Am Renjo La (5.417m), im Hintergrund Mt Everest (8.848m), Nuptse (7.861m), Lhotse (8.516m) und Makalu (8.481m).

Schon vor ein paar Jahren bei meiner mehr als zwei Jahre dauernden Asienreise wusste ich, daß ich nochmals in diesen Teil der Erde zurückkommen werde. Ich war schwer begeistert von Nepal. Ein wunderbares Land mit unglaublicher Gastfreundschaft und einer Berglandschaft die seinesgleichen sucht. Im Oktober 2019 bringt mich ein Flugzeug von Wien nach Kathmandu. Mit leichtem Rucksack und vielen Plänen mache ich mich auf die Suche nach einem möglichst einfachen Leben in den Bergen Nepals. Überwintert habe ich im Süden Indiens bevor ich im Februar 2020 zu einer weiteren Wanderung im Himalayastaat Nepal aufbreche. Nach fünf mehr als 5.000m hohen Pässen bin ich im April 2020 wieder ins Mühlviertel heimgekehrt.

NEPAL – Teil 1

1. Tamang Heritage Trail – Langtang – Gosaikunda – Helambu

Tamang Heritage Trail

Als Akklimatisationstour für das Everest Gebiet habe ich mir das Langtanggebiet ausgesucht. Mit einem Bus gelange ich von Kathmandu innerhalb 8 bis 9 Stunden nach Syabrubesi, dem Ausgangspunkt meiner Trekkingtour. Durch Hirse- und Gerstenfelder gehe ich nach Gatlang, einem wunderschönen alten Dorf, das allerdings auch stark vom Erdebeben im April 2015 betroffen wurde. In Tatobani übernachte ich bei einer tibetischen Exilfamilie in einfachsten Verhältnissen und verbringe einen schönen Abend bei offenem Feuer.

In Nagthali, das bereits auf über 3.000 Meter liegt, werden gerade mit Holzpflügen Kartoffel gegraben. Von hier sieht man traumhaft schön in das tibetische Hochland hinein. Via Thuman gelange ich nach Timure, dem Grenzort zu Tibet. Am nächsten Morgen sage ich noch kurz „Nihau“ (Hallo) an der Grenze bevor ich noch am selben Tag via Ling Ling nach Briddim und Sherpa Gaun gehe. Insgesamt ist der Tamang Heritage Trail noch sehr wenig besucht und ich habe innerhalb einer Woche nur eine Handvoll anderer Wanderer getroffen. Er gewährt ausserdem Einblick in das ursprünglich dörfliche Leben in Nepal.

Langtang

Innerhalb von zwei Tagen steige ich dann von Sherpa Gaun nach Kyanjin Gompa auf, das bereit auf über 3.700 Meter liegt. Tindi Sherpa, der Koch im Trekker Home, gibt mir einige gute Tips für Tagesmärsche. Am ersten Tag starte ich frühmorgens auf den nahegelegenen Tserko Ri (4.984m), den ich bereits vor 12 Jahren einmal bestiegen habe. Immer wieder schön die Bergwelt um den Langtang Lirung (7.227m) geniessen zu können.

Gosaikunda & Helambu

Am heiligen See Gosaikunda (4.380m) im nepalesischen Langtang-Nationalpark verliere ich beim Aufstieg zum Suriya Gipfel (5.145m) meine Wasserflasche und kehre ziemlich entkräftigt wieder in die Unterkunft zurück. Wunderschöne Blicke auf den Manaslu (8.163m, achthöchster Berg der Erde), Annapurna II, Machapuchare (Fishtail), etc entschädigen für die Anstrengungen. Danach geht’s relativ schnell via Helambu und mehreren Ortschaften wie Phede, Ghopte, Kutumsang und Chisapani zurück nach Sundarijal. Von hier war es mit einem Bus nur mehr ca 2 Stunden und ich war wieder in der Hauptstadt Kathmandu.

2. Solukhumbu (Everest Gebiet)

Meine Fußreise setze ich im herausfordernden Solukhumbu Gebiet fort, dem Gebiet der Sherpa und höchsten Berge der Erde. Eine fixe Route oder einen genauen Zeitplan gibt es bei meiner Wanderung nicht. Die Busfahrt von Kathmandu nach Salleri dauert ca. 14 Stunden. Von hier plane ich die 3 Pässe Wanderung im Everest Gebiet zu gehen. Bis Namche Bazar sind es ca 5 Tage mit viel auf und ab auf ca 3.000m, die Nepali nennen solche Bedingungen ‚Nepali flat’…;-) Im Nirvana Home lerne ich den 87-jährigen Kancha Sherpa kennen. Er ist der einzig noch lebende Sherpa, der 1953 bei Edmund Hillary’s und Tenzing Sherpa’s Erstbesteigung des Everest dabei war.

Gemeinsam mit drei Franzosen erreiche ich zwei Tage später von Lungden den Renjo La (Renjo Pass), mit ca. 5.400m der erste der drei Pässe. Um ca. 10:30 empfängt uns Kaiserwetter am Pass. Die Himalayakette mit Nuptse, Lhotse, Everest, Makalu und vielen anderen Bergriesen liegt vor uns und wir können uns daran kaum sattsehen. Mit drei Indern gehe ich dann über den zweiten Pass, Cho La (5.420m) bevor wir am Everest Base Camp anlangen. Am Kongma La (5.528m) treffe ich nur einen einzigen Russen, sonst war Ende November niemand mehr unterwegs in diesem Gebiet. In Chuckhung angekommen stärke ich mich am Abend bei Dal Bhat und viel Tee. Am nächsten Morgen geniesse ich die traumhaft schöne Landschaft Richtung Pangboche, den Ama Dablam zur Linken, den heiligen Berg Taboche und den Cholatse zur Rechten, traumhafte Bergkulisse. Entlang einiger Klöster wie das von Pangboche gelange ich wieder zurück nach Namche Bazar, Salleri und Kathmandu.

INDIEN

1. Varanasi, Mumbai, Goa, Hampi und Bangalore

Da es Mitte Dezember zu kalt wird für das Wandern in höheren Lagen in Nepal entschliesse ich mich in Indien zu ‚überwintern‘. Am Weg nach Indien mache ich noch im Geburtsort Lumbini im südlichen Nepal Halt. In Varanasi beobachte ich das rege Treiben an den ghats. Immer wieder beeindruckend auch die Sonnenauf- und untergänge über dem heiligen Fluss Ganges.

Nach einer mehr als 30 stündigen Zugfahrt erreiche ich Mumbai (ehemaliges Bombay), die wirtschaftliche Metropole Indiens. Das Leben ist hier sehr schnell und es geht hier vor allem um eines wenn man hier lebt, Business, Geld… Mir gefällt diese Stadt trotzdem, vor allem die Gegensätze der Moderne und dem kolonialen Charme hat es in sich.

Gemeinsam mit Ayumu, einem Japaner aus Tokyo, verbringe ich den Jahreswechsel und drei schöne Tage am Meer, besuche ich die ca 400 Jahre alten Kirchen in Old Goa und geniesse die guten Fische hier an der Westküste Indiens.

Im Pilgerort Hampi im Bundesstaat Karnataka mache ich viele kleine Wanderungen zu den abgelegenen Steintempeln durch Reisfelder und Bananenplantagen. Hampi gilt als letztes grosses Hindureich und gehört seit 1986 zum UNESCO Weltkulturerbe. In Bangalore nehme ich an einer Taufparty teil bevor ich mit dem Bus weiter Richtung Kerala ziehe.

2. Kerala

Durch die hochgelegenen Teeplantagen von Munnar gelange ich an die Küstenstadt Allepey im südlichen Bundesstaat Kerala. Die kleine Stadt liegt an einem See und angrenzenden Wasserkanälen, die hier auch backwaters genannt werden. Speziell am Morgen sind die verschiedensten Vögel wie der blaue Kingfischer, Kormorane, verschiedene Storch- und Reiherarten und viele mehr zu beobachten.

In der Hauptstadt Trivandrum werde ich leider nicht in den Vishnu geweihten Hinduschrein eingelassen, aber auch von aussen sieht er sehr schön aus.

3. Tamil Nadu

Am südlichsten Punkt auf dem indischen Festland erlebe ich im Pilgerort Kanyakumari Sonnenauf- und untergänge über dem Meer. Es ist der Ort an dem sich der indische Ozean, der Golf von Bengalen und das arabische Meer treffen.

In Rameswaram und Thanjavur an der südlichen Ostküste Indiens besuche dem Gott Shiva geweihte Tempel. Ich geniesse hier auch die hervorragenden Frühstücke wie Idli Sambar (Reiskuchen), Dosas aller Art, Pongal (Reis), Vaddas, etc. Ein Bus bringt mich weiter nach Pondicherry, der ehemaligen Hauptstadt von Französisch-Indien. Diese Stadt liegt direkt am Meer und es ist wunderschön in den Strassen mit ihren noch gut erhaltenen kolonialen Häusern zu gehen.

Bevor ich mich in Chennai über die weitere Route entscheide mach ich noch in dem kleinen Küstenstädtchen Mahabalipuram Halt. Die Tempel von Mahabalipuram gehören zusammen mit den ebenfalls aus der Pallava-Zeit (7. Jhdt n. Chr.) stammenden Tempelbauten in Kanchipuram zu den ältesten erhaltenen Bauwerken Südindiens.

In Chennai selbst ist es drückend heiss. Vor allem die hohe Luftfeuchtigkeit hier lässt mich ständig schwitzen sodass ich mich entschliesse Richtung Norden und wieder zurück nach Nepal zu fahren. Am Weg dorthin besuche ich noch einen Freund in Hyderabad. Ich besuche das Charminar, die Mekka Moschee und die vielen Märkte in der muslimischen Altstadt. Mit dem Zug kehre ich wieder via Varanasi an die Grenze zu Nepal zurück.

Fazit: Der Süden Indiens ist so ziemlich ganz anders als der Norden. Sprache, Leute, Kultur, Essen und letztlich auch Denkweisen. Speziell Kerala hat es mir angetan mit Allepey, den Wasserstrassen und der wunderschönen Natur und den Stränden. Auch ist es einer der wenigen Bundesstaaten in Indien wo mir die Inder nicht zu aufdringlich erscheinen und es sehr angenehm war zu bleiben.

NEPAL – Teil 2

1. Kathmandu

Ende Februar wird hier immer Maha Shivaratri gefeiert, die Nacht des Buddha. Es ist auch der offizielle Frühlingsbeginn in Nepal. Ich gehe an diesem Tag zum hinduistischen Pashupatinat Tempel wo überschwenglich gefeiert wird. Die wahren Stars sind hier allerdings die saddhus (heiligen Männer), die es geniessen im Mittelpunkt zu stehen.

2. Annapurna Circuit

Ausgangspunkt für den Annapurna Circuits ist Besisahar, das ich mit einem Bus von Kathmandu aus in ca 8 Stunden erreiche. Hier beendete ich vor einigen Jahren den Manaslu Circuit, der mir noch gut in Erinnerung war. Ende Februar schneit es noch hier auf über 3.000m, dafür sind kaum andere Wanderer auf dem Weg. Im Dorf Timang ist der Manaslu von seiner Westseite schön zu sehen. Am Wege nach Manang lerne ich Tushal und Jagat, zwei Nepali, kennen. Wir verstehen uns von Anfang gut und beschliessen gemeinsam über den Thorung La (5.416m) zu gehen. Von Braga aus gehen wir auf den Eissee von wo es eine gute Fernsicht gibt. Die Bergkulisse mit der gesamten Annapurna Range ist schon sehr beeindruckend. In Manang kaufe ich mir noch Steigeisen um für den Pass gerüstet zu sein. Dann geht es weiter Richtung Thorung Phedi und High Camp. In der Nacht im High Camp auf 4.900m Seehöhe macht so gut wie keiner ein Auge zu und so starten wir gemeinsam um 5h früh morgens mit unseren Stirnlampen unsere Passüberquerung. So gegen 8h morgens erreichen wir dann bei bestem Wetter den Thorung La (5.416m) von wo man bereits in das Mustanggebiet und nach Tibet hineinsieht. In Muktinath (3.700m) auf der anderen Seite des Passes quartieren wir uns im Town House ein und begiessen unsere geglückte Tour mit lokalem Apfelbrandy aus Marpha.

3. Lower Mustang

Die Gegend in Lower Mustang ist wunderschön mit Blick auf die Nilgiri Berge und der Dhaulagiri Range. Zum Teil sieht man auch schon in die canyon- und wüstenartige Landschaft von Upper Mustang hinein. Die Dörfer wie Lubra, Jarkhot oder Kagbeni sind alle sehr ursprünglich und zum Teil in dieser Jahreszeit verlassen. Die Einwohner ziehen es vor aufgrund der Kälte die Winter lieber in der nahegelegenen Stadt Pokhara zu verbringen. Und es hat hier in Lower Mustang einen grossen Vorteil: Du kannst hier alles problemlos alleine erkundigen und brauchst kein zusätzliches permit und einen guide wie für Upper Mustang.

4. Upper Mustang

Mitte März starte ich mit Rudra, einem guide aus der Khumbu Region und Andre, einem Kanadier in das ehemalige Königreich Mustang oder Upper Mustang. Starker Schneefall macht unsere Wanderung um Vieles schwieriger. So muss Andre leider schon nach einem Tag aufgeben und er kehrt alleine wieder zurück. In fünf Tagen sollen wir Lo Manthang erreichen, die ehemalige Hauptstadt des Königreichs Mustang. Beim Wandern sinken wir allerdings immer wieder bis zu den Hüften im Schnee ein, diese Tour zehrt ordentlich an unseren Kräften. Bistari, bistari (langsam, langsam) heisst die Devise und so kommen wir nach mehreren Pausen gut in Ghami an. Am Weg nach Tsarang treffen wir ein Schweizer Pärchen, das uns auf den letzten Stand der Corona Krise in Europa unterrichtet. Ich denk mir nur wie froh ich bin hier in den Bergen zu sein. Von Tsarang sieht man bereits in die wunderschönen, vielfärbigen Canyons hinein. Viel erinnert hier an den US Bundesstaat Arizona mit seinen Canyons. Am fünften Tag unserer Wanderung erreichen wir dann wie geplant Lo Manthang, die Stadt die mit einer Mauer umgeben ist. Wir besuchen nahegelegene, verfallene Festungen und mehrere mehr als 500 Jahre alte Klöster in Lo Manthang.

In Chhoser besuchen wir ein Höhlenkloster und die Höhle von Garphu. Sie ist auf fünf verschiedenen Etagen mitten im Fels erbaut und bot vor ca. 3.000 bis 4.000 Jahren den Einheimischen Schutz vor den vielen starken Winden und auch vor einfallenden Feinden. Am Rueckweg nach Lo Manthang erfahren Rudra und ich, dass auch in Nepal schön langsam der lockdown zu greifen beginnt. Wir sollten möglichst noch irgendwie mit einem Vehikel aus dieser Gegend rauskommen. Mit einem jungen chinesischen Pärchen gelangen wir mit Ihrem Toyota Hilux wieder gut in Kagbeni in Lower Mustang an.

Fazit:

Es ist ein wahres Privileg in das ehemalige Königreich Mustang hineinwandern zu dürfen. Es wurde erst 1992 für den Tourismus geöffnet, davor war es streng abgeriegelt und fast von der Aussenwelt vergessen. Wir hatten wunderschöne Tage in dieser Bergwelt mit viel Sonnenschein. Allerdings auch mit viel Schnee, der uns vor allem zu Beginn bei unserer Wanderung zu schaffen machte. Sowohl die karge, wüstenartige Landschaft als auch die Häuser und Einwohner zeigen, dass dieses Gebiet sowohl geographisch als auch ethnisch zu Tibet gehört. Politisch ist es allerdings ein Distrikt von Nepal. Es wird derzeit von den Chinesen eine Strasse von Tibet via Mustang nach Indien gebaut um den Handel auf dem Landweg zu ermöglichen. Auch hier wird sich damit das Leben in absehbarer Zukunft wahrscheinlich stark ändern.

5. Gestrandet in Nepal

Zurück in Kagbeni und Jomsom beginnt auch hier der lockdown. Es ist nicht mehr möglich weiterzuwandern, auch haben so gut wie keine Unterkünfte mehr offen. Es wird mir rasch klar, dass hier meine Wanderung zu Ende geht. Es ist einfach nicht die richtige Zeit hier zu sein, auch nicht in den Bergen… Am nächsten Vormittag wird dann von der lokalen Polizei ein Bus bereitgestellt, der uns via Pokhara direkt nach Kathmandu bringt. Noch nie habe ich Thamel, das Stadtzentrum von Kathmandu, so leer gesehen. In Kathmandu wird die Ausgangssperre um einiges strenger gehandhabt als in den Bergen. Nur am Morgen zw ca 7 und 9h und am Abend zw ca 17 und 19h darf man auf die Strasse, nur mit Maske und vorwiegend nur um Lebensmittel zu kaufen.

Mit einem tschechischen Flug geht es von Kathmandu nach Prag und mit einem shuttle bus weiter nach Wien. Am Wiener Hauptbahnhof ist um 6h morgens alles wie ausgestorben, nur der gute Anker Bäcker hat offen. Nichts wie hin auf einen guten Cappuccino und eine Zimtschnecke…;-). Um halb sieben sitz ich so gut wie alleine im Zug nach Linz, die Fahrkarte hätte ich mir sparen können. Für ’soviele‘ Passagiere rentiert sich wohl kein Schaffner mehr. Eine halbe Stunde später geht ein Postbus nach St. Veit von wo ich dann die letzten Kilometer zu fuss nachhause in den Schallenberg gehe.

Fazit:

Es waren wunderschöne 6 Monate in Nepal und Indien. Speziell die Bergwelt in Nepal ist halt schon was Besonderes, auch wenn es diesmal ein eher abruptes Ende genommen hat. Aber auch solche Situationen gehören zum Reisen und ich möchte keines dieser Erlebnisse missen.