14h schließt an einem Freitag das Museum, es ist der Beginn von Sabbath, der heilige Tag der Juden. Am Herzlberg befindet sich auch das Grab von Theodor Herzl, der Begründer des modernen politischen Zionismus, das ich im Anschluss an das Holocaust Museum besuche.

Danach versuche ich so um 15h wieder mit der Straßenbahn in die Unterkunft zu fahren, Fehlanzeige! In Jerusalem liegen ab Freitag nachmittag bis Samstag abend alle Verkehrsmittel still und das öffentliche Leben kommt quasi zum Erliegen. So gehe ich dann eben wieder zu Fuß zurück. Um 16h ertönt der Ton, der den Beginn des Sabbath ankündigt. Der Samstag ist im Judentum dazu da um zu sich zu finden und auch um in die Synagoge zu gehen. Den Abend verbringe ich mit Marcito aus Costa Rica und da er kaum Englisch spricht kann ich mein Spanisch wieder ein wenig aufpolieren. Ich merke allerdings auch wie sehr es bereits ‚eingerostet‘ ist…

31.12. Ich gehe noch einmal zum Ölberg, von wo ich auch nach Jerusalem gekommen bin und besuche noch einmal etwas genauer die verschiedenen Stätten.

Kirche aller Nationen – die Stelle, wo Jesus von Judas verraten worden sein soll
Grab von Abschalom, dem Sohn David’s

Im Mariengrab treffe ich noch einmal Emmanuel, den französischen Pilger, und wir haben noch einmal viel Spaß beim Rückblick auf unsere Tour. Am Abend genieße ich den Sonnenuntergang und den Blick auf die Altstadt von Jerusalem.

Blick vom Ölberg auf die Altstadt von Jerusalem

Dabei gehen mir noch die letzten Monate durch den Kopf und bedanke mich, dass soweit alles gut gegangen ist. Auf dass der Rückweg ähnlich gut verläuft. Zurück in der Unterkunft verbringen Marco und ich den Sylvesterabend bei einer Party im Haus, wo ordentlich gefeiert wird. Prosit Neujahr!

Sylvesterabend in Jerusalem – hier mit Marco aus Costa Rica

01.01.2023: Ich fahre heute noch einmal in das Holocaust Museum und schaue mir den zweiten Teil davon an. So zwischendurch erledige ich die Neujahrspost und mache dann um 16h eine Tour durch die unterirdischen Gänge unter der Klagemauer. Dabei kommt man auf das Niveau der alten römischen Straße runter, die um vieles tiefer gelegen ist.

Auf den Spuren der Römer – wir stehen hier auf der Straße der Römerzeit, die um vieles tiefer lag – bei der Klagemauer Tunneltour

An der Klagemauer telefoniere ich dann mit Muttern bevor ich mir im österreichischen Hospiz noch einmal gutes Essen und Trinken gönne (Lasagne, Salat und ein Stiegl Bier), quasi mein Neujahrsessen.

02.01. Wer immer auch den Tempelberg besichtigen will, muß früh aus den Federn raus. Für Nichtmuslime ist er nur von 07:00 bis 10:30 geöffnet und so finde ich mich gegen 9h beim Einlass ein. Es wird natürlich auch hier streng kontrolliert.

Tempelberg in Jerusalem

Ich mag es solche Orte immer ein zweites Mal zu erleben, da man immer wieder was Neues entdecken kann und es jedes Mal anders erlebt. Im Anschluss daran gehe ich dann noch einmal die 14 Stationen der Via Dolorosa ab.

Grabeskirche – der Ort wo Jesus gekreuzigt und begraben worden sein soll

Die Via Dolorosa ist wohl die bekannteste Straße in Jerusalem und bezeichnet den Leidensweg von Jesus Christus. Sie beginnt am Löwentor, in der Nähe wo Jesus zum Tode verurteilt wurde und endet nach ca. 600 Metern in der Grabeskirche, wo Jesus gekreuzigt und begraben worden sein soll. Quasi jeder Jerusalem Tourist geht einmal diesen Weg ab, dementsprechend wimmelt es hier von Touristen. Schon alleine dass die Grabeskirche im Besitz von sechs verschiedenen Konfessionen des Christentums ist, zeigt wie sehr dieser Ort ‚beansprucht‘ wird. Die Schlüssel für die Kirche haben übrigens zwei muslimische Familien, die jeden Tag abwechselnd die Kirche öffnen und schließen…

Gewohntes Bild in der Altstadt von Jerusalem

03.01. Nach einem ausgiebigen Frühstück starte ich den heutigen Tag mit einer Busfahrt zum Berg Scopus wo sich die hebräische Universität befindet. Alles streng abgeriegelt aber man darf dann doch durch das Gelände gehen. Nach einer weiteren halben Stunde erreiche ich dann wieder den Ölberg. Heute habe ich mir vorgenommen zwei russische Kirchen bzw Klöster zu besuchen weil die nur jeweils Dienstag und Donnerstag vormittags offen haben.

Russisches Frauenkloster am Ölberg
Friedhof im russischen Frauenkloster am Ölberg
Netter Mönch aus der Ukraine – im russischen Frauenkloster am Ölberg

Zuerst besuche ich das russische Frauenkloster am Ölberg und danach die Maria Magdalena Kirche, in der es ebenfalls ein Frauenkloster gibt. Beides sehr interessant.

Russisch orthodoxe Maria Magdalena Kirche am Fuße des Ölbergs
Alles muss auch wieder schön sauber sein – in der Maria Magdalena Kirche

Die Mittagszeit verbringe ich im Garten des österreichischen Hospiz und erhole mich von dem Fußmarsch.

Im Garten des österreichischen Hospiz lässt es sich gut ausruhen…

Danach schaue ich mir dann auch noch das Israel Museum an und komme gegen 19h wieder in die Unterkunft zurück.

Menschlich geformte Särge aus Keramik aus dem 13. Jhdt. v. Chr., gefunden in der Küstenregion des Toten Meeres – im Israel Museum in Jerusalem

Knesset (Parlament) in Jerusalem, der offiziellen Hauptstadt von Israel – in der Nähe des Israel Museums

04.01. Heute ist einmal Ruhetag angesagt. Beim Frühstück unterhalte ich mich lange mit Georg aus Karlsruhe über die jüdische Religion, den Sabbath, usw… Es darf nichts Neues geschehen am Sabbath, versichert er mir. Handyverbot, TV Verbot, etc… Naja, würde einigen von uns ebenfalls gut tun, denke ich mir… 🙂 Am Vormittag erledige ich dann einige Telefonate mit zuhause, alles bestens. Ich durchstreife noch einmal das jüdische Viertel in der Neustadt und den Markt.

Im Mahane Yehuda Markt von Jerusalem

Um 15h holt mich dann Sarel ab und wir fahren mit seinem Auto Mittagessen und wir lassen uns Kibbeh, Humus, Foul und Fladenbrot schmecken.

Mit Sarel beim Kibbehessen…
Auch die Knafeh schmeckten hervorragend…

Sarel und ich haben uns vor ca. 6 Jahren in Myanmar kennengelernt und es gibt ein freudiges Wiedersehen. Interessant seine Schilderungen während seines 3-jährigen Militärdienstes im Gazastreifen, etc… Er lebt jetzt mit seiner Frau in einem kleinen Dorf im Westjordanland und gibt mir noch einige Tipps mit auf den Weg für den Shvil, den Israelischen National Wanderweg. Vielen Dank Sarel!

05.01. Heute ist mein letzter Tag in Jerusalem und ich verabschiede mich von den Plätzen, die mir besonders gut gefallen haben. Dazu gehören der Tempelberg, die Klagemauer, der Ölberg, das jüdische Viertel und letztlich gute Kasnocken und ein Bierchen im österreichischen Hospiz im muslimischen Viertel.

Den Abend verbringe ich mit Georg und Jana im Abraham Hostel an der Bar. Wir haben viel Spaß gemeinsam und Georg und ich vereinbaren ein Georg Treffen wenn ich wieder zurück bin.

Mit Jana und Georg im Abraham Hostel

Gesamtkilometerca. 5.060

Fazit: Jerusalem ist einzigartig und faszinierend zugleich. Schon beim ersten Blick auf die Altstadt vom Ölberg war ich von der Schönheit dieser Stadt begeistert und in den Bann gezogen. Es ist wunderschön sich in der Altstadt zu verlieren und den verschiedenen Religionen auf engstem Raum beim Praktizieren ihrer jeweiligen Religion beizuwohnen. Das hohe Preisniveau ist natürlich schon sehr gewöhnungsbedürftig im Vergleich zu den meisten vorherigen Ländern. Aber die vielfältige und interessante Kultur entschädigt dafür. Für mich war es auch ein Ankommen, ein Verweilen und ich verbrachte die Zeit auch mit einem Rückspiegel auf die vergangenen 8 Monate. Ich werde nun noch ca. 1 Woche eine kleine Runde Richtung Norden und Küste machen (Haifa und Tel Aviv) bevor meine Wanderung Richtung Negev Wüste weitergeht. Toda (Danke)!

JORDANIEN – Teil 1 (Amman – Ar-Ramtha – Jerash – Amman – Madaba – Totes Meer (Swemeh))

04.12. Da Syrien leider weiterhin nicht bereisbar ist, fliege ich von Antakya (Türkei) via Ryad (Saudi Arabien) nach Amman, der Hauptstadt von Jordanien. Beim Landeanflug auf Ryad ist schön die arabische Wüste zu sehen. Nach einem kurzen Aufenthalt am Flughafen von Ryad geht es dann nach Amman.

Am Flughafen von Ryad, Saudi Arabien

Hier wartet bereits der lustige Taxifahrer Waleed vom Wanderers (Battuta) Hostel auf mich. Er bringt mich gegen 22h gut in die Unterkunft, in der ich hier die nächsten Tage verbringen werde. Ich werde freundlich empfangen und bekomme ein Bett im 4 Bett Zimmer zugeteilt, in dem ich derzeit alleine bin. Ich schlafe früh ein.

05.12. Was weiß ich eigentlich schon über Jordanien? Nicht wirklich viel… Dass es ein Königreich ist und als eines der stabileren und sicheren Länder im Nahen Osten gilt. Sonst ist es wieder völliges Neuland für mich. Die Sprache (Arabisch), die Leute und deren Mentalität und auch das Essen. So brauche ich tatsächlich ein wenig mich hier einzugewöhnen. Gebt mir ein paar Tage Zeit ihr Araber, dann gehöre ich euch…:-) Auch das Preisniveau ist für mich nach der Türkei wieder etwas gewöhnungsbedürftig. Am Morgen bereitet mir Hamdi, ein Syrer aus Aleppo, ein Frühstück auf der Terrasse zu.

Hamdi, der Syrer aus Aleppo, reicht mir das Frühstück. Es gibt Fatteh, ein beliebtes levantinisches Frühstückgericht mit gerösteten Brotstücken, Joghurt, Kichererbsen, Knoblauch, etc… – auch in Damaskus, Syrien ein beliebtes Frühstück, wie er mir wissen lässt

Er ist bereits 10 Jahre hier und schickt regelmäßig das Geld, das er hier verdient, an seine Eltern und seine Familie nach Hause. Zurück kann er nicht, da er sofort zur Armee eingezogen werden würde. Alles was er sich wünscht ist einmal seine einjährige Nichte umarmen zu können, sehr berührend solche Gespräche und Begegnungen.

Ibrahim vom Hostel gibt mir dann eine SIM Karte von der Firma Umniah, mit der ich im ganzen Land zurecht kommen sollte. Im Anschluss daran erkundige ich ein wenig die Stadt und besichtige das römische Theater und die Zitadelle, alles Zeugnisse einer wirklich alten Stadt.

Römisches Theater in Amman
Mit Jordaniern im römischen Theater
Jungs beim Fußballspiel vor dem Herkulestempel – auf der Zitadelle von Amman
Blick auf die Stadt und das römische Theater – von der Zitadelle in Amman

Als erstes fällt mir auf, dass die Stadt sehr hügelig ist und es immer irgendwie auf oder ab geht. Sehr schönes Markttreiben im Markt neben der Husseini Moschee.

Am Markt neben der Husseini Moschee
Datteln gehören hier zum täglichen Essen – hier am Markt neben der Husseini Moschee

Es leben hier viele geflüchtete Palästinenser, Syrer und auch Ägypter, ein buntes Völkergemisch also.

06.12. Zum Frühstück gibt es heute Fladenbrot mit Humus und Foul, ein warmes Bohnengericht. Dann erkunde ich heute die andere Seite der 2 Millionen Einwohnerstadt rund um die Abdullah I Moschee, die vor allem mit ihrer blauen Kuppel auffällt.

König Abdullah Moschee in Amman – bis 2006 Nationalmoschee des Landes

Ich esse zumittag Falafel, trinke arabischen Tee und schaue mir dann im Anschluss auch noch das Museum of Fine Arts an.

‚Immigration‘ – im Museum of Fine Arts
‚Verschleierte Frauen‘ – im Museum of Fine Arts

Den Abend verbringe ich in einem Shishacafe und wir schauen uns alle das Fußballspiel Marokko gegen Spanien an. Die Jordanier stehen hinter Marokko als wäre es ihr eigenes Land und dementsprechend wird auch der Sieg im Elfmeterschießen gefeiert.

07.12. Nachdem mir ja am Flughafen meine Gaskartusche abgenommen wurde, versuche ich heute mein Glück im Markt in der Nähe der Husseini Moschee.

Der Koran, heiliges Buch der Moslems – hier in der Husseini Moschee im Zentrum Ammans

Allerdings ohne Erfolg, da hier welche mit einem Drehgewinde nur in riesiger Größe erhältlich ist. Es gibt sie in Jordanien nicht kleiner und so warte ich damit wenn ich nach Israel kommen werde.

Rainbow Street – eine der Hauptstraßen in Amman

Zumittag esse ich im ‚Restaurant Jerusalem‘ Mansaf, das Nationalgericht Jordaniens. Es ist ein arabisches Gericht und besteht hauptsächlich aus Reis und Lammfleisch. Dann telefoniere ich wieder einmal mit meiner Mutter, es stehen einige Entscheidungen an.

Arabischer Kaffee wird direkt über der Flamme zubereitet

Den Nachmittag gehe ich dann noch zur Abu Darwish Moschee und zu einer armenischen Kirche von wo man einen sehr schönen Blick auf die Stadt hat.

Steile Stiegen – ein ewiges Auf und ab in Amman

Den Abend verbringe ich wieder einmal in der Unterkunft wo ich hier gerade die letzten Ereignisse niederschreibe.

08.12. Am Morgen frühstücke ich noch einmal auf der Terrasse des Hostels.

Blick auf den modernen Stadtteil von Amman mit der König Abdullah Moschee – von der Terrasse des Hauses aus

Ludwig, ein Deutscher aus München, ist gerade aus Israel zurückgekommen und gibt mir einen ersten Eindruck von diesem Land. Danach besuche ich noch das Jordan Museum und sitze gerade im Jerusalem Restaurant bei Kaffee und Wasser.

Landesflagge von Jordanien – im Jordan Museum

Ich werde heute noch einen geruhsamen restlichen Tag in Amman verbringen. Da an einem Freitag hier in Jordanien so gut wie keine Busse gehen werde ich morgen versuchen mit einem ’shared taxi‘ nach Ar-Ramtha an der syrisch-jordanischen Grenze zu kommen. Ich werde dort eine Nacht bei Salaheldin verbringen bevor meine Wanderung dann wieder Richtung Jerusalem weitergeht.

09.12. Als Frühstück wollte ich heute einen Kaffee trinken gehen, allerdings Fehlanzeige. In Jordanien ist an einem Freitag so gut wie alles geschlossen. Andere Länder, andere Sitten. So kaufe ich mir ein paar Kekse in der Bäckerei und trinke Tee im Battuta Hostel. Anschließend bringt mich ein Taxi für ein paar jordanische Dinar (JD) zur Tabarbour Busstation (1 JD = 1,33€). Ich habe Glück und bin der vierte Mann in einem Auto, das nach Ramtha fährt. Die ca. einstündige Fahrt kostet 3 JD und ich erreiche bereits um ca. 11h vormittags Ramtha, die Stadt an der Grenze zu Syrien. Und als ich mich so umsehe rufen mir zwei Männer zu. Der eine ist Nawwaf, ein Jordanier aus Ramtha und handelt mit Benzin, der andere ist Mohanad, ein Syrer aus Damaskus, und verdient sein Geld mit Taxifahrten und der Ein- und Ausfuhr von diversen Gütern und Geräten zwischen Jordanien und Syrien.

V.l.n.r.: Nawaaf, Mohanad und meine Wenigkeit

So komme ich nun doch noch zu meinen Kaffee und Mohanad bringt mich dann mit seinem Taxi auch noch zur Grenze nach Syrien. Von hier geht nun also meine Wanderung weiter Richtung Süden von Jordanien und nach Jerusalem.

Geschlossene Grenze zwischen Jordanien und Syrien

Nach ca. 4 km bin ich wieder in Ramtha und ich werde sehr herzlich bei Salaheldin und seiner Familie aufgenommen. Ayoub, sein Vater, spricht auch ein wenig Englisch und so können wir uns alle gut verständigen. Wir verbringen den Nachmittag beim Plaudern, Essen und Kaffee trinken und ich erfahre von Salaheldin sehr viel über sein Land und die gesamte Nahost Region. Es ist alles sehr verwoben hier, die vielen politischen Verstrickungen und wer mit wem sympathisiert. Letztlich sei alles ’shouraba‘, wie eine Suppe… 🙂

Salaheldin mit seinem Sohn Said (auf Deutsch: Schwert) – das Gericht mit Reis und Huhn nennt sich ‚Upside-down‘ weil es aus einer Pfanne heraus gestürzt wird und so die Unterseite oben zu liegen kommt

Letztlich kommt auch noch sein Bruder Baha’a vorbei. Es ist ein reiner Männer Haushalt und gemeinsam mit Saif, dem Sohn von Salaheldin, schauen wir am Abend auch noch Fußball aus Quatar.

Baha’a, Bruder von Salaheldin, und sein Vater Ayoub

10.12. Frühmorgens, als Saif noch neben mir schläft, stehe ich auf und frühstücke gemeinsam mit Ayoub. Es war eine sehr schöne Begegnung mit ihm und seiner Familie. Zumittag erreiche ich die Ortschaft Al Husun wo ich um einen halben JD einen Falafelsandwich esse. Der Norden von Jordanien ist sehr hügelig, es geht viel rauf und runter. Die Häuser sind meistens weiß gefärbt und ohne Dach, der arabische Stil also. So erreiche ich dann so gegen 15h die Ortschaft Kitim. Zwei Männer sitzen vor ihrem Haus und einer ruft mir zu, ich solle doch auf einen Tee zu ihnen reinkommen. Ich nehme die Einladung natürlich gerne an und letztlich bekomme ich auch noch Hühnchen mit Fladenbrot zum Essen. Die zwei Männer sind Abid Arahim und sein Bruder. Dem noch nicht genug bietet mir Abid Arahim an bei ihm im seinem Haus zu übernachten. Da ich ohnehin keine fixe Unterkunft in Aussicht habe und es bereits später Nachmittag wird, nehme ich auch diese Einladung gerne an.

Abid Arahim, ein liebenswerter Jordanier, bietet mir an bei ihm in seinem Haus zu übernachten

Er erzählt mir, dass er beruflich als Soldat die Grenze zu Israel abgesichert hat und jetzt im Ruhestand mit seiner Familie und seinen sechs Kindern hier lebt. Am Abend schaue ich mir gemeinsam mit seinem Sohn und anderen jungen Jordaniern in einem Kaffee das Fußballspiel Marokko gegen Portugal an, das Marokko sehr zur Freude der Einheimischen 1:0 gewinnt. Marokko steht damit im Semifinale – Gratulation!

11.12. Abid Arahim ist ebenfalls wie ich früh auf den Beinen und richtet mir ein gutes Frühstück mit Eierspeise, Fladenbrot, Oliven und selbstgemachten Traubenmarmelade her. Dazu gibt es jordanische Tee, der mit Minze zubereitet wird. Danach verabschieden wir uns beide, es war auch dies eine sehr herzliche Begegnung. In der Ortschaft Kafr Khal esse ich wieder Falafel mit Humus und Fladenbrot bevor ich die letzten Kilometer in die historische Stadt Jerash gehe.

Neugierige Ziegen am Weg nach Jerash
Kinder nach der Ortschaft Kafr Khal
Die Ortschaft Camp Souf am Weg nach Jerash. Es ist ein ehemaliges palästinensisches Flüchtlingslager. Die Palästinenser, die hier nach der ersten Intifada 1987 hierher kamen, bekamen jordanische Pässe und sind den Jordaniern gleich gestellt.

In Jerash finde ich im Ruins Wall Hostel im Norden der Stadt eine sehr gute Unterkunft. Um 8 JD bekomme ich ein Bett in einem 6 Bett Zimmer, das ich heute mit einem Griechen namens Stavros teilen werde. Er arbeitet in London bei Canon und ist hier 10 Tage lang mit einem Mietwagen unterwegs. Es gibt auch wieder einmal eine Dusche und zu Abend esse ich noch meine restlichen Falafel vom Mittagessen.

12.12. Im Markt von Jerash trinke ich heute morgen am Hauptplatz einen Kaffee und lerne Mafiid kennen. Er spricht gut Englisch und hat in vielen TV Filmen bereits mitgespielt. Er erzählt mir viel von seinem Land und der Stadt Jerash.

Mafiid – quasi der ‚James Bond‘ von Jerash

Der heutige Tag ist allerdings dem Besuch der antiken Stadt Gerasa, dem heutigen Jerash gewidmet. Sie wird auch die Stadt der 1.000 Säulen genannt und wurde im 4. Jhdt vor Chr. von keinem Geringeren als Alexander dem Großen, dem König aus Makedonien, gegründet. Die Stadt erfuhr während der Römerzeit ihre Blütezeit bevor im Jahre 749 n. Chr. ein schweres Erdbeben die Stadt stark zerstörte und den Untergang einleitete. Heute sind noch viele Teile der Stadt gut erhalten, wie die zwei Amphitheater, der Zeus und der Artemis Tempel und vieles mehr.

Säulen vom Zeus Tempel
Blick auf die antike Stadt Gerasa, dem heutigen Jerash
Die Hauptstraße im antiken Gerasa
Artemis Tempel im antiken Gerasa
Ein Schmied bei der Arbeit – in der Stadt Jerash
In den Straßen von Jerash – das Kamelfleisch kommt frisch… vom Kamel…

13.12. Kurze Zusammenfassung von dem was mir so in den letzten Tagen auf meinem Spaziergang nach Jerusalem aufgefallen ist hier in Jordanien. Es gibt hier viel weniger Hunde als in all den anderen Ländern davor auf meiner Wanderung. Nicht das ich mich aufregen würde, ihr versteht mich… 🙂 wenn gebellt wird, dann nur ein vereinzeltes und völlig harmloses ’sich bemerkbar machen‘. Auch gibt es in den kleineren Ortschaften keine Kaffee- oder Teestuben mit Sitzmöglichkeiten. So sitze ich bei den Pausen meist auf einem Stein oder einer niedrigen Mauer. Oder eben am Boden. Dafür scheint es sich hier, zumindest im Norden des Landes, ein wenig unter den kleinen Jungs eingebürgert zu haben um Geld oder andere Wertgegenstände zu betteln. Auch werfen sie mit Steinen nach mir. Ist es die Armut, andere Mentalität oder andere Einstellung zu ‚Fremden‘, vielleicht eine Mischung davon? Ich kann es noch nicht genau sagen warum das so ist. Die Erwachsenen erscheinen mir von der Gastfreundschaft ebenbürtig mit den Türken. Ich bin heute bereits das dritte Mal privat in einer Unterkunft und wurde auch zum Abendessen eingeladen. Bei privaten Einladungen und Übernachtungen bekommst Du in der Regel die Frau des Hauses nicht zu Gesicht. Das ist einfach so hier.

Allerdings der Reihe nach was heute so geschah. In der Früh trinke ich in der Stadt Jerash Kaffee und esse Gebäck mit Käse bevor ich mich von dieser antiken Stadt verabschiede. Ich hatte gestern wirklich das Gefühl in einer antiken Stadt spazieren zu gehen. Ich war so begeistert, dass ich gestern den ganzen Tag in den antiken Ruinen verbrachte. Heute ging es dann auch wieder viel bergauf und bergab.

Einheimischer mit seinem Esel – zwischen Jerash und Al Kamshah
Am Weg nach Al Kamshah
Schulkinder am Weg nach Al Kamshah – sie wollten vor allem wissen wie ich heisse und woher ich komme…

Es ist ungewöhnlich hügelig hier, und zwar steil hügelig, sodass ich jeden Tag so ganz nebenbei auch viele Höhenmeter ‚genießen‘ kann.

Viel auf und ab im Norden des Landes

Am Abend fragte ich in der Ortschaft Al Kamshah im Supermarkt den Besitzer nach Abou Usama Asahwra. Er soll Pilgern eine einfache Unterkunft geben, wurde mir gesagt. Der Mann deutet auf ein Haus, das steil am Berg oben steht. Als ich dort ankomme, spricht eine Frau durch das Fenstergitter mit mir. Mit ihrem brüchigen Englisch erklärt sie mir, dass sie aus Syrien und Abou Usama gerade nicht hier sei. Letztlich bringen mich ihre drei lieben kleinen Töchter zu Abou Usama, der mir erlaubt bei ihm übernacht zu bleiben. Am Abend bringt mir einer seiner vier Söhne auch noch Falafel mit Humus und Foul, dazu den typisch jordanischen Minztee. Die Gastfreundschaft lebt auch in Jordanien!

14.12. Am Morgen bringt mir wieder derselbe Sohn von Abou Usama ein Frühstück bevor ich mich wieder auf den Weg mache.

Quartier und Frühstück bei Abou Usama – vielen Dank!!!

Zuvor klopfe ich noch bei der Syrerin an und bedanke mich für ihre Hilfe gestern, wieder durch das Fenstergitter, mit einer ‚kleinen Gabe‘.

Am Nachmittag erreiche ich nach viel auf und ab wieder die Hauptstadt Amman wo ich im Battuta Hostel eine Nacht verbringe.

Junges Kamel in den Vororten von Amman
Zurück in der Hauptstadt Amman

Am Abend gehe ich in ein Shishacafe und schaue mir mit den Jordaniern das Fußballspiel WM Halbfinale zwischen Marokko (Maghreb) und Frankreich an. Maghreb wird hier natürlich unterstützt. Nach der 0:2 Niederlage war es allerdings recht ruhig und wir gingen alle schlafen.

Im Shishacafe in Amman – die Stimmung war aufgrund der 0:2 Niederlage Marokkos eher gedämpft

15.12. Da ich heute eine etwas längere Etappe (ca. 37 km) bis Madaba vorhabe, starte ich so um 7h früh, frühstücke am Markt im Stadtzentrum und verlasse im Laufe des Vormittags durch einige Vororte wieder die Hauptstadt. Am Weg nach Madaba reichen mir zwei Jungs Wasser und Orangensaft, eine willkommene Stärkung. Ausserdem gehe ich im Laufe des Nachmittags an drei verschiedenen riesigen gepanzerten Polizeiauto vorbei. Mit einigen rede ich, kann aber nicht wirklich ausmachen was der Grund für diesen Aufmarsch ist. Am Abend komme ich dann gut in Madaba an und quartiere mich um 12 JOD inkl. Frühstück im Pilgrim House ein.

16.12. Madaba ist die Stadt der Mosaiken und dementsprechend auch touristisch recht gut erschlossen. Nach dem Frühstück besuche ich eine Messe in der griechisch-orthodoxen St. Georgs-Kirche.

Griechisch-orthodoxe St. Georgs-Kirche in Madaba
Messe in der St. Georgs-Kirche
Der heiligen Georg höchstpersönlich – in der St. Georgs-Kirche in Madaba

Erst nach der Messe offenbart sich das unter einem Teppich versteckte Bodenmosaik mit Jerusalem und dem heiligen Land.

Bodenmosaik aus der frühen byzantinischen Zeit mit Jerusalem und dem heiligen Land – in der St. Georgs-Kirche in Madaba. Entstanden im 6.Jhdt. n. Chr. ist es die älteste, original erhaltene Landkarte.

Danach gehe ich noch zur katholischen Kirche des heiligen Johannes. Vom Glockenturm hat man einen wunderschönen Blick über die Stadt und der Umgebung.

Aussicht auf Madaba – vom Glockenturm der St. Johannes Kirche in Madaba
Nicht so schlecht die Idee… Gesichtet im Glockenturm der St. Johannes Kirche in Madaba
Männer von Madaba – 1904. In der St. Johannes Kirche von Madaba

Es leben hier viele Christen, sowohl katholische als auch orthodoxe, wie mir Aiman vom Pilgrim House erzählt. Er selbst ist auch ein orthodoxer Christ. Am Nachmittag besuche ich noch einige Museen, in denen es hauptsächlich schöne Mosaike zu bestaunen gibt.

Mosaike im Archäologischen Park von Madaba
Mosaik im Archäologischen Park von Madaba – ganz rechts Aphrodite sitzend, neben ihr Adonis mit einer Lanze in der Hand

Morgen geht es weiter Richtung Berg Nebo und Totes Meer.

18.12. Bei herrlichem Wetter mit bis zu 20 Grad gehe ich heute zum Berg Nebo.

Am Weg zum Berg Nebo

Ab jetzt wird es etwas biblisch, ich warne Euch… 🙂 Also hier vom Berg Nebo soll Moses das Heilige Land gesehen haben, sprich Palästina, das Tote Meer, den Fluss Jordan, der in das Tote Meer mündet, etc…

Kirche am Berg Nebo – von hier soll Moses das Heilige Land erblickt haben

Heute gibt es zumittag einmal Kekse und Tee, auf den ich eingeladen werde. Dann mache ich mich hinunter in die Senke und Wüste, ca. 1.000 Höhenmeter geht es jetzt bergab zum Toten Meer.

Das Tote Meer ist ein Salzsee, der an Isreal, dem Westjordanland und Jordanien grenzt. Dessen Ufer liegen mehr als 400 Meter unter dem Meeresspiegel, dem niedrigsten Punkt auf trockenem Land.

Auf dem Weg zum Toten Meer durchquere ich eine Sand- und Steinwüste und nach ca. 10km kommen mir zwei Burschen mit ihrem Esel und ihren Schafen entgegen.

Zwei Beduinenjungen mit ihrem Esel und der Schafherde
15-jähriger Beduinenjunge

Wir tauschen uns etwas aus, so gut es halt geht, und schließlich gehen wir gemeinsam zu ihnen nach Hause.

Am Weg zu ihrem Nachhause – zuvor wird gerastet damit die Tiere Kraft sammeln können für den bevorstehenden Abstieg auf dem Geröll…
Letztlich schaffen alle den Abstieg spielend

Es sind Beduinen und sie leben das ganze Jahr über in ihren Zelten und den Tieren. Salem, der 50-jährige Vater, heißt mich herzlich willkommen. Wir verstehen uns von Anhieb gut obwohl wir nur wenig von einander verstehen, macht nichts…

Salem (links) mit zwei seiner insgesamt fünf Söhnen und meiner Wenigkeit
Salem hat übrigens zwei Ehefrauen und insgesamt fünf Söhne und drei Töchter. Er sei eben Beduine, meinte er lächelnd… 🙂

So raste ich mich bei ihnen ein wenig aus und schließlich meint Salem, ich solle bei ihnen doch übernacht bleiben. Ich verbringe eine sehr ruhige Nacht mit Salem in seinem Beduinenzelt. Shukran – Danke!

Übernachtung bei Salem im Beduinenzelt

18.12. Frühmorgens höre ich Salem schon auf seinem Gebetstuch beten – Allah akbar, etc… und noch vor Tagesanbruch trinken wir gemeinsam Minztee und essen Fladenbrot mit Olivenöl. Dann verabschiede ich mich von diesen wunderbaren Leuten und erreiche nach einigen anregenden Hundebekanntschaften die Ortschaft Swemeh am Toten Meer.

Hassan, ein syrischer Beduine, lädt mich zum Tee ein – am Weg zum Toten Meer
Ortschaft Swemeh am Toten Meer

Es gibt hier viele völlig überteuerte 4- und 5-Sternhotels sodass ich mich in einem kleinen Lebensmittelladen um eine private Unterkunft erkundige. Nach einem kurzen Telefonat des Besitzers mit einem Freund von ihm bekomme ich eine kleine Wohnung um 25 JD, in der ich vorerst einmal meinen Rucksack abstelle. Dann heißt es heute – Pack die Badehose ein – und schon liege ich auf unter 400 Meter Seehöhe im Salzwasser des Toten Meeres. Und ja, es funktioniert wirklich – ich meine, hier treibt man aufgrund des hohen Salzgehaltes des Wassers an der Wasseroberfläche ohne sich bewegen zu müssen.

Und ja, es funktioniert tatsächlich…

Dem Security Mann eines noblen Hotels gebe ich ein kleines Trinkgeld, dass er auf meine Sachen aufpasst. Er erzählt mir auch, dass gerade König Abdullah II in der Ortschaft ist, das erklärt auch das hohe Polizeiaufgebot. Heute Abend werde ich mir noch das Fussball WM Finale zwischen Argentinien und Frankreich anschauen. Viva Argentina! Hoffentlich 😇

19.12. Das WM Finale gestern Abend war denkbar knapp und ich habe mit den Gauchos mitgefiebert. Da macht man sich ganz schön was mit, was wäre denn da der Weg nach Jerusalem… 🙂

Am Weg zur Grenze nach Palästina besuche ich auch die Stelle wo Jesus getauft worden sein soll. Es ist militärisches Grenzgebiet und ich werde zweimal ermahnt hier nicht zu Fuß zu gehen. Letztlich gelingt es mir unbehelligt hinein und auch wieder hinauszukommen.

Taufstelle von Jesus

In der Nähe der Grenze stärke ich mich mit einer Cola und zwei jordanische Militärs erklären mir, dass es nicht erlaubt sei zu Fuß die Grenze nach Palästina zu überqueren. Nachdem sie meinen Pass inspiziert haben, lassen sie mich zumindest die restlichen zwei bis drei km bis zum Checkpoint gehen. Ich gehe und sie tuckern mir mit ihrem Auto hinter her um sicher zu gehen, dass ich auch beim Checkpoint ankomme. Dann gibt es ab jetzt viel red tape und gemeinsam mit einer Reisegruppe aus Hawaii gelange ich in einem Bus zur palästinensisch/israelischen Grenze. Viele Kontrollen, check-ins, check-outs, auch mit dem Gepäck und nach ca. 2 Stunden ist der Spuk vorbei. Mit einem 3 Monats Visum für Isreal auf einem Stück Papier gehe ich dann von der Busstation in die Stadt Jericho und bin somit in Palästina.

Gesamtkilometerca. 5.005

Fazit: Ich muß gestehen, dass ich etwas brauchte um mich an das Arabische zu gewöhnen. Sobald man von der Hauptstadt Amman in die Dörfer hinauskommt merkt man, dass Jordanien ein armes Land ist. Bei durchschnittlichen Löhnen von ca. 300 USD pro Monat und den relativ hohen Preisen ist das Leben ganz schön schwierig hier. Letztlich waren dann die zwei Wochen in Jordanien gefüllt mit sehr schönen Begegnungen und Einladungen. Die arabische Sprache wäre hoch interessant zu lernen, es reichte bloß die Zeit nicht dafür. So tauche ich jetzt als nächstes in das Heilige Land ein, dem letzten Land auf meinem Weg nach Jerusalem.

TÜRKEI – Teil 6 (Silifke – Mersin – Tarsus – Adana – Iskenderun – Antakya)

14.11. Ruhetag in Silifke! Schon bei der Ankunft hier in dieser Stadt unweit der südtürkischen Küste sind mir die ersten Palmen und ‚Ohrwaschlkakteen‘ aufgefallen. Und vor allem ist es hier an der Küste wieder um ca. 5 bis 10 Grad wärmer als im anatolischen Hochland. Wieder ein Stück näher dem Nahen Osten gekommen.

Heute frühstücke ich gemütlich und schreibe wieder einmal meinen Bericht im Hotelzimmer. Erst gegen Mittag werde ich wieder aktiv und gehe zur Heiligen Thekla Kirche, eine unterirdische Höhlenkirche aus dem 4. Jahrhundert n. Chr.

Im Inneren der unterirdischen Höhlenkirche der Heiligen Thekla aus dem 4. Jahrhundert n. Chr.
Byzantinische Zisternen in der Nähe der Heiligen Thekla Kirche

Der Legende nach verbrachte die heilige Thekla, ursprünglich eine vornehme Jungfrau aus Ikonion, nach ihrer Bekehrung durch den Apostel Paulus und längeren Verfolgungen im 1. Jahrhundert n. Chr. hier in einer Höhle ihren Lebensabend und ist hier auch begraben.

Im Anschluss daran stärke ich mich in der Stadt mit einem Tavuk Tantuni (gefülltes Fladenbrot mit klein zerhacktem Hühner Fleisch) und Wasser. Dann überredet mich der Besitzer dieses Lokals doch auf die Burg zu gehen. Sie sei zwar geschlossen wegen Renovierungsarbeiten aber die Aussicht sei grandios.

Aufstieg zur Festung von Silifke

Recht hat er gehabt und als ich nach einer Umrundung der Burg wieder in die Stadt hinunter gehen wollte, lerne ich zwei Türken kennen. Einer hat 15 Jahre in Krefeld gearbeitet, spricht gut Deutsch und sie bieten mir spontan ein Efes Bier an. So unterhalten wir uns recht lange am Burgberg und verbringen einen schönen gemütlichen Nachmittag da oben.

Blick auf Silifke von der Festung

Dann verabschiede ich mich und gehe wieder zurück in die Stadt. Entlang dem Atatürk Bulvari, der Hauptstraße der Stadt, komme ich gegen Abend wieder in das Hotel zurück. In der Zwischenzeit ist auch meine Wäsche wieder fertig und ich esse am Abend noch eine Mercimek Suppe bevor ich mich in mein Zimmer begebe.

15.11. Nach dem Frühstück verlasse ich so gegen 8h das Hotel und gehe vorerst einmal wieder vorbei an der Ayatekla Kirche Richtung Küste. Ich durchquere das Göksu Delta und lege letztlich nach ca. 20 km eine Mittagspause ein. Entlang der Küste und einer Schnellstraße erreiche ich so gegen 18h die Ortschaft Kizkalesi wo ich mich im Hotel Peyda um 300 TL (exkl. Frühstück) einquartiere.

Nach mehr als 6 Wochen wieder am Meer – hier das Jungfrauenschloss vor der Ortschaft Kizkalesi

Morgen geht es weiter Richtung Mersin und der Provinz Hatay.

16.11. Zum Frühstück gibt es heute das erste Mal Menemen, eine Art türkische Eierspeise mit Tomaten, Paprika und Zwiebeln. Es geht heute weiter entlang der Küste mit vielen Hochhäusern und leerstehenden Hotelanlagen und ich erreiche gegen Abend nach ca. 35 km Arpacbahsis wo ich im VM Resort Unterschlupf finde. Am Abend esse ich noch eine gute Käsepide und beobachte beim anschließenden cay einige Türken beim Kartenspiel mit ungewohnt viel Geld. Auch hier gibt es eben richtige Zocker.

17.11. Nach ca. 20 km erreiche ich heute gegen Nachmittag die ersten Vororte von Mersin. Die Straßen sind gesäumt von Palmen und Kakteen, südländisches Flair.

In den Vororten von Mersin
Lateinisch-katholische Sankt Antonius Kirche – eine der letzten noch existierenden Kirchen in Mersin

Im Hotel Mersin macht mir ein Hotelangestellter einen guten Preis und so erfreue ich mich an diesem wunderschönen Haus und Ort. Am Abend esse ich noch Et (Fleisch) Tantunis, für die ja Mersin bekannt ist bevor ich mich zur Ruhe begebe.

18.11. Ich lege heute einen Ruhetag ein, da sich bereits einige administrative Sachen angehäuft haben. Auch meine Socken hatten den Geist aufgegeben und in einem Décathlon kaufe ich mir zwei neue Paare. Leider bestätigt sich auch hier, dass der Schiffsweg nach Israel via Zypern nicht machbar ist. Man kommt zwar von hier nach Zypern aber von dort mit dem Schiff nicht mehr weiter nach Israel. Isreal hat nachwievor aufgrund der Pandemie jeglichen Schiffsverkehr für Personen eingestellt.

Sonnenaufgang über dem Hafen von Mersin

Auch habe ich auf Frieden in Syrien gehofft, allerdings vergeblich. Die Grenzen zwischen Türkei und Syrien sind geschlossen, es gibt keine Visa, etc… So bleibt mir nur der Luftweg und ich kaufe heute einen Flug von Antakya in der türkischen Provinz Hatay in die jordanische Hauptstadt Amman. Von dort werde ich dann weiter wandern nach Israel und Jerusalem.

19.11. Nachdem es mir sehr gut gefällt hier in Mersin und im Mersin Hotel habe ich spontan beschlossen noch einen weiteren Tag zu verbringen.

Blick auf Mersin – vom Frühstücksraum im 10. Stock im Hotel Mersin

Am Vormittag besuche ich den Hafen wo mir nochmals bestätigt wird, dass Passagiere von hier nicht mit dem Schiff nach Israel reisen können. Sonst sehr mondän dieser Hafen und es herrscht reger Betrieb mit dem Be- und Entladen von Containern, etc.

Reger Betrieb im Hafen von Mersin

Zumittag telefoniere ich wieder einmal mit Günter, es gibt einiges zu besprechen. Dann besuche ich das Atatürk Haus, in dem Mustafa Kemal Atatürk 1923 für kurze Zeit hier mit seiner Frau gelebt hat. Im Anschluss daran verbringe ich noch einige Zeit in der Mugdat Moschee, der größten Moschee in Mersin.

Mugdat Moschee, die größte Moschee in Mersin

Am Abend gehe ich dann entlang der Küste und Promenade wieder zurück ins Hotel. Die Einheimischen verbringen hier gerne die Abendstunden, treffen sich mit Freunden und genießen den Sonnenuntergang über dem Meer.

Fischer versuchen ihr Glück – an der Strandpromenade von Mersin

20.11. Ich genieße noch ein letztes Mal das hervorragende Frühstück und die tolle Aussicht vom 10. Stock im Hotel Mersin bevor ich mich so um 7:30 in Richtung Tarsus aufmache. Es warten wieder einmal mehr als 30 km auf mich, sodass ich relativ wenige Pausen einlege und gegen Abend die Stadt Tarsus erreiche. Es ist die Stadt, in der Apostel Paulus geboren wurde. Er brachte die Predigten und Lehren Jesu in die heidnische römische Welt. Paulus versuchte, das Christentum außerhalb der jüdischen Länder zu verbreiten , und als Ergebnis dieser Bemühungen sorgte er für die Christianisierung des heutigen Europas. Ich finde im Burhanoglu Konagi Hotel eine sehr gute Unterkunft und schaue mir am Abend das Fußball WM Eröffnungsspiel Katar vs Ecuador (0:2) an.

Ich liebe diese Hosen… Hier vor der Eski Moschee in Tarsus

21.11. Am Vormittag besuche ich einige Sehenswürdigkeiten in der Stadt wie die Pauluskirche, das Kleopatra-Tor und einige Moscheen.

Pauluskirche in Tarsus
Kleopatra’s Tor – hier traf die ägyptische Königin Kleopatra ihren Geliebten, den römischen General Antonius… 🙂

Kurz vor 12h hole ich dann meinen Rucksack vom Hotel und gehe am Nachmittag noch ca. 15km bis in die Ortschaft Yenice. Dort angekommen sagt man mir, dass es keine Unterkunft gebe und ich stelle mich schon auf eine Nacht im Zelt ein. Als ich dann noch ein Tantuni esse meint der Besitzer, dass ich ruhig auch in der Moschee schlafen könne. Gesagt, getan und ich verbringe eine ruhige Nacht im Freien vor der Moschee.

22.11. Um ca. 5:45 weckt mich der Gebetsruf des Muezzins und während ich meine Isomatte zusammenrolle kommen auch schon die ersten Männer zum Gebet in ihre Moschee. Noch im Finsteren gehe ich wieder zurück ins Ortszentrum und finde eine Bäckerei, wo ich Tee und gutes Fladenbrot direkt vom Backofen bekomme.

Bäcker in Yenice

Zwei, drei Stunden später werde ich in einer Ortschaft noch einmal von einem Teestubenbesitzer zum Frühstück eingeladen, es gibt Eierspeise mit Wurst, Brot und Tee. Ich nähere mich nun schon der Millionenstadt Adana. Ich mag es in solche Großstädte zu gehen. Zuerst kommen immer die Industrieviertel, dann die Vororte, dann ältere Häuser und letztlich im Zentrum die Sehenswürdigkeiten. Es ist schon etwas anderes in einer Stadt zu Fuß anzukommen als mit einem Fahrzeug. In der Stadt selber mache ich noch einmal Rast in einer der vielen Teestuben und werde vom kurdischen Besitzer auf einen Tee und Kaffee eingeladen. Letztlich setzen sich auch noch zwei Syrer aus Aleppo zu uns, die seit Ausbruch des Bürgerkrieges hier leben und arbeiten. Da ich hier zwei Nächte bleiben werde, suche ich mir im Zentrum eine Unterkunft (Saydam Hotel) und verbringe einen ruhigen Abend.

23.11. Heute war wieder einmal Ruhetag bei mir angesagt. Ausserdem kommt man ja nicht jede Tage in eine 2 Millionen Einwohnerstadt, es gibt einige Sehenswürdigkeiten hier. Ich frühstücke lange und erkundige im Anschluss ein wenig die Stadt.

Getrocknete Auberginen – in den Straßen von Adana

Es gibt hier die St. Paulus Kirche, die jedoch am Vormittag geschlossen ist. Später soll ich wieder kommen, sagt mir ein freundlicher Polizeibeamter. Ich besuche dann die Adana Ulu Cami, auch Große Moschee, genannt, die mir sehr gut gefällt. Vor allem auch der Aussenbereich mit Sitzmöglichkeiten und cay😀

Im Garten der Großen Moschee lässt es sich gut Tee schlürfen

Dann gehe ich zur Tasköprü Brücke, eine Brücke am Fluss Seyhan im Stadtzentrum von Adana. Die Brücke gilt als Symbol von Adana und stammt aus der Römerzeit. Darüber hinaus ist Taşköprü eine der ältesten noch genutzten Brücken der Welt.

Tasköprü Brücke – eine Brücke aus der Römerzeit und Symbol von Adana

Entlang des Flusses Seyhan gelange ich dann zur zweitgrößten Moschee des Landes, sie wirkt mit ihrer Größe fast ein wenig bedrohlich auf mich.

Tasköprü Brücke mit der dahinter liegenden Sabanci Zentralmoschee

Das Innere ist dann wunderschön und als ich so die Moschee am Boden sitzend von innen betrachte ruft mich meine Mutter an. Sie ist mir wieder einmal zuvor gekommen, sie hat ja heute Geburtstag! Gratulation!

Im Inneren der Sabanci Zentral Moschee – zweitgrößte Moschee des Landes

Zumittag probiere ich fast obligatorisch einen Adana Kebab, der tatsächlich seinem Ruf gerecht wird. Er wird hier mit pürierten Tomaten serviert, sehr köstlich! Auf dem Rückweg zum Hotel probiere ich es dann noch einmal mit der St. Paulus Kirche und tatsächlich hat sie nun offen. Sie wurde von den Armeniern erbaut und genützt bevor die Kirche 1915 nach deren Vertreibung in den anatolischen Besitz kam.

Im Inneren der St. Paulus Kirche

Den Nachmittag und Abend verbringe ich dann entlang der Tasköprü Brücke und bei der Großen Moschee. Ich trinke hier zwei cays, beobachte das Treiben auf der Straße und esse letztlich von einem vorbeifahrenden Simitverkäufer zwei Simits zum Abendessen.

Im Park der Großen Moschee

Es sind jetzt noch ca. 200 km bis Antakya, dem Endpunkt meiner Wanderung durch die Türkei. Dann geht es mit dem Flieger nach Amman, der Hauptstadt von Jordanien. Inshallah!

24.11. Es sind jetzt noch ca. 200 km bis nach Antakya, in ca. 1 Woche rechne ich dort anzukommen. So verlasse ich Adana über die Tasköprü Brücke Richtung Osten und werde zumittag von einer Frau zum Kaffee einladen. Ich lerne dabei auch ihre Söhne und ihre Familie kennen.

Einladung zum Turkish cahve

In einem Lebensmittelladen kaufe ich mir wenig später eine Cola und Kekse und die Familie des Ladens gesellt sich schnell um mich. Es gibt auch noch Mandarinen, Äpfel und Tee. Jeder bekommt von jedem etwas ab.

Mittagspause am Weg nach Yakapinar
Hidir, ein 72-jähriger Türke, lässt sich die Mandarine schmecken

Für heute war später am Tag Regen angesagt und nachdem ich wieder einmal nicht weiß wo ich nächtigen werde, mache ich mich auf den Weg nach Yakapinar. Ca. 10km vor der Ortschaft erwischt mich die erste Front mit starkem Wind und Regen, auch Blitz und Donner gesellen sich dazu. Es geht dann doch immer recht schnell. Gewappnet mit Regenjacke und sexy Müllsack setze ich mutig meinen Weg fort und es ließ Gott sei Dank bald wieder nach.

Wenn es dich wieder einmal so richtig erwischt – zu beachten mein sexy Regenschutz

Als meine Kleidung wieder fast trocken war kam die zweite, noch stärkere Front mit denselben Zutaten, es wurde auch bereits etwas finster. Gemein irgendwie, denke ich mir nur… 🙂 Als ich dann bei Dunkelheit und waschelnass die Straße kurz vor Yakapinar erreiche, sehe ich ein Haus mit Licht. Durch das Fenster erkenne ich zwei Frauen, die gerade am Boden sitzend Abendessen und ich klopfe beim Fenster an. Irgendwas wird schon passieren… Die Frau kommt heraus und zeigt mir ein Häuschen in der Nähe wo ich hingehen und beim Fenster anklopfen solle. Auch dort klopfe ich an und zwei junge Türken wundern sich sichtlich über diesen nächtlichen Besuch. Sie geben mir Tee und ich wechsle meine Kleidung. Bald kommt auch Hací, der Besitzer dazu und er ist sofort damit einverstanden, dass ich hier bleiben kann. Es ist seine Arbeitsstätte hier an der Straße wo auf einer Waage die LKWs abgewogen werden. Und es gibt einen kleinen Raum mit zwei Betten.

V.l.n.r.: Hací, Yusuf, Ismail und ich bei bester Laune, und cay natürlich

Ich verbringe den Abend in der Nähe des Heizstrahlers, wir essen gelieferten Kebab und schließlich gibt es auch noch heisses Wasser mit einem kleinen Kübelchen, welch Genuss. Es regnet die gesamte Nacht durch!

25.11. Ich liege derzeit noch im Bett auf dieser LKW Abwiegestation und es regnet hübsch weiter. Übrigens: Die Waage zeigte gestern bei mir angeblich 71kg an. Ich kann das nicht glauben und werde das heute noch einmal verifizieren. Der Heizstrahler hat übrigens über Nacht seinen Job gut gemacht und meine Kleidung ist auch wieder trocken.

Der Heizstrahler ließ meine Sachen wieder schön trocken werden

Allerdings sagt der Wetterbericht heute noch keine Besserung, es soll heute den ganzen Tag durchregnen. Erst morgen ist Besserung angesagt. Sobald Hací kommt werde ich ihn fragen ob ich noch eine Nacht bleiben kann, das Gehen macht keinen Sinn bei dem Sauwetter!!!

Regenwetter in Yakapinar

Für Hací alles kein Problem, er hat es geahnt, dass ich noch bleiben möchte. Wir frühstücken gemeinsam Brot, selbstgemachten Käse und Honig und verbringen den Tag mit seinen kurdischen Freunden auf der LKW Ladestation. Zumittag kommt auch Haci’s Lebensgefährtin vorbei, die mich gestern hierher geschickt hat.

V.l.n.r.: Hací, ein kurdischer Freund, meine Wenigkeit und Haci’s Lebensgefährtin

Schließlich werde ich von Hací höchstpersönlich auf der LKW Waage abgewogen. Ich habe nach wie vor mein Gewicht von 80 kg und ich bin beruhigt… 🙂

Die LKW Waage bestätigt mein normales Gewicht – 80 kg!

Es hat in der Zwischenzeit aufgehört zu regnen, morgen geht es wieder weiter!

Den Abend verbringen wir mit Yusuf, einem weiteren Kurden und Housan, der Hací bei der Arbeit hilft.

26.11. Bereits um 6h morgens kommen heute die ersten LKWs zu Haci’s Abwiegestation. Laut Hací haben sich gestern die LKW Fahrer ausgeschlafen, heute wird wieder gearbeitet und gefahren. Wir frühstücken noch einmal gemeinsam bevor ich mich von ihm verabschiede. Es leben die Kurden!

Kurz nach einer alten und sehr schönen Brücke winkt mir der Teestubenbesitzer ich solle doch auf einen cay vorbei kommen. Selten lehne ich da nur ab…

In Yakapinar
Teestube in Yakapinar

Für mich sind das immer besondere Momente wenn du da mit dem Rucksack hineinspazierst und dich die Männer um den warmen Ofen herumsitzend anstarren und beginnen sich zu wundern wer das ist, etc… Fragen folgen natürlich und es wird gelächelt, gescherzt, aber auch Bewunderung sehe ich in ihren Gesichtern. Ohne diese Teestuben wäre die Türkei wohl nur halb so schön, denke ich mir oft. Dann setze ich meinen Weg weiter fort Richtung Kurtkulagi. Ich komme bei vielen Orangen- und Mandarinenplantagen vorbei und sehe von den ca. 2.000 Meter hohen Bergen bereits Schnee runterleuchten. Kurz nach Sirkeli mache ich dann bei einem Market eine Mittagspause und lerne den kurdischen Besitzer und seine Familie kennen. So zwischendurch erzählt er mir, dass er wegen Verbreitung von kritischen Kommentaren an der derzeitigen Regierung in Facebook zu 6 Jahren Haft verurteilt wurde. 2,5 Jahre hat er tatsächlich im Gefängnis von Ceyhan abgesessen. Auf meine Frage ob er Mitglied der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) gewesen sei, verneinte er, aber Sympathisant. Auch wurde ihm vorgeworfen, dass der Name seines Sohnes kurdisch sei…

Kurdischer Lebensmittelhändler in der Nähe von Sirkeli, mit seinem Sohn und seiner Tochter – als PKK Sympathisant saß er 2,5 Jahre in Haft weil er u. a. öffentlich die Regierung kritisierte

Sein Bruder sei Mitglied der PKK und lebe derzeit im Norden des Irak. Er wurde zu 55 Jahren verurteilt und konnte fliehen. Nach dieser berührenden Begegnung mache ich mich weiter auf meinem Weg und erreiche gegen Abend Kurtkulagi. Zwei jüngere Männer (einer davon ist Kemal) bringen mich in die Suat Kebapci. Das ist der Kebapladen von Suat und er freut sich über meinen Besuch. Auch könne ich hier übernachten, es ist zumindest warm hier drinnen. Er erzählt mir viel von seinem Sohn in Melbourne, zeigt mir Fotos und schließlich stellt er mich auch noch seinen Freunden in der Teestube vor. Vor dem Bettgehen bereitet er dann noch die Adana Kebap und Kebap Spieße vor bevor er sich verabschiedet und zu Bett geht.

Suat bereitet noch schnell die Adana Kebab Spieße für den nächsten Tag vor

Wenig später blase auch ich meine Luftmatratze auf und verbringe meine erste Nacht in einem Kebapladen.

Meine erste Nacht in einem Kebapladen – hier in Kurtkulagi (verdursten hätte ich wohl nicht müssen 😉

27.11. Als es schön langsam hell wird draußen packe ich meine Sachen und gehe in die Bäckerei gegenüber. ‚Good morning George‘ werde ich gleich begrüßt. Es ist Kemal von gestern, der mich natürlich schon kennt und hier als Bäcker arbeitet. Er bietet mir einen Sessel an und ich beobachte sie beim Brotbacken.

Kemal (rechts) beim Brotbacken – das Brot schmeckte vorzüglich

Schließlich bekomme ich ofenfrisches Brot mit Käse und Oliven als Frühstück, ein Gedicht. Erst heute morgen sehe ich, dass die nächste größere Stadt mit einer fixen Unterkunft in Reichweite liegt und so lege ich einen kleinen Zahn zu.

Hatay (Antakya), meine letzte Station in der Türkei, rückt näher – hier ca. 8 km nach der Ortschaft Kurtkulagi; auch Dörtyol liegt bereits in Reichweite
Während von 2.000 Meter hohen Bergen bereits der Schnee grüßt, sind jetzt in den Niederungen die Mandarinen reif

Nach relativ wenigen und kurzen Pausen erreiche ich dann nach ca. 43 km gegen Abend die Stadt Dörtyol und ich quartiere mich hier im noblen Hotel Fourway ein. Davor habe ich heute kurz vor Dörtyol noch meine erste Kontrolle von Gendarmen. Sie erkunden sich was ich hier mache, von wo ich komme, kontrollieren meinen Reisepass und schenken mir dann noch 5 Mandarinen, sehr liebenswert. Duschen, Abendessen und anschließend ein Hotelbett genießen, meistens das gleiche Programm wenn es wieder einmal eine Unterkunft gibt. Aber auch immer wieder ein gutes Programm.. 🙂

28.11. Nach einem ausgiebigen Frühstück starte ich heute wieder einmal früh und komme am Vormittag nach Payas. Es ist dies die Gegend der Keilerei (Schlacht) von Issos 333 v. Chr. zwischen Alexander dem Großen (König von Makedonien) und Dareios III. (König der Perser), die Makedonier gewannen. Manchen ist vielleicht noch der Spruch aus der Schule bekannt – 333 Issos Keilerei… Ich besuche hier die Festung von Payas, die Payas II. Moschee aus dem 16. Jhdt. und die dazugehörige Karawanserei.

Festung von Payas aus dem 12. Jahrhundert
Im Inneren der Payas II. Moschee aus dem 16. Jahrhundert

Am Weg nach Iskenderun bläst mir heute der Wind ordentlich um die Ohren, auch hier naht der Winter.

Iskenderun ist in Sicht – der Wind, der mir um die Ohren bläst nicht

Schließlich erreiche ich so gegen 17h Iskenderun und für 350 TL finde ich im Hatayli Otel eine gute Unterkunft. Am Abend esse ich in einer Lokantasi einen Iskender Kebab, wie sollte es auch anders sein in dieser Stadt. Die Schweizer verlieren im Fußball übrigens auch noch 0:1 gegen Brasilien, ein bisschen Abwechslung zum Wandern darf ja wohl sein.

29.11. Als ich pünktlich um 7h beim Frühstücksraum auftauche wird das Frühstück gerade aufbereitet. Ich war um eine Stunde zu früh dran aber ich bekomme zumindest soviel, dass es für das Erste reicht. Ich lasse dann vorerst den Rucksack noch im Hotelzimmer und schaue mir die Stadt mit ihrem Hafen an.

Im Hafen von Iskenderun – einer der wichtigsten Mittelmeerhäfen der Türkei

Iskenderun war vor Beginn des Bürgerkrieges in Syrien der Hafen von Aleppo und ist jetzt immer noch einer der wichtigsten Mittelmeerhäfen der Türkei.

Strandpromenade von Iskenderun – links das Hilton Hotel und rechts die Nihal Atakas Moschee

Es wird dann schon 10h als ich mit meinem Rucksack das Hotel verlasse. Es geht heute noch einmal vom Meeresniveau auf ca. 700 Höhenmeter hinauf und der Wind ist heute noch stärker als gestern. Manchmal versetzt er mich um ein oder zwei Meter und ich muss aufpassen nicht die Balance zu verlieren. Es ist wohl noch einmal eine kleine Prüfung, denke ich mir, bevor ich nach Antakya komme.

Der Wind hat auch etwas Gutes – er sammelt die vielen Plastiksackerl am Zaun…

In Belen mache ich eine kurze Teepause bevor es dann wieder bergab nach Ovakent geht. Der Wind lässt nach…

Ein liebenswerter 39-jähriger Türkei lädt mich in Belen auf eine Cola ein – vielen Dank!!! Er sitzt im Rollstuhl und interessierte sich für meine Wanderung…

Mitten in der Botanik kommt plötzlich von hinten ein Gendarmerieauto. Zwei junge Gendarmen und eine Gendarm in steigen aus und einer kontrolliert wieder einmal meinen Reisepass. Es ist wohl die Nähe zu Syrien und vlt auch der kürzlich verübte Terroranschlag in Istanbul, die dafür verantwortlich sind. Jesus, einer der Gendarmen, kontrolliert meinen Pass, alles okay.

Jesus, so heißt dieser Gendarm, kontrolliert meinen Reisepass – Im Anschluss gehen wir gemeinsam ein paar Kilometer und trinken noch einen cay… 🙂

Er findet Gefallen an meinem Unternehmen und ich biete ihm einen meiner Wanderstöcke an mit den Worten, er solle doch ein Stück mit mir gehen. Er ist nicht fad und so gehen wir ca. 2 km gemeinsam zu einem Wasserkraftwerk, wo sie Dokumente kontrollieren müssen. Gefolgt werden wir vom Gendarmerieauto und am Weg zum Wasserkraftwerk reden wir auch noch mit Einheimischen, die gerade bei der Olivenernte sind. Auch Spaß muss sein, denke ich mir nur…:-) Ich trinke noch im Wasserkraftwerk einen Tee mit ihnen bevor ich mich von ihnen verabschiede. Gegen Abend erreiche ich dann die Ortschaft Ovakent und quartiere mich im Kulubeci Hotel um 250 TL ein. Vor dem Schlafen esse ich noch eine Mercimek Suppe in der darunterliegenden Lokantasi bevor ich mich ein wenig von diesem Tag erhole. Es waren doch wieder ca. 40km bei vielen Höhenmetern und vor allem viel Wind, da tut das Rasten auch wieder einmal gut. Morgen geht es die letzten 25 km nach Antakya, die Kilometer und Tage hier in der Türkei sind gezählt.

30.11. Mein letzter Wandertag in der Türkei und das nach fast 3 Monaten! Wenn da keine Wehmut aufkommt… Nur mehr 25 km bis Antakya, kein Wind, flach und schönes Wetter – – > so stell ich mir das auch vor und so genieße ich den letzten Tag auch. Ich lasse mir Zeit, mache mehrere Teepausen, trinke Cola mit Bauarbeitern, zeige zwei Polizisten noch einmal meinen Reisepass und erreiche dann so um 15h Antakya, die Hauptstadt der Provinz Hatay.

Nach mehr als 4.800 komme ich in Antakya, dem antiken Antiochia, an.

Ich quartiere mich im Diwan Hotel um 450 TL ein, Dusche und feiere meine gelungene Ankunft hier im nahegelegenen Sultan Restaurant.

01.12. Nach dem Frühstück besuche ich die orthodoxe St. Peter und Paul Kirche und auch eine protestantische Kirche.

Im Inneren der orthodoxen St. Peter und Paul Kirche in Antakya.
Bäcker in Antakya

Im Anschluss verbringe ich den heutigen Tag damit all meine Sachen zu ordnen und zu richten bevor ich die Türkei verlasse. Die Wäsche wird gewaschen, dann richtet mir der Schneider Ahmet im Basar wieder meine Hose, wechselt den Zip beim Pullover, näht mein langärmeliges Shirt und einen Socken.

Schneider Ahmet richtet mein langärmeliges Shirt – im Basar von Antakya

Am Nachmittag lasse ich mir dann ein Stück Künefe schmecken, eine warme Süßspeise aus dieser Gegend.

Künefe – eine warme levantinische Süßspeise gefüllt mit warmen Käse

Den restlichen Tag verbringe ich im Basar und schaue am Abend Fußball WM in meinem Zimmer.

02.12. Heute ist ein wenig Sightseeing angesagt und um ca. 9h erreiche ich das Archäologisches Museum, sehr interessant.

Statue des Suppiluliuma I. – er war ein hethitischer Großkönig des 14. Jhdt. v. Chr. In seiner Regierungszeit wurde das Reich der Hethiter hier zur Großmacht
Eros und Psyche – Mosaik aus dem 3. Jhdt vor Chr.

Im Anschluss gehe ich zu Fuß zur St. Petrusgrotte bevor ich wieder im Basar lande.

St. Petrusgrotte in Antakya – eine Höhlenkirche und benannt nach dem Apostel Petrus, der die Christianisierung Kleinasiens von Antiochia aus betrieb

Heute finden auch meine alten Schuhe einen neuen Besitzer. Ein Schuster im Basar freut sich sichtlich darüber.

Links das Schuhprofil nach ca. 1.600 km, rechts eines nach ca. 20 km…

Sonst ein recht gemütlicher Tag, ein wenig Erholung ist angesagt.

03.12. Heute morgen liegt Nebel über der Stadt. So sichere ich nach dem Frühstück wieder einmal die Fotos auf meine zwei USB Sticks, die ich an unterschiedlichen Stellen aufbewahre. So bekomme ich wieder mehr Platz auf meiner SD Karte zum Fotografieren mit meinem Huawei P30 Handy. Als sich dann doch die Sonne durchsetzt, spaziere ich ein wenig durch die Stadt und trinke im Palladium Shopping Center einen guten Kaffee. Es ist ja mein letzter Tag hier in der Türkei, der sollte schön gemütlich werden.

Gebetszeit in der Habib Enajjar Moschee in Antakya

Danach wechsle ich noch meine restlichen türkischen Lira und Euro. Das Sinken der türkischen Währung ist täglich zu beobachten. Am Nachmittag gönne ich mir noch einmal Künefe mit Tee bevor ich den Abend im Hotel verbringe.

04.12. Nach dem Frühstück gehe ich zur nahegelegenen Busstation. Hier hilft mir ein Schuhputzer den richtigen Bus zum Flughafen zu erwischen. Um 55 TL gelange ich mit einem Havas Bus in ca. 45 Minuten zum Flughafen.

Flughafen in Antakya

Ein komisches Gefühl irgendwie jetzt so schnell und abrupt in den arabischen Raum zu gelangen. Ich hatte nur Handgepäck bis zu 7kg gekauft, die saudische Fluglinie Flynas checkt mir trotzdem meinen Rucksack, der mit den Stöcken jetzt ca. 8,4 kg wiegt, ohne zusätzliche Kosten direkt nach Amman ein. Das Flugzeug hebt letztlich pünktlich um 12:30 Richtung Ryad, der Hauptstadt von Saudi Arabien, ab.

Mit der saudischen Fluglinie Flynas geht es via Ryad nach Amman, der Hauptstadt von Jordanien

Gesamtkilometerca. 4.805

Fazit:

Ca. 2.200 km wanderte ich alleine nur in der Türkei. Von Ipsala an der Grenze zu Griechenland bis hierher nach Antakya an der Grenze zu Syrien, die nur ca. 20 km Luftlinie von hier entfernt liegt. Und das in knapp drei Monaten. Für Statistiker macht das einen Schnitt von ca. 28 km am Tag. Ich konnte das Wandern wieder so richtig genießen hier in der Türkei. Und der Herbst ist halt einfach schön zum Wandern, das hat sich auch hier bewahrheitet. Ich bin natürlich froh hier heil und ohne jegliche Blessuren angekommen zu sein. Das ist immer das Wichtigste und so soll es auch bleiben. Ich habe viel Gutes und Gastfreundschaft erfahren in der Türkei. Viele Einladungen zum Essen, Trinken und Schlafen von den Einheimischen bekommen. Vor allem auch die Begegnungen in den vielen Teestuben (cahves) werden mir ewig in Erinnerung bleiben… 🙂 In Anbetracht der vielen verschiedenen Völker und Ethnien, die hier leben, wünsche ich dem Land viel Stabilität und Frieden.

Letztlich hatte ich auch auf Frieden in Syrien gehofft, allerdings vergeblich… Und so werde ich am kommenden Sonntag von hier in Antakya nach Amman, der Hauptstadt Jordaniens, fliegen. Von dort wandere ich dann wieder zu Fuß weiter Richtung Israel und Jerusalem, inshallah…

Bleibt mir nur mehr übrig vielen Dank für alles zu sagen diesem Land und seinen Leuten. Sie haben mir viel gelernt, nicht nur ein paar Wörter Türkisch…

TÜRKEI – Teil 5 (Konya – Kilistra – Chumra – Karaman – Mut – Silifke)

30.10. Ich verbringe den Vormittag mit einigen Erledigungen und Telefonaten im wirklich empfehlenswerten Aziziye Hotel in der Nähe der Aziziye Moschee bevor ich mich um die Mittagszeit zur Efe Çorba Stube mache.

Aziziye Moschee in Konya

Ich war bei meinen früheren Besuchen immer wieder in diesem Suppensalon und es ist schön zu sehen, dass es ihn immer noch gibt. Nach einer guten EzoGelin Suppe trinke ich in der Teestube daneben noch ein paar cays bevor ich das Mevlana Museum mit dem Rumi Grabmal besuche.

Grabmal von Rumi – ein persischer Sufi-Mystiker, Gelehrter und einer der bedeutendsten persisch-sprachigen Dichter des Mittelalters.

Am Abend esse ich Künefe, eine warme levantinische Süßspeise aus einem besonderen Käse und Kadaifi. Den Abend verbringe ich mit der Verwandtschaft der Hotelbetreiberin im Hotel.

31.10. Heute genieße ich einmal einen richtigen Ruhetag ohne viele Pläne. Zuerst besuche ich den Markt in der Nähe des Hotels wo ich mir Fleece Handschuhe kaufe für die kühlen Morgen und Abende. Dann besuche ich zwei Moscheen bevor ich noch einmal Shemsi in seiner letzten Ruhestätte aufsuche.

Teepause in der Nähe der Shemsi Moschee

Nach einem weiteren Kebab im Ali Baba gehe ich noch in den Kultur Park jenseits des Alaaddin Hügels. Ich durchstreife an diesem Tag ziemlich wahllos die Stadt und komme auch noch beim Atatürk Monument vorbei.

Atatürk Monument in Konya

Die Abendstunden verbringe ich in der Mahkeme Hamami, einem öffentlichen Bad in der Nähe der Shemsi Moschee. Es ist eines der ältesten Hamams in der Stadt, erklärt mir ein Einheimischer, und stammt noch aus der Zeit der Seljuken. Zuerst wärme ich meinen Körper auf bevor mich ein Einheimischer abschruppt und massiert. Ich fühle mich danach wieder gut und gehe früh ins Bett.

01.11. Heute sitze ich schon um 7h beim Frühstück und verlasse das Hotel kurz nach 07:30. Ich habe heute vor in die Ortschaft Kilistra zu gehen, die immerhin 42 km von Konya entfernt liegt. Ohne zuviel zu pausieren erreiche ich gemeinsam mit den Schafen gegen Abend Kilistra. Muharrem erwartet mich schon vor seinem shop. Ich wusste von seiner Unterkunft und wir waren schon im Vorfeld im Kontakt. Als er mich in sein Haus und in meinen Raum bringt ist der Ofen bereits angemacht und es ist angenehm warm. Es dauert nicht lange und er breitet am Boden ein Tuch aus auf dem wenig später unser Abendessen landet.

Muharrem und ich beim Abendessen in seinem Haus in Kilistra

Wir essen Linsensuppe, selbstgemachtes Fladenbrot, Tomaten, Pommes frites, Käse, etc und als Nachspeise gibt es Honigmelonen und verkleinerte Feigen- und Aprikosenstücke. Muharrem ist 46 Jahre alt und hat vier Kinder. Zwei davon leben bereits in Konya, die er morgen besuchen wird. Auf die Frage wieviel die eine Nacht bei ihm kostet überlässt er den Betrag mir und wir vereinbaren einen angemessenen Betrag. Nach ein paar cays gehen auch hier die Lichter aus und ich schlafe schnell ein.

02.11. Da Muharrem heute bereits um 7h Richtung Konya fährt frühstücken wir gemeinsam um ca. 06:30 wieder gutes Fladenbrot, Käse und selbstgemachten Wabenhonig.

Vom Bett direkt zum Frühstück – es schmeckte vorzüglich!

Er gibt mir dann auch noch Brot, Äpfel und Käse mit auf den Weg bevor wir uns verabschieden. Während ich ihm noch in seinem Auto Richtung Konya nachsehe gehe ich zu den nahegelegenen Steinkirchen von Kilistra.

Steinkirchen von Kilistra

Hier soll auch der Apostel Paulus vorbei gekommen sein bei seiner Verbreitung des Christentums. Zumittag erreiche ich die Ortschaft Hatunsaray wo ich Etli Ekmek (übersetzt: Brot mit Fleisch) esse. Es ist dies ein pizzaähnliches Gericht, das seinen Ursprung in Konya hat und weit verbreitet in den Städten der zentralen Türkei ist. Am Dorfplatz genieße ich noch mit einem lieben 88-jährigen Türken einen cay in der Sonne. Um am nächsten Tag Chumra erreichen zu können beschließe ich noch bis Kavak weiter zu gehen. In der Hoffnung auf eine Unterkunft frage ich beim Erreichen von Kavak den erstbesten Mann. Ich habe Glück, es ist der Besitzer des einzigen Lebensmittelladens hier. Er zeigt mir den Weg zu einem Dorfgemeinschaftsraum und meint, ich könne dort problemlos schlafen. Ich bringe meinen Rucksack dorthin und esse meine Jause gemeinsam mit ihm und seinem Sohn Abdullah am Dorfplatz. Als ich bereits in diesem Raum schlafe kommt gegen 21h ein Einheimischer herein, macht Licht an und wundert sich was ich hier mache. Er wusste nichts von mir und ich erkläre ihm die Situation. Schnell ist das Eis gebrochen und wenig später kommt auch noch ein Freund von ihm hier vorbei. Sie heizen den Ofen an und kochen Tee. Ich trinke noch 2 cays mit ihnen und wir haben letztlich viel Spaß. Gegen 23h gehen sie dann wieder und sie wünschen mir weiter alles Gute auf meinem Weg.

Ein nächtliches Stell-Dich-Ein mit Rüstür und Ashir – sie kochten nur mal kurz einen cay

03.11. Ich esse frühmorgens noch mein letztes Brot und einen Apfel und erreiche gegen Mittag Icericumra. Beim Mittagessen lerne ich einen Einheimischen kennen, der gut Englisch spricht und hier in der Nähe eine Firma mit 16 Angestellten leitet. Als er das Lokal verlässt, meint er nur kurz, dass er mein Essen auch mit gezahlt hat. Jeden Tag wiederholt sich diese unglaubliche Hilfsbereitschaft… Als ich am späten Nachmittag dann Cumra erreiche gehe ich als erstes in einen Vodafone Shop, da meine türkische SIM Karte seit gestern abgelaufen war. Ich erhalte eine neue SIM Karte, die in ca. 1 Stunde wieder aktiv sein sollte. In einem neuen Hotel in der Nähe des Zentrums dusche ich wieder einmal und während ich mich für das Abendesse anziehe, merke ich dass das Telefon inkl. WhatsApp mit AT No. tatsächlich wieder funktioniert. Am Abend tanke ich wieder einmal meinen Kalorienbedarf auf und werde jetzt bald schlafen.

04.11. Gut ausgeschlafen esse ich am Morgen eine Hühnersuppe (Tavuk corba) in einem Çorba Salonu und mache mich dann auf den Weg Richtung Ortaoba, das ca. 30 km entfernt liegt. Am Weg dorthin beobachte ich die Zuckerrübenernte, die jetzt voll eingesetzt hat. Sie werden in einer großen Zuckerfabrik weiter verarbeitet, der Tee soll ja weiter süß schmecken…:-) Zumittag erreiche ich die Ortschaft Türkmen Camili. Der Betreiber des Lebensmittelladens sei gerade in der Moschee beten, versichert mir ein Einheimischer. So setze ich mich vor die Moschee, esse meine zwei mitgebrachten Simits und warte bis das Beten vorbei ist. Als die Männer rauskommen spricht mich ein Einheimischer an und anstatt dass er mich in den shop bringt, nimmt er mich mit zu sich nach Hause. In Kürze bereitet er eine Eierspeise mit Brot und Tee zu und ein befreundeter Afghane gesellt sich dann auch noch zu uns dazu.

Einladung zu einer Eierspeise mit Käse und Brot – in Türkmencamili

Danach treffe ich einige Schafhirten am Fuße des Vulkans Karadag (auf deutsch: Schwarzer Berg, 2.270m), ein bereits seit einigen Tausend Jahren inaktiver Schichtvulkan. Auf der Nordseite bilden zahlreiche byzantinische Kirchenruinen bei den Dörfern Madenşehri (Madenşehir), das als das antike Barata angesehen wird, und Üçkuyu (Değle) die Region Binbirkilese (auf deutsch: 1001 Kirchen). Auf dem Mihalıç Tepesi, einem der 3 Gipfel des Vulkans Karadag befindet sich eine Sendestation des türkischen Fernsehsenders TRT.

Schafhirten am Fuße des Vulkans Karadag (2.270m)
Schafhirten am Fuße des Vulkans Karadag (2.270m)

Kurz vor Ortaoba kommt mir ein junger Türke auf seinem Moped entgegen und spricht mich in gutem Englisch an. Memduh, so heißt er, bietet mir an bei ihm zu übernachten, was ich natürlich gerne annehme. Zuvor essen wir noch bei seinem Onkel Ramazan und seiner Familie.

Mit Memduh (links) und seinem Onkel Ramazan samt Familie beim Abendessen – in der Ortschaft Ortaoba am Fuße des Vulkans Karadag – vielen Dank!

Wir gehen dann noch in das cahve (Teestube) im Ort, wo wir seine Freunde treffen. So ein Fremder ist natürlich Gesprächsstoff Nummer 1. Danach bringe ich meinen Rucksack in sein Haus wo sein Freund bereits den Stubenwärmer angeheizt hat. Nach ein paar cays schlafen wir gemütlich auf einer Matratze am Boden ein.

05.11. Nach einem kurzen Frühstück verabschiede ich mich von Memduh. Heute steht eine kleine Bergetappe an und gegen Mittag erreiche ich dann das Dorf Degle, in dem sich einige der über 50 Kirchen aus der byzantinischen Zeit befinden.

Eine der Kirchen in der Ortschaft Degle – Überreste des frühen Christentums in dieser Gegend
Wunderschöne Gegend am Fuße des Vulkans Karadag – mit Blick auf die Ortschaft Üçkuyu rechts im Hintergrund

Es sind Überreste der frühen Christenheit hier in den ersten Jahrhunderten nach Chr. bevor im 9. Jhdt. Araber den Islam hierher brachten und die Kirchen weitgehend zerstört bzw. nicht mehr verwendet wurden. Am Weg nach Üçkuyu werde ich von Einheimischen zu Tee und Brot eingeladen bevor ich Mehmet Ince im Haus seiner Eltern treffe.

Einladung von Einheimischen zu Tee und Brot mit Käse – vor der Ortschaft Üçkuyu

Er wusste von mir bereits von Birgit, die ebenfalls vor kurzem hier vorbei kam und am Weg nach Jerusalem ist. Vielen Dank Birgit für diesen äußerst liebenswerten Kontakt! Eigentlich wollte ich ja an diesem Tag noch weitergehen aber es ist so nett hier und so beschließe ich am frühen Nachmittag doch bei ihm eine Nacht zu bleiben. Es ist einfach wunderschön hier mitten in einem Garten zu sitzen am Fuße eines Vulkans.

Mehmet im Garten seiner Eltern – im Bergdorf Üçkuyu

Mehmet ist gerade mit seinem Wirtschaftsstudium in Istanbul fertig geworden und sucht jetzt einen passenden Job. Vorzugsweise in Istanbul, Karaman ist zweite Wahl.

Gegen Abend wird es bereits kühl – hier beim Stubenwärmer im Raum seiner Großmutter

Er wohnt hier bei seinen Eltern und am Abend kommt auch noch sein Onkel mit der Großmutter vorbei. Sein Onkel grillt Fisch vom Schwarzmeer und es gibt zum Trinken auch wieder einmal ein Bierchen, wohlgemerkt der Marke Bremen.

Mit Mehmet (Mitte) und seinem Onkel beim Fischgrillen – das Bierchen schmeckte allerdings auch gut!
Mit Mehmet’s Onkel beim Fischessen

Nach mehr als einem Monat Abstinenz auch wieder einmal ganz gut. Danach bereiten Mehmet und ich dann mein Bett im Hause seines Onkels zu und wir gehen schlafen.

06.11. Da es heute über 40 km nach Karaman sind verabschiede ich mich von Mehmet und seiner Mutter um ca. 07:30. Mir bleibt ein sehr liebenswerter Mehmet und eine sehr liebenswürdige Familie in Erinnerung!

In der Ortschaft Madensehri besichtige ich noch eine weitere der vielen Kirchen und gelange um die Mittagszeit nach Kilbasan wo ich ein Etli Ekmek esse.

Eine der vielen Kirchen in der Region 1001 Kirchen – hier in Madensehri

Als es bereits finster wird komme ich dann schließlich doch nach Karaman und ich gönne mir zwei Nächte im Nadir Hotel im Zentrum der Stadt (375 TL die Nacht inkl. Frühstück). Am Abend esse ich Döner und als Nachspeise gibt es verschiedene Baklavas mit Tee. Ich werde morgen hier einen wohlfeilen Ruhetag einlegen!

07.11. Ich schlafe lange und genieße ein traumhaft gutes Frühstücksbuffet mit Eierspeise, verschiedenen Käsebrötchen, Honigmelonen, etc. Dann durchstreife ich die Stadt und umrunde die Festung der Stadt, die allerdings geschlossen ist.

Festung in Karaman
Hauptplatz von Karaman

Am Markt trinke ich mit den Männern cay und esse dann einen Adana Kebab. Als ich ins Hotel zurückkomme, versichert mir der Hotel Manager, der übrigens gut Deutsch spricht, dass er selbst aus der Stadt Adana komme und nur dort der Aldana Kebab wirklich gut schmeckt.

Adana Kebab – am Besten soll er in der Stadt Adana selbst schmecken, auch dieser war gut!

Ausserdem sei Mersin für die Tantunis (mit Fleisch gefüllte Fladenbrote) und Hatay für die guten Künefe bekannt. Ich werde gerne später auf meiner Wanderung seinem Rat folgen…:-) Ich telefoniere untertags auch wieder einmal mit zuhause und verbringe noch einen geruhsamen Abend im Bett des Hotels.

08.11. Heute geht es wieder weiter aufs Feld Richtung Süden und Mut und Silifke. Nach einem leichten stetigen Anstieg erreiche ich um die Mittagszeit die Ortschaft Tarlaören, wo ich zwei Frauen um Wasser bitte. Sie füllen nicht nur meine Wasserflaschen an sondern nehmen mich zu ihnen nach Hause mit zum Mittagessen. Sie machen gerade am Boden sitzend Fleischbällchen, die sie roh essen. Vom Rest in der Pfanne wird Wasser dazugegeben und als kalte Suppe gegessen. Ich habe diese Speisen noch nirgendwo in der Türkei gesehen, beides mundet hervorragend. Im Anschluss gibt es cay und als ich mich von ihnen verabschiede, geben sie mir auch noch ein mit Schafskäse gefülltes Brot und Wasser mit. Es bleibt mir wieder einmal nur übrig ‚Vielen Dank‘ zu sagen.

Hahn im Korb – in der Ortschaft Tarlaören

Ich wusste, dass es heute auf meinem Weg keine Unterkunft geben würde und fragte bei verschiedenen Tankstellen ob ich übernachten könne, es hat sich aber nichts wirklich ergeben. Vor allem war Regen angesagt. Als es schon finster wurde erreichte ich ein Arbeiterlager wo mir zwar Abendessen angeboten wurde aber auch hier war es nicht möglich zu schlafen. So ging ich auf der Straße weiter und nach Kilometer 38 finde ich in der Nähe der Straße Unterschlupf in einem leerstehenden Wintergarten wo ich eine Nacht mit Isomatte und Schlafsack verbringe.

09.11. Die Suche gestern nach einem festen Dach über dem Kopf machte sich dann vor allem in den frühen Morgenstunden bezahlt als es ordentlich zu regnen beginnt. Ich frühstücke das mitgebrachte Brot der Frauen und trinke viel Wasser. Als der Regen weniger wird gehe ich die Hauptstraße weiter und erreiche so gegen 10h Sertavul wo ich in einer Lokantasi einige Sachen zu machen habe, telefoniere, etc. und letztlich auch noch eine Mercimek Suppe mit Brot esse. Es geht heute noch einmal auf ca. 1.600 Meter rauf auf einen Pass bevor sich die Straße Richtung Küste und dem wärmeren Tiefland hinunterschlängelt. Güle güle anatolisches Hochland, fast ein bisschen Wehmut kommt auf in mir. Abseits der Straße auf kleineren Wegen erreiche ich nach einigen Stunden die Ortschaft Narlidere auf einer Seehöhe von ca. 600 Metern wo ich mit einigen Dorfjungen meine Kekse teile. Ich fülle bei der Moschee meine Wasserflaschen und zelte in einem niedrigen Kiefernwald außerhalb des Dorfes.

Zeltplatz außerhalb des Dorfes Narlidere – die Nächte hier auf ca. 600 Meter Seehöhe sind wieder deutlich wärmer!

10.11. Die Nacht war ruhig und deutlich wärmer. Da es am Weg keinen Lebensmittelladen gibt, esse ich in der Früh meine kleinen Müslinotrationen und mache mich auf den Weg nach Mut. Schon in Sille kurz vor Konya hörte ich, dass Mut für seine Oliven bekannt ist. Am Weg nach Mut beobachte ich dann die vielen Arbeiter bei der Olivenernte. Zumittag erreiche ich die Ortschaft Derincay wo es eine kleine Teestube gibt und esse dort einen Toast, der wieder einmal meinen Magen füllt.

Alte historische Brücke in der Ortschaft Derincay

Die Männer hier mit ihren Pluderhosen kommen und gehen, trinken Tee und fahren dann mit ihren Traktoren weiter nach Hause oder aufs Feld. Jeder kennt jeden… Am Nachmittag winken mir dann rastende Frauen zu und bieten mir Tee an. Sie machen gerade Pause von der Olivenernte und sind wohl auch über etwas Abwechslung froh. Ich lerne Hussain Ali kennen, der 15 Jahre in Frankfurt gearbeitet hat und gut Deutsch spricht.

Einladung zu Tee und Keksen – Hussein Ali beherrscht den Teekocher bestens!

Von ihm erfahre ich, dass an einem Tag bei der Olivenernte 250 TL zu verdienen sind, ca. 15 Euro. Nach einer Weile verabschiede ich mich und gegen Abend erreiche ich Mut wo ich mich im guten Grand Tas Otel am Stadtanfang für 300 TL einquartiere.

Grand Tas Otel in Mut

11.11. Nach einem Frühstück im obersten Stockwerk des Hotels mit guter Aussicht schaue ich mir heute morgen ein wenig die Stadt Mut genauer an. Es gibt hier eine Festung mit gutem Blick auf das umliegende Land, eine schöne Moschee in der Stadtmitte und ein geschäftiges, mit verschiedenen kleineren Shops und Essensstuben gefülltes Stadtzentrum.

Festung in Mut
Blick von der Festung in Mut auf die Stadt und das umliegende Land
In einem Park in der Stadt Mut

Letztlich trinke ich noch gemütlich einen cay (auf den ich von der Besitzerin eingeladen werde) bevor ich mich von dieser irgendwie interessanten Stadt verabschiede. Zumittag kaufe ich mir auf einer Tankstelle einen Strutzen Weißbrot und Dreieckskäse, als Nachspeise gibt es weißen Schoko mit Pistazien, mein Lieblingsschoko hier…

Landschaft am Weg nach Asagi Köserlerli

Schließlich erreiche ich so gegen 17h die Ortschaft Asagi Köserlerli, wo ich mir in einem Lebensmittelladen eine Cola kaufe. Ich frage den jungen Betreiber ob es hier eine Unterkunftsmöglichkeit gebe. Hayati, so heißt der Betreiber, ruft den Muhtar an und schnell ist klar, dass ich hier im Gemeinderaum des Dorfes übernachten könne. Ich lerne auch noch den Vater von Hayati kennen und letztlich essen wir bei Hayati’s Mutter Suppe und Nudeln. Am Abend haben wir noch viel Spaß mit der Dorfjugend, die sich hier jeden Tag am Abend vor dem shop trifft.

Mit Hayati vor seinem shop in Asagi Köserlerli

12.11. So gegen 7h wache ich auf, packe meinen Rucksack und gehe noch einmal zum Shop von Hayati. Ich werde noch einmal zu zwei Simits und einem Saft zum Frühstück eingeladen. Dann verabschiede ich mich von dieser sehr netten und wunderbaren Familie. Ich gehe weiter auf dem Weg entlang des Göksu Flusses und den daran liegenden Dörfern. In der Ortschaft Kargicak gibt es eine Lokantasi wo ich Reis und Bohnen esse. Durch Canyonlandschaft erreiche ich gegen Abend Keben und ein Stückchen weiter Degirmendere, wo es einige Teestuben gibt.

Der Fluß Göksu sucht sich hier seinen Weg zum Meer – am Weg nach Keben

Ich erkundige mich in einer dieser Teestuben nach einer Unterkunft und lerne dabei Ismail kennen. Er meinte dies sei kein Problem und wir trinken gemeinsam einige cays. Es gebe halt keinen Strom und keine Toilette, sehr wohl aber ein Bett mit Decke und Polster. Dann zeigt er mir meine Unterkunft und verabschiedet sich.

Schlafplatz in Degirmendere

13.11. Frühmorgens sitze ich dann schon so um 7h in der Teestube und esse meine Simits und letztlich ist auch der Tee fertig. Ich lerne auch noch Mustafa kennen, der mir versichert, dass die besten und größten Granatäpfel der Türkei nur in dieser Gegend zu finden seien. Entlang des Göksu Flusses findet gerade die Granatäpfelernte statt und wie es sein soll winkt mir ein Einheimischer ich solle doch näher kommen. Er bietet mir einen halben Granatäpfel an, den ich mit Genuss esse und mich satt werden lässt. Tatsächlich sind sie hier riesengroß und noch saftiger als diejenigen, die ich davor gegessen habe.

Lustige Begegnung bei der Granatäpfelverarbeitung – es wird vor allem Saft daraus gemacht!

Zumittag treffe ich einen Imker, der entlang der Straße seinen Honig verkauft. Als ich mein mitgebrachtes Simit auspacke kommt er sofort mit einer Honigdose vorbei und bietet ihn mir mit einem kleinen Löffelchen an. Umschwärmt von Bienen, die jedoch völlig harmlos sind, genieße ich diesen Leckerbissen. Der Honig schmeckt vorzüglich… Ich gehe dann die letzten Kilometer durch wunderschöne Canyonlandschaft entlang des Göksu Flusses nach Silifke.

Canyonlandschaft entlang des Göksu Flusses – kurz vor Silifke

Dabei lerne ich auch noch zwei junge Russen aus Smolensk kennen, die hier in der Nähe in einem Atomkraftwerk arbeiten. Sie geben mir einen halben Liter Wasser und seien froh derzeit gerade nicht zu Hause zu sein. Was ihnen nicht zu verdenken ist… Spasiba bolschoj Jungs! Gegen Abend erreiche ich dann Silifke und erfahre vom Betreiber des Göksu Otels, dass es kein Zimmer mehr gibt. Er schickt mich in das Ayatekla Otel in der Nähe des Busbahnhofes wo ich mich für zwei Nächte (je 375 TL inkl. Frühstück) einquartiere. Ich dusche wieder einmal, des Pilgers Lohn denke ich mir immer wieder. Am Abend esse ich noch eine Paca corba und gehe früh schlafen. Morgen werde ich hier wieder eine Pause einlegen bevor es Richtung Mersin weiter geht.

Gesamtkilometerca. 4.410

Fazit: Die wirkliche Türkei lernst Du im ländlichen Raum kennen. Nirgendwo sonst ist es leichter und besser die liebenswürdigen Menschen und ihre Gastfreundschaft kennenzulernen. Das Hochland von Anatolien hat viel zu bieten – Abenteuer fernab vom Tourismus, Gastfreundschaft, ursprüngliche Bevölkerung und schöne, abwechslungsreiche Landschaften. Wenngleich nun die Temperaturen hier an der Küste in Silifke vor allem abends wieder angenehmer sind, kommt schon ein wenig Wehmut auf, dass Anatolien hinter mir liegt. Güle güle Hochland von Anatolien!

TÜRKEI – Teil 4 (Pamukkale – Egirdir – Konya)

14.10. Frühmorgens schlage ich mir noch einmal kurz im Otel Anatolia den Magen voll – wie so oft mit Käse, Tomaten, Gurken, Oliven, Brot, etc. bevor ich mich wieder auf meinen Weg mache. Das Wetter verschlechtert sich im Laufe des Tages und gegen 18h erreiche ich die Ortschaft Kocabas wo ich um 400 TL im feinen Köklü Otel eine gute Unterkunft finde.

15.10. Beim Weggehen ist es heute noch trocken, das sollte sich aber im Laufe des Tages ändern. So komme ich wieder einmal in den Genuss von Regen, den ich schon fast vermisst habe.

Es zieht schlechtes Wetter auf – kurz vor Cardak

Ziemlich durchnässt erreiche ich dann Cardak, wo mir einige Jungs einen Tee anbieten.

Eine willkommene Einladung zum Tee – in Cardak

Dann lotst mich ein Junge in das Cardak Hotel (250 TL inkl Frühstück) und ich genieße eine warme Dusche. Beim anschließenden Lahmacunessen lerne ich den Besitzer des Hotels kennen. Wir trinken noch einen gemeinsamen cay und beobachten die Jugend beim OK Spiel.

16.10. Da mir das Frühstück zulange dauert bis es kommt, trinke ich in einer kleinen Bäckerei cay und esse ein Simit, mein bevorzugtes Frühstück. Auch geht es sich besser mit einem nicht zu vollem Magen. Am Weg nach Gemis treffe ich dann einen Schafhirten mit seiner Herde. Wir wechseln ein paar Worte und ziehen beide in unserer Richtung weiter.

Schafhirte mit seiner Herde am Weg nach Gemis
Am Weg nach Gemis

Es regnet zumindest nicht heute und so erreiche ich trocken die Ortschaft Gémis, wo gerade ein Markt stattfindet. Ich lerne hier Riza mit seinen Freunden kennen.

Mit dem lustigen Riza in Gemis – er ist Kartoffelhändler und spricht fließendes Französisch

Dann gehe ich weiter in die Ortschaft Akpinar. Ziemlich verlassen wirkt dieses Dorf auf mich. Als ich einen Einheimischen um Wasser frage, ladet er mich auch gleich zum Mittagessen ein. Ich nehme dankend an. Es kommt ein Tuch auf den Boden worauf das Essen verteilt wird. Dann setzen sich alle im Kreis herum und essen. Die Küche ist hier ausschließlich Frauensache.

Mittagessen in Akpinar – es gab Huhn, Tomaten, Zwiebeln, Brot und scharfen Paprika!

Ich verabschiede mich von dieser netten Familie und bei starkem Regen erreiche ich gegen Abend total durchnässt Basmakci. Im SOK Supermarkt bringt mich der junge Angestellte in das Belediyesi Otel (Gemeindehaus), da alle anderen Unterkünfte entweder geschlossen waren oder nur Frauen nahmen. Und es gibt hier vor allem eine warme Dusche. Am Abend esse ich noch eine warme Suppe und trinke viel Tee. Verkühlungsgefahr gebannt!

17.10. Heute geht es in die Berge und weder im Dorf Sariköy noch in Gülköy gibt es ein Lebensmittelgeschäft, das offen hat. In Gülköy wird gerade die Moschee renoviert und ich werde schön langsam hungrig. Ein Arbeiter schenkt mir einen halben Laib Brot mit Tomaten, Paprika und Zwiebeln – eine willkommene Mahlzeit!

Mahlzeit im Bergdorf Gülköy

Das Brot ist rund und ca. 5 cm dick, selbst gebacken und die Tomaten sehr klein, schmeckt alles sehr gut. In dieser Höhe wird auch das Obst und Gemüse nicht mehr so groß. In Kozluca treffe ich dann Cem in seinem Supermarkt und er füllt mir ein ganzes Sackerl mit Süßigkeiten an. Ich bräuchte Energie, meint er…

Mit Cem in seinem Supermarkt in Kozluca
Einheimische Frau im Supermarkt von Cem in Kozluca

Dann ruft er auch noch in Keçiborlu im Üstündağ Hotel an und ich bekomme daraufhin einen Rabatt. Statt 300 zahle ich nur 200 TL. (Zur Erinnerung: 1€ = 18 Türkische Lira (TL)). Am Abend esse ich die Reste vom Brot und den Tomaten von Gülköy und ziemlich müde schlafe ich früh in diesem riesigen Hotel mit wenigen Gästen ein.

18.10. Das Frühstück lasse ich mir auch hier wieder gut schmecken. Das Wetter ist jetzt wieder besser und nach ca. 8km erreiche ich die kleine Ortschaft Gümüsgün wo mir beim Vorbeigehen an einem Haus der Duft von frischgebackenem Brot in die Nase fällt. Ich bleibe stehen und frage ob ich etwas davon kaufen kann. Ihr könnt euch bereits denken wie das endete… Zum Brot kam noch Marmelade und 3 Äpfel, anschließend gingen wir dann noch cay trinken.

Die zwei Bäcker in ihrer Backstube in Gümüsgün

Gegen Abend erreiche ich nach ca. 35 km Isparta, eine größere Stadt der gleichnamigen Region in dieser Gegend. Ich quartiere mich für 250 TL im King Otel ein. Nach den vielen Nächten im Zelt genieße ich auch wieder die Vorzüge einer fixen Unterkunft. Warme Dusche und warmes Essen hat schon was, vor allem auch jetzt bei den bereits kühleren Temperaturen in der Nacht.

19.10. Da es das Frühstück meist erst ab 07:30 in den Hotels gibt, esse ich vor 7h eine EzoGelin Suppe in einem nahegelegenem Lokantasi und mache mich kurz nach 7h auf den Weg nach Egirdir und den gleichnamigen See. In der Ortschaft Büyükhacilar trinke ich gemeinsam mit Suat, dem Besitzer des Lebensmittelmarktes, und seinem Vater Süleiman Tee.

Mit Suat und seinem Vater Süleiman – beide sehr liebenswert und vor allem Süleiman totaler Erdoğan Fan

Süleiman, der eine Kuh besitzt, bringt mir zu meinem Brot auch ein Stück selbstgemachten Kuhkäse, schmeckt hervorragend. Gestärkt gehe ich dann die nächsten 5 km bergauf auf ca. 1.400 Meter Seehöhe und verbringe den Tag in einsamer Landschaft mit Ziegen- und Schafherden.

Anatolisches Hochland am Weg nach Egirdir
Auf einer Seehöhe von ca. 1.400 Meter kann es auch hier im Winter rutschig werden

Ich passiere auch ein naheliegendes Schigebiet und erreiche gegen Abend die Ortschaft Egirdir, das wunderschön am Egirdir See liegt. Im Otel Apostel finde ich um 240 TL eine geeignete Unterkunft und werde hier zwei Nächte bleiben.

20.10. Im 5. Stock gibt es hier das Frühstück mit traumhaft schönem Blick auf den See. Während ich mich meist mit dem Rücken zum TV setze bestaune ich die anderen Gäste beim Fernsehen. Sie haben dabei fast keine Zeit zum Frühstücken selber… 🙂 Dann sichere ich wieder einmal meine Fotos auf meine zwei USB Sticks, man weiß ja nie. Gegen 10h verlasse ich dann das Hotel und genieße einen richtigen Ruhetag zum ersten Mal seit langem. Ich durchstreife einen Markt hier im Ort und gehe dann entlang einer kleinen Halbinsel Richtung See hinaus.

Ein älteres Ehepaar beim Weintraubenverkauf – am Markt von Egirdir

Dort genieße ich die Ruhe und esse meine ersten Gözleme, anatolisches Fladenbrot gefüllt mit Käse oder Kartoffeln.

Meine ersten Gözleme in der Türkei. Fladenbrot meist gefüllt mit Käse oder Kartoffeln und eine Spezialität Anatoliens
Egirdir See inmitten von Anatolien

Im Hotel angekommen bringe ich mein langes Merinoleibchen zu einem Schneider. Es hat von den verschiedenen Waschmaschinen und Trocknern drei große Löcher abbekommen. Er erklärt sich bereit für 30 TL das ganze wieder zu flicken.

Männer beim OK spielen – in Egirdir

Jetzt mache ich gerade eine Siesta im Hotelbett bevor ich hier noch einen geruhsamen Abend verbringen werde. Morgen geht es weiter Richtung Konya, der Stadt der Mevlana und Derwische. Ca. 300 km sind es noch bis dorthin.

Am Abend gönne ich mir noch einen Adana Kebap in einer Kebapci bevor ich wieder einmal früh schlafen gehe.

21.10. Noch einmal betrachte ich die Leute beim Frühstück, besser gesagt beim Frühstücksfernsehen, und gehe dann so gegen 8h los.

Sonnenaufgang über dem Egirdir Gölü (Egirdir See)

Der heutige Tag bringt mich entlang der Südseite des Egirdir Sees zuerst in die Ortschaft Göktas wo der Lebensmittelladenbesitzer Mustafa sehr gut Deutsch spricht. Er sei in Duisburg aufgewachsen und erst vor ein paar Jahren wieder in die Türkei zurück gekehrt. Er bereitet Tee zu und gibt mir etwas von seinen Simits (Sesamringen) ab. Zu der von mir beschriebenen Gastfreundschaft der Türken meint er, dass er es weniger als Gastfreundschaft bezeichnen würde. Es hat laut ihm mehr mit Tradition und Religion hier in der Türkei zu tun. Im Koran steht ein Stelle in der es heißt, dass ein ’sehendes Auge ein Recht hat‘. Das heißt soviel wie, dass das Essen mit anderen Anwesenden geteilt werden soll. Seine Cousine Nergiz kommt auch vorbei. Sie spricht gut Englisch und ist in den Wintermonaten immer in Edmonton in London, wo ich sie doch einmal besuchen solle. Schließlich gibt mir Mustafa noch ein Sackerl Süßigkeiten mit auf den Weg. Es mache ihn glücklich mir zu helfen, sagt er und ‚eine gebende Hand sei besser als eine nehmende Hand‘ zitiert er auch hier wieder den Koran. Da hat er natürlich auch recht und dankend nehme ich an.

Tee (cay) gibt es in Anatolien am Straßenrand – ohne dem Tee würde das Land wohl stillstehen, scheint es…

Gegen 19h am Abend erreiche ich dann schon bei Dunkelheit das Haser Apart Otel, wo ich mich um 350 TL inkl. Frühstück einquartiere. Es ist ein moderner Neubau und ich bin der einzige Gast hier. Es stehe zum Verkauf, meinen die beiden Brüder, die mir auch noch einen Toast am Abend zubereiten.

Haser Apart Otel – es steht zum Verkauf

22.10. Als ich um 7h morgens wie vereinbart zum Frühstück komme, ist noch alles finster und die Küche kalt. Es dauert allerdings nicht lange und einer der beiden Brüder bereitet mir eine Eierspeise und das Frühstück zu. Es ist hier frühmorgens grimmig kalt und das schlägt sich auch auf das Gehtempo nieder… Die Finger wärmen sich trotzdem nur langsam auf. Im Eilschritt erreiche ich nach ca. 2 Stunden Gelendost, wo ich mich in einer der vielen Teestuben aufwärme. Es hat hier die Apfelernte voll eingesetzt und Unmengen an Äpfel werden auf Lastwägen weggebracht.

Apfelernte in Anatolien – Sie werden mit Löffelbagger auf Lastwägen gebracht

Zwei Frauen schenken mir Äpfel und bei einer Rast auf einem Holzbankerl bringt mir ein älterer Mann auch noch Weintrauben.

Dieser liebenswerte Türke schenkte mir von seinem Garten Weintrauben – vielen Dank!

Auch die Zwetschgen sind jetzt reif und ich esse hier so gute und süße Zwetschgen wie selten zuvor in meinem Leben. Gegen Abend erreiche ich ca. 4 km vor der Ortschaft Bagkonjak eine Tankstelle wo ich nach einer Unterkunft frage. So lerne ich hier Süleiman kennen. Er hat in Stuttgart gearbeitet und leitet jetzt die Tankstelle hier. Er bietet mir an hier mein Zelt aufzubauen und lädt mich auf eine Käsepide ein. Die Nacht im Freien im Zelt schlafe ich gut, allerdings hat es hier auf einer Höhe von ca. 1.000 Metern schon Minusgrade in der Nacht.

Zeltplatz bei der Tankstelle vor Bagkonjak
Das Thermometer geht im Oktober in Anatolien schon unter 0 Grad – in dieser Nacht hatte es -3 Grad.

23.10. In der Früh kommt Süleiman mit 2 Simits und einer Teigtasche gefüllt mit Käse vorbei und meint, das sei mein Frühstück. Beim Tankstellenwart bekomme ich warmen Tee und kann mich von der Nacht aufwärmen. Gut gestärkt geht es dann weiter in die Ortschaft Bagkonjak und Kozlucay, wo ich in einer kleinen Teestube mit Einheimischen einen Tee trinke.

Ortschaft Kozlucay in Anatolien – von hier geht es auf einen Pass auf 1.700 Meter

Von hier führt die Straße auf einen Pass auf 1.700 Meter, da muss man sich schon vorher noch ein wenig stärken. Um die Mittagszeit erreiche ich dann den Pass und auch hier gibt es eine kleine Hütte wo Tee ausgeschenkt wird und ich meine Mittagspause verbringe.

Kurz vor dem Pass auf ca. 1700 Metern

Mit frischem Bergwasser, das hier entspringt, gehe ich dann hinunter nach Cankurtaran und weiter in die Ortschaft Engili. Da die Nächte im Zelt schon etwas kühl werden, befrage ich mich beim Pidebäcker nach einer Unterkunft.

Pidebäcker in Engili

Es ergibt sich nichts wirklich Brauchbares und so fülle ich meine Wasserflaschen. Ein wenig außerhalb des Dorfes finde ich in einem Obstgarten ein geeignetes Plätzchen und verbringe eine weitere Nacht in meinem Zelt hier in Anatolien.

24.10. Um ca. 2h morgens muss ein Hund mein Zelt entdeckt haben und er beginnt ordentlich zu bellen. Er beruhigt sich dann zwar wieder, aber ich finde nicht wirklich mehr zu meinem Schlaf. Ziemlich müde packe ich dann noch in der Finsternis meinen Rucksack und mein durch Kondensationswärme nasses Zelt zusammen und gehe ca. 1,5 Stunden in die nächste Ortschaft Ilicak.

Teestube in der Ortschaft Ilicak – der Ofen gibt gute Wärme

Nach einem Frühstück mit viel Tee und 3 Simits komme ich schön langsam wieder in die Gänge und erreiche gegen Mittag die Ortschaft Ilyaslar wo ich einen Toast esse und mein Zelt in der Sonne trocknen lasse.

Teepause am Weg nach Derbent

Gegen 17 komme ich dann in die Ortschaft Doganhisar und ich frage auf der Straße jemanden um eine Unterkunft. Dieser jemand ist Mustafa und ruft einen anderen Mustafa (Mustafa Doyduk) an, der mich in seiner Wohnung im Tugra Otel übernachten lässt. Das Vertrauen scheint hier beinahe grenzenlos zu sein.

25.10. Heute habe ich wieder einmal gut geschlafen und bei Morgengrauen esse ich in einem Lokal eine Mercimek Suppe mit Brot und trinke cay. Nach einer kurzen Pause in Basköy gehe ich bis ca. 1 Stunde vor der Ortschaft Cigil wo ich meine restlichen Simits und einen Apfel zumittag esse.

Mit Kindern in einer Ortschaft am Weg nach Derbent – Tourist, tourist, tourist hörte ich sie noch rufen als ich weiterging
Renault ist DIE Automarke in der Türkei – hier einer der neueren Sorte, ein R12
Am Weg nach Derbent
Abendstimmung in Anatolien – hier am Weg nach Derbent

Durch wunderschöne Landschaft auf einer Höhe von bis zu 1.500 Metern gelange ich nach mehr als 45 km im Bergdorf Derbent an. In einer Teestube lerne ich den einheimischen Imam kennen, der mir eine Unterkunft bei Üzür verschafft. Die Dorfjungen scharen sich um mich und beschießen mich mit Fragen. Schließlich bringen sie mich in die Teestube von Üzür und er zeigt mir mein Zimmer über der Teestube. Nach einer warmen Dusche stärke ich mich in der Lokantasi von Isa mit Linsen, Brot und einigen Fleischstückchen. Dann holt mich Üzür ab, wir trinken noch einen gemeinsamen cay und er ist einverstanden, dass ich eine zweite Nacht bei ihm verbringe. Ausserdem erreichen mich an diesem Abend keine so freudigen Nachrichten von zuhause.

26.10. Heute morgen merke ich, dass ich auch nicht mehr der Jüngste bin und 45 km nicht meine bevorzugte Tagesdistanz sind. Bei einer Mercimek Suppe verbringe ich den Morgen wieder bei Isa und lasse dann beim Schneider im Ort meine Hose richten.

Isa bereitet die Döner für das Mittagessen vor
Zum wiederholten Mal landet meine Hose beim Schneider – hier in Derbent. Er arbeitet ca. 30 Minuten an meiner Hose und verlangt dann 15 TL (weniger als 1 Euro)

Ich werde heute hier noch ein wenig rasten und mich von den letzten Tagen erholen bevor es morgen weiter Richtung Konya geht.

Nach einem guten Döner bei Isa durchstreife ich noch ein wenig das Dorf und gehe früh schlafen. Erholung war angesagt.

27.10. In einer Bäckerei bekomme ich direkt vom Holzofen zwei Brötchen, die ich mir in einer der vielen Teestuben schmecken lasse.

Bäckerei in Derbent

Dann verabschiede ich mich von Isa und diesem beschaulichen Bergdorf auf ca. 1.500 Metern. Danach geht es auf fast 2.000 Meter hinauf, wo ich mit einem Schafhirten ein paar Worte wechsle und die schöne Aussicht genieße.

Blick auf die Ortschaft Mülayim und dem zentralen Anatolien – auf ca. 1.950 Metern war das die bisher höchste Erhebung auf meiner Wanderung

In der Ortschaft Mülayim suche ich vergeblich nach einem Lebensmittelladen. Schließlich bekomme ich vom Dorflehrer Brot, Tomaten und Äpfel. Er ist aus Konya und pendelt jeden Tag hierher zur Arbeit. Dann gehe ich auf Feldwegen weiter in die Ortschaft Salahattin. Ich setze mich neben der Moschee auf ein Bankerl und esse die Reste vom Lehrer in Mülayim. Es gesellt sich dann ein 65-jährkiger Türke zu mir. Sein Haus befindet sich genau gegenüber der Moschee und seine Frau bereitet uns Tee zu. Seine Kinder seien alle in Konya und er betreibt hier mit seiner Frau eine kleine Landwirtschaft. Als ich ihm von meiner Pilgerwanderung erzähle, meint er schließlich, er würde auch gerne einmal nach Mekka gehen. Bei diesen Worten sah ich eine große Sehnsucht in seinen Augen. Schließlich gibt er mir auch noch einmal Brot, Tomaten und Äpfel mit auf den Weg und wünscht mir alles Gute. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich für Leute wie ihn die Pilgerreise mitgehe…

Teepause in Salahattin – ich spürte seinen Wunsch nach einer Hadsch (Pilgerreise) nach Mekka

Am Abend komme ich dann in Basarakavak an wo ich im Büro des örtlichen Muhtas (Bürgermeisters) übernachten kann. Und das obwohl er gerade nicht im Dorf ist und ich ihn nicht kenne. Ich frage mich welcher Bürgermeister bei uns zuhause das zulassen würde. Am Abend esse ich von meinem Proviant und betrachte wieder die regen Gespräche in einer der Teestuben.

28.10. In der gleichen Teestube wie gestern gleich gegenüber dem Büro des Muhtars esse ich gemeinsam mit einem Einheimischen Brot, Tomaten, Äpfel, etc… Dies waren in letzter Zeit meine Hauptmahlzeiten geworden 🙂 Am Weg nach Kücükmuhsine lerne ich einen Kuhhirten auf seinem Pferd kennen und zwei Hunde begleiten mich bis weit in den Tag hinein.

Kuhhirte – am Weg nach Sille

Auch im Bergdorf Kücükmuhsine gibt es kein Lebensmittelgeschäft, sodass ich froh bin noch etwas Proviant im Rucksack zu haben. In Sille angekommen gehe ich in das Konak Hotel, der einzigen Unterkunft im Dorf. Es sei leider alles ausgebucht, meint der Besitzer Mehmet nur. Als er mein langes Gesicht sieht meint er, er könne mir am Abend wenn alle Gäste weg sind eine Matratze am Boden richten. Bei den derzeitigen Temperaturen in der Nacht draußen willige ich natürlich gerne dazu ein. Am Abend erzählt er mir auch, dass bis zum Bevölkerungsaustausch mit Griechenland in den Jahren 1923 und 1924 hauptsächlich Griechen in diesem Dorf lebten. Als sie 1924 nach Griechenland gebracht wurden, wurden alle Häuser zerstört und neu aufgebaut. Nur sein Hotel, die Kirche und die Hammam haben diese Zerstörungsaktion überstanden. Ich verbringe einen ruhigen Abend in seinem Kaffee und gegen Mitternacht gehen die Lichter aus.

29.10. Mehmet lädt mich in der Früh auch noch zum Frühstück ein – absolut legendär und empfehlenswert! Nur erlesene Produkte kommen auf den Tisch wie der Honig aus der östlichen Türkei, die Honigmelone von Cumra und die Oliven aus Mut.

Mit Mehmet, dem Besitzer des Konak Hotels in Sille, beim Frühstück – vielen Dank!

Dann besuche ich noch die Aya Elena Kirche und das Time Museum bevor ich mich von Mehmet verabschiede und die restlichen 12 km nach Konya gehe.

Aya Eleni Kilisesi (Kirche der Heiligen Helena) in Sille

Bei einer Moschee ca. 5 km vor dem Zentrum esse ich die letzten Reste der Tomaten, etc und erreiche am frühen Nachmittag das Zentrum von Konya.

Nach mehr als 6 Monaten und 4.000 km erreiche ich nun also Konya – die Stadt der Sufis und Derwische

Das Usulan Hotel von Ali, das ich von früheren Besuchen bereits kenne, wird nach wie vor renoviert und so quartiere ich mich im Aziziye Hotel gleich neben der gleichnamigen Moschee in der Nähe des Basars ein. Pro Nacht inkl. Frühstück 200 TL und die Zimmer sind okay. Ich hole mir dann vom Araf Hotel meine neuen Schuhe, die ich ja von Istanbul hierher geschickt habe. Die Wanderung kann weitergehen.

Mit den neuen Schuhen im Araf Hotel in Konya

Im Anschluss daran besuche Shemsi Tabrizi in seiner letzten Ruhestätte in der gleichnamigen Moschee. Er war 1185 in Täbris im heutigen Iran geboren was ihm später auch den Namenszusatz gab. Er war einer der großen Sufi Mystiker und Derwische seiner Zeit. Seine Wanderschaft brachte ihn schließlich nach Konya wo er Mevlana (Rumi) traf, seinerseits wiederum der Gründer der Derwischbruderschaft Mevlana und einer der größten persischen Dichter. Er war auch Freund, Lehrer und Schüler von Rumi.

Grabmal von Shemsi Tabrizi in der gleichnamigen Moschee

In der Nähe des Grabmals von Shemsi esse ich in der Ali Baba Kebapci einen herrlichen Kebab mit Lammfleisch.

Weltbester Kebap mit Lammfleisch und selbstgemachtem Ayran

Das Essen ist wirklich fantastisch gut in der Türkei. Den Abend verbringe ich im Kulturzentrum bei einer Sema, einer ca. einstündigen Tanzvorführung der sich im Kreis drehenden Mevlana Derwische. Immer wieder schön so etwas zu erleben.

Besuch einer Sema im Kulturzentrum von Konya – Derwische der Mevlana Derwischbruderschaft drehen sich dabei im Kreis

Kurze Erklärung: Ein Derwisch ist ein Mitglied einer religiösen islamischen Ordensgemeinschaft, zu dessen Riten Musik und rhythmische Tänze gehören. Sie sind vor allem durch Bescheidenheit und Disziplin bekannt. Seit Jahrhunderten ist für die tanzenden Derwische das Drehen um die eigene Achse ein Mittel, um im Rahmen des Sufismus, der islamischen Mystik, zu mehr Erkenntnissen über sich selbst zu kommen und sich mit dem Göttlichen zu verbinden.

30.10. Ich komme gerade vom Frühstück zurück und habe soeben mit Muttern telefoniert. Ihr Rucksack wurde wieder gefunden und alles ist wieder gut, hallelujah! 😇

Gesamtkilometerca. 4.030

Fazit: Die Türkei ist für mich das Land des cays (Tees), der Simits (Sesamringe), der Gastfreundschaft, der vielen Moscheen und Schafherden und der bellenden Hunde. Das zentrale Hochland von Anatolien erscheint im Herbst in wunderschönen Farben und erzeugt in mir eine unglaublich schöne innerliche Ruhe. Möge sie sich auf das Umfeld übertragen. Nach mehr als 4.000 km und 6 Monaten habe ich nun auch zu Fuß Konya erreicht und die Wanderung geht bald wieder weiter Richtung Südost.

TÜRKEI – Teil 3 (Selcuk/Ephesus – Aydin – Pamukkale)

05.10. Da ich wieder einmal eine Dusche brauche und hier auch länger bleiben möchte, quartiere ich mich für 350 TL im Nicea Hotel ein. Während mir die Putzfrauen die Wäsche macht, besorge ich mir zwei neue Ersatzheringe. Da es hier keine Heringe für mein Zelt gibt biegt mir ein geschickter Türke zwei 200er Nägel zurecht. Sie sind zwar etwas schwerer aber brechen auch nicht so schnell. Dann besuche ich das sehenswerte Museum mit Fundgegenständen hier aus Ephesus.

Artemisstatue aus dem 2. Jhdt n. Chr. – Sie ist im der griechischen Mythologie u.a. die Göttin der Jagd und der Tierwelt und gilt als Schutzherrin der Stadt Ephesus.

Als ich vom Museum zurückkomme, bringt mir die Putzfrau die gewaschene und trockene Wäsche. Frisch geschniegelt gehe ich mich mit meiner Hose und meinem Zelt wieder einmal zu einem terzi (Schneider), der mir versichert bis morgen wieder alles geflickt zu haben. Dann mache ich noch eine Runde in der Stadt, esse im Zentrum der Stadt und liege wiederum vor 20h im Bett und schreibe diese Zeilen.

06.10. Heute werde ich die antike Stadt Ephesus besuchen und habe mir dabei einiges vorgenommen. Zuerst frühstücke ich in einer kleinen Bäckerei Börek und Simit bevor ich mich zu Fuß auf den Weg Richtung Ephesus und dem Haus der Mutter Maria mache. Es ist immer ein ganz eigenes Gefühl so in alten Überresten von Städten zu gehen mit der Vorstellung, dass diese vor Jahrtausenden erbaut und entstanden sind.

Grotte der 7 Schläfer von Ephesus – Heiligenlegende mit einer Tradition im Christentum und im Islam

Ephesus, oder Efes wie es in der Landessprache auch genannt wird, ist natürlich ein Besuchermagnet und bereits um 9h morgens werden Touristen in großen klimatisierten Bussen herangebracht. Es gelingt mir gerade noch vor dem großen Andrang einen ersten Eindruck der Stadt zu bekommen, bevor ich weiter zum Haus der Mutter Maria gehe. Diese Kapelle auf einer Anhöhe von ca. 380m wird von Pilgern als möglicher Wohn- und Sterbeort der Maria Mutter Gottes gesehen.

Haus der Mutter Maria – möglicher Wohn- und Sterbeort der Mutter Maria

Danach gehe ich noch einmal zu den Überresten der antiken Stadt Ephesus zurück um sie mir noch genauer anzusehen. Am Weg hinunter nach Ephesus verabschiede ich mich auch vom Meer und der Ägäis. In Ephesus angekommen stärke ich mich mit einem halben Liter Wasser, die Preise sind hier ein Vielfaches vom Normalpreis. Allerdings schon sehr beeindruckend wieviel noch von dieser ehemaligen römischen Hauptstadt der römischen Provinz Kleinasiens erhalten ist.

Celsus-Bibliothek in Ephesus – eine öffentliche antike Bibliothek römischer Zeit
Hadrian’s Tempel – tempelähnliches Monument, dem Kaiser Hadrian (117 – 138 n. Chr.) gehuldigt

Auch ein österreichisches Archäologenteam war hier mit den Ausgrabungen beschäftigt und ist es auch heute noch.

Die Ausgrabungsarbeiten dauern nach wie vor an – in der antiken Stadt Ephesus

Ziemlich müde komme ich nach ca. 20 km wieder zurück nach Selcuk und schaue mir auch kurz noch den Artemistepel und die Johanneskirche an.

Überreste der Johanneskirche in Ephesus – sie war einst einer der größten Sakralbauten des Byzantinischen Reiches

Nach einer kurzen Stärkung bei Wasser und Cay hole ich mir vom Schneider die Hose und das genähte Zelt ab. Einwandfreie Arbeit um 30 TL (keine 2 €). Als ich ihm Trinkgeld geben will lehnt er dankend ab. So sind sie, die Türken… Ich kaufe mir dann noch einen Lippenschutz in der Apotheke, da der Wind und die Sonne noch immer sehr stark sind hier untertags. Auch das Ladekabel für mein Handy hat den Geist aufgegeben. Schön langsam wird mein mitgebrachtes Material müde, wie mir scheint… 🙂

Morgen früh geht es von hier wieder weiter landeinwärts Richtung Osten und dem zentralen Anatolien.

07.10. – 09.10. Ich verließ am 7. Oktober Selcuk in Richtung Osten und Sirince.

Blick auf Selcuk und das Meer
In den Straßen von Sirince – ein Bergdorf in der Nähe von Selcuk
Freskomalerei in der Johanneskirche in der Ortschaft Sirince

Die letzten drei Tage ging ich also weg von der Küste und landeinwärts in das große Anatolien. Hier ist gerade Erntezeit. Jeden Tag kommen mir viele Traktoren entgegen, geladen mit Strohballen, Baumwolle oder Holz. Auch hier steht der Winter vor der Tür.

Dieser Traktor hatte allerdings eine andere Mission – er geleitete ein Dromedar

Manchmal wird es auch eng auf den Straßen und ich muß aufpassen, daß mich nicht einer der LKWs oder Traktoren ungewollt mitnimmt.

Magnesia am Mäander – eine antike Stadt im Westen Kleinasiens

Die Gegend ist relativ flach, so komme ich gut voran. Gehen, Essen, Trinken und Schlafen könnte man die letzten Tage wohl am besten beschreiben bei meinem Spaziergang nach Jerusalem.

Baumwollfelder am Weg nach Pamukkale
Caypause im Schatten eines großen Baumes

Es gelingt mir immer wieder eine geeignete Unterkunft zu finden, bei den Preisen hier kann ich nicht widerstehen. So war es das Itak Hotel bei der Tankstelle in Ortaklar (195 TL), das Aydın Cembilitas Hamam Otel in Aydın (350 TL) und gestern das Kolcuoğlu Hotel ebenfalls bei der Tankstelle in Yenipazar (120 TL).

10.10. Ich gehe die paar Kilometer vom Hotel zurück nach Yenipazar und erledige ein paar Telefonate, die bereits anstanden. Es ist hier das Land der Baumwolle. Die Ernte hat jetzt voll eingesetzt und wie ein Tourguide aus Pamukkale erklärt, können auch viele der Einheimischen davon leben.

Baumwollernte am Weg nach Pamukkale

Die Bauern bringen auch die Strohballen für den Winter heim, die Kühe werden es ihnen danken.

Die Strohballen gehören unter ein schützendes Dach – am Weg nach Pamukkale

Gegen Abend erreiche ich dann doch noch die Ortschaft Pirlibey. ‚Es gebe hier keine Unterkunft, nur im ca. 5 km entfernten Kuyucak‘, wird mir gesagt. Da es allerdings bereits finster wird auch keine gute Option. Auf meine Frage, ob es möglich wäre, in der Moschee zu schlafen, meint ein Einheimischer, er müsse den Imam fragen. Ich höre ihn darauf hin mit ihm telefonieren, viel ‚tamam‘ (okay) und nach ein paar Minuten sagt er mir, dass auch der Imam einverstanden ist. Zuvor esse ich noch eine sehr gute pide im einzigen Esslokal des Ortes. Immer wieder interessant zuzusehen, wie der Teig gestreckt wird und die länglichen Teigformen dann im Holzofen verschwinden. Zurück am Dorfplatz lerne ich Yusuf kennen, der 18 Jahre in Linz in der Voest und in der Schiffswerft gearbeitet hat. Jetzt ist er in der Pension und lebt wieder in seinem Heimatort.

Mit Yusuf in seinem Heimatort Pirlibey – vielen Dank!

Er spricht noch immer sehr gut Deutsch und zeigt mir dann so gegen 21h in der Moschee den Platz, wo ich die Nacht verbringen kann. Er übernimmt die Rechnung für cay, cahva, etc, ich sei der Gast des Dorfes – vielen Dank Yusuf und all ihre Türken!

Übernachtung in der Moschee von Pirlibey

11.10. Ich wache früh auf und während ich meine Sachen zusammenpacke kommt auch schon der Imam vorbei. Er wusste von mir und wir tauschen uns so gut es geht aus bevor er zum Gebetsruf ansetzt. Übrigens hat er dies hier noch selbst getan, von wegen Tonband, etc… Während zwei oder drei Gläubige zum Beten kommen, verlasse ich auch schon wieder die Moschee und werde letztlich auch noch zum cay eingeladen. Ich gehe heute bei staubiger Luft über 40 km, teils durch eine große Baustelle wo eine neue Straße gebaut wird. Zweimal halte ich einen LKW an um mir einen halben Liter Wasser zu geben. Einmal bleibt einer selber stehen und gibt mir zwei hartgekochte Eier und Brot raus.

Eine der vielen cay Pausen in der Türkei – eine gute Gelegenheit Türken und ihr Land kennenzulernen, etwas Türkisch zu lernen und ihnen etwas von meinem Land und meinem Weg zu erzählen

Nach mehreren Cay Pausen erreiche ich dann ein Hotel mit einem Thermalbad. Genau das Richtige für mich heute und kurz darauf sitze ich schon im warmen Thermalwasser und entspanne mich vom langen Tag. Auch hier spricht der Besitzer Thair gut Deutsch und wir verbringen den Abend gemeinsam.

12.10. Zum Frühstück esse ich heute etwas von meinem Müsli. In Sarayköy macht mir eine Frau eine Kelle Paca csorba. Es ist dies ein Suppe mit Fleischstückchen drinnen, die auch recht gut schmeckt.

Kelle Paca csorba – die Suppen werden hier mit Salat und Brot serviert

Wieder eine der angeblich über 100 verschiedenen Suppen in der Türkei kennengelernt. In der Ortschaft Asagisamli lerne ich einen Tourguide kennen, der gut Englisch und Deutsch spricht. Obwohl ich wirklich nicht hungrig bin und noch 10 km bis Pamukkale vor mir habe lässt er es sich nicht nehmen, mich auf einen Köftesandwich einzuladen. Nach weiteren 10 km erreiche ich gegen Abend dann die Ortschaft Pamukkale und quartiere mich im Otel Anatolia (350 TL inkl. Frühstück pro Nacht) für zwei Nächte ein. Pamukkale ist für seine natürlichen Thermalbecken, umgeben von weißem Kalkstein, sehr bekannt und daher auch bei den Touristen sehr beliebt. Auch die Preise sind hier daher wieder andere. Weysel, der Hoteljunge, übernimmt meine schmutzige Wäsche, und nach ein paar cays gehe ich früh schlafen.

13.10. Heute mache ich wieder einmal einen Rasttag und genieße es um 8h beim Frühstückstisch zu sitzen. Mit frisch gewaschener Wäsche starte ich dann so um 9:30 in Richtung der weißen Sinterterassen, für die Pamukkale bekannt ist. Beim Eingang muss man nicht nur 200 TL Eintritt zahlen sondern auch die Schuhe ausziehen.

Barfuß und die Sandalen im Sackerl, geht es die kalksteinhaltigen Sinterterassen von Pamukkale hoch

Barfuß wandere ich dann mit vielen anderen Touristen aus allen Ländern der Welt die einzelnen mit mineralhaltigen Thermalwasser gefüllten Terassen hinauf. Im Anschluss daran gibt es hier auch mit Hierapolis wieder eine antike griechische Stadt zu besichtigen. Der Ort war im Altertum schon berühmt für die warmen Quellen, deren Wasser unterhalb der Stadt die weißen Kalksinterterassen von Pamukkale entstehen ließ. Besonders gefallen mir die Nekropolis mit den vielen Sarkophagen und das römische Theater.

Detail eines Sarkophags in der Nekropolis von Hierapolis

Während ich mich zur Mittagszeit bei einem Tee stärke, rufe ich bei Muttern an. Alles in Ordnung zuhause und sie wird heute wieder einmal in den Schallenberg fahren.

Gut erhaltenes römisches Theater von Hierapolis

Viel gut erhaltene Bausubstanz, ein gutes Museum und eine schöne Aussicht auf die Umgebung lassen mich letztlich den ganzen Tag da oben verbringen, bevor ich die weißen Sinterterassen wieder herunter spaziere in die kleine Stadt Pamukkale.

Statue von Hades, dem Gott der Unterwelt und der Toten – aus dem 2. Jhdt. nach Chr.
Paragleiter über den weissen Sinterterassen von Pamukkale
Die zahlreichen Touristen genießen die warmen Quellen von Pamukkale

Zuerst stärke ich mich mit einer EzoGelin Suppe bevor ich meine Schwester Edith anrufe. Sie hat ja heute ihren 60. Geburtstag und ich gratuliere ihr dazu. Es geht ihr soweit gut und sie feiert gerade das freudige Ereignis mit Kaffee und Kuchen bei ihrer Nachbarin.

Dann kehre ich wieder in mein Hotel zurück wo ich gerade einen Kaffee in der Lobby trinke und diese Zeilen schreibe.

Gesamtkilometerca. 3.555

Fazit: Die Gastfreundschaft der Türken ist wirklich legendär. Es gibt so gut wie keinen Tag ohne irgendeiner Einladung. Ich fühle mich sehr wohl und sicher hier in diesem Land. Möge es so bleiben!

TÜRKEI (Teil 2): Assos – Bergama (Pergamon) – Izmir (Smyrna)

19.09. Um ca. 06:30 sitze ich im Finstern bei Cay und Simit und starte um ca. 7h bei Morgendämmerung meinen heutigen Tag. Es ist auch hier bereits frisch in der Früh und so wechsle ich erst so gegen 9h von meinem langärmeligen auf mein kurzärmeliges T-Shirt. Untertags treffe ich einen Jungen mit seiner Ziegenherde bevor ich am Abend an der Küste einen wunderschönen Campingplatz entdecke. Kurzerhand ändere ich meine Übernachtungspläne und stelle mein Zelt direkt mit Blick auf das Meer auf. An der Westküste der Troas Halbinsel lassen sich die Sonnenuntergänge wunderbar genießen und ich lerne auch Mariam aus Istanbul kennen. Sie ist am Weg nach Antalya, wo noch ihre Eltern wohnen. Sie fährt langsam die Küste runter und arbeitet hier als Übersetzerin remote. So kann sie gut Arbeit mit Urlaub verbinden.

20.09. Am frühen Morgen begleitet sie mich noch in den alten Hafen von Dalyan wo wir gemeinsam frühstücken und uns dann verabschieden. Sie wird hier noch einige Tage bleiben, für mich geht es weiter Richtung Süden. Am Vormittag erreiche ich die antike Stadt Alexandria Troas, die ca. im 3. Jhdt vor Chr. gegründet wurde. Sie erlebte ihre Blüte während der Römerzeit einige Jahrhunderte später. Besonders sehenswert sind die noch relativ gut erhaltenen Bögen der Herodes Atticus Therme.

Letzte Überreste der Herodes Atticus Therme in der antiken Stadt Alexandria Troas

Ich ernähre mich an diesem Tag hauptsächlich von dem Gemüse und den Früchten, die hier von den Frauen am Straßenrand zum Verkauf angeboten werden.

Gemüseverkäuferin am Weg nach Gülpınar

Über schöne Feldwege und wenig Asphalt erreiche ich kurz vor 19h die Ortschaft Gülpınar. Hier zeigt sich im Abendlicht ein wunderschöner Tempel, den ich mir noch, kurz bevor es finster wird, anschaue. Es ist der Apollo Smintheus Tempel, der vor einigen Jahren renoviert wurde und dem Gott Apollo geweiht ist. Ich übernachte für 250 TL (ca. 14€) im Gästehaus des Dorfes gleich neben der Moschee.

Apollo Smintheus Tempel in Gülpınar

21.09. Eine ältere Frau bereitet mir am Morgen ein türkisches Frühstück zu, das auch im Preis inkludiert ist. Es gibt hier meist Tomaten, Gurken, Käse, Oliven, Ei, Weißbrot und Tee. Die Hotelpreise sind hier so leistbar, sodass ich beschlossen habe doch vermehrt auch wieder in Unterkünften zu schlafen. Frisch geduscht ist halt doch immer wieder eine andere Qualität… Am Weg zur antiken Stadt Assos begegne ich heute vielen Schafhirten mit ihren Herden.

Frau beim Machen von Köfte (Hackfleischbällchen) – kurz vor Assos

Gegen 18h quartiere ich mich dann in der Ortschaft Behramkale in der Assos Tekin Pansyion ein, Preis 200 TL. Den Sonnenuntergang verbringe ich beim Athena Tempel und genieße den herrlichen Blick auf die Ägäis und die griechische Insel Lesbos. Der Nachbar ist sehr nahe hier.

Athena Tempel in Assos

22.09. Bei einer Busstation decke ich frühmorgens wieder einmal meinen Bedarf an Simits ab bevor ich entlang der Straße Richtung Osten und Kücükkuyu und Akcay gehe. Diese Gegend ist zum Teil bereits stark verbaut. Auch die Autobahn nach Izmir führt hier vorbei sodass ich mich hier nicht länger als notwendig aufhalte.

23.09. Auch heute starte ich wieder früh bei Morgengrauen und gehe entlang der Küste Richtung Burhaniye, das ich erst spät nach ca. 38 km erreiche. Übernachtung im Hotel Bayraktar direkt am Hauptplatz von Bürhanye, 200 TL inkl. Frühstück, sehr gut!!!

Atatürk Statue am Hauptplatz von Bürhanye. Als würde die Taube in seiner rechten Hand für Frieden rufen…

24.09. Heute knacke ich nach exakt 5 Monaten die 3.000 km Marke. Das ergibt genau einen Schnitt von 20 km pro Tag, inkl. Rasttage, etc… Ausserdem erfahre ich von Johannes, dass er gut mit seiner Reisegruppe in Istanbul gelandet ist. So steht einem geplanten Treffen am kommenden Dienstag nichts mehr im Wege. Am Weg nach Bagyüzü komme ich in einigen Ortschaften (zB Yabancilar) vorbei in denen es entweder kein Geschäft gibt oder eben eines gerade geschlossen hat.

Typischer Friedhof in der Türkei, hier in Yabancilar – es reicht auch ein ganz einfacher, natürlicher Stein inmitten von Zypressen
Ortschaft Yabancilar am Weg nach Izmir

So verpflege ich mich von reifen Feigen und bin froh, dass ich in Yabancilar von einer Frau 1 Liter Wasser bekomme. Gegen 17h erreiche ich dann die Ortschaft Bagyüzü und in einem Minimarkt lerne ich einen Einheimischen kennen, der gut Englisch spricht und mich zu einer Dorffeier einlädt. Es gibt ein Beschneidungsfest und viel Essen und Trinken. Im Islam ist es für Jungen ein Gebot und für Mädchen verboten. Es ist wie für die Juden ein Zeichen für ihren Bund mit Gott. Es ist allerdings anders wie im Judentum keine Pflicht sondern eine Empfehlung des Propheten Mohammed. Im Koran steht sie nicht. Fast alle muslimischen Männer sind beschnitten. Besonders in der Türkei fallen die Beschneidungsfeste prachtvoll aus. Letztlich bietet man mir dann auch noch an im Dorfgästehaus zu übernachten.

Mit Einheimischen in der Ortschaft Bagyüzü – es gab ein Beschneidungsfest im Dorf.

Mit dem Franzosen Emmanuel aus Paris – auch er ist zu Fuß nach Jerusalem unterwegs, und das ohne Geld! Es funktioniert…

Als ich mich schon niederlegen möchte, ruft mich plötzlich Emmanuel, ein Franzose, an. Er ist ebenfalls zu Fuß unterwegs und wir waren schon einige Zeit in Verbindung. Er sei ebenfalls im Dorf und habe von mir gehört. So gehe ich noch einmal zur Feier zurück und treffe ihn und andere Einheimische. Letztlich übernachtet er im selben Zimmer wie ich. Da er müde ist schläft er früh. Ich trinke noch ein Efes Bier mit Einheimischen bevor auch ich mich zur Ruhe begebe.

25.09. Emmanuel und ich frühstücken gemeinsam und starten dann gemeinsam unsere Wanderung Richtung Bergama und Izmir.

Am Weg nach Izmir – bei herbstlichen Temperaturen um die 20 Grad macht das Wandern wieder so richtig Spaß!

Er erzählt mir, dass er von Paris gestartet ist und via Italien, Albanien, etc in die Türkei gekommen ist. Er ist 31 Jahre alt und reist gänzlich ohne Geld. Und es funktioniert… Er wird immer wieder eingeladen und manchmal bekommt er auch Spenden, mit denen er sich über die Runden hält. In der Ortschaft Yukaribey essen wir zumittag und während ich zu Hause anrufe, ruht sich Emmanuel in einem Park aus. Als er gegen 15h immer noch im Park sich ausruhte machte ich mich alleine auf den Weg Richtung Bergama wo ich derzeit im Bergama Selinos Hotel nächtige. Es ist bereits Nebensaison, so lassen sich immer wieder gute Preise ausverhandeln. Emre, der Juniorchef gibt mir einen guten Preis, macht mir auch noch die Wäsche und bereitet mir letztlich auch noch ein sehr gutes Schwammerlgericht zu. So werde ich morgen gestärkt und wieder sauber in Bergama einlaufen. Iyi geceler – Gute Nacht!

26.09. Gut gestärkt und mit frisch gewaschenem Gewand erreiche ich am späten Vormittag Bergama, das antike Pergamon. Schon von weitem sehe ich die Akropolis (Burg, Burgberg) von Bergama, die sowohl mit der Seilbahn als auch mit dem Auto erreichbar ist. Natürlich auch zu Fuß… 🙂

Die Akropolis (Burg) von Pergamon ist bereits von weitem sichtbar!

Auch im Tas Konak Hotel bekomme ich als Pilger einen Spezialpreis für 2 Nächte (500 TL) und werde dafür auf Ihrer Webseite erscheinen… 🙂 Heute steht hier Sightseeing an. Zuerst besuche ich die Stadt und das archäologische Museum, in dem viele Funde von Pergamon zu sehen sind.

Frauen beim Plausch mit ihren typisch weiten Hosen – in den Straßen von Bergama
In den Straßen von Bergama – eine Teepause geht immer!
Schreibarbeiten werden hier noch auf der Straße mit einer alten Schreibmaschine erledigt – der Mann beherrschte das Adlersystem perfekt… 🙂
Das Medusa Mosaik aus dem 3. Jhdt n. Chr. dekorierte einst den Boden eines Gebäudes in der Akropolis von Pergamon – Im Archäologischen Museum von Bergama

Danach gehe ich zur Asklepieion, ein Heiligtumskomplex im Westen der Stadt, der für den griechischen Gott der Heilkunst, Asklepios, eingerichtet wurde. Es gab hier verschiedene Methoden zur Heilung von Krankheiten, man könnte es als Kuranstalt in der Antike bezeichnen.

Via tecta im Asklepieion – in der römischen Kaiserzeit wurde diese Straße von der Stadt Pergamon zum Heiligtum erbaut. Hier wurden die Patienten von den Ärzten voruntersucht. Die Todkranken und schwangeren Frauen wurden nicht in die Heilanstalt eingelassen. Im Hintergrund die Akropolis.

Um ca. 17h erreiche ich dann die Talstation der Seilbahn, die mich für 100 TL zur Akropolis raufbringt. Ich verbringe hier oben einen wunderschönen Abend zw den Überresten dieser antiken Stadt.

Trajan Tempel – Akropolis von Pergamon
Trajan Tempel im Abendlicht

Beim Runtergehen auf der antiken Straße verlaufe ich mich mit meinen Schlapfen und nur mit Mühe gelange ich zu meiner Unterkunft zurück.

27.09. Heute mache ich wirklich einmal einen Rasttag und genieße ein ausgiebiges Frühstück mit selbstgemachtem Brot, Eierspeise, Käse, Tomaten, Gurken, Butter, Marmelade und Honig. Und mehrere Tassen Cay durften natürlich dabei auch nicht fehlen. Es tut wieder einmal gut einfach nur durch die kleinen Gässchen zu gehen, Moscheen zu besuchen und kleinere Einkäufe wie ein neues Zahnbürstel, Zahnpasta und eine kleine Vorratspackung an Müsli mit Walnüssen zu erledigen.

Galenos von Pergamon (129 – 216 n. Chr.) – ein vorwiegend in Rom tätiger griechischer Arzt.

Rote Halle – Tempel der ägyptischen Götter

Heute ist auch ein Treffen mit Johannes Aschauer, dem Initiator des Jerusalemwegs (https://www.jerusalemway.org), geplant. Während ich in meine Unterkunft zurückgehe ruft mich Johannes an und erzählt mir, dass er und seine Reisegruppe bereits in Bergama ist.

Wenig später holen sie mich von der Roten Halle mit ihrem Taxi ab und nehmen mich mit rauf zur Akropolis. So habe ich noch einmal die Möglichkeit mit ihnen gemeinsam die verschiedenen Sehenswürdigkeiten der Akropolis wie den Trajan Tempel und das römische Theater zu besichtigen. Wir kommen auch bei einer Zisterne vorbei und bei einem Münzwurf gelingt es mir, eine 1 TL Münze auf einen Sockel zu platzieren. So sollte sich mein Wunsch erfüllen, dass ich noch heuer bis Weihnachten gesund und munter Jerusalem erreiche, inshallah…

Mit Johannes und der Reisegruppe aus AT und D vor dem Trajan Tempel auf der Akropolis in Bergama

Während der Besichtigung lerne ich auch einige Mitglieder der Gruppe kennen und tausche mich auch mit Johannes aus. Wie schnell sind die 5 Monate vergangen als ich ihn am Anfang meiner Wanderung in Mauthausen und Arbing getroffen habe.

Selfie mit Johannes auf der Akropolis von Pergamon – er ist im Jahre 2010 gemeinsam mit seinem Arbeitskollegen Otto Klär und David Zwilling nach Jerusalem gegangen

Er gibt mir noch einige Tipps für die bevorstehende Route durch die Türkei bevor wir uns wieder verabschieden. Die Reisegruppe wird in den kommenden Tagen mit ihrem Bus die wichtigsten Sehenswürdigkeiten des türkischen Teils des Jerusalemwegs erreichen und besuchen können. Es war ein schönes Wiedersehen und ich lasse den Rasttag und Abend bei einer türkischen Pizza (Pide) ausklingen.

Pide – die türkische Pizza

28.09. Mit neuen Aufklebern für den Jerusalemweg verlasse ich heute Bergama wieder. In ca. 4 Tagen plane ich in Izmir zu sein wo bereits meine neuen Schuhe warten.

Derweilen habe ich noch keine übersehen… 🙂

Die heutige Route führt mich durch kleine Ortschaften. Meine Mittagspause verbringe ich bei einer Moschee wo ich einen Teil meines Müslis und die restlichen Früchte von Emre aufesse. Bauarbeiter laden mich wenig später auf ihrer Baustelle auf einen cay ein.

Cay Pause mit Bauarbeitern – am Weg von Bergama nach Ismailli

Es ist heute sehr windig und so bin ich froh gegen 17:30 in der Ortschaft Ismailli anzukommen. Ein älterer Herr deutet mir den Weg zu einer Unterkunft, da auch hier der Minimarkt gerade geschlossen ist. Es ist das Thousand Ally Hotel (https://1000ally.com/) und Sibel, die gut Englisch spricht, bietet mir ein Zimmer mit Dusche, inkl. Abendessen und Frühstück um 20€ an. Sie betreibt dieses Hotel erst seit ca. 2 Monaten gemeinsam mit ihrer kleineren Schwester und deren Mann. Alle drei hatten genug von der Millionenmetropole Istanbul und versuchen hier ihr Glück! Die Köfte und das selbstgemachte Gemüse schmeckten hervorragend, sehr empfehlenswert diese Unterkunft!

Thousand Ally Hotel in der Ortschaft Ismailli

29.09. Während mir Sibel beim Frühstück noch den Unterschied zwischen der Mercimek (Grün, einfach zu machen und lange haltbar) und EzoGelin Suppe (Rot, mit Tomaten, Tomatenmark und mehreren Zutaten, nicht so lange haltbar) erklärt, schlage ich mir noch den Bauch mit Tomaten und Gurken frisch aus dem Garten voll. Zum Abschied gibt sie mir auch noch ein Sackerl gefüllt mit Spinat Börek, Tomaten, Gurken und Brot mit. Ich sollte damit heute und morgen auskommen. Wenn man soviel Essen geschenkt bekommt ist es immer so eine zweigeteilte Freude als Wanderer. Zum einen freut es einem natürlich und man will es nicht ablehnen, zum anderen muss man es natürlich auch tragen…:-) Im Zweifelsfall nehme ich es allerdings immer gerne an!

Mit Sibel beim Frühstück – bald wird auch ihre Mutter zu ihr nach Ismailli kommen, sehr zu ihrer Freude.

In einer der folgenden kleinen Ortschaften esse ich außerhalb einer Moschee zumittag die mitgebrachten Börek, usw. und raste mich in einem riesigen Sofa aus. Nach ca. 34 km erreiche ich die Ortschaft Bozalan. Es wird hier in den Teehäusern allgemein geduldet, mitgebrachtes Essen auszupacken und zu essen. In Bozalan bringt mir der nette Teehausbetreiber sogar ein Teller und Messer, natürlich trinke ich etwas bei ihm. Auf meine Frage ob es hier eine Unterkunft gebe, verneint er. Ich könne allerdings bei ihm im Teehaus mit meiner Isomatte und Schlafsack übernachten. Da es bereits dunkel wird, nehme ich dieses Angebot gerne an und schaue dann den ganzen Abend den Kartenspielern bei Ihren Künsten zu. So gegen 22h, als das Teehaus noch voller Leute ist, deutet mir ein Einheimischer, dass ich mit ihm mitkommen solle. Er zeigt mir die gleich nebenan liegende Moschee und meint, ich könne auch im Vorraum der Moschee schlafen wenn ich wollte. Ein sauberer Teppichboden ist natürlich schon etwas Besseres und vor allem muss ich nicht warten mit dem Schlafengehen, bis die letzten Kartenspieler nach Hause gehen. So bringe ich meinen Rucksack in die Moschee und verbringe so meine erste Nacht in einer Moschee. Sie sollte nicht die letzte bleiben… 🙂
Kartenspieler in ihrem Element! Im Hintergrund der nette Teehausbetreiber – in Bozalan.

30.09. Um kurz vor 6h früh erwachen ich mit dem Gebetsruf des Muezzins. In die Moschee kommt übrigens hier um diese Uhrzeit keiner zum Beten. So kann ich mich noch ein bisschen ausschlafen bevor ich im Morgengrauen gegen 7h früh wieder meine Sachen packe. Moscheen haben den Vorteil, dass es auch Stellen zum Waschen der Füße gibt, Toiletten und Handwaschbecken. All inklusive quasi… 🙂 Zum Frühstück esse ich das letzte Stück Brot mit einer Gurke, das mir Sibel mitgegeben hat und eine der großen Zwetschgen von Bergama. Mit deutlich leichterem Rucksack gehe ich heute Richtung Menemen, Izmir liegt schon in Reichweite. Vormittags kaufe ich mir in einem kleinen Shop einige Simits und Wasser bevor ich in Menemen Köfte esse.

Frauen vor einem kleinen Lebensmittelladen am Weg nach Izmir – die weiten Hosen sind hier bei den Frauen weit verbreitet.
Auch an den Hausfassaden zeigt sich immer wieder der Nationalstolz der Türken – und nicht nur der… 🙂

Zumittag setze ich mich bei den Restaurants meist ins Freie und schlüpfe aus den Schuhen raus. So bekommen meine Füße Luft und die Schuhe und Socken können ein wenig trocknen. Da ich morgen Izmir erreichen möchte, gehe ich noch spät in den Abend hinein. Und nachdem meine geplante Unterkunft ausgebucht ist, meint der Hoteljunge was ich denn von der naheliegenden Moschee halte. Nachdem ich jetzt gute Erfahrungen mit Moscheen gemacht habe, willige ich ein. Wenig später liege ich auch hier, natürlich mit Absprache des verantwortlichen Imams, auf dem feinen Teppich in der Moschee.

Übernachtung in einer Moschee in einem der Vororte von Izmir

Solche Nächte haben schon etwas ganz Besonderes! Es ist ein großes Privileg von den Einheimischen das Vertrauen zu bekommen hier übernachten zu können.

01.10. Ein neues Monat beginnt wieder so um 05:45 mit dem Ruf des Muezzins zum Gebet. Zum Unterschied zu Bozalan wurde mir gestern noch gesagt, dass hier frühmorgens sehr wohl praktizierende Muslims zum Gebet kommen. Ich packe daher sogleich meine Sachen. Bevor die ersten Männer kommen bin ich quasi schon nicht mehr da und sichtbar. Auch ich möchte sie nicht zuviel bei ihrem Gebet stören. Gleich nebenan hat bereits eine Bäckerei offen und ich frühstücke cay und Simit als ca. eine halbe Stunde später der Imam vorbei kommt. Er spricht gut Englisch und hat mich bereits gesucht. Er besteht darauf noch einen cay und ein Gebäck mit ihm zu frühstücken, er wolle mich einladen. Es wird dann fast 8h morgens als wir uns verabschieden. Auf die Frage wieso mich die Einheimischen in einer Moschee übernachten lassen, erklärt er mir, dass es im Koran stehe, Reisenden beim Erreichen ihres Zieles behilflich zu sein…

Frisch gestärkt gehe ich dann noch entlang des Meeres die restlichen 15 km durch die nördlichen Bezirke von Izmir bevor ich um die Mittagszeit eine Fähre auf die Südseite von Izmir nehme.

Fischer im nördlichen Izmir
Kleiner Hafen im nördlichen Izmir
Flamingos im nördlichen Izmir

Auf der Südseite ist das alte Izmir (früherer Name war Smyrna) mit der Promenade, dem alten Bazar und der alten Festung. Ich hatte ausnahmsweise im Lotus Garden Hostel ein Bett für 2 Nächte reserviert. Am Weg zum Hostel gehe ich durch den alten Basar und konnte einer EzoGelin Suppe nicht widerstehen. Sian, dein Tipp war wieder einmal sehr wertvoll! 🙂

Alter Basar (Kemeralti Basar) in Izmir
EzoGelin Suppe (Hauptzutaten sind Bulgur und rote Linsen) – ein wahrer Genuss!

Sie ist meines Erachtens noch besser als die Mercimek (beides sind ja Linsensuppen) und somit meine derzeitige Lieblingssuppe hier in der Türkei. Am Nachmittag hole ich mir die von Istanbul geschickten Asics Schuhe ab und werde von hier weg mit den neuen Schuhen weitergehen. Mit den alten Schuhen gehe ich auf die Straße und in den Basar. Sie haben schnell einen neuen Besitzer gefunden… 🙂

Dann lasse ich mir wieder einmal den Bart rasieren und die Haare schneiden. Friseurbesuche gehören für mich hier immer wieder zu einem besonderen Erlebnis! Bei einem cay telefoniere ich am Abend wieder einmal mit meiner Mutter und sie erzählt mir die letzten Neuigkeiten von zuhause. Sie war auf der Tappenkarseehütte im Großarltal wandern und in den Bergen hat es schon geschneit.

02.10. Ich hebe heute etwas Bargeld ab und besorge mir in einer Apotheke eine neue Salbe für meine Füße. Die liebe Burtschen aus dem Hostel meint sie wäre gut. Wir werden sehen… Jetzt sitze ich gerade bei einem türkischen Kaffee und werde heute noch die Atmosphäre der Stadt im alten Basar und im Konak Viertel an der Promenade verbringen. Morgen früh geht es wieder weiter – inshallah!

Kumre – eine Spezialität aus Izmir!
Uhrturm von Izmir – das Wahrzeichen der Stadt

Ich genieße den Abend noch im alten Basar und gehe früh ins Bett.

03.10. Um 6h morgens ist es jetzt auch hier noch finster draußen. Ich verlasse den Schlafraum möglichst leise und frühstücke in der Küche noch ein Müsli und einen Kaffee, den mir ein Mitbewohner gibt. Dann starte ich mit meinen neuen Schuhen die nächsten ca. 1.000 km bevor ich sie in Konya dann wieder wechseln werde – inshallah!

Von der Festung des antiken Smyrna hat man einen wunderschönen Blick auf die Stadt und den Hafen.

Blick von der Festung auf Izmir

Ich verbringe einen weiteren halben Tag um aus den Vororten dieser Millionenstadt raus zu kommen.

Kurz vor der Ortschaft Bulgurca wird es dann dunkel und ich versuche mein Zelt in einem Olivenhain aufzubauen. Allerdings ist der Boden derart trocken und hart, dass ich die Heringe kaum reinbekomme. Als dann auch noch einer bricht, packe ich etwas genervt wieder alles im Bausch und Bogen zusammen und suche bereits mit der Stirnlampe ein neues Plätzchen. Abseits der Straße finde ich dann doch noch einen geeigneten Platz und lege mich etwas geschafft zur Ruhe. Das war es aber noch nicht. Meine Stirnlampe muss den örtlichen Jäger alarmiert haben und er klopft bei mir am Zelt an. In meinen wenigen Brocken Türkisch erkläre ich ihm die Situation und er gibt sich damit zufrieden. Der Anblick von ihm mit seiner Büchse in der Hand ließ mich dann doch noch lächelnd einschlafen. Was nicht so alles abgeht an einem ganz normalen Tag, denke ich mir immer wieder.

04.10. Ich baue mein Zelt um ca. 6h ab. Es ist auch hier schon sehr frisch um diese Zeit und in Bulgurca wärme ich mich bei einem Tee auf. Am Nachmittag trinke ich in der Ortschaft Kurukuya wieder cay und beobachte dabei die Männer bei ihren angeregten Gesprächen. Manchmal glaube ich sie beginnen gleich zu streiten, dann lachen sie wieder gemeinsam… 🙂

Angeregte Gespräche in Kurukuya

Da es noch nicht so spät ist beschließe ich noch in die Ortschaft Yoncaköy zu gehen und dort am Meer wo zu übernachten. Es gibt hier keine Unterkünfte und ein Einheimischer, der gut Deutsch spricht, bietet mir an, mein Zelt bei ihm im Garten aufzustellen. Er gibt mir noch Wasser und muss dann weg. Vor dem Einschlafen merke ich wie eine Katze an meinem Zelt kratzt. Sie muss wohl mein Brot im Zeltinneren gerochen haben und wollte sich so Zugang verschaffen. Es ist eine sehr windige letzte Nacht am Meer und um Mitternacht suche ich meine Haube um mich nicht auch noch zu verkühlen.

Sonnenuntergang an der Ägäis

05.10. Am Morgen bemerke ich ein kleines Loch am Netz meines Zeltes, ein Souvenir meines nächtlichen Besuches. Und dann merke ich auch ganz leichtes Halsweh, jetzt kommt also wieder die Zeit um aufzupassen zu müssen. Nach ca. 1 Stunde Wanderung Richtung Ephesus geht mir das Wasser aus und ich frage bei einem Haus eine Frau ob sie mir die Flasche auffüllen könne. Während sie mit meiner Flasche im Haus verschwindet, kommt ihr Mann heraus und winkt mich zum morgendlichen Cay rein. Es sind dies Hussain und Marian, die hier gemeinsam in ihrem kleinen Häuschen leben. Wir verständigen uns irgendwie mit einigen Wörtern und nach ca. einer halben Stunde gehe ich gestärkt wieder weiter nach Selcuk.

Einladung von Hussain zum cay und Olivengebäck – vielen Dank!

Am Weg nach Selcuk, dem ehemaligen Ephesus, beobachte ich auch Männer und Frauen bei der Granatapfelernte. Es sind Syrer, die hier diese Arbeit verrichten. Die letzten Kilometer fuhren entlang der Festung und ich erreiche Selcuk um die Mittagszeit.

Syrer kurz vor Selcuk bei der Granatapfelernte

Gesamtkilometer: ca. 3.310

Fazit: Die Türkei hat auch kulturell sehr viel zu bieten. Dies wurde mir bei meiner Wanderung entlang der Troas Halbinsel nach Assos, Bergama und Izmir bewusst. Die Tempelanlagen von Bergama und das multikulturelle Flair von Izmir sind dabei die Höhepunkte. Ich hatte schon viele Wochen keinen Regen mehr und bei herbstlichen Temperaturen macht das Wandern mehr Spaß als je zuvor! Ich genieße es jeden Tag nicht zu wissen was passiert und wo ich schlafen werde. Und somit einfach darauf vertrauen, dass immer das Richtige zur richtigen Zeit kommt! Es funktioniert…

TÜRKEI (Teil 1): Kesan – Istanbul – Gelipolu – Çanakkale – Troja)

03.09. In Feres gönne ich mir um 6h morgens noch die letzten Bougatsa (süße griechische Mehlspeise) bevor ich die letzten 20 km an die Grenze zur Türkei gehe. Ein wenig mit Wehmut verabschiede ich mich von diesem wunderschönen Land. Allerdings freue ich mich jetzt auch schon auf die Türkei. An der Grenze angekommen erfahre ich, dass seit der Flüchtlingskrise 2015 die Grenze nicht mehr zu Fuß überschritten werden darf. So versuche ich es zuerst mit Autostop beim nahegelegenen Duty Free Shop. Diesen 1 km über eine Brücke wird mich ja doch wer mitnehmen. Ein Taxi kostet immerhin ca. 80 Euro. Als sich nach einer halben Stunde nichts tut, beschließe ich einfach loszugehen. Schauen wir einmal wie weit ich komme und wie weit sie mich gehen lassen… Und tatsächlich, nach ca. 400 Metern kommt eine Brücke, die von zwei gut bewaffneten Militärs bewacht wird. Einer davon spricht gut Deutsch und ich erkläre ihm meine Situation. Er kennt das Spielchen natürlich eh nur zu gut… Er stellt sich zu mir und meint, es wäre behilflich, wenn er bei mir steht, dass jemand stehen bleibt. Und tatsächlich, nach ca. 10 Minuten bleibt ein albanischer LKW Fahrer stehen, der nach Antalya unterwegs ist. Es lebe Albanien! Nach ca. 1 km setzt er mich wieder ab. Der Rest ist Routine und so gegen 14 h bin ich auf der türkischen Seite.

Merhaba Türkiye – Hallo Türkei

Ich gehe heute noch bis Ipsala und trinke dort nach meiner Ankunft einmal einen Cay (Tee) und esse ein Simit (ringförmiges Brotgebäck mit Sesamkörner drauf). Während ein netter Türke auf meinen Rucksack aufpasst, hebe ich türkische Lira ab und besorge mir eine türkische Vodafone SIM Karte. Während in Griechenland die Teller und Gläser oft stundenlang auf deinem Tisch stehen bleiben, haben es die Türken eher eilig mit dem Abräumen. Es erinnert mich an frühere Besuche… Manchmal hab ich den cay noch nicht einmal zur Hälfte ausgetrunken, versucht schon ein eifriger Kellner mir das Glas abzunehmen… Es hilft einfach nur die Hand draufzuhalten… 🙂 In einem Hotel in der Nähe des Hauptplatzes quartiere ich mich für 250 TL (1€ = ca. 18TL) ein und verbringe einen ersten ruhigen Abend in der Türkei.

04.09. Zum Frühstück gibt es heute eine Hühnersuppe. Ich liebe die verschiedenen Csorbas (Suppen) in der Türkei. In Hidirköy mache ich eine Teepause und werde vom Besitzer eingeladen.

Lieber Teehausbesitzer in Hidirköy – er lud mich auf einen cay (Tee) und su (Wasser) ein – Vielen Dank!
Hirte am Weg nach Kesan

In Yeniceciftlik mache ich Mittag und auch hier werde ich von zwei liebenswerten Türken aus Istanbul zum Essen eingeladen. Es ist hier Tradition, erklären sie mir, vor allem auf dem Land. Um ca. 15h erreiche ich dann die kleine türkische Stadt Kesan wo ich im Taskin Hotel um 250 TL (ca. 14€) übernachte, inkl. türkischem Frühstück. Ich finde das Preis-/Leistungsverhältnis hier in der Türkei sehr gut. Ich gehe wieder einmal zum Friseur, der mir die Haare schneidet und den Bart abrasiert. Das ganze um 50 TL (ca. 3€). Ich werde die kommende Woche einen Abstecher nach Istanbul machen, bevor es von hier weiter geht Richtung Dardanellen und Izmir.

Meine Zeit in Istanbul: Ein Bus bringt mich für 200 TL vom otorgar (Busbahnhof) in Kesan nach ca. 3,5 Stunden in die 16 Millionenmetropole Istanbul. Ich habe für 1 Woche ein Bett im Hush Hostel in Kadiköy im asiatischen Stadtteil reservieren lassen. Ich war hier schon zweimal und ich finde das Stadtviertel Kadiköy etwas entspannter und auch billiger zum Übernachten als die europäischen Stadtviertel Sultanahmet, Galata und Besiktas.

Simit Verkäufer im asiatischen Stadtteil Kadiköy in Istanbul

Ich habe hier einige Sachen zu erledigen. Zum einen lasse ich mir von einem Terzi (Schneider) wieder einmal meine einzige Hose nähen.

Dieser Terzi (Schneider) machte mir eine Tasche innen neu und wechselte einen Zip – das ganze um 80 TL (also knappe 5 Euro)

Im Stadtteil Besiktas gibt es im Zorlu Center (einer der größten Shopping Malls in Istanbul) einen Asics Shop wo sie meinen Schuh in meiner Größe haben. Ich kaufe ihn und lass ihn mir in ihre Niederlassung nach Izmir schicken. Dort werde ich dann auf diesen neuen Schuh umsteigen. Sonst kann ich auch wieder einmal im Hushhostel auf dem Laptop von Murat meine Fotos absichern und den Reisebericht über Griechenland via email ausschicken. Abendessen gehe ich immer in das Kadi Lokantası in Kadiköy wo es gutes und billiges Essen gibt. Gleich gegenüber trinke ich dann auch immer noch einen cay, wo man mich schon kennt.

Cay (Tee) schmeckt immer gut – hier im Stadtteil Kadiköy gegenüber der Kadi Lokantasi

Ein Besuch auf den Prinzeninseln darf natürlich nicht fehlen. Diesmal klappt es wirklich und ich habe so ein wenig die Heimat von meinem Freund Raffi in Wien kennen lernen dürfen. Raffi hat in jungen Jahren dort immer die Sommermonate verbracht, wie er mir erzählte. Letztlich eine sehr schöne Schifffahrt dorthin und man kann ein wenig dem Grossstadtlärm entfliehen.

Der Name der Prinzeninseln leitet sich aus der Zeit der Sultane ab: als man Thronstreitigkeiten unter den in der Regel zahlreichen Söhnen eines Sultans vermeiden wollte, wurden diese noch bis zur Herrschaft von Sultan Mehmet III. (1595 – 1603) vom Thronfolger bei seinem Regierungsantritt ermordet.

Blick von der Hagios Giorgios Kirche – auf der Insel Büyükada, der größten der Prinzeninseln.
Spieler auf der Insel Büyükada – ein Bild von Atatürk darf natürlich nicht fehlen!
Idylle auf der etwas kleineren und ruhigeren Prinzeninsel Burgaz Adasi

Sonst besuche ich auch noch die blaue Moschee, die derzeit innen gerade renoviert wird und den Gulhane Park in der Nähe der Hagia Sophia.

Blick auf die Hagia Sophia – einst Kirche, dann Museum und jetzt wieder Moschee…
Blaue Moschee (oder Sultanahmet Moschee) im europäischen Stadtteil Sultanahmet

Einheimische genießen den Blick auf den Galataturm

Von Eminönü auf der europäischen Seite gelange ich dann abends immer mit der Fähre hinüber in den asiatischen Stadtteil Kadiköy. Schon immer wieder interessant ein Besuch dieser Millionenstadt am Bosporus. Die Meerenge, die Europa von Asien trennt. Und Schifffahrt en gehören für mich hier einfach dazu!

Fähranlegestelle im asiatischen Stadtteil Kadiköy

Gestern schaute ich mir dann noch das Europa League Fußballspiel Fenerbahce vs. Dynamo Kyew an, das der lokale Klub Fenerbahce in Kadiköy 2:1 gewann. Bei so einem Spiel ist das Spiel eher unwichtig, es zählt hier einzig nur die Atmosphäre. Und die war ein Hammer!

Fenerbahce Stadium im asiatischen Stadtteil Kadiköy

So wurde der Siegestreffer zum 2:1 in der Nachspielzeit gegen Dynamo Kiew gefeiert

09.09. Heute wird mein Freund Andreas aus Wien hier eintreffen. Er hat mich ja in Serbien auch schon einmal besucht und mir vor allem neue Schuhe nachgebracht. Auch dieses Mal kommt Nachschub.. 🙂 Ich werde hier noch über das Wochenende bleiben bevor es am Montag wieder zurück nach Kesan und weiter zu Fuß Richtung Izmir geht. Güle, güle (Auf Wiedersehen)!

Andreas und ich haben uns um 16h in seinem Hotel in Sultanahmet verabredet. Er hat wieder einmal wie in Serbien ein neues Paar Schuhe, eine Tube Hirschtalgcreme und eine Tube Bepanthen im Gepäck. Wir feiern unser Wiedersehen bei einem Fischbrötchen unter der Galatabrücke und baklava, auf die sich Andreas schon gefreut hat. Ich fahre dann mit der letzten Fähre rüber nach Kadiköy und trinke noch einen cay vor dem Bettgehen.

Wiedersehen mit Andreas – Baklava durften natürlich auch nicht fehlen!

10.10. Um ca. 10h hole ich Andreas von seinem Hotel ab und die erste Tat heute ist, dass wir die mitgebrachten Schuhe in ein Hotel nach Konya schicken. Sie (die Schuhe) müssen sich jetzt noch ein wenig gedulden bevor sie in Zentralanatolien zum Einsatz kommen. Als Belohnung trinken wir zwei cays in einer Nebengasse bevor wir unsere Sightseeing Tour in Sultanahmet und im Galataviertel beginnen. Zuerst besuchen wir das Grab des türkischen Architekten Sinan bevor wir uns von der T1 (Straßenbahn) über die Galatabrücke in das gleichnamige Viertel bringen lassen. Hier besichtigen wir eine interessante unterirdische Moschee, die kaum besucht ist und lassen uns dann einen guten türkischen Kaffee schmecken. Danach erklimmen wir den Galataturm und schlendern dann die Istiklalstraße Richtung Taksimplatz. Es ist quasi der Hauptplatz der Stadt und auch hier legen wir eine Rast ein.

‚Denkmal der Republik‘ am Taksim Platz – es soll an die Gründung der Türkischen Republik im Jahr 1923 durch Mustafa Kemal Atatürk erinnern. Er ist hier zweimal zu sehen – als Militärsperson und als Staatsmann

Den Abend lassen wir in einem ausgezeichneten Restaurant für Iskender Kebabs (Kebapci Iskender) auf der asiatischen Seite in Kadiköy ausklingen.

11.09. Beim Frühstück unterhalten wir uns ob wir heute mit dem Schiff in das Goldene Horn fahren wollen oder entlang am Bosporus. Der nette Rezeptionist im Hotel erklärt uns wo die Schiffe in Eminönü Richtung Bosporus abfahren. Eine halbe Stunde später sitzen wir auch schon auf einem der Dampfer und genießen die Aussicht auf die europäischen Stadtviertel Galata, Besiktas, etc und auf vorbeifahrende Frachter aus allen möglichen Ländern.

Rumeli Festung am Bosporus, der Meerenge zwischen Europa und Asien

Wir fahren bis zur Endstation Sariyer. Kulinarisches highlight des Tages ist heute eine Iskembe Suppe (Kuttelsuppe), die aus dem Rinder- oder Schafsdarm gewonnen wird. Nur mit viel Knoblauch und Petersilie bringen wir die Suppe runter. Ich merke mir den Namen der Suppe, da ich die kein zweites Mal haben muß… 🙂

Zurück in Sultanahmet trinken wir noch einmal cay beim alten Bahnhofsgebäude. Danach essen wir noch einmal in einer Lokantasi, die bei uns an Kantinen erinnern. Es gibt Selbstbedienung und sie haben den Vorteil, dass man sieht was es gibt und man nur darauf zeigen muss was man will. So gibt es keine unangenehmen Überraschungen. Dann verabschiede ich mich von Andreas, da ich morgen bald in der Früh wieder Istanbul verlasse und meine Wanderung von Kesan Richtung Izmir fortsetzen werde. Es war eine sehr schöne und spannende Zeit hier in Istanbul. Immer wieder schön Freunde zu treffen und auch meine Füße konnten sich gut erholen.

12.09. Ich erwische gerade noch den Bus um 9h am otorgar in Istanbul und so erreiche ich um die Mittagszeit wieder Kesan wo ich meine Wanderung zu Fuß fortsetzen werde. In der Zwischenzeit ist es auch zumittag nicht mehr so heiß und so gehe ich heute noch ca. 15 km Richtung Gelipolu Halbinsel und den Dardanellen. Ich stelle mein Zelt am Rand eines Sonnenblumenfeldes auf und richte mich schon für die Nacht ein als der Besitzer und sein Sohn vorbeikommen. Sie wollen einfach nur wissen wer ich bin und was ich hier mache. Natürlich überhaupt kein Problem und sie hätten mich dann auch noch zum Abendessen eingeladen. Sehr gastfreundlich die Türken…

13.09. Da es in den Sommermonaten in Nordmazedonien und Griechenland sehr heiß war, ließ ich immer die Zelttür offen und verwendete nur das Moskitonetz vom Zelt zum Schlafen. Die Schuhe blieben im offenen Vorzelt. Auch an diesem Abend machte ich es so und am Morgen bemerke ich, dass mir ein Schlapfen fehlt. Diese hatte ich mir in Griechenland zugelegt um bei Pausen meinen Füßen mehr Luft zu geben. Es muss wohl der Kangal (anatolischer Hirtenhund) gewesen sein, der sich da einen Spaß erlaubte. Auch nach längerer Suche fand ich den Schlapfen nicht mehr und so ließ ich auch den zweiten zurück. In Zukunft werde ich allerdings mein Zelt wieder ganz schließen. Möchte nicht eines Tages mit nur einem Turnschuh aufwachen.. 🙂 Zur ‚Belohnung‘ bekommt der zutrauliche Hund auch noch was von meinem Frühstück ab.

Er war es wohl. Aber wer kann so einem Hund schon wirklich böse sein…

In der Ortschaft Adilhan trockne ich während der Mittagspause mein Zelt und lerne einen Einheimischen kennen. Die Schüsse, die vom Meer her zu hören waren, seien nur routinemäßige Militärübungen, meint er. So kann man dem nicht sehr geliebten Nachbarn auch seine Präsenz vermitteln… Als zur Mittagszeit der Muezzin zum Gebet aufruft folgen dem nur wenige Türken, die weiterhin an ihrem cay schlürfen. Auf meine Frage hin wie genau es denn die Türken mit den 5 Gebetszeiten pro Tag nehmen, meint er unter vorgehaltener Hand, dass manche auch gar nie beten. Sie würden es allerdings nie in der Öffentlichkeit preisgeben. Den Schein nach außen hin wahren, scheint auch in der Türkei wichtig zu sein. Wir verwenden den Google Translator um uns ein wenig zu verständigen und er fragt mich ob ich ein Ehepaar kennen lernen möchte, das in Wien gelebt hat. Das macht mich neugierig und wir besuchen die beiden in ihrem schönen Haus ein wenig außerhalb von Adilhan. Sie sind beide Mitte 70 und genießen hier den Lebensabend. Der Mann erzählt mir, dass er Schneidermeister war und lange eine Änderungsschneiderei in der Mariahilferstraße und im 18. Bezirk hatte. Die drei Kinder wohnen immer noch in Wien und manchmal kommen sie auch auf Besuch in die Türkei. Und beide sprachen ausgezeichnet Deutsch, das nach 51 Jahren in Wien immer noch gut funktionierte. Es gibt Feigen und Pfirsiche aus dem Garten, die hier so ganz anders schmecken als in Österreich. Eine Tasse türkischer Kaffee und Wasser durfte natürlich auch nicht fehlen.

Einladung von einem türkischen Ehepaar, das 51 Jahre in Wien lebte – vielen Dank!
Hirte mit seiner Herde

Nach ca. 30 km erreiche ich die Ortschaft Kavakköy, wo mir ein Restaurantbesitzer kleine Fische zubereitet. Es gibt hier keine Unterkunft aber ich kann mir zumindest in seinem Garten die Füße waschen. Letztlich übernachte ich wieder in meinem Zelt in einem Kiefernwald und verbringe eine ruhige Nacht.

14.09. Als ich frühmorgens mein Zelt abbaue bemerke ich, dass mich zwei Hunde in der Nacht bewacht haben. Wir frühstücken gemeinsam bevor ich mich Richtung Dardanellen aufmache. Heute ist mein 57. Geburtstag und so esse ich in der Ortschaft Bolayir zwei Teller Mercimek (Linsensuppe), meine Lieblingssuppe in der Türkei.

Mein Geburtstagsessen – Mercimek (Linsensuppe), meine Lieblingssuppe in der Türkei

Ich telefoniere untertags mit meiner Mutter und verbringe einige Zeit auch mit dem Beantworten der Glückwünsche. Wieder ein Jährchen um… In Gelipolu quartiere ich mich im Hotel Istanbul ein. Zum Geburtstag darf es doch auch wieder einmal eine Dusche geben! Den Abend verbringe ich mit dem Sohn des Hotelbesitzers in einem Café. Seine Meinung über die türkische Regierung ist nicht die beste, vorsichtig ausgesprochen…

15.09. Es sind noch ca. 45 km nach Cannakkale, die ich an einem Tag nicht gehen werde. So beschließe ich soweit wie möglich zu gehen und die Nacht im Zelt zu verbringen. Die Wanderung entlang der Halbinsel Gelipolu ist wunderschön. Auf der linken Seite die Dardanellen und auf der rechten Seite die Ägäis.

Blick auf die Dardanellen und vorbei fahrende Frachter

Untertags komme ich bei einem einheimischen Mädchen vorbei, das hier am Wegesrand ihre Wassermelonen, Tomaten, Paprika und sonstiges Gemüse verkauft.

Mädchen beim Verkauf ihres Obstes und Gemüses – ich kaufte ihr zwei Tomaten ab, als Draufgabe gab es ein Stück Wassermelone und Mandeln – vielen Dank!

Gegen Abend wird mein Wasser knapp und ich bin froh, dass ich eine Gedenkstätte an türkische Märtyrer (Akbas Friedhof) erreiche. Hier gibt es einen kleinen Shop mit Cola, etc und der liebenswerte Betreiber des Shops bringt mir auch noch Salz vorbei als er mich die Tomaten essen sieht.

Mein Abendessen – es gab Fisch von den Dardanellen!

Mit aufgefüllten Wasserflaschen zelte ich in der Nähe der Gedenkstätte.

16.09. Am Morgen schaue ich mir noch einmal die Gedenkstätte vom WK1 an bevor ich die letzten 10 km nach Eceabat gehe.

Akbas Friedhof – hier liegen türkische Soldaten, die als Märtyrer bezeichnet werden. Sie sind in der Schlacht bei Gallipoli während des WK1 gefallen.

Akbas Friedhof – hier liegen türkische Soldaten, die als Märtyrer bezeichnet werden. Sie sind in der Schlacht bei Gallipoli während des WK1 gefallen.

Von hier gehen Schiffe auf die asiatische Seite der Türkei hinüber, genauer gesagt nach Cannakkale. Ich erreiche Cannakkale um die Mittagszeit und quartiere mich im Obergeschoss des City Residence Hotels für 400 TL ein. Svetlana, die ukrainische Rezeptionistin, empfiehlt mir das Marinemuseum und einen Stadtspaziergang entlang der Promenade.

In den Straßen von Cannakkale

Im Marinemuseum sind hauptsächlich historische Boote und Waffen aus der Zeit im 1. Weltkrieg zu sehen.

Die Schlacht von Gallipoli (Gelipolu) wurde während des Ersten Weltkriegs vor und auf der türkischen Halbinsel Gallipoli auf der europäischen Seite der Dardanellen, aber auch auf der asiatischen Seite der Meerenge, zwischen Ägäis und Marmarameer ausgetragen. Sie endete mit einem Sieg des Osmanischen Reiches, das auf der Seite von Deutschland und Österreich kämpfte. Der Ausgang von WK1 ist allerdings auch bekannt…

Überreste des UB 46 – ein deutsches U-Boot, das mehrere Schiffe versenkte bevor es selbst von einer Unterwassermine im Jahre 1916 versenkt wurde.

Morgen geht es weiter Richtung Troja! Und die gute Nachricht – meine Blasen heilen ab seit ich keine Blasenpflaster mehr verwende und eine Hautemulsion schmiere. Ich hoffe es geht so weiter!

Den Abend verbringe ich entlang der Promenade wo gerade ein Trojafestival stattfindet.

17.09. Da es heute 32 km nach Troja sind stehe ich etwas früher auf und esse zum Frühstück Käse Burek und trinke einen cay mit Wasser. Es geht entlang der Küste jetzt Richtung Süden ohne große Steigungen und meist auf Asphalt. Da ist es auch einfacher ‚Kilometer zu machen‘, die Dardanellen immer in Blickweite. Zumittag kehre ich in ein kleines Lokal ein in dem es Pide (eine Art türkische Pizza) gibt. Auch gebe ich den Füßen immer wieder Frischluft indem ich während der Mittagspause aus den Schuhen und aus den Socken rausschlüpfe. Gegen 18h erreiche ich dann die Ortschaft Tevfikiye (früherer Name war Hisarlic), wo ich mich in der Pension Varol einquartiere. Ismael, der freundliche Besitzer, hat in Deutschland gearbeitet und spricht sehr gut Deutsch. Er gibt mir ein Zimmer für 200 TL (umgerechnet ca. 11€), das außergewöhnlich schön, groß und sauber ist. Sehr empfehlenswert diese Unterkunft! Am Abend bereitet mir die Frau von nebenan Mercimek und Köfte zu und ich gönne mir wieder einmal ein Efes Bier. Bei einem (oder besser zwei) cay im Ort beobachte ich die Männer beim Dorfplausch, eine meiner Lieblingsbeschäftigungen hier. Teehäuser sind hier reine Männersache.

18.09. Gut ausgeschlafen gehe ich in ein anderes Teehaus frühstücken, das schon um 7h offen hat bevor ich den letzten Kilometer zu Fuß zu den Überresten der antiken Stadt Troja gehe.

Büste des griechischen Dichters Homer, im Hintergrund auch Büsten des Troja Prinzen Paris und der Helena.

Pünktlich um 08:30 kann man die Anlage von Troja betreten. Das erste was man zu sehen bekommt ist das berühmte trojanische Pferd, es gibt viele Mythen darüber.

Trojanisches Pferd in Troja – wurde 1975 fertig gestellt und dient hauptsächlich touristischen Zwecken

Selbst der griechische (anatolische) Dichter Homer hat im 8. Jhdt v. Chr. in seinem Heldenepos Ilias das Pferd und Troja bereits erwähnt und beschrieben.

Im Anschluss besichtige ich die Ausgrabungen der antiken Stadt Troja. Sie galt lange vergessen bevor der deutsche Kaufmann und Archäologe Heinrich Schliemann 1870 die Stadt wieder entdeckte.

Musiktheater in den Überresten der antiken Stadt Troja – erste Siedlung gab es hier bereits ca. 3000 v. Chr.

Da es hier auch noch ein sehr interessantes, nur 4 Jahre altes Museum gibt, beschließe ich noch eine weitere Nacht hier zu bleiben um mehr Zeit für den Museumsbesuch zu haben.

Museum in Troja – bis zu 8.000 Jahre alte Gegenstände werden hier gezeigt

Statue der Aphrodite, der Göttin der Schönheit aus dem 2. Jhdt. v. Chr. – Im Museum von Troja

Nach einer kurzen Mittagspause mache ich mit Ismael einen Ausflug an die Küste. Hier zeigt er mir noch deutsche Kanonen, die im Dardanellenkrieg 1915 verwendet wurden. Anschließend machen wir noch eine Teepause bevor wir wieder zurück fahren. Ismael gibt mir noch einige Tipps für den Weg bevor er sich zum Abendessen zurückzieht.

Mit Ismael (in der Mitte) und einem Freund von ihm bei einer Caypause.

Gesamtkilometer: ca. 2.870

Fazit:

Kaum in der Türkei angekommen wurde ich auch schon zu einem cay (Tee) und Simit (Brotgepäck) eingeladen. Die Gastfreundschaft kommt hier der im Kosovo schon sehr nahe. In Istanbul konnte ich nicht nur die Sehenswürdigkeiten und die türkische Küche genießen sondern auch einige organisatorische Dinge erledigen. Die türkische Küche gehört für mich zu einer der abwechslungsreichsten und besten Küchen der Welt. Letztlich macht die derzeit sehr niedrige Bewertung der türkischen Lira (1€ = ca. 18 TL) die Türkei für uns auch zu einem sehr preiswerten Reiseziel. Ausserdem sind auch meine Blasen wieder so gut wie verschwunden! Die Temperaturen gehen auch hier deutlich runter, sodass ich das Wandern auch wieder so richtig genießen kann. Ich freue mich jetzt schon sehr auf Izmir, Ephesus und das zentrale Anatolien. Güle güle (Auf Wiedersehen)!

GRIECHENLAND (Teil 2): Berg Athos – Stavros – Kavala – Insel Thassos – Alexandropouli – Feres

12.08. Da es einen Zusammenhang der Klöster auf dem heiligen Berg Athos und den Metéora Klöstern gibt (Mönch Athanasios floh ja bekanntlich vom Berg Athos nach Metéora), ließ ich es mir nicht nehmen, auch den heiligen Berg Athos auf der gleichnamigen Halbinsel von Chalkidiki zu besuchen. In Ouranoupoli angekommen erfahre ich, dass es morgen ein Schiff dorthin gibt. Da die Zimmer hier nicht unter 50 € pro Nacht zu kriegen sind, übernachte ich gemeinsam mit einem anderen Griechen ’sehr zentral‘ hinter dem Wehrturm am Strand.

13.08. Verschlafen müssen wir einen Covid Test machen um auf das Schiff zu kommen. Wir verbringen einen schönen Tag und sehen einige Klöster und den heiligen Berg Athos, der hier über 2.000 Meter aus dem Meer ragt.

Der heilige Berg Athos – nur Männern ist der Zutritt zu dieser Mönchsrepublik gestattet.
Ein Mönch in der Mönchsrepublik Athos

Danach erreiche ich gerade noch den Bus zurück nach Thessaloniki, wo ich noch eine Nacht im Zeus is loose hostel verbringe.

14.08. Nach mehr als 2 Wochen Pause vom Wandern starte ich also wieder gestärkt die Etappe Richtung Kavala, Alexandropouli und der Türkei, ca. 500 km.

Ein letzter Blick auf meine geliebte Stadt Thessaloniki (Saloniki)

Ich passiere viele kleinere Dörfer und finde letztlich bei einer eingezäunten kleineren Kirche einen guten Schlafplatz.

15.08. Heute ist Feiertag und in einem kleinen Dorf wird ein Gottesdienst gefeiert an dem ich auch teilnehme. Die Etappe von Thessaloniki nach Stavros ist landschaftlich wunderschön. Durch alte Eichenwälder gelange ich an einen größeren See.

Der Weg Richtung Osten führt durch alte Eichenwälder, hier am Weg nach Stavros

Ich verbringe in der Nähe des Ufers außerhalb des Ortes Loutra Volvis eine ruhige Nacht in meinem Zelt.

16.08. Heute erreiche ich den Küstenort Stavros. Es ist derzeit Hochsaison und vor allem viele Serben, Rumänen und Bulgaren machen hier Urlaub am Strand. Beim Vorbeigehen am Grill beschleunige ich den Schritt. Der Duft der gegrillten Fische, etc lockt verführerisch. Ich beschließe am heutigen Abend auch Fisch zu essen und kaufe mir eine Dose Sardinen und Brot. Eines meiner Lieblingsessen, das geht immer… In der Pension Pfaffenhofen ca. 5 km außerhalb von Stavros finde ich dann doch noch ein freies Zimmer. Der freundliche Besitzer, der auch gut Deutsch spricht, gibt mir einen Spezialpreis. Vielen Dank für den Unterkunftstipp Claudia, wenn Du das liest…:-) Es gibt eine wohlverdiente Dusche und auch meine Kleidung kann ich etwas waschen.

17.08. Immer wieder kommen mir hier in der Region Makedonien Hirten mit ihren Schafherden entgegen. Für mich bedeutet das immer Vorsicht vor den beschützenden Hunden. Bisher habe ich noch keine schlechte Erfahrung mit ihnen gemacht. Sie kommen dann doch geballt scharf bellend nahe, aber sie begnügen sich bisher immer relativ schnell damit wenn ich ihnen nicht zuviel Beachtung schenke. Ich hoffe stark, dass das so bleibt!

Gemeinsam sind wir stärker… 🙂

In der Nähe eines Monuments mit einem riesigen Löwen kreuzt sich mein Weg mit dem eines jungen Radfahrers aus Jakutien im weiten Osten Russlands.

Das Löwenmonument aus dem 4. Jhdt vor Chr. – gewidmet dem Admiral Laomedon von Lesbos, ein Gefährte von Alexander dem Großen
Vasilli aus Jakutien im Fernen Osten Russlands – er ist mit seinem Fahrrad von seiner Heimat nach Portugal unterwegs

Er ist von seiner Heimat nach Portugal unterwegs und suchte Wasser, das ihm ausgegangen war. Auch seine Meinung zum Russland/Ukraine Konflikt war beeindruckend. Ich zeige ihm meine letzte Wasserstelle, wir tauschen Kontakt aus und verabschieden uns in unterschiedlicher Richtung…

Die Nacht verbringe ich wieder auf einer der Schafherden und hoffe den heimkehrenden Schafen hier nicht mit meinem Zelt im Weg zu stehen.

18.08. Heute beginnt der Tag schon in der Früh mit einem Schreckmoment! Ich lasse übernacht immer meine Schuhe und Socken im Vorzelt stehen. Als ich in den linken Socken schlüpfe, merke ich, dass etwas uneben ist. Als ich dann noch in den Schuh rein wollte, wurde es knapp und immer enger… Und zwar für ein ca. 7 bis 8 cm großes, ca. 1 cm dickes blaues Kriechtier, das aussah wie ein Tausendfüßler. Ich bemerkte es leider erst als es sich zur Notwehr setzte und stach. Der Schmerz ließ nach ca. 2 Stunden Gehen wieder nach. In Zukunft werde ich nicht nur die Schuhe sondern auch die Socken genau unter die Lupe nehmen bevor ich rein schlüpfe.

In IIliokomi lädt mich eine nette Supermarktbesitzerin auf ein großes Schinken / Käseweckerl ein. Mit aufgefüllten Wasserflaschen verlasse ich gegen Abend das Dorf und verbringe eine romantische Nacht inmitten eines Olivenhaines.

19.08. Auch in diesem Teil Griechenlands steigen die Temperaturen derzeit noch auf ca. 35 Grad. So beschließe ich heute früher aufzustehen und mit Hilfe der Stirnlampe baue ich um 4h morgens das Zelt ab.

Morgenstimmung in Makedonien – auch die Griechen brauchen Strom!

Es steht heute eine kleine Bergetappe zum Kloster Eikosiphoinisses an, das ich um ca. 8h erreiche.

Kloster Eikosiphoinisses

Es gibt hier Kaffee und Turkish Delights (oder Lokum), eine Süßigkeit, die ursprünglich aus der Türkei stammt. Gegen Mittag erreiche ich dann die Ortschaft Agios Christoferos, wo ich derzeit Mittag mache.

Die Brombeerzeit hat hier gerade richtig begonnen – willkommene Vitamine!

Mein Freund Panagiotis aus Athen hat mir eine Schlafgelegenheit in Kavala besorgt, wo ich morgen eintreffen sollte.

25.08. Ich sitze gerade in einem Café im Hafen von Prinos auf der Insel Thassos und versuche mich an die letzten Tage zurückzuerinnern. Am Weg nach Kavala komme ich auch an der antiken Stadt Philippi vorbei, die vorher Krinides hieß. Philipp II, der Vater von Alexander dem Großen, gab ihr seinen Namen nachdem er sie erobert hatte. Auch war es der Völkerapostels Paulus, der hier in der Stadt Philippi um das Jahr 49/50 n. Chr. die erste christliche Kirchengemeinde auf europäischem Boden gründete. Ohne ihm gebe es wohl kein Christentum…

Da hat sich jemand ein kühles Plätzchen gesucht – in der antiken Stadt Philippi

Vor dem Theater in der antiken Stadt Philippi – die alte Handelsstraße Vía Egnatia führt hier direkt vorbei.

Gegen Abend erreiche dann entlang der Vía Egnatia, eine der bedeutendsten Militär- und Handelsstraßen der antiken Welt, die kleine Küstenstadt Kavala.

Blick auf die Altstadt und den Hafen von Kavala

Mein Freund Panagiotis aus Athen hat hier in jungen Jahren studiert und dementsprechend immer noch viele Freunde. Einer davon ist Kostas, bei dem ich die nächsten zwei Tage bleiben kann. Wir verbringen gemeinsam mit seiner Tochter Alexandra zwei schöne Tage in Kavala und besuchen dabei auch Alexandra im Café, in dem sie in den Ferien arbeitet. Kostas betreibt hier einen Reinigungsladen in der Altstadt wo auch noch seine Mutter lebt. Wir besuchen sie in ihrem wunderschönen Haus mit Meeresblick und bringen ihr Essen vorbei. Sie hat bereits Schwierigkeiten mit dem Gehen und ist froh, dass sich ihr Sohn um sie kümmert. Samstagabend verbringen wir in einer griechischen Taverne und verkosten die griechischen Spezialitäten und Wein von der Insel Limnos.

Mit Kostas und seiner Tochter Alexandra in einer Taverne in Kavala

Am Montagmorgen des 22. Augusts verabschieden wir uns ‚bis zum nächsten Mal‘. Ich habe mich entschlossen ein paar Badetage auf der Insel Thassos zu verbringen. Eine Fähre bringt mich nach ca. 1,5 Stunden Fahrzeit auf die Insel Thassos in den Hafen von Prinos.

Fähre von Kavala auf die Insel Thassos
Kavala im ‚Rückspiegel’…

Ca. 1 km vom Hafen in Prinos entfernt gibt es einen Campingplatz, wo ich mein Zelt aufstelle und die nächsten Tage verbringe. Die letzten drei Tage besuchte ich u.a. das Dorf Theologos, die Hauptstadt der Insel Limenas (Thassos Town) oder einfach nur den Strand und lausche dem Meeresrauschen.

Verlassenes Haus mit den typisch steinernen Dächern im Bergdorf Theologos auf der Insel Thassos

Und irgendwonn bleib i donn dort… 🙂
Die Pfirsiche werden direkt von der Ladefläche des Autos verkauft – hier im alten Hafen von Limenas
Jünger Mann (wahrscheinlich Apollo) hält einen Widder – eine 3,5 m hohe Statue aus dem 6. Jhdt vor Chr., im Archäologischen Museum in Limenas

Gestern Abend hatten wir allerdings ein starkes Gewitter mit viel Wind und Regen und es hat angenehm abgekühlt. Für mich ein Zeichen, dass es auch für mich wieder Zeit wird, aufzubrechen. Ich verbringe heute noch einen ruhigen Tag hier bevor ich morgen früh mit der ersten Fähre wieder nach Kavala ans griechische Festland zurückfahre. Von dort geht meine Wanderung nach einer kleinen Pause wieder weiter Richtung Osten von Griechenland und der Türkei.

26.08. Auch von gestern auf heute morgen hatten wir noch einmal ein starkes Gewitter mit viel Regen. Nicht gerade das was man sich am Campingplatz mit dem Zelt wünscht. Und so packe ich frühmorgens um halb sechs im Finstern das patschnasse Zelt in meinen Rucksack ein und gehe Richtung Hafen. Pünktlich um 07:15 legt dann das Schiff ab. Während uns die Möwen verfolgen, lerne ich an der Reling den Bischof Stefanos kennen.

Bischof Stefanos auf der Fahrt von der Insel Thassos nach Kavala

Er ist der Metropolit der Insel Thassos, Kavala und Thessaloniki und bereitet gerade einen hochrangigen Besuch aus Athen, Kiew und Istanbul vor.

In Kavala angekommen holt mich Kostas vom Hafen ab. Wir gehen gemeinsam zu seiner Reinigungsfirma und trinken dann noch gemeinsam einen Kaffee. Auch Kopi, seine Frau und Alexandra kommen vorbei und gegen 11h verabschieden wir uns dann.

Mit Kostas in seinem Stammcafe in Kavala

Für mich geht die Wanderung wieder weiter Richtung Osten in die Türkei. Durch 5m hohes Schilf, einigen Baumwollfeldern und Olivenhainen gehe ich jeden Tag ca. 30km.

Olivenhaine aam Weg Richtung Alexandropouli im Osten von Griechenland

Ich passiere Lagunen mit Flamingos und gelange am dritten Tag am Abend in die Ortschaft Mesi wo ich im Garten einer Tankstelle mein Zelt aufstellen kann.

Lagunen mit Flamingos am Weg nach Alexandropouli

Es ist bereits Ende August und der September naht. Es hat zwar immer noch jeden Tag ca. 32 Grad aber es weht immer ein kühlendes Lüftchen vom Meer her, was für angenehme Abkühlung sorgt.

Schlafen am Strand ist wunderschön – am Weg nach Alexandropouli

Entlang der Küste und vielen Urlaubsressorts geht es letztlich dann die letzten Kilometer nach Alexandropouli.

Leuchtturm in Alexandropouli, ein Wahrzeichen der Stadt

Ich quartiere mich hier im Hotel Park ein und werde von der Besitzerin auf eine Portion Ladyfingers (Okra) mit einem Stück Feta Käse und Brot eingeladen. Sie erklärt mir, dass heuer im Februar ihr Vater gestorben ist und die Familie jetzt überlegt wie sie das Hotel weiterführen soll. Sie arbeitet in Luxemburg als Übersetzerin bei der UNO und ihre Schwester lebt in Thessaloniki, kein leichtes Unterfangen also. Im Hotel lerne ich auch noch Gian Piero und seine Frau aus Rom kennen, die jedes Jahr hier urlauben und den Vater auch gut gekannt haben. Besonders Gian Piero ist an meiner Wanderung interessiert und lädt mich zu ihm nach Rom ein falls meine Rückkehr dort vorbei führt, wer weiß…

An einem Abend gehe ich zu einen Dermatologen, der meine Füße und die Blasen in Augenschein nimmt. Er sticht mir zwei Blasen auf, desinfiziert sie und ratet mir von den Compeed Pflastern ab. Ich könne allerdings problemlos weitergehen. Wir werden sehen wie es weitergeht damit… 🙂

Am zweiten Tag erzählt mir die Besitzerin, dass am Vorabend ihr Onkel gestorben ist und er heute begraben wird. So ist es bei den orthodoxen Christen. Hier werden die Verstorbenen gleich am nächsten Tag begraben.

02.09. Heute starte ich wieder meine Wanderung und erreiche gegen Abend den griechischen Ort Feres, wo ich mich im Hotel Anthi einquartiere. Ich gönne mir eine Dusche und genieße meinen letzten Abend in Griechenland mit einem großen Teller Gyros. Morgen geht es über die Grenze in die Türkei!

Gesamtkilometer: ca. 2.650

Fazit:

Was wäre meine Wanderung ohne Thessaloniki, den Metéora Klöstern, Kavala und der Insel Thassos gewesen. Ich habe in Griechenland ein wenig ‚Urlaub vom Urlaub‘ gemacht, wenn man das so sagen kann. Bei der guten griechischen Küche und dem Meeresrauschen durchaus angebracht. Die Preise sind allerdings auch hier in Griechenland stark gestiegen, was das Leben für viele Einheimische nicht leicht macht. Ich habe auch viel Armut gesehen. Ich hoffe das Beste für das Land und den Menschen, die hier leben. Efcharisto poli Hellas! Ihr Hellenen werdet mir lange in Erinnerung bleiben!

GRIECHENLAND (Teil 1): Polykastro – Thessaloniki – Metéora

27.07. Kalimera Hellas (Hellada) – Guten Morgen Griechenland! Wieder einmal ein neues Land und wieder eine neue Sprache, ein anderes Volk, eine andere Kultur… Es gehört zum Reisen dazu, sich immer wieder einzugewöhnen, neue Wörter zu lernen, usw…

Kalimera Hellas (Hellada) – Guten Morgen Griechenland

Im ersten kleinen Dorf lernt mir die Besitzerin des Kaffeehauses die wichtigsten Wörter, die ich in den nächsten Wochen gut gebrauchen kann: Kalimera (Guten Morgen), efcharisto poli (vielen Dank), nero (Wasser), jassu (hello, auf Wiedersehen), pschomi (Brot), usw…

Im Ort Pefkodasos lerne ich den lieben Yanni kennen, der gut Deutsch spricht und viele Jahrzehnte in Stuttgart gearbeitet hat. Er verbringt die Winter immer noch in Deutschland. Im Sommer vermisst er die Sonne und das Essen im Freien…

Mit dem lieben Yanni in Pefkodasos

Gegen Abend erreiche ich die größere Ortschaft Polykastro. Hier gibt es für das erste einmal alles was ich brauche. Neue Pflaster und eine Salbe für meine Blasen, eine lokale griechische SIM Karte und gutes griechisches Essen. Nach dem Abendessen verlasse ich den Ort mit aufgefüllten Wasserflaschen und finde unter einem alten, schön aussehenden Baum einen romantischen Platz zum Schlafen. Aber wieder wird eine Nacht nicht so ruhig und romantisch wie geplant… 🙂

28.07. Gegen 2h morgens kommt extrem starker Wind auf und als ich ins Freie krieche, wird mir mein Fehler bewusst. Ich hatte das Zelt wirklich schön unter den Baum gestellt. Nur mit dem Nachteil, dass, wenn ein morscher Ast abbricht, dieser mich eventuell bei viel Glück ins Jenseits befördert. Abbauen geht auch nicht mehr bei dem Wind. So bleibt mir nur mehr übrig, daß ich fern vom Zelt im Freien bleibe. Und bangend hoffe ich, dass der Baum stark bleibt, er bleibt es auch… Als der Wind so gegen 6h morgens nachlässt, baue ich das Zelt ab und bin froh, heil davon gekommen zu sein. Ein Anfängerfehler bei der Zeltplatzauswahl. Aber wer rechnet schon bei diesem schönen Wetter jeden Tag mit so viel Wind auf einmal? Ich rechne in der Zwischenzeit mit allem und werde mein Zelt bei keinem Wetter mehr unter so einen Baum stellen.

Dieser ‚romantische‘ Zeltplatz erwies sich dann doch als nicht ganz so romantisch…

Ich habe das Gefühl, dass ich jeden Tag wieder was anderes dazulerne… Die Blasen an den Füßen sind ja auch größtenteils hausgemacht. Wozu brauche ich hier Schuhe mit einer Goretex Membran wenn es eh nie regnet. Dafür unterbindet die Goretex Membran jegliche Luftzufuhr zu meinen Füßen, da freut sich aber die Haut. Blasen sind nur die logische Folge. Und ich habe wahrlich keine empfindliche Haut… In dieser extremen heißen Etappe zwischen Skopje und Thessaloniki lerne ich bis jetzt am meisten dazu!

Gegen Mittag erreiche ich eine verlassene Tankstelle in Evropos. Ich hatte eigentlich gehofft, dass die noch in Betrieb ist. Der Besitzer erklärt mir in gutem Deutsch, dass sein Großvater sie noch betrieben habe als es die Autobahn nach Thessaloniki noch nicht gab und hier dementsprechend viele Autos vorbeikamen. Heute ist Evropos ein verlassenes Dorf, in dem es auch kein Geschäft mehr gibt. So bin ich froh, dass er mir zumindest die Wasserflaschen auffüllt.

Im Ort Aspros gibt es nur eine Verpflegungsstation und ich lerne eine lustige Runde Männer kennen, die quasi beim Frühschoppen sitzen, zum Teil auf leeren Bierkisten wie ich. Sie lernen mir noch ein zusätzliches Wort – – > Jammas (Prost)… 🙂

Lustige Runde in Aspros

Es ist zur Zeit immer noch zu heiß in den frühen Nachmittagsstunden zu wandern. So lege ich mich in einem anderen Kaffeehaus im Schatten auf den kalten Fliesenboden um mich abzukühlen und auszuruhen.

Ein kühler Fliesenboden sorgt während einer Mittagspause für eine kurze Abkühlung, hier im Dorf Aspros

Den Abend verbringe ich im Zelt in der Nähe der Zuggleise und man glaubt es nicht, aber ich verbringe eine ruhige Nacht!

29.07. Gut ausgeschlafen starte ich frühmorgens und frühstücke auf einer Tankstelle. Die Tankstellen sind in letzter Zeit mein Hoffnungsschimmer geworden… 🙂 Ich gehe an diesem Tag noch bis Sindos, ca. 15 km vor Thessaloniki. Hier erklärt mir wiederum ein Tankwart, dass die Gegend nicht ganz sicher sei, viele Hunde, etc… Und Zimmer gibt es auch keine hier.

So frage ich bei einem Haus mit Garten einen jüngeren Griechen, der grad den Rasen spritzt, ob ich bei Ihnen im Garten mein Zelt aufstellen könne. Nach Rücksprache mit seinem Vater wird mir Eintritt gewährt und ich fühle mich sicher in meinem Zelt.

Zeltplatz in Sindos, einem Vorort von Thessaloniki. Ein liebenswerter Grieche ließ mich in seinem Garten übernachten.

30.07. Am nächsten Morgen schlafe ich gleich bis 7h. Was es ausmacht, wenn der Körper sich sicher fühlt… Der junge Grieche begrüßt mich mit einem herzerfrischenden ‚Kalimera‘ durch das Zelt herein. Im Nu kommt er auch noch mit einem kleinen Tischchen und einem Sessel und so frühstücken wir gemeinsam griechischen Kaffee und selbstgemachten Zitronenkuchen in ihrem Garten. Dann muss er weg und ein wenig später verabschiede ich mich auch noch von seinem Vater, der mir nochmals Wasser reicht. Die Gastfreundschaft gibt es auch in Griechenland noch.

Am Vormittag gehe ich dann noch die restlichen 15 km nach Thessaloniki, uns bekannt als Saloniki. Ich solle mich hüten in Thessaloniki, gab mir gestern noch ein Tankwart mit. Die Millionenstadt Thessaloniki sei ein Dschungel und ich solle aufpassen nicht überfallen zu werden. Wieviele solche Hinweise hab ich schon bekommen auf dieser Wanderung, ich habe aufgehört zu zählen… Aufpassen muss man allerdings überall, das ist meine Devise.

In Thessaloniki angekommen quartiere ich mich im ‚Zeus is loose‘ hostel ein – – > https://www.zeusisloose.com/

‚Best place in town‘ wurde mir von Alex, einem französischem Pilger, empfohlen und er sollte Recht behalten. Zentral gelegen, ruhig, sauber und tolle Roof top bar mit Blick auf die Altstadt!

Mein größtes Anliegen ist es hier denselben Schuh zu bekommen, den ich jetzt verwende, nur ohne Goretex Membran. Und nach etwas Suchen werde ich in einem Shop fündig.

Auch ein neues Leibchen habe ich erstanden – das alte löste sich auf…

Der Schuh sollte in den nächsten Tagen von Athen hierher geliefert werden. Ich dusche mich, wasche meine Wäsche und schlafe…

31.07. Heute ist Sonntag und ich besuche einen Gottesdienst. Dann erklärt mir die sehr hilfsbereite Fou von der Rezeption, dass auch am Sonntag hier Apotheken offen haben. Ich decke mich mit Arzneimitteln für meine Blasen ein und werde jetzt einmal längere Zeit pausieren. Meine Füße und ich selber werden es mir danken! Außerdem habe ich das Meer erreicht – ein weiterer Grund zum Rasten, Erholen, Feiern und Genießen.

Demetrioskirche – sie ist dem Schutzheiligen der Stadt Demetrios gewidmet und wichtigste Kirche in Thessaloniki.

Sterbliche Überreste des Heiligen Demetrios in der Demetrioskirche

01.-06.08. Während dieser Tage habe ich mich verliebt!

Sie ist romantisch, voller Überraschungen und verführt mich immer wieder mit ihrer Schönheit! Sie heißt Thessa und ist keine schwarzhaarige Griechin! Thessa ist die liebevolle Bezeichnung der Griechen für ihre Stadt Thessaloniki… 🙂

Weisser Turm, einer der 7 noch erhaltenen Türme in Thessaloniki und Wahrzeichen der Stadt – beliebter Treffpunkt für ein Pläuschchen

Hagia Sophia – die ’schöne‘ Kirche in Thessaloniki
Gewürze in Hülle und Fülle auf den Märkten von Thessaloniki
Granatapfel in einem der vielen Gärten in Thessaloniki

Galeriusbogen und die dahinter liegende Rotunde des Galerius – Relikte aus der Römerzeit unter Kaiser Galerius im 4. Jahrhundert. Der Galeriusbogen war einst das Haupteingangstor zur Stadt.

Mosaiken aus dem 4. Jahrhundert in der Rotunde des Kaisers Galerius. Sie wurde ursprünglich wahrscheinlich als Mausoleum gebaut, dann als Kirche genützt und später von den Osmanen zu einer Moschee umfunktioniert. Seit 1917 dient sie als Museum.

Wunderschöne Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert in der byzantinischen Hagios Nikolaos Orfanos Kirche – Hier das Begräbnis vom Heiligen Nikolaus

Und noch eine Freskomalerei aus dem 14. Jahrhundert in der Hagios Nikolaos Orfanos Kirche – hier der Heilige Georg, einer der 14 Nothelfer.
Heptapyrgion in der Oberstadt – Festung und Sitz der Garnison des Osmanischen Reiches bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Diente später nach der Befreiung von den Osmanen bis ca. 1990 als Gefängnis. Jetzt ist es ein Museum, das besichtigt werden kann.
Blick von der Oberstadt auf den Hafen von Thessaloniki – die Stadtmauern aus byzantinischer Zeit begrenzten einst die Stadt.
Mein persönlicher Favorit im Fotografischen Museum im Hafen von Thessaloniki
Abendstimmung beim Trigonenturm in der Oberstadt
Es lebe der Rembetiko, auch als griechischer Blues bekannt – Zwei Musiker mit ihrer Bouzouki (griechisches Lauteninstrument) und Gitarre in der Nähe des Trigonenturms.
Interessantes Bieretikett der Biersorte ‚Nymph‘ – ein in Thessaloniki gebrautes Bier

Die Stadt liegt in einem der geschütztesten Mittelmeerhäfen und besteht aus einer Oberstadt (Ano poli), von wo man von der Burg (Akropolis) einen wunderschönen Blick auf die Stadt und den dahinter liegenden Berg Olymp hat.

Blick vom Kloster Vlatades auf die Altstadt von Thessaloniki

Kloster Vlatades aus dem 14. Jahrhundert. Das einzige noch bewohnte und betriebene Kloster in Thessaloniki.
Fresko aus dem 14. Jahrhundert im Kloster Vlatades.
Vlnr: Hl. Stefan, hl. Georg (eh klar.. :-)), hl. Demetrios (Schutzheiliger der Stadt) und hl. Johannes.

Unzählige byzantinische Kirchen, Märkte mit buntem Treiben, Einkaufsstraßen für alle Geschmäcker, aber auch Museen und ein interessantes Nachtleben laden hier zum Verweilen ein.

Geburtshaus von Mustafa Kemal Atatürk – Gründer der Republik Türkei im Jahre 1923.
Verschiedene Portraits von Mustafa Kemal Atatürk
Silber- und Goldmünzen aus dem Zeitalter als Makedonien ein großes Reich war, ca. 3 – 4. Jhdt vor Chr. – Im Archäologischen Museum von Thessaloniki.

Alexander der Große Statue am Quai von Thessaloniki – ehemaliger König von Makedonien (356 – 323 v. Chr.)
‚Umbrellas‘ Kunstwerk – beliebtes Fotomotiv am Quai von Thessaloniki

Auch das ist ‚Thessa’…
Statue des Eleftherios Venizelos (1864-1936) im Zentrum Thessalonikis – ehemaliger Premierminister Griechenlands. Unter seiner Führung wurde Kreta mit Griechenland vereinigt. Er gilt als größter Politiker Griechenlands in der Neuzeit. Im Hintergrund ganz links das blauweisse Hostel ‚Zeus is loose‘.
Ein Mural im Ausgehviertel Ladadika – hier steppt am Abend der Bär.

Für ein Tratscherl ist immer Zeit

Zumittag gehe ich immer zu Theodor essen. Sein kleines Lokal befindet sich gleich neben dem Hostel und er verwöhnt mich jeden Tag mit neuen griechischen Gerichten. Als Nachspeise gibt es immer Wassermelonen, die gut für den Durst geeignet sind.

Theodor in seiner Küche!

Im ältesten Trekkingsshop Griechenlands – – > Petridi Stores, Karolou Ntil 27, Thessaloniki 546 23

–> https://g.co/kgs/xDnyWN

decke ich mich wieder mit Reparaturkit für meine Isomatte und Zelt ein. Maria, die Tochter des Geschäftsinhabers, versorgt mich mit allem Notwendigen und gibt mir auch noch gute Tipps für die Metéora Klöster. Sie kommt auch öfters nach Schladming snowboarden, wer weiß vlt. gehen sich ja einmal ein paar gemeinsame Schwünge in Österreich aus. Nach einigen Tagen kommen die neuen Schuhe aus Athen, sie passen.

Geht doch auch ohne Goretex Membran, oder? Mein neuer Schuh aus Athen passt genau.

Und letztlich finden meine alten Schuhe auch noch einen würdigen Abnehmer. Als ich Olli, einen jungen Engländer, in der Hostellobby an seinem Fahrrad herumschrauben sehe, frage ich ihn ob er Schuhe brauche. Er fragte nach der Größe und sie passten genau!

Olli mit seinem Fahrrad im ‚Zeus is loose‘ hostel – er befindet sich auf einer Weltumrundung. Die Schuhe passten genau…

Er plant gemeinsam mit seinem Freund die Welt in den nächsten Jahren zu umfahren. Sie fahren für eine charity, hier ihr Instagram Profil, auf denen man ihnen folgen kann – – >

https://instagram.com/marcus.oli.world.tour?igshid=YmMyMTA2M2Y=

Ich werde hier noch bis Sonntag bleiben und überlege gerade einen eventuellen Abstecher zu den Metéora Klöstern zu machen bevor meine Wanderung im Norden Griechenlands Richtung Türkei weitergeht. Wir werden sehen…

06.08. Ich entschloss mich nun doch für einen Besuch der Metéora Klöster. Sie liegen ca. 200 km westlich von Thessaloniki in der Region Thessalien in der Nähe des Pindos Gebirges. Ich quartiere mich im Campingplatz Vrachos in Kastraki ein und erkundige für die nächsten drei Tage zu Fuß die Gegend. Am ersten Abend sollte ich gleich wieder einmal auf Abwegen kommen. Ein Einheimischer erklärt mir, dass es zwischen den Felsen einen Pfad zur nächsten Ortschaft Kalambaka gibt. Es wird letztlich eine Kletterei (die neuen Schuhe bewähren sich gleich einmal :-)) und durchschwitzt erreiche ich die ersten Häuser von Kalambaka.

Durch diese Schlucht geht es nur mit Klettern von Kastraki in die Ortschaft Kalambaka, von dem man schon die ersten Häuser sehen kann. Es dauerte allerdings noch ca. 1 Stunde bis ich diese Häuser erreichte…

Wenig später bricht ein Gewitter mit starkem Regen herein. Ich betrachte das Treiben geschützt von der überdachten Terrasse einer griechischen Taverne. Ein Kerzerl musste ich allerdings dann doch später, als sich wieder alles gelegt hatte, in der Agios Giorgios Kirche anzünden. Dieses Gewitter in der Schlucht bei der Kletterei, ich möchte nicht einmal denken daran… Glück brauchst du wirklich immer!!! Gewarnt gehe ich es dann in den folgenden Tagen etwas ruhiger an…

Campingplatz Vrachos im beschaulichen Ort Kastraki
Ortschaft Kastraki am Fuße der steil aufragenden Sandsteinfelsen

Ich starte meist zum Morgengrauen um ca. 6h und genieße die Ruhe mit den vielen Felsen und Klöstern bevor es um ca. 9h geschäftiger wird. Auch nach 17h, wenn die Besuchszeiten der Klöster enden, kannst du noch den Zauber von Metéora erleben. Die Klöster gehören zum UNESCO Weltkulturerbe und sind daher dementsprechend stark besucht.

Bereits im 11. Jahrhundert wurden die ersten Einsiedeleien in Metéora gegründet. Als es immer mehr wurden, gab es den ersten Zusammenschluss und es bildete sich das Kloster Doúpiani heraus. Mit der Ankunft des geflohenen Mönchs Athanasios, auch Meteoritis genannt, im Jahr 1334 begann die eigentliche Entwicklung des Klosterlebens. Der ganzen Region gab er daraufhin den Namen. Der Mönch Athanasios floh vom heiligen Berg Athos auf der Halbinsel Chalkidiki vor türkischen Überfällen, die im 14. Jhdt. begannen. Er war 1356 der Begründer des Klosters Metamorphosis, dem größten und wichtigsten Metéora Kloster. Der Name Metéora leitet sich ab vom griechischen Wort „meteoros“, was so viel bedeutet wie „hoch schwebend“.

Die Klöster wurden auf bis zu 400 Meter steil aufragende Sandsteinfelsen erbaut und scheinen bei dunstiger Luft tatsächlich manchmal in der Luft zu schweben. Es gibt insgesamt 24 Klöster, von denen derzeit noch 6 Klöster (4 von Mönchen und 2 von Nonnen) bewohnt sind. Mit den folgenden Bildern stelle ich Euch die 6 noch bewohnten Klöster ein wenig vor.

1. Kloster Metamorphosis, auch Kloster des Großen Meteoriten genannt. Es ist das größte und wichtigste Kloster der Region.
Im Inneren des Metamorphosis Klosters, des Klosters des Großen Meteoriten
Einer der 3 Mönche im Kloster des Metamorphosis Klosters, des Klosters des Großen Meteoriten

2. Varlaam Kloster in der Nähe des Klosters des Großen Meteoriten. Es ist nach dem Mönch Varlaam benannt, der ca. 1350 sehr asketische Bräuche hier lebte. Heute leben noch 6 Mönche im Kloster.

Morgenstimmung am Kloster Varlaam

3. Die ersten Sonnenstrahlen erreichen das Kloster Rousanou – ein Nonnenkloster. Derzeit leben noch 7 Nonnen darin.

Noch bis ins frühe 20. Jahrhundert waren die Klöster praktisch unzugänglich. Mensch und Waren wurden mit Seilwinden und in Netzen zu den Klöstern hinaufgezogen. Überreste dieser Transportsysteme kannst du noch heute an manchen Klöstern bewundern. Mittlerweile haben alle bewohnten Klöster einen Treppenzugang und sind somit leicht zu erreichen.

4. Das Kloster Agios Nikolaos Anapafsas (Heiliger Nikolaus Anapavsos) inmitten der steil aufragenden Sandsteinfelsen. Es lebt derzeit nur mehr 1 Mönch hier.
5. Agia Triada Kloster – Kloster der Heiligen Dreifaltigkeit. Es wurde 1981 weltberühmt als Drehort für den James Bond Film ‚In tödlicher Mission‘. Auch in diesem Kloster lebt derzeit nur mehr 1 Mönch.

6. Kloster des Heiligen Stefan – ein Frauenkloster. Es leben derzeit noch ca. 30 Nonnen im Kloster.

Eine der ca. 30 Nonnen, die noch im Kloster des Heiligen Stefan wohnen.

Das Ypanatis Kloster wurde bereits 1367 gegründet und ist eines der ältesten Klöster in Metéora. Es ist nur auf schmalen Pfaden zu erreichen und nicht mehr bewohnt.
Abendstimmung über Metéora
Blick vom Metamorphosis Kloster auf das Varlaam, Rousanou und Agia Triada Kloster

11.08. Seit gestern bin ich wieder in Thessaloniki und ich bin immer noch begeistert vom Zauber der Metéora Klöster. Ich hoffe Thessa wird nicht eifersüchtig!:-)

Gesamtkilometer: ca. 2.200

Fazit: Griechenland ist für mich das Land der Sonne und Olivenbäume. Die Griechen wissen zu leben. Es ist ein eigenes Lebensgefühl – gutes Essen im Freien, das Meer, die mediterran aussehenden und liebenswerten Menschen. Für mich ist es auch Zeit hier ein wenig inne zu halten, zu genießen, zu feiern, mich zu erholen und mich für die nächste Zeit zu stärken. Efcharisto poli Hellas! – Vielen Dank Griechenland!

NORDMAZEDONIEN (Skopje – Veles – Negotino – Demir Kapija – Gevgelija)

16.07. Nach dem Grenzübergang ging es vorerst einmal ca. 12 km entlang der Hauptstraße zu einer Tankstelle wo ich mich stärke. Und das bei 38 Grad Aussentemperatur, was man so halt macht an einem Samstagnachmittag… 🙂

Neues Land, neues Abenteuer – wie hier mit Nordmazedonien

38 Grad Aussentemperatur, die Spritpreise lassen mich hingegen kalt.. 🙂

Da es bis Skopje noch zu weit ist um heute dort anzukommen, gehe ich bis ca. 15km vor der Hauptstadt von Nordmazedonien und komme bei einer Kirche vorbei. Nach genauer Inspektion ist das ein wunderschöner Schlafplatz, denke ich mir. Ich kaufe in einem Minimarkt noch Lebensmittel ein und verbringe einen ruhigen Abend bei dieser Kirche am Stadtrand von Skopje.

Blick auf Skopje, der Hauptstadt von Nordmazedonien

17.07. Nach einem Frühstück gehe ich frühmorgens bei ungleich angenehmer Temperaturen nach Skopje. Bei einem Aquadukt vergehe ich mich ein wenig bevor ich beim ersten Kaffeehaus gleich 2 Macchiatos mit viel, viel Wasser trinke.

Kaffeeplausch mit 2 Kosovaren, die in Skopje leben und arbeiten

Der Kellner und sein Freund sind ursprünglich aus dem Kosovo und sind hier, weil es hier in Skopje mehr und bessere Jobmöglichkeiten gibt als bei ihnen zuhause im Kosovo. Auch hier geht die Gastfreundlichkeit weiter und der Kaffee geht auf das Haus…

Über den osmanischen Teil der Hauptstadt von Nordmazedonien gelange ich über eine Steinbrücke zum Mazedonischen Platz, dem Hauptplatz der Stadt.

Mustafa Pascha Moschee in Skopje

Mustafa Pascha Moschee in Skopje

Grabstein eines Derwisch außerhalb der Mustafa Pascha Moschee in Skopje

Vor den Toren Skopje’s, der Hauptstadt von Nordmazedonien. Es waren bisher ca. 1.800 km von zuhause bis hierher.

In der ca. 500 Jahre alten orthodoxen Sveti Spas Kirche in Skopje – Kirche der Himmelfahrt Jesu

In der Zwischenzeit habe ich mich im zentral gelegenen Shanti Hostel einquartiert. 11€ für ein Bett im 8 Bettzimmer, inkl. Frühstück und mit Mischa (Dimitry) eine echte Bereicherung. Während ich hier im Restaurant Kalabalak sitze und eiskalten Macchiato schlürfe, wird meine Wäsche im Hostel gewaschen.

Pindjur – ein traditionneller und beliebter Sommersalat auf dem Balkan. Besteht aus einem Mix aus Paprika, Tomaten, Auberginen und Knoblauch. Dazu Ziegenkäse und geröstetes Brot, schmeckt hervorragend!

Ich werde hier ein bisschen verschnaufen bevor es weiter geht Richtung Griechenland. Die Grenze zu Griechenland liegt ja nur mehr 180 km entfernt! Wie schnell ging das denn? Fast zu schnell… 🙂

In frisch gewaschener Hose, etc verbringe ich den Abend im alten Basar im osmanischen Stadtteil von Skopje.

Unzählige Statuen in Skopje – ein Zeichen der Korruption im Lande wie ich später in einer geführten Tour erfahre

18.07. Mischa hatte mir empfohlen unbedingt die Matkaschlucht zu besuchen. Mit der Buslinie 60 fahre ich bereits um 7h in Richtung Matka. Der Fluß Treska wird hier zu einem Stausee aufgestaut. Nach einem Espresso gehe ich ca. 1 Stunde inmitten eines wunderschönen Canyons zu einer Tropfsteinhöhle von wo mich ein Boot zurück zum Ausgangspunkt nimmt.

Sveti Andrej Kloster in der Matkaschlucht

Tropfsteinhöhle in der Matkaschlucht

Dann kaufe ich mir ein reguläres Ticket um 500 maz. Dinar (60 Dinar = 1€) mit dem ich die Bootsfahrt noch einmal genießen kann und besuche auch die Tropfsteinhöhle. Auf der anderen Seite des Flusses gehe ich dann noch zur Sveti Nikola Kirche hinauf und von dort auf der Rückseite zurück zur Busstation. Es ist ein schöner Tagesausflug von Skopje und viele Einheimische kommen auch hier raus um der Hitze in der Stadt zu entgehen. Im Hostel gibt mir Mischa dann den Gästelaptop auf dem ich wieder einmal meine Fotos vom Handy auf meinen USB Stick sichere. Am späten Abend beschließe ich noch einen Tag länger hier zu bleiben. Skopje, das am Fluss Vardar liegt, gefällt mir mit seinen ca. 550.000 Einwohnern sehr gut und ich kann hier auch wieder einmal länger die Vorzüge einer Stadt genießen.

19.07. Während alle im Hostel noch schlafen gehe ich heute um 6h wieder in den osmanischen Stadtteil wo ich mir einige Moscheen und einen Markt anschaue.

Morgenmarkt im osmanischen Stadtteil in Skopje

Gegen 8h frühstücke ich wieder einmal eine Burek mit Ayran, das ich in der Zwischenzeit irgendwie zu jeder Tageszeit einmal esse. Täglich um 10h startet vor dem Mutter Teresa Memorial Haus eine gratis geführte, ca. 3-stündige Tour (Spenden willkommen) zu Fuß zu den zentralen Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Gratis geführte Stadttour in Skopje – Hier in der Mazedonienstraße, der Hauptstraße Skopje’s. Unser lustiger guide Miha in seinem Element. Spenden sind willkommen!

Statue von Mutter Teresa (1910 – 1997) vor dem ihr gewidmeten Memorial Haus in Skopje. Sie widmete den Großteil ihres Lebens den Armen in Kalkutta (Indien), wo sie auch begraben ist.

Unser guide Miha macht das wirklich sehr gut und lustig und meint dann auch, daß es mit ’nur‘ 32 Grad derzeit der kühlste Sommer seit ca. 15 Jahren ist. Naja, schon sehr kühl 32 Grad… 🙂 So zwischendurch erklärt er uns auch wieso es in dieser Stadt soviele Statuen gibt. Die Regierung sei korrupt und ‚erklärt‘ der Bevölkerung, dass diese Statuen alle sehr, sehr teuer seien. In Wirklichkeit sind sie weit billiger und die Differenz wandert in ihre eigene Taschen… Dasselbe auch mit den vielen Casinos im Land. Es gebe so gut wie keine Spieler im Land, sie dienen nur der Geldwäsche… 1963 hat die Stadt ein schweres Erdbeben getroffen bei dem ca. 80 Prozent der gesamten Bausubstanz zerstört wurde, ca. 1.000 Menschen starben dabei,mehr als 200.000 Leute wurden obdachlos. Unter Tito’s Regierung wurde damals die Stadt wieder mit Hilfe auch von der damaligen Sovietunion und den USA aufgebaut. Eine Besonderheit damals während des Kalten Krieges.

‚Warrior on a horse‘ Monument am Mazedonischen Platz (Hauptplatz) in Skopje. Der Krieger hier am Pferd ist kein Geringerer als Alexander der Große, der hier als Mazedonier verehrt wird. Die Griechen sehen das anders…

Diesen beiden aus Saloniki stammenden Brüdern Kyrill und Methode haben wir das kyrillische Alphabet zu verdanken. Sie waren byzantinische Gelehrte und Priester und betrieben im 9. Jahrhundert die christliche Missionierung slawischer Völker. Sie übersetzten die Bibel aus dem Lateinischen in die slawische Sprache und brachten die Bibel so der slawischen Bevölkerung nahe.

Interessantes Postgebäude in Skopje – Brutalismus in Reinkultur

Wie schon öfters auf früheren Reisen in muslimische Länder verbringe ich heute die heißen Mittagsstunden in einer Moschee, diesmal in der ca. 500 Jahre alten Mustafa Pascha Moschee. Gegen 16:30 kommen dann die Gläubigen zum Gebet und sie erlauben mir dabei zu sein.

‚Coole‘ Musik und Publikum im Café Monfrere im alten Basar von Skopje

Am Abend treffe ich noch im alten Basar türkische Touristen aus Istanbul und Konya und wir trinken gemeinsam Cay, türkischen Tee. Letztlich tauschen wir auch noch Kontakte aus und sie laden mich ein sie zu besuchen wenn ich in diese Städte komme. Dankend nehme ich an, es ist allerdings noch ein weiter Weg bis dorthin…

20.07. Heute habe ich mir das 66 Meter hohe Millenniumskreuz (oder Jahrtausendkreuz) am Vodno Berg vorgenommen. Von hier oben soll es einen schönen Blick über die Stadt geben. Ein roter Doppeldeckerbus (made in China und nicht in UK!, wie uns gestern Miha bei der Tour erklärt hat) der Linie 25 bringt mich vom Hauptbusbahnhof zur Talstation eines Sessellift, erbaut von ?… der Fa. Doppelmayer aus Österreich. Hier warte ich gerade noch ca. 30 Minuten, da die Bahn täglich ausser Montag den Betrieb erst um 10h aufnimmt.

Millenniumskreuz am Vodno Berg außerhalb von Skopje – das 66 Meter hohe Wahrzeichen der Stadt wurde 2002 als Denkmal für 2000 Jahre Christentum in Mazedonien erbaut.

Blick auf Skopje vom Millenniumskreuz in Skopje

In der Zwischenzeit sitze ich schon heroben am Vodno Berg und genieße die Aussicht auf Skopje. Heute ist mein letzter Tag hier in der Hauptstadt Nordmazedoniens, morgen gehe ich weiter Richtung Griechenland.

Am Abend lasse ich die 4 Tage in Skopje bei einem Bierchen am Ufer des Vardar revue passieren. Diese Stadt wurde in den letzten Jahren etwas verschönert, vor allem mit unzähligen Brücken, Statuen und Denkmälern. Dazu kommt ein noch relativ authentisch wirkender osmanischer Stadtteil, der gute und preiswerte Ausgehmöglichkeiten bietet.

21.07. Frühmorgens schleiche ich mich aus dem Schlafraum des Shanti Hostels und frühstücke auf dem Bahnhof. Nach längeren Pausen komme ich immer wieder besser voran, die Temperaturen legen allerdings zu. So mache ich in Oreshani vor einem kleinen Minimarkt eine längere Mittagspause und schlafe im Schatten.

Mittagspause in Oreshani

Einheimische warnen mich dann noch vor so einigen Gefahren im Land und letztlich schlafe ich auf einer Anhöhe in der Nähe der Autobahn Richtung Thessaloniki.

22.07. Seit ich Skopje verlassen habe erinnert mich die Landschaft immer mehr an Griechenland. Felsige Berghügel, karge Vegetation und niedrige Bäume. In Veles erblicke ich in einem Garten den ersten Zitronenbaum und die Schildkröten werden immer mehr auf den Straßen. Ich kann Griechenland schon riechen! In Veles lädt mich ein freundlicher Einheimischer in seine Motorrad Werkstatt ein und wir trinken gemeinsam Cola.

Mit einem einheimischer Motorradmechaniker in seiner Werkstatt – er gab mir Cola zu trinken und füllte meine Wasserflaschen auf – vielen Dank!

Autos der Marke ‚Yugo‘ finde ich immer wieder interessant, hier ein Koral 55 (dh er hat 55PS). Sie verschwinden leider immer mehr vom Straßenbild. Dieser Kleinstwagen wurde von 1981 bis 2008 von der jugoslawischen (und später serbischen) Firma Zastava produziert und wurde damals sogar für einige Jahre als einziges osteuropäische Auto erfolgreich in die USA exportiert.

Letztlich gehe ich spät abends noch etwas weiter bis ich zu einer Autobahntankstelle komme. Es ist eine außergewöhnlich moderne Tankstelle und es gibt auch einen Duschraum für die LKW Fahrer. Die Verkäuferin versichert mir, dass außerhalb der Tankstelle Kameras montiert sind und so das Zelten auf der Grünfläche absolut sicher sei. So stelle ich mein Zelt neben all den LKWs auf, gehe duschen und trinke zufrieden einen Macchiato.

Moderne Tankstelle mit eigenem Duschraum

23.07. Dieser Tag geht in die Annalen ein. Es ist einfach nur mehr heiß hier mit Tageshöchsttemperaturen von jenseits der 40 Grad. Das Gehen fällt immer schwerer…

Die Pfirsiche werden reif – immer willkommene Abwechslung!

Nach knapp 40 km erreiche ich spätabends Negotino wo mich Buben zu einem Fußballplatz in der Nähe der Polizeistation bringen. Ich stelle hier mein Zelt auf und bedanke mich bei den Buben. Ich schlafe bereits als so gegen Mitternacht Lärm neben meinem Zelt entsteht und Jugendliche mein Zelt mit Cola- und Fantadosen bewerfen. Gefolgt von ‚Sorry, sorry‘ Rufen und Gekicher… Nach ca. 1 Stunde beruhigt sich das Ganze wieder und ich ’schlafe‘ noch mit einem Auge bis ca. 5h bevor mich der Hund vom Platzwart weckt. Eine ruhige Nacht halt wie man sich das eben wünscht…

24.07. Heute ist Sonntag und bevor ich Negotino verlasse finde ich noch eine Bäckerei wo ich Käse Burek mit Joghurt frühstücke. Am Weg nach Demir Kapija warnt mich noch ein Einheimischer, dass es auf meiner Richtung, in die ich gerade gehe, aus irgendeinem Grund kein Weiterkommen gebe. Ich denke bereits an Waldbrände und solche Sachen, glaube ihm allerdings letztlich nicht und gehe weiter. Es ist heute drückend heiss und ein älteres Ehepaar bietet mir eisgekühltes Wasser und Weintrauben an. Dankend nehme ich an und erhole mich in ihrem schönen Garten von der sengenden Hitze. Wahrscheinlich meinte der Einheimische die Berge, die zu überwinden waren.

Sengende Hitze macht zu schaffen, jeder Schatten ist willkommen, hier ein Autobahntunnel

Kurz vor Demir Kapija gibt es ein schönes Weingut, in dem ich die Mittagspause verbringe. Ich spüre heute zum ersten Mal leichte Kopfschmerzen und trinke viel. Letztlich lege ich mich für ca. 2 Stunden in den Schatten. Gegen Abend fühle ich mich dann wieder etwas besser und gehe noch in den Ort Demir Kapija. Hier kaufe ich bei einer Tankstelle Proviant für heute Abend und morgen früh, da die nächste Ortschaft ca. 20km entfernt liegt. Die Straße führt jetzt entlang den Gleisen Richtung Saloniki. Kurz vor Dämmerung erscheinen fünf Gestalten am Horizont und als sie näher kommen entpuppen sie sich als Marokkaner, die Richtung Serbien unterwegs sind.

5 Marokkaner am Weg nach Serbien und Italien zu einem ‚besseren‘ Leben

Es sind die ersten Flüchtlinge, die mir hier begegnen. Sie sind ohne Pass unterwegs und gehen hauptsächlich abends wenn es nicht so heiß ist. Später kommen mir dann noch mehr Marokkaner entgegen und ich beschließe mich dann so gegen 20h in die Büsche zu schlagen. Als ich ein geeignetes Plartzerl finde merke ich, dass diese Idee schon jemand anderer hatte. Es sind Nicole und Pascal, ein junges Pärchen aus Berlin, die seit 3 Monaten mit ihren Fahrrädern den Balkan unsicher machen und Ende September Tiflis, die Hauptstadt Georgiens, erreichen wollen. Am Abend frischt es ordentlich auf und in der Ferne gibt es ein schönes Wetterleuchten.

25.07. Als ich um 6h das Zelt abbaue, sind auch die beiden schon munter und wir tauschen noch Nummern aus um gegebenenfalls ein gemeinsames Bierchen in Thessaloniki zu trinken, etc… Ich gehe dann los und kurze Zeit später überholen sie mich, bis Saloniki dann! Doch es sollte anders kommen… Ca. 1 Stunde nachdem wir uns verabschiedet haben tauchen die beiden wieder am Horizont auf. Unter schattenspendenden Bäumen und in der Nähe einer Wasserquelle flicken beide ihre Reifen. Eine Routineaktion für die beiden…

Nicole und Pascal beim Flicken ihrer Reifen

Ich mache ca. eine halbe Stunde Halt bei Ihnen bevor ich wieder weitergehe. Bis Thessaloniki oder so, wer weiß das schon so genau… Am Weg nach Miravci treffe ich nochmals Marokkaner, die am Weg nach Norden sind. Ich gehe quasi in die falsche Richtung… 🙂

Marokkaner am Weg nach Serbien und Westeuropa. Wenn ich mir ihre Ausrüstung anschaue komme ich mir privilegiert vor.

Ich sitze derzeit in einem Restaurant in Miravci und werde so gegen 17h wieder weitergehen. Qui va doucement va loin –> langsam aber sicher !

Die Nacht verbringe ich an einem romantischen See und eine Einheimische versorgt mich nochmals mit Wasser und Lebensmitteln.

26.07. In der Früh merke ich, dass sich eine zusätzliche Blase gebildet hat. Es ist wohl die grosse Hitze hier, die im Schuh durch das Schwitzen soviel Feuchtigkeit entstehen lässt – – > beste Voraussetzungen also dafür! In Saloniki werde ich den Füssen etwas Ruhe gönnen… Nach ca. einer halben Stunde ist mein Zelt in der Zwischenzeit abgebaut und auch der Rucksack gepackt. Beim Weggehen treffe ich noch einen Einheimischen und er ist der erste, der mich für einen Migranten hält… 🙂 er hat ja nicht so Unrecht, nur gehe ich in die falsche Richtung! Als ich ihm sage, dass ich aus Österreich komme und Richtung Griechenland unterwegs sei, entspannt sich sein Gesichtsausdruck wieder deutlich.. :-)))

Dieser Bauer hielt mich als Erster ernsthaft für einen Migranten am Weg nach Norden. Als ich ihm sagte woher ich komme und wohin ich wollte kam wieder ein Lächeln in sein Gesicht… :-)))

Durch schöne Landschaft gelange ich letztlich so um 18h an die Grenze zu Griechenland. Wieder ist es eine moderne Tankstelle, die Duschen anbietet und ich kann mich so etwas erholen. Am Autoparkplatz erspähe ich ein paar Quadratmeter Rasenfläche wo ich mein Zelt aufstelle und eine ruhige Nacht verbringe.

Gesamtkilometer: 2.110

Fazit: Mazedonien oder jetzt seit 2019 offiziell Nordmazedonien hat immer noch stark mit Korruption der Regierung, etc zu kämpfen. So sind viele Menschen hier frustriert und wollen einfach weg um ein besseres Leben im Ausland zu finden. Für mich persönlich war es das bisher heißeste Land mit Tageshöchsttemperaturen von jenseits der 40 Grad und wohl auch damit der schwierigste Streckenabschnitt bisher. Die Gastfreundschaft lebt allerdings auch hier wie bisher überall am Westbalkan. Vielen Dank für die schöne Zeit!

Kosovo (Leposavic – Vuca – Mitrovica – Obilic – Pristina – Gračanica – Janjevo – Giljani – Letnica – Smirë – Kacanik)

07.07. Nach einer ruhigen Nacht an der Grenze zwischen Serbien und Kosovo gehe ich heute die letzten paar Kilometer entlang einer Schnellstraße an die Grenze.

An der Grenze zwischen Serbien und Kosovo – die Nummerntaferln werden fleißig abgeklebt

Hier wundere ich mich warum alle Autofahrer Teile ihrer Nummerntaferln abkleben. Später in einem Café wird mir erklärt, dass dies seit 2021 so von der serbischen und kosovarischen (kosovoalbanischen) Regierungen angeordnet sei. Es gab 2021 wieder einmal Zwischenfälle…

Mit weißen Streifen abgeklebtes serbisches Nummerntaferl

Im nördlichen Teil des Kosovo (nördlich des Flusses Iber), in dem vor allem immer noch Serben wohnen, dürfen Serben ihre 3 Buchstaben (SRB) und das Nationalsymbol vom Nummerntaferl nicht öffentlich zeigen. Umgekehrt auch Leute aus dem Kosovo nicht die 3 Buchstaben (RKS) in Serbien. Serbien, und auch manch andere Länder wie Griechenland, Spanien, Slowakei, Russland und China haben ja nach wie vor nicht die Rechtsstaatlichkeit des Landes Kosovos anerkannt. Offiziell erklärte Kosovo als ehemalige Teilregion von Serbien 2008 seine Unabhängigkeit. Nach dem Kosovo Krieg von 1998 bis 1999, der damit endete, dass die NATO Serbien Angriff um so der albanischen Bevölkerung im Kosovo zu helfen, erhielten die Kosovaren (zu fast 90% Kosovo Albaner) ihr eigenes Land. Die Lage an der Grenze zwischen Serbien und Albaner ist nach wie vor angespannt. KFOR (Kosovo Force) Einheiten, von der NATO aufgestellte Einsatztruppen, sichern im Kosovo immer noch den Frieden ab. Amtssprachen sind Serbisch und Albanisch. Das ca. 1,9 Mio Einwohner zählende Land wird von einer Kosovo-albanischen Regierung geführt, Hauptstadt ist Pristina.

Genug der Politik jetzt, aber irgendwie ist es Thema Nr. 1 wenn Du in dieses Land kommst… Am Weg nach Lesak sehe ich auch gepanzerte Polizeiautos, für den Fall der Fälle.

Gepanzerte Polizeiautos in der Nähe der Grenze zu Serbien

In Leposavic mache ich schließlich Mittagspause und in einem Café erklärt mir dann eben ein Pärchen die Story mit den Nummerntaferln. Am Weg Richtung Vuca passiere ich noch ein KFOR Camp wo ich mit einem jungen Amerikaner aus Virginia rede. Er sei schon lange hier, meinte er und wolle auch einmal Österreich sehen. Weitere Fotos ließ er letztlich nicht mehr zu.

KFOR (Kosovo Force) Camp Nothing Hill im Norden des Kosovo

Landschaft im Norden des Kosovo

Lieber Serben vor Vuca, im Norden des Kosovo

Lieber Serbe vor Vuca. Im Sack waren leere Maiskolben.

Ziemlich müde stelle ich in Vuca in der Nähe der Kirche mein Zelt auf und esse auf einem Parkbankerl mein mitgebrachtes Burek.

Meine erste Nacht im Kosovo – diesem Zeltplatz hatte ich noch einen lustigen Abend zu verdanken!

Plötzlich sehe ich, dass sich 2 Männer für mein Zelt interessieren. Später kommt einer davon zu mir und ich erkläre ihm in meinem spärlichen Serbisch die Situation. Daraufhin nimmt er mich mit in das Haus seines Vaters Stanko und es wird einer dieser langen und lustigen Abende wie ich sie schon des öfteren auch in Serbien erlebt habe.

Die Gastfreundschaft geht weiter – hier in Vuca im Norden des Kosovo

Dexi, eine Deutsche aus dem Sauerland, erklärt mir, dass wir hier immer noch offiziell in Serbien sind, es lebe der Nationalismus. Und es sei halt nicht so üblich, dass hier in dieser Gegend wo ein Zelt steht… 🙂 Auf NATO und EU sind sie nach wie vor nicht gut zu sprechen und ich erfahre an diesem Abend auch von Stanko, dass Boris Johnson abgedankt hat. Ganz zu seiner Freude, und nicht nur zu seiner… 🙂

08.07. Heute ist nicht so mein Tag (zu viel Raki am Vorabend???) und ich mühe mich in das ca. 20 km entfernte Zvecan wo ich in einer Bäckerei wieder Burek und eine der Tomaten esse, die mir Stanko mit auf den Weg gab. Die Tomaten sind hier einfach ein Traum! Fleischig, saftig und geschmacklich einfach tomatisch… 🙂 Dann gehe ich noch die letzten Kilometer nach Mitrovica wo ich mich um 15 € im Hotel North City einquartiere.

Blick auf Mitrovica

Statue des Prinzen Lasar in Nord-Mitrovica – ein mittelalterlicher serbischer Führer, der 1389 die Kosovo Schlacht am Amselfeld gegen die Osmanen austrug. Sein Finger zeigt Richtung Amselfeld in der Nähe von Pristina, der Hauptstadt des Kosovo.

Ich merkte, dass ich wieder einmal eine Dusche brauchte. Der freundliche Mladen an der Rezeption hilft mir auf der Terrasse mein Zelt, usw zu trocknen und erklärt mir, dass der Großteil der Kellner, etc derzeit an die Küste nach Montenegro und Kroatien gehen wo sie das Vielfache verdienen. Ebenso der Unterschied der Gehälter bei Hotelangestellten. Er bleibt noch, weil er noch ein paar Prüfungen von seinem Studium abschließen will und möchte dann ebenfalls ins Ausland.

Nach 1,5 Liter Bitter Lemon mit Wasser gemischt im angrenzenden Café fühle ich mich wieder etwas besser und erkundige die Stadt. Mitrovica ist ja durch den Fluss Iber in einen nördlichen (serbischen) Teil und einen südlichen Teil (kosovoalbanischen oder kosovarischen) getrennt. Die Kosovoalbaner sagen auch, dass nördlich der Brücke Serbien beginnt. An der südlichen Seite der Brücke in Mitrovica steht die kosovarische Polizei, an der nördlichen Seite die internationalen KFOR Soldaten mit ihren Gefährten. Überquert kann die Brücke nur zu Fuß werden.

Brücke in Mitrovica, die Grenze zwischen dem nördlichen (serbischen) Kosovo und dem südlichen (kosovoalbanischen oder kosovarischen) Kosovo

09.07. Beim Frühstück heute im Hotel erklärt mir auch der Kellner, dass auf der südlichen Seite und auch weiter im restlichen, südlichen Kosovo nur mehr mit Euro bezahlt werden kann. Ich werde jetzt dann entscheiden (und vor allem den Wettergott fragen) ob ich heute weiter gehe oder nicht. Seit gestern hat es endlich abgekühlt, allerdings ist für heute Regen angekündigt (der allerdings dann meistens eh nicht kommt). Mladen, der nette Rezeptionist erklärt mir, dass es heute den ganzen Tag regnen wird und so entschließe ich mich spontan einen Ruhetag einzulegen.

Mladen, der nette Rezeptionist im Hotel North City im nördlichen Mitrovica

Irgendwie waren die letzten Tage anstrengend… Am Morgen telefoniere ich auch wieder einmal länger mit Muttern, es gibt heute ein Gartenfest und sie macht dafür Apfelschlangerl! Da kann das Fest ja nicht mehr schief gehen… 🙂 Mladen erzählt mir danach auch noch viel über die Geschichte von Serbien, Kosovo und dem früheren Jugoslawien und empfiehlt mir angesichts der Wetterlage einen 3-teiligen Film über die Geschichte Jugoslawiens, Kosovo, etc… auf YouTube anzuschauen.

Titel des 3-teiligen Films:

Das Gewicht der Ketten (Weight of Chains), produziert 2010 einem jungen serbo-kanadischen Regisseur. Habe mir heute den ersten Teil angesehen – – > https://youtu.be/waEYQ46gH08

–> sehr empfehlenswert!!!

Der Bart wurde mir in der Hitze auch immer mehr lästig und so ließ ich ihn mir in einem Frizersalon (so heißen hier die Friseure) abrasieren. Das ganze um 100 serbische Dinar, ca. 1 Euro.

10.07. Frühmorgens um halb sechs lässt mich der Nachtwächter aus dem Hotel und ich überquere die Brücke in den Teil des Kosovos, in dem hauptsächlich Kosovoalbaner leben.

Moschee im südlichen Mitrovica

Ich komme gut voran und gegen Mittag zeigen mir Kinder einen verstecken Minimarkt, wo ich mir ein Eis und ein Cola kaufe, ich brauche Zucker… 🙂

Danach lerne ich Sabedin kennen, der mich in seinen Wohnwagen auf einen Kaffee und Baklava einlädt.

Mit Sabedin und seiner Tochter in seinem Wohnwagen – der Kaffee und die Baklava schmeckten hervorragend!

Er spricht wie viele Kosovaren gut Deutsch, da er auch einmal in Deutschland gearbeitet hat. Später kommt auch noch seine Tochter dazu und wir haben eine schöne Kaffeepause. Die Leute haben nicht viel hier und trotzdem wollen sie dir immer wieder etwas schenken oder irgendwie helfen! Welch Unterschied zu westlichen Ländern denke ich mir jeden Tag immer wieder! Wir können hier noch viel lernen…

Am Weg nach Obilic passiere ich Dörfer, in denen Roma (Zigeuner) leben und letztlich grüsst mich ein hier lebender Serbe mitten auf der Straße mit lauten Worten ‚Welcome to Serbia!‘. Nun, so etwas in einem Land wie Kosovo zu sagen oder laut zu rufen, ist schon sehr provokant… Da ich ihm mit meinen paar Wörtern Serbisch meine Geschichte grob erklären kann lädt er mich in seine Kneipe auf ein Cola ein. Wir schauen nebenbei auch noch das Wimbledon Finale der Herren, das ihr serbischer Held Novak Djokovic in 3:1 Sätzen gegen den Australier Nick Kyrgios für sich entscheidet. Die Welt ist zumindest für heute wieder in Ordnung! Dann gehe ich weiter durch heruntergekommene Straßen, die von Roma bewohnt sind, passiere ein Kohlekraftwerk und erreiche gegen Abend letztlich die Stadt Obilic.

Kinder beim Spielen vor der Stadt Obilic

Kinder vor der Stadt Obilic

Auch hier spricht der Besitzer einer kleinen Pizzeria gut Deutsch und verschafft mir letztlich einen guten Platz zum Zelten – direkt im Garten der Hauptmosche!

11.07. Am Weg nach Pristina komme ich beim Gazimestán Denkmal vorbei, einer Gedenkstätte im Kosovo.

Gazimestan Denkmal, eine Gedenkstätte an die Schlacht am Amselfeld im Jahre 1389, bei der sich osmanische und serbische Streitkräfte gegenüber standen.

Wieder ein kleiner Ausflug in die Geschichte:

Sie befindet sich am Schauplatz der Schlacht auf dem Amselfeld, in der sich am 28. Juni 1389 ein christliches Heer, dessen serbische Hauptkontingente von den serbischen Fürsten Lazar Hrebeljanović und Vuk Branković geführt wurden, der muslimischen osmanischen Streitkraft unter Sultan Murad I. entgegenstellte.

Die Schlacht, in der sowohl Lazar als auch Murad zu Tode kamen, war vorentscheidend für Serbiens Übergang in die Vasallenschaft des auf den Balkan vordringenden Osmanischen Reichs. In der Moderne wurde jedoch mit dem als Niederlage empfundenen Ereignis ein serbisches nationales Mythos begründet, das Amselfeld- bzw. Kosovo-Mythos. 1459 wurde Serbien endgültig von den Osmanen erobert und blieb bis 1804 Teil des Osmanischen Reiches.

Am späten Vormittag erreiche ich dann Pristina, wo ich mir vorerst einen Kaffee mit guter Aussicht auf die Stadt kaufe. Auch hier lerne ich wieder einen Kosovaren kennen, der gut Deutsch spricht und hier neben mir mit seinem Bruder sitzt. Er sei mit der derzeitigen Regierung mit Premierminister Albin Kurti zufrieden, der zumindest versucht, die Korruption in Grenzen zu halten. Amerikaner, Israel, aber auch westeuropäische Länder haben bei den Kosovaren grosses Ansehen. Sie haben ihnen letztlich im Kosovokrieg 1998 und 1999 zum Sieg gegen die Serben verholfen. Vorausgegangen war dem Krieg gegen die Serben, daß der damalige serbische Präsident Milosevic 1989 der damals autonomen serbischen Region Kosovo den Autonomiestatus entzogen hat, was letztlich 1998 zum Krieg führte.

Im Zentrum lerne ich bei der Bibliothek Dardan kennen und er lädt mich zu einem Kaffee in das Café Monaco ein.

Mit Dardan im Café Monaco

Das NEWBORN Monument (Neugeborenendenkmal) im Zentrum von Pristina – es wurde am 17.2.2008 enthüllt, an dem Tag an dem das Kosovo offiziell seine Unabhängigkeit von Serbien erklärte.

Er arbeitet für eine NGO und war schon des öfteren in Wien. Die Wizz Air bietet manchmal in der Nebensaison um 20 oder 30 Euro einen Retour Flug nach Wien an, da geht sich das schon aus. Letztlich fahre ich noch mit dem Lift auf den Turm der Mutter Theresia Kathedrale von wo ich einen wunderschönen Blick über die Stadt genieße.

Blick von der Mutter Theresa Kathedrale in Pristina – im Vordergrund die Nationalbibliothek und eine verlassene orthodoxe Kirche

Da ich heute noch bei Kräften bin, entschließe ich mich spontan noch in das ca. 8 km entfernte Städtchen Gračanica zu gehen. Es gibt dort ein Frauenkloster und eigentlich wollte ich dort im Pilgerraum des Klosters schlafen. Doch es war schon geschlossen und so schlief ich in meinem Zelt direkt in einem kleinen Park vor der Polizeistation. Wenn man da nicht sicher ist… 🙂 Raki wird dann zu guter letzt auch noch getrunken, da hier vorwiegend Serben in dieser kleinen Stadt wohnen.

12.07. Nach einer doch ziemlich lauten Nacht mit vielen vorbeifahrenden Autos gehe ich noch etwas verträumt in eine Bäckerei wo ich frühstücke. Hier kostet ein Schokocroissant zB 50 Cent, ein Kaffee ebenso, eine mittelgroße Pizza 2 Euro, also definitiv das bisher billigste Land bis jetzt. Um ca. 7h morgens gehe ich dann ins ca. 700 Jahre alte orthodoxe Frauenkloster, wo heute eine etwas längere Messe bis fast 09:30 stattfindet.

Das ca. 700 Jahre alte Frauenkloster Gračanica, es wohnen derzeit noch ca. 15 Nonnen drinnen.

Morgengebet im Frauenkloster Gračanica

Im Anschluss an die Messe wurden Kerzerl angezündet – im Frauenkloster Gračanica

Im Anschluss an die Messe kaufe ich mir, wie von Fatmira vom Russischkurs in Linz empfohlen, eine brojanica, ein Armband aus Knoten, das mich auf meiner Reise beschützen soll. Möge es seine Wirkung haben… Dann gehe ich noch in den Ort Janjevo, wo ich Sandi aus Neumünster bei Hamburg kennenlerne. Er ist gebürtiger Bosnier aus der Nähe von Sarajevo, der in Neumünster ein kroatisches Lokal führte. Jetzt ist er schon in Pension und genießt das Leben. Zu seinem Land Bosnien Herzegowina meinte er nur: Dieses Land ist für die nächsten 100 Jahre ruiniert… Auf meine Frage, wer es wohl ruiniert habe, meinte er nur: Na, wer wohl… Das bekannte Daytona Abkommen mit 3 verschiedenen Präsidenten in einem Land hätte er nie gemacht.

Mit Sandi, einem gebürtigen Bosnier, in einem Café in Janjevo
Verlassene Gebäude in Janjevo – ein durchaus übliches Bild im Kosovo

Es passiert in diesem Land soviel jeden Tag, vor allem lerne ich soviele Menschen kennen, dass ich manchmal schon aufpassen muß um alles richtig einzusortieren. Zum Teil bleiben die Einheimischen mit ihren Autos stehen und sprechen mich an, usw. weil sie einfach nur wissen wollen von wo ich komme, etc. und helfen wollen. Es war in keinem Land bisher so wie hier. Zwischen Janjevo und Giljani übernachte ich wieder im Zelt auf einer einsamen Wiese in den Bergen des Kosovo. Und der Vollmond leuchtet die Landschaft aus. Und ein bisschen Ruhe tut auch gut.

13.07. Nach einer Nacht mit gutem Schlaf gehe ich anfangs durch viel Grün und gegen Mittag erreiche ich eine Tankstelle mit einem Restaurant.

Reiter am Weg nach Giljani

Ich esse ein Teller Döner mit Salat, trinke eine Cola und dann noch einen Macchiato. Kosten: 2,50€. Also: Gebt der Inflation und den steigenden Preisen zuhause keine Chance und macht Urlaub im Kosovo! 🙂 Ihr seid sicher gerne willkommen… Der Kellner hilft mir ein Plätzchen zu finden um mein nasses Zelt zu trocknen. Ich habe in der Nähe eines kleinen Baches geschlafen, da ist die Luftfeuchtigkeit dementsprechend hoch und das Zelt so nass als hätte es geregnet. Gegen Abend erreiche ich dann die Stadt Giljani im Osten des Kosovo wo ich mir eine Nacht im Hotel Kristall gönne. Duschen, Essen gehen und einmal von einer sehr netten Hotelangestellten die Wäsche waschen lassen tut auch wieder einmal gut. Wie neu geboren liege ich derzeit im Kingsize Bett und höre den Muezzin die Moslems zum Gebet rufen. Ohne mich, ich schlafe jetzt eine Runde!

Blick vom Hotel Kristall auf Giljani

14.07. Ich frühstücke noch im Hotel bevor ich noch in der orthodoxen Kirche einem Gottesdienst beiwohne.

Gottesdienst in der orthodoxen Kirche in Giljani
Markt unweit der orthodoxen Kirche in Giljani

Am Weg nach Letnica, einem sehr bekannten Wallfahrtsort im Kosovo, werde ich unterwegs wieder einmal aufgehalten und zu einem Kaffee eingeladen.

Selbst nach dem amtierenden Präsidenten der USA wurde eine Straße benannt – sie wurde 2016 (nach dem Tod des Sohnes von Joe Biden 2015) nach ihm benannt. Kosovo sieht die USA als Retter der Nation, seit 1999 die NATO-Luftangriffe die Tötungen durch serbische Truppen gestoppt haben.

Die Kosovoalbaner wollen sich so für die Hilfe vom Westen bei der Gründung ihres Staates revanchieren, erfahre ich von einem in der Schweiz arbeitenden Mann. Der Kosovo ist ja das jüngste europäische Land und hat erst 2008 seine Unabhängigkeit erklärt. In Remnik geht mir dann das Essen aus und ich habe Glück gerade noch vor der Gebetsstunde um 13h in einem Minimarkt Brot, Sardinen und 2 Tomaten zu ergattern. Während die Einheimischen in ihrer Moschee beten, finde ich auf der Rückseite der Moschee zwei Bankerln im Schatten wo ich Mittagspause mache. Auf dem Dach der Moschee haben Störche ihr Nest gebaut und ich schaue ihnen ein wenig beim Weg- und wieder zurückfliegen zu. Danach kommt noch ein Einheimischer zu mir, der etwas Französisch spricht und so unterhalten wir uns eben in dieser Sprache wenn ich schon nicht Albanisch und er nicht Deutsch spricht. So gegen 14h geht er dann nach Hause Mittagessen.

Muslimischer Kosovoalbaner vor der Moschee in Remnik – die weiße Kopfbedeckung sei typisch für die Albaner.

Ich schlafe noch etwas auf der Bank und nach 15h, als die ärgste Mittagshitze vorbei ist, gehe ich nach Stubble, wo es eine katholische Kirche gibt. Im Restaurant Park Ilir erfahre ich von Adonis, dem Sohn des Chefs, dass das gegenüberliegende KFOR Camp 2011 geschlossen wurde und jetzt ein verlassenes Gebäude ist. Er selbst studiert gerade Mechatronik in der Hauptstadt Pristina und hilft hier in den Ferien seinem Vater in ihrem Betrieb. Ich esse Paragjelle Ilire, eine traditionell albanische Kost und letztlich lädt Adonis mich noch auf eine Cola ein.

Traditionelle albanische Kost – Paragjelle Ilire (auf dem linken Teller Pogaqe – – > das Brot, auf dem rechten Teller Ajvar (rot), eine Mischung aus Paprika und Auberginen; dann Ajk (weiß), joghurtähnlich und von der Kuhmilch gewonnen und letztlich ghiz (rosa; Käse von der Kuhmilch gewonnen). Es war mir letztlich zu viel und ich nahm mir die Hälfte für den nächsten Tag in einer kleinen Box mit.

Bei angenehmen Temperaturen gehe ich am Abend dann noch die letzten 3 Kilometer nach Letnica wo ich derzeit in der Unterkunft der katholischen Kirche logiere. Morgen hat mich Don Marian, so heisst der Pfarrer hier, um 7h zum Frühstück eingeladen. Er hat 11 Jahre in der Schweiz gearbeitet und spricht daher sehr gut Deutsch. In der Unterkunft habe ich endlich eine Badewanne gefunden und so konnte ich das kleine Loch in meiner Isomatte lokalisieren. Es war immer etwas Luft in den letzten Nächten ausgegangen… Ich habe das Loch mit einem Kugelschreiber markiert und morgen, wenn alles trocken ist, werde ich das Loch mit einem mitgebrachten Reparaturkit zukleben. Gute Nacht!

Das Loch war gefunden – jetzt muss es nur mehr geflickt werden… 🙂

15.07. Noch vor dem Frühstück mit Don Marian verklebe ich das winzige Loch in der Luftmatratze. 2 Nächte später im Zelt kann ich sagen, dass die Reparatur erfolgreich war und die Luft jetzt wieder zur Gänze hält. Ich frühstücke dann mit den beiden Pfarrern Don Marian und Don Alexander.

Frühstück mit Don Marian (links) und Don Alexander in Letnica

Don Marian spricht gut Deutsch. Er hat eine Schwester, die in Graz lebt und die er hin und wieder besucht. So gegen 8h morgens bedanke ich mich dann bei beiden für die Aufnahme und gehe Richtung Grenze zu Nordmazedonien. Dabei treffe ich zwei Schafhirten mit denen ich ca. 1 Stunde Rast im Schatten mache.

Lustige Zeit mit zwei Schafhirten am Weg von Letnica nach Smirë

In wunderschöner Bergwelt gehe ich dann die letzten Kilometer nach Smirë. Heute ist Freitag und während die Einheimischen um 13 Uhr die Moschee aufsuchen, esse ich draußen im Schatten die Reste von gestern.

Freitag pünktlich um 13h ist Gebetsstunde in den Moscheen, wie hier in Smirë

Bevor ich mich zur Bergetappe nach Kacanik aufmache, lädt mich ein Einheimischer noch auf einen Kaffee ein. Wie so oft hier reden manche Kosovaren Französisch, da sie einmal in der Schweiz, meistens Genf, gearbeitet haben. Ich gehe dann so um 15h los und am Ortsende holt mich noch ein Junge mit dem Fahrrad ein. Er drückt mir mit Lächeln noch eine Flasche Orangensaft in die Hand. So ist es hier, unglaublich… Und später am Weg nach Kacanik habe ich noch oft an diesen Jungen gedacht. Wie wenn er es gewusst hätte! Mir ging fast bei diesen Höhenmetern der ‚Treibstoff‘ aus und als ich Kacanik erreiche, waren meine flüssigen Vorräte zu Ende.

Schildkröten säumten den Weg nach Kacanik

Kacanik ist eine größere Stadt und hat eine Besonderheit. Es gibt keine Unterkünfte… So stärke ich mich einmal mit viel Cola und einer Burek und Joghurt bevor ich mich so gegen Dunkelheit auf Schlafplatzsuche mache. Manchmal komme ich mir wie ein Obdachloser vor, naja, ich bin ja auch einer… :-))) Und wieder war es eine nahegelegene Polizeistation mit einer kleinen Wiese davor, die mein kleines Problem löste. Ich frage 2 Security Leute und sie erlauben mir mit dem Daumen nach oben, dass ich vor ihrem Hüttchen mein Zelt aufstellen kann. Sie sehen mir dabei auch noch interessiert zu und ich höre sie reden wie ‚Aha, so macht er das, etc… :-)‘ Kurz darauf kommt ein deutschsprechender Kosovare vorbei und meint, einer von den beiden Security Beamten sei die ganze Nacht da und wird auf mich aufpassen. Selten fühlte ich mich so sicher wie in dieser Nacht!

Schlafplatz inmitten von Kacanik. Ein Security Beamter wachte über mich die ganze Nacht über vor der Polizeistation. Falimenderit (Danke)!

Einmal musste ich so um 2h morgens aus dem Zelt raus um meine Notdurft zu verrichten. Und tatsächlich, einer war im Hüttchen und hat mich sofort erspäht und mir mit der Hand lächelnd zugewunken. Was soll dir bei solchen Leuten echt passieren, denke ich mir….

Frühmorgens bedanke ich mich dann noch bei ihm und nach einem Frühstück in einer Bäckerei gehe ich heute Richtung Grenzübergang zu Nordmazedonien. Mein letzter Tag hier im Kosovo ist angebrochen und es überkommt mich etwas Wehmut. Am Weg zum letzten Ort vor der Grenze esse ich noch zumittag und mache mich dann in der Hitze auf zur Grenze. Nur nach Nachfrage bekomme ich vom Kosovo einen Ausreise- und von Nordmazedonien einen Einreise Stempel. Es geht hier eher locker ab, kein Vergleich zur Grenze zwischen Serbien und Kosovo! Nach 10 Tagen ist der Kosovo hinter mir und mit Nordmazedonien liegt ein neues Land und neue Abenteuer vor mir.

Fazit:

Selten, wahrscheinlich noch nie, habe ich soviel Hilfsbereitschaft und Zuspruch von der lokalen Bevölkerung erfahren. Dies hängt wohl mit ihrer Mentalität, aber auch mit der Tatsache zusammen, dass sie sich so für die Hilfe vom Westen bei der Gründung ihres erst seit 2008 unabhängigen Staates bedanken wollen. Es war für mich bisher das mit Abstand billigste Land, ein Macchiato kostet 30 Cent. Sie lieben und verehren den Westen, speziell die USA, wohin viele auch ausgewandert sind und dort arbeiten. Ich hoffe auf eine weiterhin friedvolle Zeit für dieses jüngste Land Europas. Falimenderit (Dankeschön) für eure Hilfsbereitschaft und die schöne Zeit, die ich bei Euch verbringen durfte. Wir, und damit meine ich mich selbst und den Westen, können noch viel von Euch lernen…

Gesamtkilometer: 1.790